Von der Anwendungsweise der Seebäder insbesonders, und dem sonstigen Verhalten beim Gebrauche derselben

Wer ohne eigentlich krank zu sein zur Wiedererlangung verlorener Kräfte, oder als ganz Gesunder zur Befestigung seiner Gesundheit das Seebadgebrauchen will, bedarf dazu einer besonderen Vorbereitung nicht. Er hüte sich kurz vor dem Anfange der Badekur vor bedeutenden Diätfehlern, und vermeide Alles, was die Kräfte seines Körpers zu schwächen im Stande sein könnte und sorge auch während der Kur für eine gute Verdauung, die, wenn er sie nicht selbst stört, auch überwiegend in guter Ordnung bleiben wird.
Kranke hingegen bedürfen zuweilen einer Vorbereitungskur, ehe sie in die Seebäder reisen. Bedeutende Störungen in den Assimilationsorganen müssen vorher weggeschafft, und die Verrichtungen derselben geregelt werden, wozu, nach Maßgabe der Umstände, sich die Frühjahrs- und Brunnenkuren, der Kissinger, der Eger, der Karlsbader Neu- und Mühlbrunnen, der Gebrauch frisch ausgepresster Kräutersäfte, der Molken u. s. w, sehr eignen.
Überaus vollsäftige Menschen, die mit Krämpfen behaftet sind, bedürfen der Säfteentziehungen durch wiederholten Gebrauch stärkerer Abführmittel, zuweilen durch Aderlässe.
Sehr schwächliche Menschen bedürfen, um für das Seebad Energie genug zu gewinnen, den Gebrauch innerlicher und äußerlicher Stärkungsmittel, der Quassia, der China, der Eisentinkturen und eisenhaltiger Mineralwasser, (Driburger. Pyrmonter Brunnen) der Malz-, Kräuter- oder Stahlbäder.
Chronische Hautausschläge verlangen den Gebrauch der Schwefelmittel u. s. w.
Sachverständige Ärzte müssen darüber bei Zeiten um Rat gefragt werden, weil für den Kranken, der am Badeorte angekommen, nichts unangenehmer sein kann, als der ihm von einem gewissenhaften Badearzte erteilte Rat, in den ersten vierzehn Tagen noch nicht zu baden.*) Wenige haben Zeit und Geld genug, ihren Aufenthalt am Badeorte beträchtlich zu verlängern; sie reisen also unverrichteter Sache wieder ab, oder baden gegen den Rat des Arztes, und werden nicht nur nicht geheilt, sondern kränker.
Was den Medizin-Gebrauch während der Badekur betrifft, so ist derselbe im Allgemeinen, und wenn ihn nicht besondere Umstände und Krankheitserscheinungen gebieten, zu vermeiden.

*) Die Frage, ob das Badereglement einer wohlbeaufsichtigten Badeanstalt das Baden ohne Zustimmung des Badearztes überhaupt zu verbieten habe, ist nicht so ganz leicht zu entscheiden. Meine Überzeugung ist diese: Da, wer beim Baden unvorsichtig ist, nur sich und keinem Ändern (außer allenfalls dem Ruse des Bades) schadet, hat die Anstalt genug getan, wenn sie ihm Gelegenheit gibt, sich Rat zu holen. Diese Gelegenheit zu benutzen oder nicht, muss wohl jedem frei stehen, und das um so mehr, da das Vertrauen zu einem bestimmten Arzte nicht erzwingbar ist. Auch wird kein Arzt von Ehre und Delikatesse zu bewegen senn, Leuten ärztliche Ratschläge zu erteilen, die diese nicht mögen, oder gar für nicht erteilten Rat ein Honorar anzunehmen.


Doch ist andernteils nicht zu leugnen, dass die Vorschriften zum Gebrauche des Seebades, die manche Badegäste von ihren Hausärzten mitbringen, oft Beweise von deren bedeutendem Mangel an Kenntnis des Seebadwesens überhaupt und seiner Einzelheiten sind. Mit diesen Einzelheiten bekannt zu sein, ist auch nicht jedem Arzte, der nicht Seebadearzt ist, zuzumuten, wenn er nur weiß, in welchen Fällen das Seebad heilsam ist. Weiß er aber auch dies nicht zu beurteilen, und schickt Leute in das Seebad, die sich gar nicht dafür eignen, — und der Fall kommt nicht so ganz selten vor, als man wohl glauben sollte — dann verdient sein Leichtsinn den strengsten Tadel. Solche mitgegebene Vorschriften helfen in der Regel dem Badegaste wenig, und können ihm oft nachteilig werden, dagegen ist es Pflicht eines Hausarztes, der einen Kranken in das Bad schickt, dessen Krankheit nicht jeder Arzt auf den ersten Blick zu beurteilen im Stande ist, diesem eine kurze Krankheitsgeschichte zur Kenntnisnahme des Badearztes mitzugeben, dem es dann leichter wird, über die Einzelheiten der Kur dem Kranken zweckdienliche Nachschlage zu erteilen.
Ist die Krankheit, wegen welcher Jemand das Seebad gebrauchen will, ihrer Natur und ihrem Grade nach wirklich von der Art, dass ihre Heilung von dem Seebade zu erwarten steht, und ist nötigenfalls der Kranke zu dem Gebrauch des Seebades gehörig vorbereitet, so ist das Seebad in Verbindung mit dem Genuss der Seeluft und den andern Momenten, die dabei in Betracht kommen, gewöhnlich allein im Stande, ihm seine Gesundheit wieder zu geben, und es bedarf der Arzneimittel nicht; ja man würde durch ernstlichen Arzneigebrauch den Körner zu sehr anderweitig beschäftigen, als dass er im Stande wäre, den Anforderungen, die das Seebad an seine Kräfte und seine Tätigkeit macht, zu genügen.
Einzelne Ausnahmen gibt es indessen auch hier. Der gleichzeitige, öfters wiederholte Gebrauch starker Abführmittel, das Waschen des Körpers mit starkem Spiritus, der innere Gebrauch bitterer Mittel usw. kann unter Umständen dienlich und notwendig werden; doch gehört dies immer zu den Ausnahmen.
Befällt jemand während der Badekur eine wirkliche Krankheit, verschieden von der, wegen welcher er das Seebad besuchte, so ist derselbe jetzt als Kranker und nicht als Badegast zu betrachten, und hat daher die Arzneien zu gebrauchen, die seine jetzige Krankheit erheischt und die ihm der Arzt verordnet.
