Geschichtliches

Die sogenannte aristokratische Assoziation, d. h. die Vereinigung solcher gesellschaftlichen Elemente, welche über dem Bedürfnis einer Benutzung der Sparkassen stehen, und welche im vorliegenden Falle auch rücksichtlich ihrer Geburt, ihres Berufs und ihres Besitzes als aristokratische Elemente bezeichnet werden dürfen, hat in den Österreichischen Kaiserstaaten die Gründung und Leitung der Sparkassen übernommen und ist der Kern und Anhalt für die Entwicklung dieser Anstalten geworden. Ein solcher Verein rief zunächst die älteste dieser Anstalten in Österreich in das Leben, welche unter dem Namen der „Ersten österreichischen Sparkasse“ am 4. Oktober 1819 eröffnet wurde. Die Mitglieder des Vereins werden entweder zu den Stiftern oder zu den Beförderern der Anstalt gerechnet, je nachdem sie zu einem Sicherungsfond für die Anstalt ein unwiderrufliches Geschenk von mindestens 300 oder von mindestens 100 Gulden C.-M. in österreichischen mit 5 % verzinslichen Staats-Obligationen gemacht haben. Alle Mitglieder sind überdies zur tätigen Mitwirkung bei der Verfolgung der Vereinszwecke verpflichtet. Ein großer Ausschuss derselben, zu welchem die Stifter als solche gehören, und für dessen Bildung beim Mangel der Letzteren auch die Beförderer stimm- und wahlfähig sind, leitet alle Geschäfte im Namen des Vereins teils selbst, teils mittels eines kleinen Ausschusses, eines Kuratoriums und einer Direktion. Diesen Behörden können nur österreichische Untertanen, welche weder durch das bürgerliche, noch durch das Strafgesetz in der freien Verwaltung ihres Vermögens oder der freien Ausübung ihrer Rechte behindert sind, angehören. Ihre Ämter verwalten sie unendgeldlich. Die Direktion, bestehend aus einem Obervorsteher, dessen Stellvertreter, zwei Kanzlei-Vorstehern und acht Vorstehern, besorgt die Verwaltung des Kassen-Vermögens. Jedes Jahr treten der Obervorsteher und zwei durch das Los bestimmte Vorsteher aus, und werden durch die Neuwahl des Ausschusses, von welcher sie aber nicht ausgeschlossen sind, ersetzt. Die Kanzleivorsteher sind die Berichterstatter und Sekretäre des Vereins und werden auf ihr Ansuchen oder auf den Antrag des Kuratoriums oder des Ober-Vorstehers ihrer Stelle enthoben. Der Obervorsteher weist den Vorstehern die Abteilungen der Verwaltung zu, über welche sie die Aufsicht führen sollen. In den Versammlungen der Direktionsmitglieder geben die Vorsteher hierüber Rechenschaft. Die Firma des Vereins zeichnen der Kassierer oder Buchhalter unter jedes Mal schriftlich beizufügender Genehmigung des Kanzleivorstehers und eines Kurators oder Vorstehers. Im Siegel und Stempel führt die Kasse den heiligen Leopold, den Schuh. Patron Österreichs. Die jährliche Kassenrechnung legt die Direktion mit dem Kuratorium gemeinschaftlich. Dies letztere, bestehend aus einem Oberkurator, dessen Stellvertreter und acht Kuratoren, übt die Kontrolle über die Direktion durch beliebige Rechnung-, und Kassen-Revisionen, durch Abordnung eines Kurators zur Teilnahme an den Versammlungen der Direktion, welcher die Beschlüsse derselben durch Verweigerung seiner Zustimmung hemmt, durch Einspruch gegen jede Verfügung der Direktion oder einzelner Glieder derselben, und dadurch dass er die Beobachtung der Statuten und Reglements überwacht. Wird ein Beschluss der Direktion durch den Kurator gehemmt, und das Kuratorium genehmigt die Hemmung, die Direktion aber bleibt bei ihrem Beschluss: so wird die Sache dem Ausschuss zur Entscheidung vorgelegt. Der kleine Ausschuss ist im Laufe des Jahres bis zur Versammlung des großen zu allen dringend nötigen Verfügungen vollkommen und uneingeschränkt ermächtigt, er hat insbesondere über die Aufnahme neuer Vereinsmitglieder unter gehöriger Rücksicht auf die Bestimmungen der Statuten vollgültig zu entscheiden, die Mitglieder des Kuratoriums und der Direktion sind auch Mitglieder des kleinen Ausschusses, der fünfte Teil der Gesamtzahl der Letzteren darf aber weder zu den Gliedern des Kuratoriums, noch zu denen der Direktion gehören, und wird vom Oberkurator aus der Zahl der Mitglieder des großen Ausschusses ernannt, welche der Letztere aus seiner Mitte zu beständigen Mitgliedern des kleinen Ausschusses oder in gleicher Zahl zu Ersatzmännern für den Verhinderungsfall der beständigen Glieder erwählt. Übrigens erhalten die Beschlüsse des kleinen Ausschusses erst durch die Genehmigung des großen verbindliche Kraft. Der große Ausschuss versammelt sich in der Regel jährlich einmal im Monat Januar, er kann jedoch außerordentlicherweise durch das Kuratorium oder auf den Antrag der Direktion durch den Oberkurator berufen werden. In der Jahresversammlung berät er über die vorgelegten jährlichen Rechnungsabschlüsse und die Operationen der Kasse, über die etwaige Verwendung des Reservefonds, über die Fortdauer der Gesellschaft, und über die von der Direktion beantragten Abänderungen der Statuten und Reglements. Unmittelbar nach den Jahresversammlungen veröffentlicht er einen Nachweis der für jede Nummer der Interessenten am 31. Dezember des eben verflossenen Jahres vorhandenen Summen und berichtet zugleich über die wesentlichsten den Verein betreffenden Ergebnisse. Alle drei Jahre scheidet ein 1/5 seiner Mitglieder durch das Los aus und es werden eben so viele von den bleibenden Ausschussmitgliedern aus der Zahl der Stifter und Beförderer erwählt, wobei die Wiederwahl der Ausgeschiedenen zulässig ist. Die Wahl eines neu eintretenden Ausschussmitgliedes bedarf zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung von wenigstens dreiunddreißig anwesenden Vereinsmitgliedern, die der Kuratoren, Obervorsteher und Vorsteher einer ebenso großen Stimmenmehrheit anwesender Ausschussmitglieder.

