Malta und die Malteserritter

Die Insel Malta, welche sich bekanntlich gegenwärtig im Besitze der Engländer befindet, steht an Wichtigkeit für dieselben nur der Festung Gibraltar nach. Sie ist die wichtigste Quarantänestation im mittelländischen Meere und wird seit der Ausdehnung der Dampfschifffahrt von Reisenden aller Länder besucht. Unaufhörlich kommen französische und italienische Handelsschiffe, die nach der Levante gehen, hierher; die das mittelländische Meer befahrenden Dampfschiffe legen hier an, um sich mit Kohlen zu versehen; den englischen Kriegsschiffen im mittelländischen Meere dient die Insel als bequem gelegener Sammelplatz. So groß aber einerseits die kommerzielle und politische Wichtigkeit der Insel ist — und allem Anschein nach ist sie fortwährend im Steigen begriffen —, so groß ist andererseits das historische Interesse, das sie als ehemaliger Wohnsitz der Johanniterritter einflößt, und da von der Insel selbst bereits in einer früheren Nummer (Nr. 124) die Rede gewesen ist, so wollen wir uns hier darauf beschränken, über den gedachten Ritterorden einige nähere Angaben mitzuteilen.

Es war zu den Zeiten der Kreuzzüge, während jenes außerordentlichen und überaus merkwürdigen Aufschwungs der gesamten Christenheit, als die Zahl der bereits früher bestehenden Mönchsorden durch drei von ihnen in vielen Hinsichten wesentlich verschiedene geistliche Ritterorden vermehrt wurde, deren Mitglieder zwar gleich den Mönchen die Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams abzulegen hatten, außerdem aber noch die Verpflichtung übernehmen mussten, gegen die Ungläubigen zu kämpfen, also statt des untätigen, beschaulichen, auf das Innere des Klosters beschränkten Lebens der Mönche ein unruhiges, vielbewegtes Kriegerleben zu führen hatten. Von diesen drei Orden — dem der Hospitaliter oder Johanniter, dem Orden der Tempelherren und dem deutschen Orden — war der erstgenannte der älteste, entstanden aus einem Bethause und nachherigen, mit einem Hospital für die Pilger verbundenen Mönchskloster, das Kaufleute aus Amalsi im Königreiche Neapel um und nach 1048, also geraume Zeit vor dem Beginne der Kreuzzüge, mit Bewilligung des Khalifen von Ägypten, in Jerusalem angelegt und Johannes dem Täufer gewidmet hatten. Bald nach der Einnahme Jerusalems durch die Kreuzfahrer bildeten die Mönche, deren Vorsteher damals Gerhard aus der Provence (gestorben 1118) war, einen eigenen Orden, den Papst Paschalis II. 1113 bestätigte. Gerhards Nachfolger, Raymond du Puy, wandelte den nach und nach sehr bereicherten Orden der Johanniter - oder Hospitalbrüder, deren Hauptverpflichtung bisher in der Pflege der Kranken bestanden hatte, mit päpstlicher Genehmigung in einen Ritterorden um und teilte die Ritter in drei Klassen: eigentliche Ritter, denen die Führung der Waffen, Kapellane oder Geistliche, denen die Seelsorge, und Serventi d'armi oder Waffenträger, denen die Krankenpflege und Begleitung der Wallfahrer obliegen sollte. Er selbst nahm zuerst den Titel eines Großmeisters an und entwarf die Statuten des Ordens, die Papst Calixt II. 1120 bestätigte; Papst Innocenz II. gab den Rittern 1130 eine rote Fahne mit weißem Kreuze. Durch ihre Tapferkeit hielten sich die Ritter über 170 Jahre im heiligen Lande, bis endlich nach dem Untergange der, christlichen Herrschaft auch sie im Jahr 1291 aus demselben vertrieben wurden; schon weit früher, im Jahr 1187, hatten sie Jerusalem verlassen müssen. Sie eroberten hierauf Cypern, kämpften von hier aus mutig zur See gegen die Ungläubigen, verloren es 1309 und eroberten in demselben Jahre die Insel Rhodus, die sie von nun an zu ihrem Aufenthaltsorte wählten, woher sie auch von da an Rhodiserritter genannt wurden. Auch hier hatten sie vielfache Angriffe der Türken auszuhalten, behaupteten aber die Insel über 200 Jahre und verteidigten sie namentlich im Jahr 1480 unter ihrem Großmeister Pierre d'Aubuisson mit heldenmütiger Tapferkeit gegen Sultan Mohammed II., mussten aber doch endlich am 26. Dezember 1522 unter dem Großmeister Villiers de l'Isle-Adam dem ungestümen Angriffe des Sultans Soliman II. weichen, nachdem die