Die schicklichste Jahreszeit zum Gebrauche einer Seebadekur ist in unsern Gegenden der Spätsommer, d. h. von Mitte Juli bis Ende September. Wenn gleich schon früher an einzelnen Tagen das Wasser den gehörigen Wärmegrad besitzt, so ist bis zum Julius die Temperatur der See doch noch so beständig nicht, dass der Unterschied zwischen ihrer Wärme an dem einen und an dem andern Tage nicht zu beträchtlich wäre, als dass er ohne Nachteil von dem Badenden zu ertragen sein möchte. Abgesehen von diesem Grunde lehrt die Erfahrung, dass ein Septemberbad im Allgemeinen mehr nervenstärkende Kraft besitzt, als ein Julius-Bad.
Zur ordentlichen Absolvierung einer Seebade-Kur gehört ein wenigstens sechswöchentlicher Aufenthalt am Seebadeorte. Viel weniger als 45 bis 60 Bäder können den Absichten derer, die, um gründlich geheilt oder gestärkt zu werden, das Bad besuchen, nicht genügen. In zu rascher Auseinanderfolge zu baden, und seine Aufgabe so gewissermaßen in möglichst kurzer Zeit abzuarbeiten, schadet mehr, als das Nehmen zu weniger Bäder. Das Vorurteil sehr vieler Badegäste, dass sie ihren Zweck dadurch am besten zu erreichen wähnen, wenn sie nur recht viele Bäder nehmen, ohne Rücksicht auf die Zeit, in welcher, und die Lebensweise, bei welcher sie baden, (man könnte diesem Eifer den Namen: die Badewut geben) bedarf hier der sehr ernstlichen Rüge. Wer die vorigen Kapitel mit Aufmerksamkeit gelesen, wird die Gründe leicht selbst finden, die gegen dieses Abarbeiten der Badeaufgabe und diese Berechnung des Nutzens allein nach der Zahl der Bäder sprechen.
Der Gebrauch des Seebades fordert vom Körper einen Kampf, welcher Anstrengung kostet, wenn der Körper Sieger bleiben soll; mäßige Anstrengung der Kräfte stärkt diese, unmäßige und zu häufige erschöpft sie. Nicht jede Erschöpfung ist sogleich von nachteiligen Folgen; aber die schlimmen Folgen von Anstrengungen sind um so schlimmer, je unmerklicher und häufiger die Anstrengung war.
Der Körper bedarf, nachdem er den Kampf mit der See bestanden, einer gewissen Zeit zum Sammeln neuer Kräfte und darf hier nicht auf das Notdürftigste beschränkt werden.
Die Erfahrung steht fest, dass das Seebad um so kräftiger wirkt, wenn es von Zeit zu Zeit einen oder zwei Tage ausgesetzt bleibt; aber wenige Badegäste sind zur Befolgung dieser Badevorschrift zu bewegen, sie behaupten, sich wohl zu befinden, und geben auf ihre vierzehntägigen Erfahrungen mehr, als auf die vieljährigen der Seebadeärzte aller Zeiten und Orte.
Man bade im Allgemeinen täglich nur einmal, setze das Bad auch zuweilen aus, gewiss aber, wenn Unlust dazu, Indigestionen, gestörte Nachtruhe, unterbliebene Leibesöffnung, zu ungünstiges Wetter usw. davon abraten. Es versteht sich von selbst, dass Frauen während der ganzen Dauer der Periode nicht in der See baden dürfen, Unvorsichtigkeiten der Art sind zuweilen wohl gut abgelaufen, zuweilen haben sie aber auch die fürchterlichsten Folgen nach sich gezogen.
Individuen, die bereits sehr an das Baden in der See gewöhnt sind, dabei eine noch ziemlich kräftige Konstitution haben, während der Badekuren voller Ruhe und Bequemlichkeit leben und an den rauschenden geselligen Freuden nicht Teil nehmen, machen allerdings eine Ausnahme und baden mit Nutzen und Vergnügen und ohne sonderlich davon angegriffen zu werden, täglich zweimal.
Die Meisten, die dies tun, würden aber denselben Nutzen haben, wenn sie täglich nur einmal badeten, und erkaufen das Vergnügen des zweiten Bades, wenn auch nicht mit unausbleiblichem Nachteile, doch wenigstens mit dem Risiko desselben.
Sehr wenigen einzelnen Individuen, besonders solchen, die an Epilepsie, St. Veitstanz, an klonischen und tonischen Krämpfen leiden, und übrigens eine sehr kräftige, gegen äußere Eindrücke wenig empfängliche Konstitution haben, verordnet der Art aus besonderen Gründen die mehrmalige Wiederholung des Bades, entweder unmittelbar hinter einander, oder zu verschiedenen Tageszeiten. Dies ist aber auch für solche Kranke keineswegs allgemeine Regel, vielmehr kann hier nur nach Erwägung aller Umstände ein sachkundiger Arzt Rat erteilen.das
Ich wiederhole nochmals, weil es nicht oft genug wiederholt werden kann, dass es im Allgemeinen Regel ist, täglich nur einmal zu baden.
Die schicklichste Tageszeit zum Baden in der See ist die zwischen dem ersten und zweiten Frühstück.
Wer um 6 Uhr Morgens aufsteht und um 6:30 Uhr ein leichtes Frühstück genossen hat, kann schon nach 7 Uhr sein Bad nehmen; wer sehr schlecht verdaut oder sehr schwächlich ist, warte noch eine oder mehrere Stunden; nach 11 Uhr zu baden, ist nicht recht ratsam.
Wem der Arzt ein zweites Bad verordnet oder gestattet, muss 2:30 Uhr gespeist haben; dann kann er zwischen 5:30 und 7 Uhr baden. Ganz nüchtern zu baden, ist fast eben so nachteilig, als mit vollem Magen zu baden. In jenem Falle ist der Körper noch in einem zu abgespannten Zustande, als dass er zur siegreichen Bestehung des von ihm verlangten Kampfes, worauf Alles ankommt, kräftig genug wäre; in diesem Falle aber unterbricht teils das Bad die Verdauung, teils ist der Körper mit dieser zu sehr beschäftigt, als dass er anderweitig wirksam zu sein vermöchte. Eben dieser beabsichtigten Reaktion wegen darf, wer in der See baden will, auf keine Weise erschöpft sein. Der Körper muss warm sein, ohne zu schwitzen; daher ist bei kühlen Tagen eine mäßige Bewegung vor dem Bade sehr zu empfehlen.
Schwitzend in die See zu gehen, ist ans leicht begreiflichen Gründen sehr schädlich; fast noch schädlicher ist es, wenn man stark geschwitzt und sich nur abgekühlt hat.
Wer am Abende zuvor viel berauschende Getränke genossen oder viel getanzt hat, darf am andern Morgen nicht baden.
