Heringsdorf

Eine Stunde von der Hafenstadt Swinemünde entfernt, nach Westen, erhebt sich das bis dahin flache Meeresufer bergig, und eine üppige Vegetation aller Arten Laubhölzer, unter denen die Buche in seltener majestätischer Größe hervorragt, wechselt von hier mit den Nadelhölzern ab, welche in dichten Waldungen nicht fern vom Strande gedeihen. Einer Oase gleich zeichnet sich das frische Blattgrün von dem düsteren Kolorit der Tannen und Fichten aus, und die erquickende Frische, welche durch die Seeluft noch erhöht wird, umfängt alsbald den Ankömmling. Am Saume des Forstes, zum Teil unter dichtem Laubholz malerisch zerstreut, liegen die geschmackvoll errichteten Wohnhäuser für Kurgäste, deren meist ländlicher Charakter dem Ganzen einen eigentümlichen Reiz verleiht. Dies ist Heringsdorf.

Nur vom Rauschen der Buchenkronen und dem Branden der Meereswogen wird die wohltuende Stille unterbrochen, welche auf dem reizenden Orte lagert und den Besucher zur Betrachtung der Natur auffordert. Wenige Schritte von den Wohnungen entfernt ist der höchste Punkt über dem Meeresspiegel, von welchem aus der Blick über das Meer unbegrenzt ist, hier und dort nur gefesselt von den weißen Segeln eines Kauffahrers oder der Rauchwolke, ein nahendes Dampfschiff verkündend, oder den kleinen Böten, in denen der emsige Schiffer dem Meere seinen Lohn abzugewinnen bemüht ist. Nichts kann anziehender sein, als von diesem hohen Punkte aus an einem schönen Sommerabend den Strand zu betrachten, welcher von dem bunten Gewühl lustwandelnder Badegäste bevölkert ist; oder ein über die See heranziehendes Gewitter zu beobachten, wenn der nahende Sturm die Wasser zu kräuseln beginnt und endlich die schäumenden Wogen sich brausend dem Ufer zu wälzen. Des ewigen Farbenwechsels, des immer neuen, nie ermüdenden Anblickes der Wellen nicht zu erwähnen, deren Betrachtung stets anziehend in jene eigentümlich beruhigende Stimmung versetzt, die dem, welcher dem geräuschvollen Residenzleben entflohen, dem Leidenden aber vor Allem so wohltuend wird.


Landeinwärts führen verschiedene Wege durch den dichten Wald nach nahen und entfernten Partien, größere Wiesenflächen und bebautes Land versetzen uns auf die friedlichen Fluren des Binnenlandes. Hier unter dichten Buchen steht die Kirche, im gotischen Stil, einfach, dem Charakter des Ortes angemessen, erst vor einigen Jahren erbaut, deren Turm seewärts weithin gesehen werden kann. Am Meeresstrand entlang, nach Morgen hin, gelangt man in einer Stunde nach Swinemünde, welches den Luxus eines schon größeren Ortes mit dessen Geräusch verbindet, dennoch geeignet ist, dem Kurgast von Heringsdorf eine angenehme Abwechslung zu bieten. Das Leben in dem schiffreichen Hafen, der eigentümliche Typus der Seeleute ist für die Meisten, welche hierher kommen, etwas Neues. Hierin liegt aber der große Vorzug, den Heringsdorf vor anderen bekannten Seebädern hat, dass dem Badegast Beides, die ländliche Stille am Ort, das geräuschvollere Leben der nahen Stadt, Gelegenheit gibt, seinem Hange nach dieser oder jener Richtung hin zu genügen. Das Wesentliche aber, die Seebäder selbst, haben unzweifelhaft Vorzüge vor manchen anderen Kurorten der Art. Betrachten wir, um dies zu bewahrheiten, in der Kürze die Örtlichkeit der Bäder.