Türken während der Belagerung viel Menschen verloren hatten. In den zunächst folgenden Jahren wechselten sie ihren Aufenthaltsort vielfach, gingen erst nach Kandia, dann nach Venedig, Rom, Viterbo, Nizza, Villafranca und Syrakus, bis ihnen Kaiser Karl V. die Inseln Malta, Gozzo und Comino im Jahr 1530 unter der Bedingung überließ, dass sie den bis 1522 mit so großer Beharrlichkeit geführten Kampf gegen die Türken und Seeräuber fortsetzen und die gedachten Inseln, falls es ihnen gelänge, sich wieder der Insel Rhodus zu bemächtigen, an das Königreich Neapel abtreten sollten; außerdem mussten sie beschwören, dass sie die Abtretung nicht zum Nachteile Spaniens gebrauchen und den König von Spanien stets als Patron des Bistums Malta ansehen wollten. Von nun an erhielten sie den Namen Malteserritter, der ihnen, wie der Besitz jener Inseln, über drittehalb Jahrhunderte geblieben ist. Einen furchtbaren Angriff ihres alten Gegners Soliman II. schlugen sie im Jahr 1565 unter ihrem Großmeister Jean de Lavalette, gestorben 1568, nach welchem die Hauptstadt der Insel benannt worden ist, mit sehr großem Verluste für die Angreifer zurück und setzten ihre Seekriege gegen die Türken mit wechselndem Glücke, aber stets mit bewundernswürdiger Tapferkeit bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts fort. Um diese Zeit geriet die Macht des Ordens, der schon lange vorher durch die Reformation große Verluste erlitten hatte, in solchen Verfall, dass er sich ohne den Beistand Frankreichs schwerlich hätte behaupten können. Indessen bestand die Seemacht des Ordens im Jahr 1770 noch aus vier Galeeren, drei Gallonen, vier Schiffen von 60 und zwei Fregatten von 36 Kanonen, mehre kleinere Fahrzeuge ungerechnet; die Zahl der Ordensritter betrug bei dem Ausbruche der französischen Revolution etwa 3.000.


Das Jahr 1798 machte der Souveränität des Ordens ein Ende. Am 10. Juni desselben Jahres erschien eine französische Flotte unter Admiral Brueys, welche die nach Ägypten bestimmte, 40,000 Mann starke Expeditionsarmee unter Bonaparte an Bord hatte, vor der Insel; am folgenden Tage landeten die Franzosen und besetzten ohne Schwierigkeit und nach kurzem Gefechte den größten Teil der Insel und gerade die wichtigsten Positionen. Dem Großmeister, Baron Ferdinand von Hompesch aus Düsseldorf, welcher der erste Deutsche war, der diese Würde bekleidete, fehlte es an den für ein solches außerordentliches, unvorhergesehenes Ereignis erforderlichen Eigenschaften, aber die Hauptschuld an dem ruhmlosen Falle des Ordens trägt nicht er, sondern die Verräterei Anderer. Ohne ihn zu fragen, übergab der Kommandant Bosredon den Franzosen schon am 12. Juni die unüberwindliche Festung Valetta, die nebst der ganzen Insel und den dazu gehörigen kleinern Inseln mit allen Souveränitäts- und Eigentumsrechten an Frankreich abgetreten wurde. Die Franzosen fanden hier nicht weniger als 1.200 Kanonen, viele andere Kriegsvorräte, Lebensmittel für sechs Monate, sechs Kriegsschiffe und mehre Millionen an Gold und Silber. Ein Hauptanteil an der so schnellen und mühelosen Eroberung ist ohne Zweifel den französischen Rittern zuzuschreiben, die schon längst Einverständnisse mit ihren Landsleuten unterhalten haben mochten; auch wurden sie von denselben durch das Versprechen von Gnadengehalten belohnt. Der Großmeister, der mit unverantwortlicher Härte behandelt und am dritten Tage nach der Übergabe nach Triest eingeschifft worden war, protestierte nach seiner Ankunft daselbst feierlich gegen die von ihm weder geschlossene noch genehmigte Kapitulation und legte bald nachher die Großmeisterwürde nieder, worauf er in größter Zurückgezogenheit und selbst in Bedrängnis lebte. Zwar hatte man ihm zur Entschädigung einen Jahrgehalt von 100.000 Thalern und ein Fürstentum, das für ihn auf dem Kongress zu Rastatt ausgemittelt werden sollte, versprochen, er erhielt aber weder dieses noch jenen und starb im Jahre 1805 zu Montpellier. An seine Stelle war schon am 16. Dezember 1798 der Kaiser Paul I. von Russland zum Großmeister erwählt worden, wogegen jedoch von vielen Seiten, sogar vom Papste, Widerspruch erhoben wurde.