Eben so schädlich ist das Baden bald nach einer langen und erschöpfenden Reise; überhaupt ist nichts beim Gebrauch des Seebades nachteiliger, als Erschöpfungen, gleichviel, ob Tanz, Ausschweifungen, Rausch, geistige oder körperliche Anstrengungen dazu die Veranlassung gegeben.
Es ist unbequem, verletzt die Delikatesse, und kann der Gesundheit, welche das rasche Eintauchen des ganzen Körpers in das Wasser, und eben so rasche Verlassen des Bades verlangt, recht nachteilig werden, wenn man vom Strande aus in die See geht, deren Grund sich hier in Swinemünde an den Stellen, an welchen mit Sicherheit gebadet werden kann, nur so allmählich senkt, dass man 60 bis 100 Schritt im Wasser waten muss, ehe man 3 1/2 Fuß Wassertiefe gewinnt. Eben so unbequem, nachteilig und die Delikatesse verletzend ist das allmähliche Herauswaten aus dem Bade.
Die Einrichtungen, die man getroffen, um in der See auf eine anständige, bequeme und dem Heilzweck entsprechende Weise zu baden, sind an verschiedenen Seebadeorten von verschiedener Art, und richten sich, wie natürlich, nach den Lokalverhältnissen.
In England hat man kleine Leinwandzelte, die auf Rädern stehen, und werden diese Badewagen von Pferden einige Fuß tief in die See gezogen.
In Norderney schieben Männer oder Frauen ähnliche Badekutschen in das Wasser, auch hat man daselbst Schaluppen vor Anker liegen, von wo aus die Badenden in die See steigen und wohin sie in Wagen gefahren werden.
Diese Anstalten sind für die Nordsee wegen der Ebbe und Flut zweckmäßig und notwendig.
In der Ostsee, die bekanntlich Ebbe und Flut nicht hat, kann man auf eine leichtere und bequemere Weise den Zweck, sogleich einige Fuß Wassertiefe zu haben, erreichen. Es sind zu diesem Behufe zu Doberan, zu Putbus und zu Swinemünde drei bis vier Fuß breite, mit einem Geländer versehene Stege oder Brücken einige Fuß höher als der gewöhnliche Wasserstand ist, vom Strande aus in die See gebaut. An ihrem in der See befindlichen Ende ist eine Treppe *), welche in diese hinabführt.
Am Strande selbst befinden sich kleine Häuser, Zelte oder Buden **), worin sich einige Stühle oder Bänke, ein Spiegel, Stiefelknecht und dergleichen Toiletten-Bequemlichkeiten befinden. Hier kleidet man sich aus, nimmt einen wollenen Mantel um, zieht, wenn man vorsichtig sein will, ein Paar hölzerne Pantoffeln an, und geht über den Steg bis an die Treppe, wo man den Mantel ablegt, die Pantoffeln auszieht, Brust und Kopf mit aus der See geschöpftem Wasser wäscht oder übergießen lässt, und dann rasch in die See springt, von der man sogleich bis über die Hüften bedeckt ist.
Sehr schwächliche Personen, — in Doberan und Putbus die Damen alle, weil dort die Stege selbst keine Zelte und Marquisen haben, — kleiden sich in Badehäuschen aus, die am Ende des Steges neben demselben auf Rädern stehen, und von denen aus eine Treppe unter einer Marquise in die See führt. Das Aus- und Ankleiden in diesen Badewagen hat die Annehmlichkeit, dass man keines Bademantels bedarf, und also von Niemand im Bademantel gesehen wird, und nach dem Bade sich wieder sogleich in dem von der Sonne erwärmten Badehäuschen befindet, ohne dass man erst, in den Mantel gehüllt, hundert Schritte über den Steg bis in die Badehütte zu laufen braucht.

*) In Swinemünde befindet sich über dieser Treppe ein Leinwandzelt mit einer bis in die See herabreichenden Marquise. In diesem Zelte legt der Badende seinen Bademantel ab, und gelangt unter der Marquise ungesehen in das Wasser, dass ihn dann den Augen Anderer entzieht. Es ist zu verwundern, dass frühere Badeärzte diese kleinen doch gewiss nicht unzweckmäßige und von den Badegästen sehr beliebte Verbesserung der Badestege zu erdenken dem Verfasser dieser Zeilen übrig gelassen haben.

**) Von Stein in Doberan Badehäuschen, von Leinwand in Putbus Schilderhaus, von Holz in Swinemünde Badehütten genannt.

Kräftigeren ist aber gerade dies Luftbad, vor und nach, dem Seebade genommen, angenehm und wohltuend. Auch wird der wirkliche Anstand dadurch auf keine Weise verletzt, wenn Damen von andern Damen vom Kopf bis zu den Füßen in einen weiten wollenen Bademantel gehüllt gesehen werden, Damen des ersten Ranges und der feinsten Sitte haben in Swinemünde auf diese Weise gebadet, was sie wohl würden unterlassen haben, wenn es nicht so mit dem größten Anstande geschehen könnte.
Im Wasser selbst sind alle ohne Ausnahme ganz entkleidet, denn in Kleidern baden, ist durchaus schädlich, vermindert die Wirkung des Wellenschlages und hebt sie fast ganz auf; es verhindert ein schnelles Abtrocknen und Ankleiden, und gibt sehr leicht zu Erkältungen und Fiebern Veranlassung. Wozu auch die Badekleider? Vor dem Bade ist man von dem Bademantel, beim Hineinsteigen von Zelt und Marquise, im Bade vom Wasser, beim Heraussteigen wieder vom Zelte und beim Rückwege zur Badehütte wieder vom Bademantel bedeckt. Ist nun der Bademantel zweckmäßig, und weiß jemand einigermaßen damit umzugehen, so ist für die Beobachtung des Schicklichen hinreichend gesorgt.
Ein Bademantel sei von grobem Flanell ohne Ärmel so weit und faltig, dass er vorn weit übergeschlagen werden kann, aber ja nicht zu lang, weil man beim Herauf» steigen auf die Treppe sonst leicht darauf treten und fallen kann. Am Halse muss er mit einem großen Knopfe, nicht mit Bändern, zugemacht werden können, und wo möglich mit einer Kappe versehen sein, um sie bei sehr üblem Wetter über den Kopf ziehen zu können.