In angemessener Entfernung von einander, am Fuße des sich erhebenden Ufers, sind die Badeplätze für Männer und Frauen, geschützt gegen Süden vor den Landwinden durch das hohe Ufer und die dieses bedeckenden Waldungen, während nach Norden, Ost und West vollkommen frei sie den Wellen gestatten, sich mit aller Macht am Strande zu branden. Durch keine vorliegende Insel unterbrochen, findet hier, einmal angeregt, der Wellenschlag anhaltend Statt. Nach Nordwest liegen die Insel Ruden, nach Osten die sich eine Viertelstunde lang ins Meer erstreckenden Steindämme des Hafens von Swinemünde zu entfernt, um die Strömung der einmal bewegten Wassermasse zu unterbrechen. Auch die eine der drei Odermündungen, die Swine, erreicht entfernt genug von Heringsdorf das Meer, als dass das Seewasser dadurch alteriert werden könnte; wie sehr skrupulöse Personen zuweilen befürchten. Der Meeresgrund der Badeplätze, aus feinem festen Sande bestehend, von einer seltenen und wenig veränderlichen Ebenheit, ohne jede Untiefe, lässt nichts zu wünschen übrig, und es bedarf bei einer von der Natur so sehr begünstigten Örtlichkeit keiner besonderen Ausschmückung, um jedem Unbefangenen einzuleuchten, dass ein günstigerer gelegener Ort, von der Natur gleichsam zum Badeplatz bestimmt, am Ostseestrande kaum wieder zu finden sein wird.

Kein Wunder, dass Heringsdorf, welches vor noch nicht langer Zeit nur aus Strohhütten bestand, jetzt eine bedeutende Anzahl geschmackvoller Gebäude besitzt, deren Zahl und Bequemlichkeit sich mit jedem Jahre vermehrt. Der jetzige Besitzer, Herr v. Treskow, verbindet mit Sachkenntnis und Geschmack das Nützliche, die Badeeinrichtungen werden vergrößert und wesentlich verbessert, der Ort selbst durch neue Anlagen und gute Wege angenehmer gemacht und wenn, wie zu erwarten steht, noch hinreichende Anstalten zur Anwendung warmer Bäder eingerichtet sein werden, ist es ohne Zweifel, dass diesen Badeort eine lachende Zukunft erwartet.

Heringsdorf, wie schon erwähnt, eine Stunde von der Stadt und dem Hafen Swinemünde, auf der, durch die beiden Odermündungen, die Peene und die Swine, gebildeten Insel Usedom gelegen, steht durch die regelmäßige Dampfschifffahrt mit Stettin in Verbindung. In Stettin münden die Osteisenbahn, sowie die von Berlin, und diese neue Erfindung, welche in medizinischer Hinsicht von unschätzbaren Folgen für die Seebäder geworden ist, gibt Gelegenheit, mit Schnelligkeit und Bequemlichkeit aus dem Innern Deutschlands, so wie durch die große Ostbahn aus den durch diese in Verbindung gekommenen großen Ländergebieten, die Gestade der Ostsee zu erreichen. Während des Sommers unterhalten außer den Königlich Preußischen Postdampfschiffen, die dänischen und russischen Postschiffe auf ihrer Durchfahrt durch den Hafen von Swinemünde eine regelmäßige Verbindung mit Stettin, ebenso befördern eine Anzahl großer und sehr gut eingerichteter Privatdampfschiffe täglich Personen zwischen Stettin und Swinemünde. Der Reisende kann, wenn es beliebt, ohne Aufenthalt von den Eisenbahnhöfen in recht guten Droschken zu den Anlegeplätzen der verschiedenen Dampfschiffe gelangen, deren Abfahrt gewöhnlich eine halbe Stunde und mehr nach Ankunft der Züge erfolgt. Die Post- und Personendampfschiffe sind äußerst elegant und bequem eingerichtet, und man erreicht in fünf bis sechs Stunden, nach einer unterhaltenden Fahrt, zuerst zwischen den grünen mit Gebäuden besetzten Ufern des Oderstromes, sodann über das Stettiner Haff, Swinemünde. Hier angelangt, findet der Reisende bei der jedesmaligen Ankunft eines Dampfschiffes eine beliebige Auswahl guter Wagen, welche den Kurgast in einer Stunde dem Meeresstrande entlang nach Heringsdorf bringen.

Ratsam für Kranke ist jedoch nicht, eine vielleicht weite Reise ohne Unterbrechung zu machen, es ist besser, hier oder dort ein Nachtquartier, einen Ruhetag zu halten, um die Kräfte nicht zu erschöpfen. Besonders Damen versehen dies häufig und sind dann nach Ankunft im Badeort genötigt, oft mehrere Tage zur Erholung anzuwenden, welche sie an der zur Kur bestimmten Zeit verlieren.

