Helsingör, schöne und reiche Stadt der dänischen Insel Seeland

Helsingör ist nach Kopenhagen die bedeutendste, schönste und reichste Stadt der dänischen Insel Seeland, wiewohl sie nicht über 7.000 Einwohner zählt; sie liegt am Sund oder Öresund, einer Meerenge, welche hier etwa eine halbe, bei Kopenhagen aber vier Meilen breit und neun Meilen lang ist, Dänemark von Schweden trennt und für die aus der Nordsee in die Ostsee fahrenden oder aus der letztern kommenden Schiffe die gewöhnliche Durchfahrt bildet. Zwar fuhren außer dem Sunde noch zwei andere Meerengen, die unter dem Namen des großen und des kleinen Belt bekannt sind, aus der Ostsee in das Kattegat und aus diesem in die Nordsee; sie sind jedoch ungleich weniger befahren, weil die Fahrt durch dieselben beschwerlich und nicht ohne Gefahr ist.

Den großen Belt passieren jährlich etwa 2.000 Schiffe, fast lauter dänische, und der kleine ist noch weit weniger besucht; dagegen fahren durch den Sund mehr als sechsmal so viel, worunter der dritte Teil englische, und da die Schifffahrt in der Ostsee fast den dritten Teil des Jahres durch Eis unterbrochen wird, so ist dieselbe wählend der Sommermonate außerordentlich lebhaft. Die größte Zahl von Schiffen, die den Sund passierten, ist bisher im Jahre 1838 vorgekommen, wo sie 13.960 betrug; das Jahr 1839 übertrifft aber alle bisherigen bei weitem, da schon in den drei ersten Quartalen desselben 13.332 Schiffe durch den Sund gegangen sind. Noch im Jahr 1768 betrug die Zahl der durch den Sund fahrenden Schiffe nur 6.930 und erst seit 1783 hat sie 10.000 überstiegen, woraus die schnelle Zunahme des Verkehrs in der letzten Zeit hervorgeht.


Alle durch den Sund fahrenden Schiffe haben dafür einen Zoll von 1—1 1/4 Prozent (die französischen, englischen, holländischen und schwedischen 1 Prozent, alle andern, auch die dänischen selbst, 1 1/4 Prozent) vom Werte ihrer Ladung zu entrichten, der dem König von Dänemark jährlich über 1.000.000 Thaler einbringt (1835 1.803.000 Reichsbankthaler oder etwa 1.400.000 Thlr. Preußisch). Das Recht des Königs zur Erhebung dieses Zolls ist durch alte Verträge mit allen europäischen Seemächten festgestellt; der deshalb mit England abgeschlossene Vertrag rührt aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Zwar wurde den Schweden im Frieden zu Brömsebro 1645 Zollfreiheit im Sunde und beiden Belten zugestanden, sie mussten aber dieselbe im Frieden zu Friedensburg 1720 wieder aufgeben; die holländischen Schiffer genießen den Vorzug, dass sie ihre Papiere nur vorzuzeigen brauchen, während alle andern Schiffe durchsucht werden. Über eine Herabsetzung des drückenden Sundzolls sind gegenwärtig Unterhandlungen zwischen Dänemark und den andern nordischen Mächten im Gange. Der Ursprung desselben fällt in eine sehr frühe Zeit, wo die Hansestädte darein willigten, unter der Bedingung der Errichtung von Leuchttürmen und Landzeichen an der gefährlichen Küste des Kattegats an Dänemark Zoll zu bezahlen. Einzig die Erhebung dieses Zolls gibt der Stadt Helsingör eine große Wichtigkeit und ist Ursache, dass fast alle Handel treibenden Nationen hier Konsuln halten. Die Entrichtung des Zolls geschieht bei dem auf einer Landzunge liegenden, die Meerenge beherrschenden festen Schlosse Kronborg, bei welchem ein 110 Fuß hoher Leuchtturm steht. Das Schloss wurde von König Friedrich II. 1577—1585 aus behauenen Quadersteinen sehr dauerhaft aufgeführt, ist mit Türmen und mannigfacher Bildhauerarbeit geziert und hat eine Kirche; 1659 wurde es von den Schweden belagert und durch List erobert. Die Handelsschiffe nehmen in Helsingör gewöhnlich frischen Proviant ein. Die Stadt, deren Hauptteil eine einzige lange Straße bildet, ist am Abhange eines Berges ziemlich gut gebaut und hat ein Gymnasium, eine Quarantäneanstalt und ein Seebad.

Sie hat ihren Namen von den Helsingern, einer alten gotischen Völkerschaft, und war bis 1425, wo sie von König Erich städtische Privilegien erhielt, nur ein Flecken. 1311 wurde sie von den Rostockern und Wismaranern, 1522 von einer Flotte der gesamten Hansestädte angegriffen und zum großen Teile zerstört. König Christian II. wollte sie den Holländern abtreten, wurde aber durch den Widerspruch der Einwohner daran gehindert, weshalb er aus Unwillen die Zollstätte 1517 nach Kopenhagen verlegte, wo sie indessen nicht lange blieb. Seit 1820 besitzt die Stadt statt des früheren sehr schlechten einen geräumigen und sichern Hafen, freilich nur für kleinere Schiffe, die nicht über sieben Fuß tief im Wasser geben. Die Bewohner nähren sich von Schifffahrt und Handel, vom Fischfange und einigen Gewerben und Fabriken. Die Umgegend von Helsingör ist auch als Schauplatz der fingierten oder sagenhaften Begebenheiten in Shakespeares „Hamlet“ interessant; in der Nähe des königlichen Lustschlosses Marienlyst bei Kronborg ist ein Ort, der den Namen „Hamlets Garten“ führt; hier soll der Sage nach Hamlets Vater ermordet worden sein. — Eine Fähre führt von Helsingör nach der gegenüber liegenden schwedischen Stadt Helsingborg in Schonen.