In Malta war der tapfere General Vaubois an der Spitze von 4.000 Mann als französischer Kommandant zurückgeblieben; aber schon nach weniger als drei Monaten hatten sich die Franzosen den Maltesern durch ihr Benehmen sehr verhasst gemacht. Die Schonungslosigkeit und Härte, mit der jene die Überwundenen behandelten, kannte keine Grenzen; selbst die Bestimmungen der abgeschlossenen Kapitulation wurden als ein toter Buchstabe betrachtet; vor Allem hatte das Einschmelzen der den Kirchen gehörigen silbernen Gefäße und der Erlass einer Verordnung, nach welcher die Söhne der reichsten Familien nach Frankreich geschickt und dort erzogen werden sollten, allgemeine Aufregung verursacht. Den nächsten Anlass zum Ausbruch gab ein Versuch, aus den Kirchen und Klöstern kostbare Altarbekleidungen und Messgewänder wegzunehmen. Die Energie und Kühnheit, welche die Malteser in ihrem Widerstande an den Tag legten, setzten den General Vaubois, der sie mit Geringschätzung zu betrachten gewohnt war, in Erstaunen. Von nun an wurden die Tore der Stadt Valetta, sowie der drei andern Städte geschlossen und die Garnison befand sich zwei Jahre lang im Blockadezustand; während dieser langen Zeit beurkundeten die Malteser auf eine rühmliche Weise ihre Beharrlichkeit und feurige Vaterlandsliebe. Einmütig verfolgten sie ihr Ziel und ergriffen ihre Maßregeln mit Klugheit und Festigkeit. Sie brachten die erforderlichen Waffen zusammen und stellten ein System auf, dass in alle ihre Operationen Methode brachte; ihre Mannschaft war regelmäßig organisiert und in die Türme an der Küste und auf dem platten Lande verteilt. Den Versöhnungsvorschlägen der Franzosen wurde kein Gehör gegeben und die Parlamentäre ihres Generals wurden in Haft gehalten; mit Erstaunen sah Vaubois, dass das Volk, wiewohl für jetzt auf sich selbst beschränkt, Festigkeit genug hatte, in dem begonnenen Unternehmen zu beharren. Wiewohl er mehr als 6.000 Mann wohldisziplinierter Truppen kommandierte, seitdem die Mannschaft der von Abukir entkommenen Schiffe seinem Corps einverleibt worden war, konnte er es doch nicht wagen, mit hinreichender Macht einen Ausfall zu unternehmen, da die Bewohner von Valetta, durch die Bewegungen ihrer Landsleute ermutigt und durch die Brandschatzungen und die zahlreichen von einem Belagerungszustande unzertrennlichen Entbehrungen erbittert, nicht unbewacht innerhalb der Mauern zurückgelassen werden konnten. In diesen zwei Jahren, 1798 —1800, sollen auf den Inseln nicht weniger als 20.000 Personen an Mangel und Elend gestorben sein. Die französischen Soldaten ertrugen ihre Entbehrungen mit der ihnen charakteristischen Heiterkeit; sie legten innerhalb der Festungswerke Gärten an und verschafften sich dadurch Früchte und Gemüse. Als die Not in Valette auf den höchsten Gipfel gestiegen war, kostete ein Pfund frisches Schweinefleisch 2 Thaler, eine Taube 3 1/2 Thlr., ein Huhn 17 Thlr., ein Pfund Zucker 6 Thlr., ein Pfund Kaffee über 7 Thlr. usw.