Die Wohnungen in Heringsdorf sind freundlich, größtenteils mit vollständigem Mobiliar und Hausgerät für ganze Familien versehen und meistenteils so gelegen, dass der Blick aus den Fenstern auf das Meer schweifen kann. Doch ist es bei der jedes Jahr steigenden Frequenz erforderlich, sich schon bei Zeiten einer Wohnung zu versichern und erteilt der Bade-Inspektor Herr Scholz auf briefliche Anfragen genaue Auskunft hierüber. Der Inspektor ist gegenwärtig zugleich Pächter des Gesellschaftshauses und hat zur Bequemlichkeit für einzelne Kurgäste oder derjenigen Familien, welche keine eigene Küche führen wollen, tägliche Table d’hôte eingerichtet, so wie auch zur Unterhaltung einige Zeitungen daselbst zur Benutzung ausliegen.

Nirgends, als in Heringsdorf, kann man seinen Aufenthalt ganz der Laune und dem körperlichen Befinden gemäß und so wie es die Verhältnisse eines jeden Einzelnen gestatten, einrichten. Während die einen sich durch die wohltuende Stille des Ortes und den Genuss der herrlichen Umgebungen befriedigt finden und allein ihrer Gesundheit leben, vereinen sich Andere zu größeren Kreisen und Partien in der Umgegend, zu Lande oder zu Wasser.

Die unseren Badeort und dessen nächste Umgebung beschattenden Waldungen mit ihren abwechselnden Partien laden den Kurgast zur heilbringenden Bewegung ein; gerade und sich krümmende schattige Gänge durchkreuzen sich in verschiedenen Richtungen und führen zu Punkten, von welchen man eine überraschende Aussicht auf das Meer oder landeinwärts auf eine reizende Landschaft hat.