An manchen Badeorten pflegen die Badenden unter der Marquise zu bleiben, so lange sie überhaupt im Wasser verweilen. Da jedoch die Stelle, an welcher sich die Welle bricht, täglich eine andere, das Baden in der Brandung aber das vorteilhafteste ist; da ferner unter der Marquise keine freie Luft, sondern eine heiße Luft oder auch Zug zu sein pflegt; und da es endlich gewiss kein Verstoß gegen die Sittlichkeit ist, wenn Männer von Männern, Frauen von Frauen beim Baden, wo übrigens jeder mit sich selbst in den Wellen zu beschäftigt ist, als dass er nach Andern zu schauen Zeit und Lust hätte, Kopf und Schultern zu sehen bekommen, denn der übrige Körper ist vom Wasser bedeckt, so halte ich es für ratsamer, unter der Marquise hervorzukommen, die Wellen aufzusuchen, und sich so frei und ungehindert im Ozean zu bewegen. Auch die delikatesten Damen haben dies eingesehen, und auch nicht den geringsten Anstoß dabei gefunden, nachdem sie einige Male andere Damen auf diese Weise baden gesehen und selbst gebadet hatten.
Ich halte im Allgemeinen nicht einmal den Gebrauch einer wachstaffeten Badekappe, deren sich die Damen gern bedienen, um das Haar vor dem Nasswerden zu schützen, für zweckmäßig.
Das Nasswerden fürchten sie aus zwei Gründen, von denen einer in der Furcht besteht, Kopfweh nach dem Bade zu bekommen, der andere aber darin, dass das etwas feuchte Haar sich nicht gut frisieren lasse, und das Seewasser überhaupt nachteilig auf dessen Schönheit wirke.
Das Nasswerden des Kopfes ist aber die Ursache des nach dem Bade bei einigen Individuen eintretenden Kopfwehs keineswegs. Im Gegenteile gibt das Nichtnasswerden desselben öfters Veranlassung dazu.
Es gibt zwei verschiedene Arten von Kopfweh nach dem Bade. Bei der einen Art desselben empfindet man eine gewisse Schwere des Kopfes, es klopft in demselben, die Augen glänzen und erscheinen angeschwollen. Dies Kopfweh ist die Folge von Kongestionen nach dem Kopfe, hervorgebracht von der durch die Kälte des Wassers bedingten stärkeren Zusammenziehung der Blutgefäße des übrigen Körpers, als der des Kopfes, auf welche, da sie von dem Gehirn umgeben sind, die Kälte nicht so rasch und stark einwirken kann.
Ist dies Kopfweh nicht bedeutend, so hört es nach hergestelltem Gleichgewicht der Zirkulation alsbald wieder aus. Vermieden wird es, wenn der Badende vor dem Bade sich den Kopf mit kaltem Wasser wäscht, oder übergießen lässt. Im Bade selbst aber fleißig untertaucht, was am zweckmäßigsten durch Niederkauern, nicht durch Eintauchen des vorn übergebogenen Kopfes ins Wasser geschieht, oder wenn man bei Wellenschlag jede ankommende Welle als Sturzbad über den Kopf gehen lässt.
Ist dieses Kopfweh heftiger, andauernder, durch dies Mittel nicht zu heben, und haben die Personen, die es bekommen, übrigens eine zu Schlagflüssen geneigt machende Konstitution, so müssen sie sehr vorsichtig beim Gebrauche der Seebäder sein, vor dem Anfange der Badekur Blut lassen, am besten durch Blutegel oder Schröpfköpfe, und wenn das Kopfweh dennoch nach jedem Bade wiederkehrt, durchaus vom Gebrauche der kalten Seebäder abstehen.
Die zweite Art von Kopfweh befällt überwiegend nur schwächliche und zarte Individuen, besonders Damen; Personen von kräftiger Konstitution aber nur dann, wenn sie zu lange im Wasser verweilen. Der Schmerz sitzt hauptsächlich in den äußern Teilen des Kopfes, besonders im Nacken und Hinterkopf, und gleicht dem hysterischen Kopfweh, oder dem, was man während des Frostes im kalten Fieber oder auch am Tage nach einem Rausche empfindet, und entsteht daher, dass das Bad für das Energiemaß des Badenden zu kalt war. Man verhütet es durch den Genuss solcher Mittel, welche die Tätigkeit des Magens befördern, als: Pomeranzen-Elixiere u. dgl., die man täglich vor dem Bade in kleiner Quantität zu sich nimmt, und dadurch, dass man sogleich nach Verlassen des Bades den Kopf mit einer warmen wollenen Kappe oder Mütze bedeckt.
Diese Art von Kopfweh darf vom Gebrauche des Bades nicht abhalten, im Gegenteil es verliert sich allmählich, je mehr der Körper nach und nach durch das Seebad gestärkt wird.
Auch zur Verhütung dieser Art des Kopfwehs trägt das Nassmachen des Kopfes durch Übergießen und Untertauchen desselben mit bei, und es sollte daher überhaupt nie jemand in der See baden, ohne den Kopf gehörig nass zu machen.
Die Unannehmlichkeiten, die daraus für die Damen entstehen, sind unbedeutender als sie scheinen. Mit groben Handtüchern, nächstdem mit Löschpapier, abgerieben, dann lang ausgekämmt und bei übrigens bedecktem Kopfe offen hängen lassen, trocknet das Haar sehr bald und fügt sich dann leicht dem ordnenden Finger. Man sieht hier in Swinemünde fremde Damen, des ersten Ranges vom Bade zurückfahren, den Kopf mit einem Hute bedeckt, unter dem hinten das offene Haar weit über die Schultern herabhängt, und findet darin weder etwas Lächerliches, noch Unpassendes, wenn man sich nur erst zwei oder drei Tage an den Anblick gewöhnt hat.
Das Seewasser schadet dem Haare selbst nicht wesentlich; es geht davon, wie schon früher erwähnt, nicht aus und wird nicht grau. Wohl verliert es etwas an Glanz und Geschmeidigkeit, weil das Seewasser seine natürliche Fettigkeit vermindert. Der mäßige Gebrauch guter Pomaden und Haaröle gibt ihm Glanz und Geschmeidigkeit wieder. Zu häufiges Baden kann, selbst wenn das Haar dabei nicht nass wird, zum Ausfallen der Haare beitragen, indem es überhaupt den Körper angreift. —
Also, wo möglich, keine Badekappen, welche auch überhaupt nicht viel helfen; denn schließen sie eng an, so sind sie sehr schädlich, und schließen sie nicht an, so wird das Haar doch nass.
So weit von den Nachteilen des Gebrauchs der Badekleidung überhaupt.
Ich kehre zur Schilderung des Verfahrens beim Baden zurück.
