Bergen, Stadt im Königreich Norwegen

Nächst der Hauptstadt Christiania ist Bergen an der Westküste die bedeutendste, hinsichtlich ihrer merkantilischen Wichtigkeit aber unbedingt die erste, wahrscheinlich auch gegenwärtig die volkreichste Stadt des Königreichs Norwegen. Sie ist die Hauptstadt des Stifts gleiches Namens und liegt unter 60 1/2 Grad nördlicher Breite in einem Tale in Gestalt eines Hufeisens um den Meerbusen Waagfiord herum, der ziemlich tief in das Land hineingeht und einen sehr guten Hafen bildet, welcher an der Landseite durch sieben hohe und steile, den Zugang zu demselben erschwerende Berge eingeschlossen ist, an der Seeseite aber durch Batterien und Festungswerke verteidigt wird. Ihrer geschützten Lage verdankt die Stadt ein verhältnismäßig sehr mildes Klima; es regnet jedoch sehr häufig in Bergen.

Die jährliche mittlere Temperatur beträgt etwa 6 1/2°R. über dem Gefrierpunkt, wie in Breslau, während sie in dem viel südlicheren Christiania nur 4 ¼° ist. Sie ist zwar bergig und winkelig, aber im Ganzen gut gebaut; alle Kirchen (eine deutsche und drei dänische Pfarrkirchen) und öffentlichen Gebäude, auch die meisten an der Küste stehenden Privathäuser sind von Stein, die übrigen nur von Holz; das königliche Schloss ist vor allen ein sehr ansehnliches Gebäude. Außer einer lateinischen Schule, einer Navigationsschule u. s. w. verdient das Nationalmuseum für Altertümer, Kunst- und Naturerzeugnisse besondere Erwähnung. Die Zahl der Einwohner beträgt 20 — 22.000, die sich größtenteils vom Handel und Schiffbau nähren, wiewohl es auch an Fabriken nicht fehlt. Im Jahr 1829 besaß Bergen 205 Schiffe, die von 700 Matrosen bemannt waren; in demselben Jahre liefen 622 Schiffe (237 norwegische und 385 fremde) in den Hafen ein. Gegenstände des Ausfuhrhandels sind namentlich Fische, Teer, Tran, Häute, Brenn- und Bauholz, welche von den Nordländern hierher gebracht und gegen Getreide und andere Waren, die aus dem Auslande kommen, vertauscht werden.


Der Ursprung der Stadt fällt in das Jahr 1039 oder 1070; sie hat das Unglück gehabt, mehrmals, zuletzt 1756 und 1771, ganz oder großenteils abzubrennen. Die Münzgerechtigkeit, welche sie ehemals besaß, behielt sie bis 1575, unter allen norwegischen Städten am längsten. Unter König Erich dem Pommer (1412 — 1439) errichteten die Hansestädte, besonders Hamburg, Lübeck, Bremen, Rostock, Emden und Deventer, hier ein Comptoir oder eine Faktorei, die Erichs Nachfolger, Christoph III., 1445 bestätigte. Die Mitglieder der Faktorei benahmen sich nicht selten gegen die Bürger mit großer Insolenz; sie befestigten sogar ihr den Hafen beherrschendes Stadtviertel. Im Jahr 1455 ermordeten sie den Gouverneur und den Bischof nebst 60 andern Personen, und erst im Jahr 1560 wurden ihren Privilegien und ihrem unruhigen Geiste Grenzen gesetzt. Im Anfange des 16. Jahrhunderts bestand die Faktorei aus nicht weniger als 2600 Personen. Wiewohl diese Faktorei längst aufgehört hat, so rühren doch die deutsche Kirche, die einzige in Norwegen, und das deutsche Armenhaus noch aus jener Zeit her.