II. Die Natur und Wirkung des Handels.

Die Natur des Handels ist Austausch von Arbeitsleistungen, Kapitalien und Produkten gegen andere Güter, welche vom Eintauschenden gesuchter sind als jene hingegebenen; also Austausch der Güter für Jeden auf die vorteilhafteste Art. Der Handel ist schon auf der untersten Stufe der Produktion notwendig vorhanden, da kein Produzent alle seine Bedürfnisse selbst befriedigen kann; die Welt kann nicht aus Robinson Crusoes bestehen; sie ruht auf dem Tauschverkehr. Entweder betreibt ihn der Produzent selbst, wie der Landwirt, Gewerbemann und Fabrikherr, der seine Waren auf den Markt schickt, oder der Handel wird als ausgeschiedenes Geschäft von Kaufleuten betrieben, die alle Arbeitsleistungen und Güter der Nation, so wie der Nationen untereinander in Verbindung setzen. Dieser Unterschied ändert seine Natur gar nicht. Bei der Betrachtung des Handels wird aber oft eine Seite desselben ganz übersehen, nämlich die, dass auch jeder Konsument Handelstreibender ist. Indem man Lebensmittel oder andere Waren für den unmittelbaren oder mittelbaren Gebrauch einkauft, handelt man; man ist Produzent des hingegebenen Gutes, mag man nun Geld gegen Ware, oder andere Güter bieten, die der Empfänger verlangt. Auf diesem Wege verbindet der Handel alle Interessen aller ökonomischen Volksklassen miteinander; jeder selbständige Konsument bestimmter Güter hat andere dagegen produziert, ist Produzent; der Handel verbindet also nicht nur die Produktionen der Landkultur, wie man gewöhnlich sagt, mit den Gewerben und der Fabrikation durch gegenseitigen Austausch, sondern er verbindet eben so gut die bloßen Dienstleistungen z. B. des Tagelöhners und Gesindes mit den Interessen aller Konsumenten und Produzenten. Die bloße Lohnzahlung ist schon ein Tausch. Auch stimmen alle Handelstreibenden beim Tausche der Güter darin überein, dass jeder Produzent wie Konsument gegen die Hingabe möglichst weniger Werte möglichst viele zu erlangen wünscht. Gelingt es gegen solche Güter, die uns weniger kosten, andere von höherem Werte, deren Erzeugung uns mehr kosten würde, einzutauschen, so ist der Handel vorteilhaft; und zwar ist es für diesen Zweck ganz gleich, ob dies Geschäft unter einzelnen Volksklassen derselben Nation, unter einzelnen Individuen, oder zwischen Inländern und Ausländern betrieben wird. Zahlt der Tagelöhner 20 Sgr. für ein paar Schuhe, oder zwei Tagesarbeiten zu 10 Sgr., so ist dies für ihn vorteilhaft, wenn ihm die eigne Verfertigung der Schuhe etwa drei Tage gekostet haben würde; der Schuhmacher aber erhält seinen Arbeitslohn und seine Kapitalien verwertet, und kann z. B. für diese 20 Sgr. über die Güter des Tischlers, des Materialisten, des inländischen und ausländischen Kaufmanns gebieten, die er selbst nicht ohne einen größeren Aufwand von Zeit, Arbeit oder Gütern hervorgebracht haben würde. Auf diese Weise ist also der Handel beiden Parteien der Tauschenden vorteilhaft; oder der Handel ist immer vorteilhaft, wenn die Selbstproduktion derselben Güter mehr Kosten verursachen würde. Die Teilung der Arbeiten erspart immer kostspieligere Anstrengungen, sobald die Selbstproduktion der Güter eine Verschwendung gewesen sein würde. Noch deutlicher springt dies beim ausländischen Handel in die Augen. Wenn ein Ostpreußischer Landwirt den Quarter Weizen oder 5 1/3 Berliner Scheffel für 40 Sh. auf den Englischen Markt bringen kann, so ist dieser Handel nicht bloß vorteilhaft für ihn, wenn er dort 50 Sh. erhält, sondern viel vorteilhafter, wenn er dort für diese 50 Sh. eine Quantität Eisen oder Steinkohlen eintauscht, die in Ost-Preußen gar nicht, oder zu höheren Kosten erzeugt und deshalb mit 60 Sh. etwa bezahlt würden. Will der Landwirt dieses neue Geschäft des Handels nicht selber riskieren, lässt er sein Geld auf den« Wege des Wechsels in Deutschland zahlen, so bleibt doch derselbe Vorteil für den Kaufmann, der es zu seiner Aufgabe macht, den Wechsel in Deutschland an den Landwirt zu honorieren, und etwa dafür, also im Grunde für wohlfeileres Getreide fortlaufend Eisen oder Steinkohlen einzutauschen, die man im Inlande nicht so wohlfeil erzeugt.