Nachdem man sich in der Badehütte ausgekleidet und den Mantel umgenommen, die Pantoffeln angezogen hat, geht man den Steg entlang, tritt unter das daselbst befindliche Zelt, zieht hinter sich die Gardine zu, übergibt dort einem Diener oder resp. einer Dienerin Mantel und Pantoffeln (wer sich eines Badewagens bedient, bedarf alles dessen nicht), wäscht Kopf und Brust, und steigt nun rasch die Stufen hinab ins Wasser, eilt, wenn Wellenschlag ist, der Brandung zu, taucht so oft als möglich unter und lässt die Wellen über sich gehen.
Der erste Eindruck, den der Badende empfindet, ist unangenehm und beängstigend, mit jedem Augenblick mindert sich die unangenehme Empfindung der Beängstigung und des Schauders, es tritt ein behagliches Gefühl ein, dem Badenden ist unbeschreiblich wohl. Dies ist der Augenblick, in welchem man das Bad verlassen muss. Wer früher das Bad verlässt, verfehlt seinen Zweck, wer länger verweilt, schadet sich sehr leicht und — gewinnt für seine Gesundheit dadurch nichts.
Individuen von kräftiger Konstitution, und solche, die bereits sehr an das Bad gewöhnt sind, können, zumal wenn sie nicht täglich baden, bei ziemlich hoher Temperatur der See (16—17° G. R.) wohl 10 bis 15 Minuten im Wasser bleiben, ohne sich zu schaden. Schwächlichere dürfen nicht länger als 2 bis 5 Minuten bleiben, oft ist 1 Minute zur Erreichung des Zwecks hinreichend. Die Dauer des Aufenthalts im Wasser lässt sich also nach Minuten nicht genau bestimmen, sie muss sich nach der Krankheit, der Konstitution, der Gewohnheit und dem Befinden des Badenden, nach der Temperatur des Wassers, nach dem Verhältnis; derselben zur Temperatur der Luft u. s. w. richten. Als allgemeine Regel, die nur sehr wenige Ausnahmen erleidet, kann folgende gelten.
Wer gewiss sein will, seinem Körper bestimmt zu nützen und bestimmt nicht zu schaden, verlasse das Bad sogleich, wenn ihm darin wohl wird. Wer länger bleibt, handelt immer mehr oder weniger unvorsichtig, wenn auch seine Unvorsichtigkeit nicht immer gleich bestraft wird, oft ganz unbestraft bleibt. Ist dieses behagliche Gefühl eingetreten, so eilt man nach der Treppe des Steges oder resp. Badekarrens zu, nimmt im ersteren Falle im Zelte den wollenen Bademantel um, zieht die Kappe desselben über den Kopf und eilt nach der Badehütte, wo man sich sogleich mit groben Handtüchern den Körper rasch abtrocknet und ihn dabei stark reibt, dann sogleich den Kopf bedeckt, die Leibwäsche, welche schwächlichere Personen mittelst einer Wärmflasche, um die sie während des Aufenthalts im Bade geschlagen wird, wärmen lassen mögen, dann die Unterkleider anzieht und wo möglich die Wiederbekleidung der Füße, weil sie ein wenig aufzuhalten pflegt, bis hierher lässt. In jeder Badehütte befindet sich eine kleine Wanne mit Wasser; in dieser reinigt man die Füße von etwa anklebendem Strandsande und trocknet sie sorgfältig ab, ehe man Strümpfe und Schuhwerk anzieht. Ist dies geschehen, so trocknet man das Haar sorgfältiger, als es im ersten Moment geschehen konnte, und ordnet es. Sollte etwas in das Ohr gedrungenes Wasser unangenehme Empfindung erregen, so stecke, man einen Miniaturpinsel ins Ohr, dessen Haare sogleich die lästige Feuchtigkeit aufsaugen. Ich halte dies für zweckmäßiger, als durch eingebrachte Baumwolle das Eindringen des Wassers in das äußere Ohr verhüten zu wollen. Hat man endlich durch Anlegung der Oberkleider den ganzen Anzug vollendet, so verlasse man die Badehütte oder den Badekarren, und mache sich bei heiterer Witterung einige Bewegung, wo möglich am Strande, um die Seeluft recht zu genießen. Dann gehe oder fahre man nach Hause oder in eine Restauration, wo man das durch das Baden bei den Meisten sehr dringend gewordene Bedürfnis zu frühstücken befriedigen kann. Dies geschieht nach Maßgabe der Verdauungskräfte, der Gewohnheit und des Appetits durch den Genuss einer Tasse Fleischbrühe, Schokolade, Warmbier, Eierwein, oder auch eines Glases Madeira, Mallaga, Portwein oder Steinwein, wozu nach Verhältnis einige Zwiebacke, Butterschnittchen mit geräuchertem Fleische, oder auch ein Beefsteak, einige Koteletts u. dgl. recht gut zu schmecken pflegen. Wer sich jetzt müde fühlt, setze oder lege sich auf sein Sofa (doch nicht in das Bett, weil sonst leicht ein starker Schweiß eintritt, der nach dem Gebrauch des Seebades nachteilig ist), unterhalte sich durch eine leichte Lektüre u. dgl., oder schlafe auch ein wenig. Wer nicht müde ist, findet zu Hause oder an einem öffentlichen Orte Unterhaltung, wie er sie nur irgend wünscht. Kurz vor dem Essen ist dann einige Bewegung sehr wohltätig und mehrt den Appetit. Bei gutem Wetter gehe man spazieren, reite, fahre; bei schlechtem helfen das Billard, die Kegelbahn, Federball und Reifenwerfen aus.
Einer besonderen Diät bedarf es unter sonst gleichen Umständen während der Badekur nicht. Alle an sich gesunden, nicht zu schwer verdaulichen Speisen und Getränke eignen sich für den Badegast. Das Baden selbst und das Leben in der Seeluft pflegt alsbald den Appetit zu vermehren und die Verdauungskräfte zu stärken, was schon aus dem Sprichworte des gemeinen Küstenbewohners, womit er seinen starken Appetit rechtfertigen will, hervorgeht, die See zehrt!
Die Erfahrung hat unzählige Male gezeigt, dass Menschen, denen zu Hause der mäßigste Genuss der leichtesten Speisen Verdauungsbeschwerden verursachte, nach kurzem Aufenthalte am Seebadeorte und nach dem Gebrauche weniger Bäder eine tüchtige Portion gewöhnlicher Kost ohne alle Nachteile vertrugen.
Im Gegenteil ist, unter sonst gleichen Umständen, der Genuss zu weniger oder zu leicht verdaulicher Nahrungsmittel eher nachteilig, indem gerade während der Seebadekur ein verwöhnter Magen am leichtesten daran gewöhnt werden kann, gewöhnliche Kost zu vertragen. Exzesse müssen jedoch, wie sich von selbst versteht, möglichst vermieden werden, ganz besonders in Beziehung auf den Genuss geistiger Getränke.