Im Jahre 1822 bestand der Ausschuss aus 54 Mitgliedern. Die Vermehrung und Verminderung desselben wird von sämtlichen Vereinsmitgliedern alljährlich bestimmt. Im Jahre 1849 bestand der große Ausschuss aus 95 und der kleine Ausschuss aus 55 Mitgliedern, in den darauf folgenden Jahren blieb die Zahl der Mitglieder des kleinen Ausschusses dieselbe, die des großen Ausschusses wurde um ein Mitglied vermehrt. Die Zahl der eigentlichen Vereinsmitglieder blieb unbekannt, und es war nur zu ermitteln, dass an neuen Mitgliedern in den Jahren 1849 bis 1855 23 mit einem Einschuss von 2.300 Fl. C.-M. in 5proz. Metalliques im Nennwerte dem Vereine beitraten.


Außerdem erwählt der Verein noch alljährlich Kommissarien aus seiner Mitte, deren Name bekannt gemacht wird und deren Unterzeichnung den Einlage- und Rückzahlungsvermerken in den Sparkassenbüchern erst vollen Glauben gibt.

Im Jahre 1850 waren 88 Mitglieder, 1853 98, 1854 100 und in den darauf folgenden Jahren ebenfalls 100 Mitglieder Vereins-Kommissarien.