Im Jahre 1811 wurde das Fass Weizenmehl in Nord-Amerika mit 9 ½ Dollar bezahlt, während es in Spanien 15 Dollar galt. Der Wert einer Schiffsladung zu 5.000 Fass wir bei der Versendung in Amerika 47.500 Dollar Kosten für den Kaufmann, der dafür in Spanien 75.000 Dollar erhielt, also 27.500 Dollar mehr, als ihm der Einkauf kostete. Hätte er das Geld bezogen, so hätte er die Transportkosten desselben getragen und sein Gewinn hätte sich geschmälert; er bezog also auf dem Wege des Wechsels Europäische Fabrikwaren; diese wuchsen nach der Einfuhr für ihn auf dem inländischen Markte bis zu dem Preise von 100.000 Dollars an, so dass er nicht nur etwa 50.000 Dollars reinen Gewinn machte, sondern auch für die Güter seiner Nation, die den Produzenten nicht einmal 47.500 Dollars kosteten (da sie doch auch Gewinn gehabt haben), andere Güter zurückgab, die sie wohlfeiler, als sie sie selbst erzeugen konnten, erhielten, und die ihnen etwa 100.000 Dollars wert waren.


Der Vorteil des Handelsgewinns ist somit immer ein gegenseitiger für beide Nationen; der Engländer gewinnt, wenn er teures Getreide, das er selbst nicht so wohlfeil erzeugen kann wie der Preuße, für wohlfeilere Steinkohlen eintauscht, und der Preuße gewinnt, wenn er teurere Steinkohlen für wohlfeileres Getreide erwirbt. Man betrachte es genau und die Sache versteht sich von selbst, dass der Gewinnst beim ausländischen wie beim inländischen Handel ein gegenseitiger ist und in den Ersparungen sonst verschwendeter Arbeit oder sonst verschwendeter Güter liegt. Der Inländer bezieht Waren vom Auslande in der Absicht, an deren Absatz im Inlande zu gewinnen, er sieht also darauf, dass sie einen größeren Wert haben hier als im Auslande, d. h. er sieht zunächst auf die Kosten seiner inländischen Waren, die er versendet, weil sie im Auslande größeren Wert haben (auch das Geld, als inländische Ware, hat größeren Wert im Auslande den bestimmten Waren des Auslandes gegenüber) und dann auf den Preis der Gegengabe, der Rückfracht, die hat im Inlande größeren Wert.

Man nehme jeden Bericht eines ordentlichen Kommissionshauses (z. B. Suse u. Sibeth in London), so besteht er wesentlich aus den Preisverzeichnissen der wichtigsten Handelsartikel, die regelmäßig gegen einander vertauscht oder von Nation zu Nation bezogen werden.