Menschen, die an den täglichen Genuss einer ziemlich großen Quantität Weines oder Liqueurs gewöhnt sind, werden wohl tun, wenn sie während der Seebadekur davon weniger zu sich nehmen, als sonst; dies wird ihnen auch gar nicht schwer werden, weil die aufregende und besonders magenstärkende Kraft des Seebades und der Seeluft das Bedürfnis der Aufregung des Magens durch Spirituosa beträchtlich mindert. —
Der Nachmittag und Abend sei der Zerstreuung gewidmet. Bei schönem Wetter sind kleine Luftfahrten zu Wasser und zu Lande, letztere wo möglich immer in der Nähe der See, die besten Erholungs- und Zerstreuungsmittel. Bei schlechtem Wetter vertreibt man sich die Zeit durch gesellige Unterhaltung aller Art an öffentlichen Orten oder in Privatzirkeln durch Karten- und Brettspiel, Billard u. s. w.
Für Diejenigen, die gegen Abend ein zweites Bad nehmen wollen oder sollen, eignet sich die Teilnahme an Land- und Wasserpartien nicht recht; denn zum Baden sowohl, als zu dergleichen Lustfahrten gehört Zeit und Ruhe, und zweien Herren kann man nicht gut dienen. Dies ist mit ein Grund, der gegen das täglich zu nehmende zweite Bad sprechen würde, wenn nicht bereits andere wichtigere Gründe dagegen angeführt wären.
Abends esse man mäßig, bleibe nach Sonnenuntergang nicht im Freien und gehe zeitig zu Bette. Man schläft im Allgemeinen nach dem Seebade gut, nachdem man einigermaßen daran gewöhnt ist. Menschen mit sehr großer Reizbarkeit des Zerebral-Nervensystems machen zuweilen davon eine Ausnahme; ihnen pflegt der späte Genuss einer ganz kleinen Quantität geistiger Getränke einen ruhigen und gesunden Schlaf zu schaffen.
Hier auch ein Wort über die Kleidung während der Badekur.
Vor 8 Uhr Morgens und dann wieder nach Sonnenuntergang pflegt an Orten in der Nähe der See die Luft viel Feuchtigkeit zu enthalten. Wer sich zu dieser Zeit in leichter Kleidung der Luft aussetzt, erkältet sich sehr leicht. Leichte, oft auch heftige Rheumatismen, überwiegend Rheumatismus der Därme, die ruhrartige Kolik, sind die Folge davon. Diese Krankheit bekommen Fremde, die sich im Sommer und Herbst an den Küsten aufhalten aus dem eben genannten Grunde sehr leicht. Daher ist es ratsam, Morgens und Abends sich sehr warm zu kleiden, in der Zwischenzeit aber leicht, weil das Schwitzen während der Seebadekur überhaupt möglichst zu vermeiden ist.
Wer die im Allgemeinen sehr nachteilige Gewohnheit hat, auf dem bloßen Körper beständig Flanell zu tragen, kann während des Gebrauchs der Seebäder sich ohne allen Nachteil allmählich davon befreien. Ich habe Gelegenheit gehabt, in vielen Fällen zu beobachten, dass Menschen, die jahrelang flanellene Jacken oder Hemden ohne Unterlass getragen, von dieser üblen Gewohnheit, gegen welche die Ärzte oft viel zu nachsichtig sind, während des Gebrauchs der Seebäder allmählich ganz und für immer abgekommen sind.
Es ist schon erwähnt, dass man kurz vor dem Einsteigen in die See und bei mangelndem Wellenschlag, auch während des Aufenthalts im Wasser, die Abkühlung des Kopfes dadurch mit Nutzen bewerkstelligt, dass man den Kopf mit Wasser übergießen lässt. Aber die Abkühlung ist es nicht allein, die man dadurch erzielt; das Übergießen des Kopfes, zumal wenn es von einer gewissen Höhe herab und aus größeren Gefäßen geschieht, bringt auch eine wohltätige Nervenerschütterung hervor, und ist daher Nervenkranken überhaupt, besonders aber solchen Individuen, die an nervösem Kopfweh leiden, nicht genug zu empfehlen. An manchen Orten hat man zu diesem Zwecke besondere Vorrichtungen, Regenbäder genannt, erfunden. Meiner Überzeugung nach können, während der Seebadekur selbst, diese Vorrichtungen entbehrt, und die Absichten, die man bei ihrer Erfindung hatte, durch das Übergießen vollkommen erreicht werden, da man durch das langsamere oder geschwindere Übergießen größerer oder kleinerer Wassermassen den Eindruck nach Willkür zu verstärken und zu vermindern vermag.
Doch will ich dadurch den Vorrichtungen zu Regenbädern, die man hier und da in Badeanstalten angebracht hat, und deren man sich auch außer der Badezeit bedient, ihren wesentlichen Nutzen auf keine Weise absprechen.
Ist Wellenschlag, so bewirkt dieser die besten Sturzbäder von selbst; man muss nur die Stelle, an welcher sich die Welle bricht, aufsuchen, und dieser den Kopf mutig aussetzen.
Zur besonderen Anregung der Tätigkeit einzelner Teile dient, während des Aufenthalts in der See, oder kurz nach demselben, der Gebrauch der Duschpumpe. Am zweckmäßigsten sind dazu die mit einem kleinen Windkessel versehenen Handpumpen. Eine solche Pumpe kann von einer Person sehr leicht regiert und die Stärke ihrer Wirkung durch die Geschwindigkeit, mit der die Pumpe bewegt wird, und durch Ansetzen weiterer o»er engerer Mundstücke nach Belieben vermehrt und vermindert werden. Bei Lähmung einzelner Glieder ist die Wirkung der Dusche bekanntlich ausgezeichnet. —
So viel von der Anwendungsweise des kalten oder eigentlichen Seebades.
Die Regeln für den Gebrauch warmer Seebäder sind im Allgemeinen dieselben, die für den Gebrauch warmer Bäder überhaupt aufgestellt worden. Die schicklichste Zeit zum Gebrauche der warmen Seebäder ist eine oder zwei Stunden vor dem Mittagsessen. Die Temperatur eines warmen Bades sei 23 bis 28 Grad + Reaumur, oder 90 bis 96 Grad Fahrenheit. Am zweckmäßigsten verfährt man, wenn man vor dem Hineinsteigen in das Bad die demselben zu gebende Temperatur nach seiner Empfindung einer angenehmen Wärme abmisst, hierauf ein Thermometer in das Bad hält und nachsieht, wie viel Wärmegrade des Bades dasselbe anzeigt. Verweilt man länger im warmen Bade, als eine Viertelstunde, was sich nach dem Gesundheitszustande des Badenden richtet, und worüber sich allgemeine Regeln durchaus nicht aufstellen lassen, so suche man durch Zulassen warmen Wassers dem Bade die Temperatur, die, es beim Hineinsteigen hatte, zu erhalten.
