Das Seebad zu Swinemünde

Als Anhang eine kurze Anleitung, die Insel Rügen zu bereisen.
Autor: Kind, Richard Dr. med. (1801-1875) deutscher Arzt, Badearzt, Kommunalpolitiker, Förderer des Seebades Swinemünde, Erscheinungsjahr: 1828

Neuaufgelegt: 2015
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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Usedom, Badewesen, Seebad, Ostseebad, Badekur, Badearzt, Reisebeschreibung, Baderegeln, Ostseebad, Ostsee, Insel Rügen, Sehenswürdigkeiten, Koserow, Heringsdorf, Albeck
Die bisherigen Schriften haben das wesentliche Verdienst, das ärztliche und nicht ärztliche Publikum auf den Nutzen der Seebäder aufmerksam gemacht, Erfahrungen darüber und Anweisungen zum Gebrauche mitgeteilt zu haben.
Deutschland kann und wird nie vergessen, wie vielen Dank es in dieser Hinsicht dem Gründer der ersten Seebade-Anstalt im deutschen Vaterlande, dem hochverdienten Geheimen-Rat Dr. Samuel Gottlieb Vogel zu Doberan schuldig ist. Durch seine, Hufelands, Danzmanns, Halems, Abendroths, Pfaffs und Anderer über die Seebäder erschienenen Schriften veranlasst, und über deren Gebrauch belehrt, suchen gegenwärtig gar viele Kranke und Schwache Genesung und Stärkung in den Seebädern, und finden, was sie suchen.
Der gebildete und denkende Badegast ist aber mit der Überzeugung allein, das Seebad wird mir helfen, nicht zufrieden. Er wünscht, sich davon einen Begriff zu machen, wie es möglich wird, dass der Gebrauch desselben Mittels so heilsam gegen so ganz verschiedenartige Krankheiten wird; er wünscht eine für den Nichtarzt ganz verständliche Belehrung darüber, und, mit dieser Belehrung in Zusammenhang gebracht, die Anweisung zum Gebrauche des Seebades.
Ich bin der Überzeugung, dass Notizen über die Lokalitäten und Verhältnisse eines Badeortes, den jetzt jährlich über 600 Badegäste besucht haben, eben so willkommen sein werden, als eine kurze Anleitung zur Bereisung der nahe gelegenen, so sehr interessanten Insel Rügen.

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Inhaltsverzeichnis
  1. Von dem Seebade, dessen Wirkungsweise, Nutzen und Anwendungsart im Allgemeinen
  2. Von den Krankheiten, bei welchen das Seebad mit Nutzen gebraucht wird, insbesondere
  3. Von der Anwendungsweise der Seebäder insbesonders, und dem sonstigen Verhalten beim Gebrauche derselben
  4. Von den Krankheiten, körperlichen Zuständen und sonstigen Gründen, welche den Gebrauch des Seebades verbieten
    1. Reise von Berlin nach Stettin
    2. Kurze Beschreibung der Stadt Stettin
    3. Reise von Stettin nach Swinemünde
    4. Von der Stadt Swinemünde und der Entstehung der Seebade-Anstalt
    5. Von den Quartieren für die Badegäste
    6. Von der Speisung der Badegäste
    7. Von der Bedienung der Badegäste
    8. Von den Anstalten zum Gebrauche der kalten Bäder
    9. Von den Anstalten zum Gebrauch der warmen Bäder
    10. Von den Vergnügungsorten
    11. Von den geselligen Verhältnissen unter den Badegästen
    12. Von einigen andern Gegenständen, die für die Badegäste von Interesse sind
  5. Eine Anleitung, von Swinemünde aus die Insel Rügen zu bereisen, enthaltend
    1. Zweiter Reisetag
      Dritter Reisetag
      Vierter Reisetag
      Fünfter Reisetag
Von der Stadt Swinemünde und der Entstehung der Seebade-Anstalt.

Die Stadt Swinemünde auf der Insel Usedom liegt, einen Halbkreis bildend, unmittelbar an dem mittelsten Ausfluss der Oder in die Ostsee, die Swine genannt, und hat ihre Entstehung sowohl, als ihr schnelles Emporblühen lediglich dem Transithandel auf der Oder und der damit verbundenen Schifffahrt zu danken.

Zur Zeit, als die Insel noch unter schwedischer Herrschaft stand, befand sich hier nur ein kleines Fischerdorf, West-Swine genannt, welches vor sich den Strom hatte, an der westlichen Seite sich an den Caseburger Forst lehnte, und östlich durch ein paar sehr zerstreut liegende Häuser beinahe bis an den Ostseestrand reichte. Da der schlechte, sandige Boden den Einwohnern des Dorfes nicht das nötige Korn zur Unterhaltung ihrer Wirtschaft gewährte, so ernährten sich dieselben größtenteils von der Fischerei im Strome und am Strande. Als jedoch mit dem Übergange der Insel unter brandenburgische Herrschaft die Schifffahrt, welche sonst ihren Weg auf der Peene bei Wolgast hatte, sich mehr nach der Swine wandte, weil teils bei Peenemünde eine Preußische Zollstätte angelegt worden, teils die Bucht vor der Mündung der Swine eine gute Reede, und der Swinestrom bei dem Dorfe West-Swine einen guten Hafen bildete, die Fahrt von hier nach Stettin auch kürzer als über Wolgast war, da verließen die Einwohner von West-Swine größtenteils die Fischerei, wurden Lotsen oder Seeleute, oder ernährten sich auch sehr gut als Tagelöhner, indem sie auf den Schiffen beim Laden und Löschen (Ausladen) arbeiteten. Die Preußisch-Brandenburgische Regierung erkannte bald die Wichtigkeit des Swine-Hafens, und dass vermittelst desselben der Oderhandel sehr erleichtert und befördert werden könnte. Sie traf daher schon in dem Jahre 1745 Anstalten zur Verbesserung des Hafens durch Einengung desselben nach der Mündung der Swine zu.

Es siedelten sich jetzt immer mehr Familien aus dem nahe gelegenen Schwedisch-Pommern im Dorfe West-Swine an; auch fanden es mehrere Kaufleute passend, hier ihren Wohnsitz aufzuschlagen, um den aus- und eingehenden Schiffern als Kommissionäre ihre Dienste anzubieten, sie mit allen Bedürfnissen zu versehen, zugleich aber auch die Verbindung mit den Stettiner Kaufleuten zu erleichtern. ...