Der Handel nach dem Auslande kann also bei jeder Nation gar nicht stattfinden, ohne dass die eingeführten Waren im Inlande mehr wert sind, als die ausgeführten. Je mehr man also gegen die Ausfuhr einbringt, je vorteilhafter ist der Tausch. In der Tat, es gibt keinen absurderen Satz, als den der alten Merkantilisten, der Handel sei günstig für eine Nation geführt, wenn der Wert der Ausfuhr den der Einfuhr übersteige, oder die Regel, man sollte mehr verkaufen als laufen. Abgesehen davon, dass die Lehre von der Handelsbilanz nur einen scheinbaren Sinn hat, wenn man das umzutauschende Geld als das einzig wünschenswerte Gut ansieht, die Befriedigung der Bedürfnisse der Nation aber auf die leichteste und beste Weise ganz hintenansetzt, so müsste geradezu die sogenannte vorteilhafte Handelsbilanz, wenn es möglich wäre, stets dem Auslande mehr an Werten aufzudringen, als von ihm zu empfangen, ein fortlaufendes Geschenk an das Ausland sein, das aber ebenso eine fortlaufende Verarmung des Inlandes zur Folge hätte. Diese Lehre ist daher, soweit sie nicht die Schwankungen im Geldwert, den Wechselkurs und das Bankwesen betrifft, als eine abgetane anzusehen.

Wenn es nach der vor Kurzem publizierten Handelsbilanz Frankreichs heißt: der Import im Jahre 1845 betrug 1.240 Millionen, der Export 1.187 Millionen, so hat das den Sinn, dass die französischen Kaufleute in den Seestädten und an den Grenzen schon die eingetauschten Waren um 53 Millionen höher schätzten als die ausgeführten; so viel also wenigstens gewann die französische Nation an den Gütern, die sie gegen andere Werte bezog. Angenommen nun, England hätte diese Waren (von 53 Millionen Wert) nach Frankreich eingeführt und dagegen französische Seidenwaren und Weine geholt, oder es hätte das Geld genommen und dafür preußisches Getreide und Holz und sächsische Strumpfwaren bezogen, so mussten diese Waren, Seidenwaren, Weine, Getreide, Holz, sächsische Strumpfwaren immer einen viel höheren Preis in England erhalten, als sie im Erzeugungslande hatten, kurz jede Nation musste nicht nur die Kosten an Arbeit und Kapital ersetzt erhalten, sondern die einzelnen Handeltreibenden konnten auch noch einen sehr beträchtlichen Gewinn zu Hause an diesen Waren gemacht haben.

Die Natur des Handels, Austausch aller Arbeitsleistungen und Güter untereinander, und die Wirkung der Handelsfreiheit 1) Anspannung aller Kräfte, Verwertung und Verbindung derselben von den Leistungen des ärmsten Tagelöhners auf einem abgeschiedenen Landgute bis zu den entferntesten Arbeiten und Gütern des Ostindischen und Westindischen Pflanzers, und 2) Ersparung aller unnötigen Kosten und Verschwendungen sind es also, welche jene Werterhöhung aller Leistungen und Güter der Produzenten und Konsumenten erklären, welche die dauernsten Quellen des Reichtums der Nationen werden.

Die Wunder der Industrie unserer und aller Zeit erklären sich zuletzt nur aus dem Absatz, d. h. aus dem Handel. Die Geschichte lehrt, dass Wohlstand, höhere sittliche Ausbildung und Befreiung des Menschen von den drückendsten knechtischen Arbeiten da zuerst und in immer höherem Grade entstanden und entstehen, wo der Verkehr derselben untereinander von der Natur schon besonders begünstigt ist. Der Gang der Zivilisation an den Küsten des Meeres beginnend, die Flussteiler hinauf in das Innere der Länder eindringend, ist noch heute in Amerika ganz derselbe, wie im Altertum, wo wir an den Ufern des Indus, des Euphrat und Tigris, des Nils, des Küstenstriches Phöniziens die frühesten Sitze der Kultur finden. Das Meerzerrissene Griechenland und die Länder am Mittelländischen Meere blieben lange Zeit die weltbeherrschenden Länder. Auch als der Tag der Germanischen Welt erschienen war, erhoben sich hier zu Brennpunkten der Kultur zuerst die Handelsstädte, von Amalsi und Pisa, Venedig und Genua an bis zu den deutschen und Niederländischen See- und Nordischen Hansestädten hin. Die Städte der Fabrikation, Florenz, Mailand, die niederländischen Städte folgten erst ihrem Aufschwunge nach. Und als der Gang des Handels einen anderen Zug nehmen musste, als Ostindien und Amerika in die Verwertung der Europäischen Arbeitskräfte hineingezogen waren, treten nach einander Portugal und Spanien, Holland und England in. die ersten Plätze der Weltherrschaft, durch die Ausbildung ihres Handels, ja die Fabrikation und die Gewerbetätigkeit folgten auch dann erst dem Aufschwunge des Handels nach. Welche ungemeine, fast wunderbare Kraft der Verbindung aller Arbeitsleistungen dem Handel beiwohnen, sehen wir noch gegenwärtig in der Handelsbewegung Einer Stadt im Gegensatze zu der ganzer Nationen. — Die Wirkungen des Zollvereins haben mit Recht das Erstaunen der gesitteten Welt erregt, und dennoch wird der auswärtige Handel des ganzen Gebiets von bald 30Mill. Einw. zu drei Vierteln etwa durch den Hamburgs erreicht. Während nämlich die Einfuhren des Zollvereins im Durchschnitt der 5 Jahre von 1837 bis 1841 auf 166 Mill. Thlr. Wert geschätzt werden*), erhebt sich die jährliche Einfuhr Hamburgs in den drei Jahren 1843 bis 1845 auf 116.500.000 Thlr. durchschnittlich, und erreichte im Jahre 1845 die Summe von 127.740.000 Thlr.