Man messe dieselbe jetzt nach dem Thermometer, nicht nach der Empfindung ab. Die letztere täuscht, wenn man sich bereits einige Zeit im warmen Bade befindet, ungemein; denn ein durch Zulassen von warmem Nasser bis 31 Grad + Reaumur erwärmtes Bad empfindet der darin Sitzende nicht als heiß, sondern nur als angenehm warm, aber der Gebrauch so warmer Bäder ist, einzelne Fälle ausgenommen, wo der Arzt dadurch eine starke Transpiration hervorbringen will, sehr nachteilig. Der Puls wird beschleunigt, es tritt erst ein behagliches Gefühl, dann ein starkes Schwitzen des Gesichts ein, und der starte Schweiß verbreitet sich über den ganzen Körper, wenn man sich gleich nach dem Bade zu Bette legt. Bleibt man lange Zeit in einem so heißen Bade, so kann ein Schlagfluss die Folge davon sein. Also man messe, wenn man im Bade sitzt und warmes Wasser zulässt, die Temperatur mit dem Thermometer, und diese übersteige nicht 28 Grad.
Nach dem warmen Bade ist die Ruhe mehr zu empfehlen, als nach dem kalten. Sehr schwächliche Personen mögen sich immer ein wenig niederlegen; Kräftigere machen bei heiterem Wetter einen kleinen Spaziergang, Die Furcht, dass man sich nach dem Gebrauche eines warmen Bades sehr leicht erkälten könne, und die Vorsicht, sich nach genommenem Bade sehr warm anzuziehen und die frische Luft zu vermeiden, beruhen auf einer falschen Theorie, und werden durch eine richtigere, mehr aber noch durch die Erfahrung widerlegt. Wer aber nach dem Gebrauche heißer Bäder geschwitzt hat und sich dann der Zugluft aussetzt, kann sich sehr durch Erkältung schaden.
Während der Badezeit kühle Bäder, d. h. von 23 Grad + bis 18 Grad + Reaumur abwärts, in der Wanne zu nehmen, halte ich im Allgemeinen für unpassend und zwar aus folgenden Gründen.
Die Absicht, die man hat, wenn man dergleichen Bäder in der Wanne nimmt, ist entweder dieselbe, die man mit dem Gebrauche der Bäder in der offenen See verbindet, und man fürchtet, dass die See zu kalt sei und ihr Eindruck nicht vertragen werde, oder man will seinen Körper dadurch, dass man nach und nach kälter badet, an den Eindruck der See gewöhnen.
Wer aber glaubt, dass der Eindruck der Kälte der See (vorausgesetzt, dass sie eine Temperatur hat, die es überhaupt gestattet, in ihr zu baden, d. h. wenigstens 12 bis 14 Grad + R.) unangenehmer und nachteiliger ist, als der Eindruck, den ein kaltes Bad in der Wanne von 18 bis 20 Grad + R. macht, der irrt sehr; denn die Erfahrung hat in unzähligen Fällen bewiesen, dass, wer ein Wannenbad von 18 bis 20 Grad + R. unangenehm kalt fand, Tags darauf sich im offenen Seebad von 14 Grad + R. sehr wohl fühlte. Die Ursachen davon liegen teils darin, dass die Luft am Strande immer kühler ist, als die in einer Badestube, also der Temperaturwechsel nicht beträchtlicher, als der beim kalten Wannenbade, dass man sich in der See stärker bewegt, und also leichter erwärmt, als in der Wanne, wozu die Aufregung der Nerven durch den Wellenschlag nicht wenig beitragen mag, teils sind sie noch nicht hinreichend ergründet. Die Erfahrung aber steht fest, dass ein 18gradiges Bad in der Wanne einen unangenehmeren Eindruck macht, als ein 14gradiges in der See. Da man nun aber dieselbe Absicht weit besser durch Bäder in der offenen See, als in der Wanne erreicht, wozu denn die unangenehmen Weise wählen, da die angenehmere zugleich die vorteilhaftere ist?
Das sehen die Badegäste auch überwiegend selbst ein, und möchten überhaupt nicht leicht dazu zu bewegen sein, die kalten Wannenbäder den kalten Seebädern vorzuziehen; denn auch auf die Ermutigung des Ängstlichsten und Wasserscheusten wirkt die Allgewalt des Beispiels.
Wird es doch oft dem Badearzte sehr schwer, Diejenigen, die durchaus warm baden sollen und denen kalte Seebäder gerade zu schädlich sind, von dem Gebrauche dieser abzuhalten, da die Lobpreisungen des Vergnügens und der Vorteile, die das offene Seebad gewährt, ein Lieblingsthema der Unterhaltung unter den Badegästen zu sein pflegen.
Was aber die Vorbereitung durch immer kühlen Bäder zum Bade in der offenen See anlangt, so erlaube ich mir zu behaupten, dass, wer sich überhaupt zum Seebade in offener See eignet, nie einer solchen Vorbereitung bedarf.
Es gibt jedoch einesteils Menschen, die sehr ängstlich sind, an jener vorgefassten Meinung hängen, und davon durch das Zureden des Arztes nicht so leicht, als durch die Macht des Beispiels, zu befreien sein dürften; diese mögen immerhin einige immer kühlere Bäder in der Wanne nehmen , denn einen positiven Nachteil bringen dieselben nicht leicht. Aber von den sechs Wannenbädern, die ihnen der Arzt zugesteht, nehmen sie in der Regel nur zwei bis drei, dann führt sie die Macht des Beispiels in die See, die ihnen nun auch wohl behagt und gut bekommt, wovon ich sehr viele lebende und sich wohl befindende Exempel zu nennen vermöchte.
Ein oder zwei kühle Bäder ordnet jedoch vor dem Gebrauche des Seebades der Arzt zuweilen selbst an, um in sehe zweifelhaften Fällen im Voraus über den wahrscheinlichen Erfolg des Seebades urteilen zu können. Die besonderen Gründe, die ihn dazu bestimmen müssen, gehören nur für Ärzte, und ihre Auseinandersetzung würde hier viel zu weit führen.