Endlich hat der Verein auch noch eigentliche Beamte und die Verwaltungskosten beliefen sich in den letzten fünf Jahren durchschnittlich auf 174.000 Fl.

Diese komplizierte Gliederung des Vereins und diese weitläufige Verwaltung wurde gleichwohl das Vorbild und das Muster der Nachahmung für die aus gleichen Elementen gebildeten Vereinigungen, welche am 4. November 1820 die Sparkasse zu Laibach, am 12. Februar 1825 die Böhmische Sparkasse zu Prag und später Sparkassen zu Hermannstadt, Preßburg, Lemberg, Ofen, die allgemeine Sparkasse- und Leihanstalt auf Handpfänder zu Linz und die Sparkasse im Markte Ober-Hollabrunn in das Leben riefen. Dies erklärt sich zum Teil daraus, dass die erste österreichische Sparkasse lange Zeit neben der Böhmischen Sparkasse zu Prag und abgesehen von dem lombardisch-venezianischen Königreich die einzige Anstalt in den österreichischen Kaiserstaaten war, und dass sich der Wirkungskreis der Anstalt zwei Jahrzehnte hindurch mit Ausnahme des lombardisch-venezianischen Königreichs auf den ganzen Kaiserstaat erstreckte, in dessen verschiedenen Haupt- und Provinzialstädten die Geschäfte derselben durch Kommanditen besorgt wurden, welche in Gemäßheit des Beschlusses ihrer Stifter und Beförderer vom 1. August 1840 erst mit dem Jahre 1842 aufgelöst wurden. Daher fällt denn auch die Gründung der meisten Anstalten dieser Art in den österreichischen Kaiserstaaten in die Periode nach der Auflösung dieser Kommanditen. Die komplizierten Verwaltungseinrichtungen der ersten österreichischen Sparkasse und die erheblichen Verwaltungekosten derselben finden also ihre Erklärung in der weiten räumlichen Ausdehnung ihres Wirkungskreises, welcher ihr schon frühzeitig große Kapitalien zuführen musste, und auf der andern Seite wieder eine Mannigfaltigkeit in der Veranlagung der ihr anvertrauten Kapitalien hervorrief, welche eine genauere Gliederung des Vereins sowohl als eine Vermehrung des Beamtenpersonals zur notwendigen Folge hatte. Im ersten Jahre ihres Bestehens:
1819 beteiligten sich 1.379 Einleger mit einem Gesamtkapital von 28.976 Fl. 20 Kr. C.-M.
1836 waren 63.921 Einleger mit einem Gesamtkapital (Kapital u. Zinsen) von 15.123,764 Fl. 13 Kr. C.-M. beteiligt.
Das eigene Vermögen der Anstalt betrug am Schlusse des Jahres 1836: 440.200 Fl. C.-M. und der gesummte Kassenumsatz hatte sich im Laufe dieses Jahres auf 59.428.197 Fl. 37 Kr. gestellt. Dieser bedeutende Verkehr machte eine Beschränkung des räumlichen Wirkungskreises der Anstalt um so wünschenswerter, als der Verein bereits im Jahre 1824 die mit der Sparkasse verbundene „Allgemeine Versorgungs-Anstalt“ in das Leben gerufen hatte, welche den Zweck hat:

„ein aus einzelnen Einlagen zusammengebrachtes Stammvermögen durch dessen fruchtbringende Benutzung, durch den Abgang einzelner Teilnehmer und andere Zuflüsse zum Vorteil der Interessenten allmählich so zu vermehren, dass jedem derselben aus einer ursprünglich mäßigen Einlage ein bedeutender Genuss erwächst, welcher auf eine andere Weise mit gleicher Sicherheit nicht wohl erzielt werden kann.“

Der Wirkungskreis dieser Anstalt erstreckt sich über die ganzen österreichischen Kaiserstaaten noch heute und ihre Verwaltung wird noch heute von dem Verein der ersten österreichischen Sparkasse geführt und beaufsichtigt. .......