*) Vergl. Dieterici, der Volkswohlstand im Preuß. Staate S. 239 mit Müller, statistisches Jahrbuch für 1846 S, 127: Wenn man glaubt, dies dadurch erklären zu können (wie nur dies entgegengehalten wurde in dem Magazin des Auslandes und der Preuß. Allgem. Zeitung, von Leuten, die mit den ersten Anfangsgründen der Nationalökonomie nicht bekannt zu sein schienen), dass Hamburg das bedeutendste Emperium für den Zollverein selbst sei, und der Vergleich deshalb nicht passe, so ist darauf zu erwidern, dass die Einfuhren von Bremen und Lübeck, von Holland und Belgien, über Frankreich, die Schweiz, Italien, Österreich, Polen und Russland, die Einfuhren in unsere Ostseehäfen, wenn wir auch nur die verschiedenen Abschnitte, östliche Grenze, Rheingebiet, Alpenstraßen im Süden usw. immer zusammennehmen, mit dem Elbgebiet, welches Hamburg versorgt, verglichen, diese übertreffen, und noch immer der größte Teil des Hamburger Handels unabhängig vom Zollvereinsgebiet bleibt. Vergl. Der Zollverein mit seinen Ostseehäfen und Hamburg von N. S,...r. S. 14 ff.: „Um von Hamburgs Markt einen Begriff zu geben, möge hier der Verkehr im Jahre 1841, welcher seitdem noch jährlich zugenommen, angegeben werden. Die Einfuhr betrug 143.732.000 Thaler, die Ausfuhr 122.815.000 Thaler, und hat Hamburg die enorme Größe dieses Marktes nicht allein seiner Lage, sondern mehr noch der Freiheit seines Handels zu verdanken, welche ihn weit über die Grenze, zu welcher seine Lage es berechtigt, ausdehnt."

Wen kann es danach noch Wunder nehmen, wenn wir so oft hören, dass gerade diejenigen, welche die Interessen der verschiedensten Arbeiter, der Produzenten und Konsumenten nach der Natur ihres Geschäfts beachten müssen, die Handelsleute nämlich, nichts von beschränkenden Maßregeln, Prohibitionen und Schutzzöllen hören wollen, weil sie den Gang ihres Handels stören, und wenn sie ihn auch nicht als ein Allen notwendiges Geschäft vollkommen aufheben können, doch gerade die produktive Kraft der Nationen einschränken und ihre ungehinderte Verwertung verringern. —
001 Goldschmiedewerkstatt

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002 Enge Gasse

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003 Steinmetzen

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004 Glockengießer

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005 Wundarzt

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006 Fahrendes Volk

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007 Rathausplatz

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008 Prozession vor dem Dom

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009 Dom-Inneres

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010 Gerichtsszene

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011 Bauern bei der Feldarbeit

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012 Bauernfamilie auf dem Weg zum Markt ziehend

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013 Bürgerstube

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014 Hausorgelmusik

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