Wem nach einem längeren Aufenthalt die nahe gelegenen Partien nicht mehr genügen, der wandle als rüstiger Fußgänger oder fahre in einem der hier üblichen leichten Wagen längs dem Strande nach dem nahen Swinemünde, dort gewährt der sehr belebte Hafen, die Abfahrt und Ankunft der Dampfschiffe und der Kauffahrer eine angenehme Unterhaltung. Halb so weit von Heringsdorf entfernt liegt das Fischerdorf Ahlbeck, woselbst die beliebten geräucherten Heringe bereitet werden; auch gehen Kurgäste oft zu den Landungsplätzen der Fischerboote, zur Zeit, wo dieselben aus der See heimkehren und ergötzen sich an dem Anblick der eben gefangenen Fische oder machen auch Einkäufe. Nach Abend zu erreicht man den Strand entlang gehend den sogenannten Langen Berg, von dessen Gipfel dem Auge sich ein überraschendes Panorama erschließt; höher, als die benachbarten Berge, übersieht man von diesem Punkte eine weite Strecke der Küste, das offene Meer, das Haff und das Achterwasser. Hier ist es auch, wo ein merkwürdiger Vogel mit dem zeitigen Frühjahr sich einzufinden pflegt, der nur diesen Ort und die nicht allzufern liegende Insel Oi sich zum Aufenthalt wählt. In der Volkssprache Kormoran oder Seerabe genannt, von der Größe einer Gans, schwarz gefiedert, mit langem dünnen Halse, ist er unter den Wasservögeln der einzige, der auf Bäumen nistet. Diese merkwürdigen Tiere vermehren sich so ungemein, dass große Jagden veranstaltet werden mussten, indem die Vögel nicht allein der Fischerei sehr gefährlich wurden, sondern auch den Holzungen mit ihren kräftigen und scharfen Schnäbeln großen Schaden zufügten. Ein Bekannter von mir erlegte in einem einzigen Tage 45 dieser gefährlichen Nachbarn. Mit dem beginnenden Frost zieht der Seerabe nach wärmeren Gegenden. Der Ornithologe hat überhaupt hier Gelegenheit, Studien zu machen; wie zahlreich ist nicht das muntere Geschlecht der Seemöwen, wie lockend nicht für den Jäger unter anderen genießbaren Tieren die Strandschnepfe usw. Eine andere, den meisten Badegästen neue und auch den schon damit vertrauteren immer überraschende Erscheinung ist das Meerleuchten, das Seeblicken, wie es die Küstenbewohner auch nennen, ferner die überaus merkwürdige Luftspiegelung, Fata morgana, Mirage, ein Phänomen, welches man nach Humboldt in allen Weltteilen beobachtet; die Objekte erscheinen in der Luft schwebend und spiegeln sich dabei scheinbar in der unteren Luftschicht. In Heringsdorf beobachtete ich selbst solche Luftspiegelungen in der Richtung nach Abend hin an einem der hervorspringendsten Küstenpunkte, dem sogenannten Streckelberg. Das Suchen nach Bernstein ist eine besondere Belustigung für jugendliche und erwachsene Kurgäste und zuweilen findet einer oder der andere in dem frischangeschwemmten Seetang ein Stück von seltener Größe und Reinheit. Es mag hier nicht überflüssig erscheinen, über dieses nur der Ostsee eigentümliche Produkt anzuführen, was von Raumer in seiner Schrift: die Insel Wollin und das Seebad Misdroy, darüber sagt: „Das Meer lagerte über den Jurakalk, lange vor Erschaffung des Menschen, Schichten ab, wozu vermutlich mehrfache Hebungen und Senkungen das Meiste beitrugen. Die Kreidefelsen der Insel Rügen und die jüngeren Kalklager bei Stengow auf der Insel Wollin, aus denen seit mehreren Jahrhunderten und bis auf den heutigen Tag ein sehr guter Kalk gebrannt wird, gehören solchen Meeresablagerungen an, wie die darin gefundenen Muscheln beweisen. Eine dieser abgelagerten Schichten bestand in einem blauen Ton und auf ihr wuchs vermutlich der Bernsteinbaum, der Erzeuger dieses merkwürdigen Produkts der Ostsee. Fast die ganze, jetzt meerbedeckte Gegend zwischen Schweden und Pommern muss in ungeheurer Ausdehnung mit Bernsteinfichten besetzt gewesen sein, denn schon zweitausend Jahre wird ihr Harz gesammelt und noch treibt jeder Sturm neuen Bernstein aus der gleichsam unerschöpflichen Quelle an. Gewiss enthält die Ostsee ganze niedergeschwemmte Waldungen des Bernsteinbaumes (pinites succinifer), in dessen Pfahlwurzel und Holze das Bernsteinharz sich befand, freilich aber vermag Niemand näher zu schildern, wie es damals da ausgesehen habe, wo jetzt die Ostsee ihre Woge rollt; wissen wir doch selbst nicht genau, wie der Baum beschaffen war, dem der Bernstein angehört, doch hat das selten mit dem Bernstein aufgefundene bituminöse, oft vitriolartige Holz augenscheinlich ein Nadelholzgefüge und gehört daher den Koniferen an, vielleicht waren es auch mehrere Arten von Fichten, welche Bernsteinharz führten. So wie der Baum unsern Nadelhölzern sehr ähnlich war, so steht auch die Insektenwelt, welche sich im Bernstein findet, der unseren ganz nahe und es ergibt sich daraus auch, dass das Harz dem lebenden Baume flüssig entfloss, und die Insekten darin wie in Wasser eingetaucht und überzogen wurden. Diese Bernstein-Vegetation erforderte kein tropisches Klima, nur vielleicht ein südlicheres als das jetzige in Pommern. Das fossile Holz steckt, wie gesagt, in einem aufgeschwemmten Boden neuerer Formation, dem schon erwähnten blaugrauen Tonlager, in welchem öfters Wurzeln mit Bernstein ausgegraben sind; gräbt man tiefer, so kommen grobe Kieslager zum Vorschein, welche ein uralter Seeboden sein sollen und darunter findet sich kein Bernstein mehr. Solche Tonlager mit Bernstein erstrecken sich denn auch in die Ostsee hinein, die Äquinoktialstürme wühlen sie auf und treiben den Bernstein, mit Blasentang (fucus vesiculosus) und anderen Seegewächsen, dem Strande zu.“