Dies sind aber keine kühlen Bäder forthin genommen aus bloßer Furcht vor dem Eindrucke der See, es sind auch keine Vorbereitungsbäder, sondern Prüfungsbäder. Sie haben keine andere Absicht, als die mehrere Begründung des Urteils über den Erfolg des Seebades in einzelnen zweifelhaften Fällen.
Endlich gebraucht man kühle und kalte Bäder in der Wanne als ein freilich sehr mangelhaftes Surrogat des Seebades zu einer Zeit, wo man in der See nicht baden kann, d. h. im Winter. Im Sommer geben Flussbäder das Surrogat der Seebäder für Diejenigen ab, die diese nicht besuchen können. Das Wort Surrogat bezeichnet ihren Wert.
Die warmen Seebäder, deren man übrigens täglich nur eins nimmt, eine Regel, die nur sehr wenige Ausnahmen gestattet, pflegt man, wie schon in den vorigen Kapiteln erwähnt wurde, nach Maßgabe der Umstände durch Zusatz von Steinsalz zu verstärken, oder durch Zusatz von Kalkschwefelleber zu kalischen Schwefelbädern umzuschaffen, oder man lässt sie mit Kräutern, Malz usw. versetzen, Die Fälle, wo dies zweckmäßig ist, kann nur nach Erwägung aller einzelnen Umstände der Arzt bestimmen; die Bereitung solcher künstlichen Bäder versteht die Dienerschaft in jedem gut eingerichteten Badehause.
Die Diät und Lebensweise beim Gebrauch der warmen Seebäder ist der beim Gebrauche der kalten im Allgemeinen gleich.
Daher zum Schlusse der Mitteilungen über diesen Gegenstand nur noch eine Bemerkung, die sich auf das Wohl aller Seebadegäste bezieht, und ihr Verhalten nach der Rückkehr vom Seebadeorte betrifft.
Man hört nicht selten die Klage der aus Seebädern Zurückgekehrten, „so lange ich mich am Badeorte befand, war mir wohl; jetzt, nach kaum drei Wochen, fühle ich mich schon wieder unwohl, und die gepriesene Wirkung des Seebades, die ich auch an mir selbst verspürt habe, ist doch nur eine sehr vorübergehende.“
Die Klage ist aber ungerecht und die Kläger sind überwiegend an ihrem nachherigen Übelbefinden selbst Schuld, weil sie gewisse Rücksichten nicht nehmen, welche man nehmen muss, wenn man sich, aus dem Seebade zurückgekehrt, forthin eines ungestörten Wohlseins erfreuen will. Wer aus dem Seebade zurückgekehrt ist, darf sich nicht sogleich wieder schwächenden, die kaum wiedergekehrte Kraft aufreibenden Einflüssen aussetzen; ja er darf sich nicht einmal so viel zumuten, als er am Seebadeorte selbst ohne Nachteil vertrug, wo durch Seebad, Seeluft und Außenverhältnisse die Energie der Lebenskräfte täglich durch Übung vermehrt ward, und diese also immer in einer gewissen Art von Tätigkeit und Spannung erhalten wurden, welche den Körper gegen nachteilige Eindrücke aller Art weniger empfindlich machte.
Vielmehr bedarf der Körper der aus Seebädern Zurückgekehrten der Ruhe und Erholung; denn seine Übung, so heilsam sie auch war, kostete immer einen gewissen Grad von Anstrengung.
Wer seinem Körper diese Ruhe nicht gönnt, wer mit dem Gedanken, nun bin ich durch das Seebad gekräftigt und will die gewonnene Kraft prüfen, keine Anstrengung scheut, seinen Körper jedem nachteiligen Einfluss aussetzt, der wird die nachteiligen Folgen dieser Voreiligkeit bald spüren, er wird sich schwach und unwohl fühlen, und das Seebad wirkungslos nennen; er wird sich gezwungen sehen, vorsichtiger mit seinem Körper umzugehen, und tut er dies bald, so geht er der guten Wirkung des Seebades nicht verloren, die durch das Seebad gewonnene Kraft zeigt sich alsbald doch; bei Anwendung gehöriger Vorsicht wäre aber so ein Rückfall nicht gekommen.
Daher rührt die bekannte Behauptung, dass die beste Wirkung der Badereisen überhaupt, und der in die Seebäder insbesondere, erst vier bis sechs Wochen nach der Rückkehr aus demselben sich zeige. Wer in diesen vier bis sechs Wochen seinen Körper auf alle Weise sehr schont, und nur allmählich die wiedergewonnenen Kräfte in Anwendung bringt, der kann auf einen dauernden Nutzen von dem gebrauchten Seebade rechnen, wie eine vielfältige Erfahrung gelehrt hat.
Diese Vorsicht bezieht sich auch besonders auf den Genuss der Nahrungsmittel.
Die viele Bewegung in freier Luft, besonders in der Seeluft, die dadurch bewirkte stärkere unmerkliche Ausdünstung, die Anstrengung beim Baden selbst, vermehren bei den Seebadegästen allmählich den Appetit, aber gleichen auch die stärkere Portion, die diese nun zu sich nehmen, aus, verhindern so die Entstehung einer zu großen Vollsaftigkeit, und verhüten deren nachteilige Folgen.
Sind sie nun aber zu ihrer verhältnismäßig ruhigeren, vielleicht gar ganz sitzenden Lebensweise zurückgekehrt, und folgen dabei ihrem vom Seebade her immer noch guten Appetite ohne Einschränkung, so zeigen sich alsbald üble Folgen. Es entstehen besonders leicht Verdauungsbeschwerden mit ihren Begleiterinnen, den Kopfschmerzen und den üblen Launen; bei jungen Leuten hilft sich die Natur zuweilen durch starkes Nasenbluten. Ältere bedürfen überwiegend künstliche Hilfe, beide aber der Beschränkung ihres Appetits, wenn sie nicht der guten Wirkungen des Seebades größtenteils verlustig gehen wollen.
Erlaubt es die Jahreszeit noch, so setze man nach der, Rückkehr aus dem Seebade noch einige Zeit lang das Baden durch wöchentlich ein oder zwei zu nehmende Flussbäder fort, und entwöhne sich so allmählich dem Seebade. 3Man bewege sich möglichst viel in freier Luft, mute seiner Gesundheit nicht gleich viel zu, vor allem aber sei man mäßig im Essen und Trinken.
Wer diese Regeln befolgt, kann allein den dauerndsten Vorteil von seiner gemachten Seebadereise ziehen; wer sie nicht befolgt, hat es sich selbst und allein beizumessen, wenn der Gebrauch des Seebades ihm nicht so viel hilft, als er gehofft und ihm sein Arzt versprochen hatte.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Seebad zu Swinemünde