Schon nach der Schlacht bei Abukir (1. August 1798) sandte Lord Nelson, der am Schicksale der Malteser warmen Anteil nahm, vier portugiesische Linienschiffe und zwei Fregatten ab, um Valetta zu blockieren; etwas über einen Monat nachher erschien er selbst mit 14 Kriegsschiffen und forderte die Franzosen zur Übergabe auf, worauf General Vaubois eine sehr lakonische abschlägige Antwort gab. Wegen des schlechten Zustandes seiner eigenen Schiffe sah sich Nelson genötigt, die Insel zu verlassen, er ließ indes das portugiesische Geschwader zur Fortsetzung der Blockade zurück. Auf Nelson und die englische Regierung war fortwährend die Hoffnung der Malteser gerichtet. Der König von Sizilien hatte sie mit Kriegsbedarf versehen und erlaubte ihnen, aus seinen Magazinen auf Kredit Korn zu entnehmen, Kapitän Ball, der das Blockadegeschwader kommandierte, hatte Befehl, die Einwohner so viel als tunlich mit Proviant zu versehen. Im Beginn des Jahr 1799 wurde eine vom Kapitän Ball präsidierte Versammlung der angesehensten Insulaner niedergesetzt, unter deren Aufsicht die Civil- und Militärangelegenheiten verwaltet wurden; ein öffentliches Anlehen wurde genehmigt, die Zollabgaben reguliert und zwei Buchten zu Handelshäfen erklärt. Die Blockade zu Wasser und zu Lande wurde streng aufrecht erhalten und Batterien errichtet, welche die Belagerten in beständiger Wachsamkeit erhielten. Im Dezember 1799 wurden die Malteser durch mehre englische und sizilianische Regimenter verstärkt. Im September 1800 machte General Vaubois Vorschläge in Betreff der Übergabe des Platzes; am 5. September, nachdem die Blockade zwei Jahre und zwei Tage gedauert hatte, wurde eine Kapitulation abgeschlossen, nach welcher die Franzosen mit allen Kriegsehren ausrücken durften und am Meeresufer die Waffen niederlegten. Am Tage darauf fuhr das englische Geschwader in den Hafen ein; unter den Acclamationen der Malteser wurde die englische Fahne auf dem Fort St.-Elmo aufgepflanzt, und Lord Nelson sicherte den Maltesern zu, dass sie unter dem Schutze Englands, Russlands und Preußens stehen sollten.

Inzwischen entstand unter den Mächten Streit über den ferneren Besitz der Insel. Kaiser Alexander I. von Russland machte nämlich nach dem Tode seines Vaters Paul I. auf das Großmeistertum des Ordens und zugleich auf den Besitz der Insel Anspruch. Indessen entsagte er demselben in der Convention, welche am 17. Juni 1801 zwischen England und Russland geschlossen wurde, und in dem Frieden von Amiens, welcher bald nachher, am 27. März 1802, zum Abschluss kam, wurde Malta dem Johanniterorden wieder zugesprochen und die Unabhängigkeit dieser Besitzung unter die Gewährleistung von Frankreich, England, Ostreich, Spanien und Russland gestellt. Zur Bedingung wurde hierbei gemacht, dass weder eine englische noch eine französische Zunge wiederhergestellt werden und die zu errichtende maltesische alle Vorteile der übrigen genießen sollte. Die Feindseligkeiten begannen jedoch aufs neue, bevor diese Bestimmungen des Traktats zur Vollziehung kamen, und während des daraus folgenden Krieges hielten die Engländer Malta besetzt; die Insel wurde in dieser denkwürdigen Zeit das Hauptquartier der Streitkräfte der Britten im mittelländischen Meere, der Sammelplatz ihrer Kriegsschiffe und der Stapelplatz eines lebhaften Handels, für den die Häfen des Kontinents geschlossen waren. Als endlich 1814 Friede geschlossen wurde, wurde Malta in den zu Paris abgeschlossenen Verträgen von den europäischen Mächten als integrierender Teil der britischen Besitzungen anerkannt. Den Einwohnern wurden ihre Rechte und ihre Religion zugesichert; sie stehen zwar unter einem englischen Gouverneur, wählen aber ihre Obrigkeiten und Gerichte aus ihrer Mitte.