Wasserfahrten gehören zu den eigentümlichen Vergnügungen an Seebadeorten, sie gewähren einen großen Genuss und haben das Gute, zugleich das körperliche Wohlsein und die Esslust zu befördern. Wer die Seeluft in ihrer größten Reinheit in vollen Zügen einatmen will, der sollte es nicht versäumen, das Meer zu befahren. Am Orte selbst sind Boote zu dergleichen Lustfahrten eingerichtet und öfters vereinigen sich zahlreiche Gesellschaften, die bei milder Luft und schönem Mondschein eine Stunde und mehr umherschiffen. Personen, welche nicht zu ängstlich oder die schon vertrauter mit dem Meere sind, unternehmen auch in solchen Segelboten weitere Fahrten seewärts oder nach dem Hafen und den Molen von Swinemünde. Ist der Wind günstig und die Segel schwellen, lässt sich die Tour in kurzer Zeit machen, unterwegs begegnet man größeren und kleineren Schiffen, hat eine treffliche Ansicht des offenen Meeres und der wechselnden Gegenstände am Ufer, man genießt im Kleinen das Eigentümliche des Seelebens und Manche auch dessen Fatalitäten, wenn sich Seekrankheit einstellt; dies ist aber desto besser und gesunder, manche Stockungen werden durch diese wohltätige Erschütterung verflüssigt und überhaupt hat ein wenig Seekrankheit keine üblen Folgen.

Niemals ist man wohl mehr zu Vergnügungsreisen aufgelegt, als nach einer beendeten Badekur. Der Kranke nimmt wenig Interesse an der Umgebung, er denkt zu sehr an sich; wenn man aber mit neuen Kräften in das Leben blickt, wenn das Gemüt in dem Gefühl größerer Gesundheit nach erfolgreicher Kur empfänglicher ist für die Schönheiten der Natur, dann bietet sich von hier Gelegenheit, weitere Reisen zu unternehmen. Ein gewöhnlicher Ausflug ist nach der Insel Rügen, dorthin gehen wöchentlich mehrere Male von Swinemünde aus Dampfschiffe hin und zurück, und Keiner, der diese einige Tage erfordernde Tour gemacht hat, wird unbefriedigt zurückkehren von dem Eilande, oft beschrieben und oft besungen, mit der nördlichsten Spitze Deutschlands, Arkona genannt, mit der von Kreidefelsen gebildeten Stubbenkammer und seinen Eichen und Sagen der grauen Vorzeit. Pommern und Rügen sind reich an Sagen und zum Teil poetischen Überlieferungen längst vergangener Zeiten, und der Fremde, der sich dafür interessiert, wird ergiebige Nachforschungen hier anstellen können. Ich erwähne nur der Fabel von der alten im Meere untergegangenen Stadt Vineta; „Buggenhagen entdeckte im Anfange des 16. Jahrhunderts ein großes Steinlager in der See am Fuße des Streckelberges, nicht weit von Heringsdorf, und nun versetzte man den Ort Vineta dahin und wollte in dem Steinriff, welches neuerdings zum Swinemünder Hafenbau verwendet und verschwunden ist, die Trümmer einer vor tausend Jahren vom Meere verschlungenen Stadt entdecken, ja es fehlt bis auf den heutigen Tag nicht an Leuten, welche an dieser Fabel festhalten. Sie ist inzwischen zu einer Volkssage geworden, und es wird erzählt von dem Übermut der durch den Handel reich gewordenen Bewohner von Vineta, welchen Gott dadurch bestraft habe, dass er die Meereswogen über die Stadt hinschickte.“ (v. Raumer.)

Vortreffliche Ansichten von unserem Badeort sind in zwölf Blättern, von der kunstgeübten Hand des Fräulein W. von Schade nach der Natur gezeichnet und lithographiert bei C. H. Schröder in Berlin, Unter den Linden 23., im Verlage. Eine dieser Ansichten, worauf das Haus eines der ältesten Besucher von Heringsdorf, des als Schriftsteller bekannten Dr. Hering, dargestellt, ist diesem Schrift beigegeben und wird dem Leser Gelegenheit bieten, sich die Schönheit der Lage besser zu veranschaulichen, als es die beschreibende Feder vermag.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Seebad Heringsdorf auf Usedom