Was den Johanniterorden betrifft, so ließ sich derselbe 1803 in Messina, dann zu Catanea in Sizilien nieder. Nach einer päpstlichen Bulle vom Jahr 182K sollte Ferrara der Sitz des Ordens sein; 1834 wurde derselbe nach Rom verlegt. Hier hat der Lieutenant des Großmeisters nebst denjenigen Rittern, die wirklich Prozess getan haben, seinen Aufenthalt; ein Großmeister ist neuerdings nicht wieder gewählt worden. Souveräne Besitzungen hat der Orden nirgends mehr; mittelbare noch in Deutschland (Ostreich), Italien und Russland. Die Johanniterritter folgten im Allgemeinen der Regel des heiligen Augustin, doch war, als ein Teil der Ritter die Reformation angenommen hatte, ohne deshalb aus dem Verbande des Ordens zu scheiden, den Protestanten nachgelassen, sich zu verheiraten; Jeder war verpflichtet, wenigstens dreimal in seinem Leben gegen die Türken oder Barbaresken zu Felde zu ziehen, doch wurde diese Verpflichtung, die längst nur wenig gehalten worden war, im Frieden zu Amiens förmlich aufgehoben. Die Ordenskleidung der Ritter war in Friedenszeiten ein langer schwarzer Mantel; auf der linken Brust trugen sie ein achteckiges weißes Kreuz, mitten auf der Brust ein goldenes Kreuz; im Kriege trugen sie einen roten Gürtel und ein silbernes Kreuz. Ursprünglich waren die Johanniterritter nach den Nationen, denen sie angehörten, in acht Zungen geteilt; diese hießen: Provence, Auvergne, Frankreich, Italien, Aragonien, Deutschland, Kastilien und England. Von diesen Zungen wurde die englische in Folge der Reformation schon im 16. Jahrhunderte aufgehoben; die drei französischen gingen während der französischen Revolution ein und die kastilianische und aragonische trennten sich nach dem Frieden zu Amiens vom Orden, sodass nur die deutsche und italienische noch übrig blieben. Das Oberhaupt des Ordens, der Großmeister, wurde von den Rittern frei gewählt, residierte in der Stadt Valetta und hatte nahe an eine Million Gulden jährlicher Einkünfte; in seinen Händen lag der größte Teil der weltlichen Macht, während die geistliche, d. h. die innern Ordensangelegenheiten, von dem aus acht Mitgliedern (Baillifs) bestehenden, vom Großmeister präsidierten Kapitel verwaltet wurde. Die Ländereien des Ordens im Auslande waren in Priorate, diese in Balleien, diese in Commenden geteilt; das deutsche Priorat galt als das wichtigste von allen und hieß daher Großpriorat. Der Ritter, der es bekleidete, hieß Johannitermeister durch Deutschland, war als solcher seit 1546 deutscher Reichsfürst und residierte in Heitersheim im Breisgau. Ostreich, Böhmen und Mähren machten ein besonderes Priorat der deutschen Zunge aus, das nur in geringer Abhängigkeit von dem Obermeistertume zu Heitersheim stand. Jenes Priorat besteht noch gegenwärtig; im übrigen Deutschland ist der Orden aufgehoben und das Fürstentum Heitersheim ist schon seit der Rheinbundsakte mit dem Großherzogtume Baden vereinigt; der preußische Johanniterorden hat mit dem alten nur den Namen gemein und ist zur Erinnerung an denselben nach Aufhebung der Ordensballei Brandenburg im Jahr 1812 gestiftet worden.

002 Ansicht des Hafens von Valetta vom Fort Riccazoli.