Barbados, die bedeutendste Insel unter den Kleinen Antillen

Barbados, die östlichste aller Antillen und nächst Trinidad die bedeutendste unter den Karibischen Inseln oder kleinen Antillen, gehört zu denjenigen Inseln des westindischen Archipelagus, welche am frühesten von englischen Auswanderern in Besitz genommen wurden. Ihrer Lege wegen dient sie, da sie von allen gedachten Inseln der afrikanischen Küste am nächsten ist, ehemals als Landungsplatz fast aller Sklavenschiffe. Sie liegt unter 13 Grad nördl. Breite und 42 Grad westlicher Länge von Greenwich, ist fast fünf geographische Meilen lang, drei breit und enthält zehn Quadratmeilen und gegen 100.000 Einwohner, worunter nur 12.000 Weiße sind. Fast jeder Fußbreit Landes ist angebaut, wiewohl der Boden keineswegs vorzüglich fruchtbar, sondern sehr ungleich und hier feucht, dort trocken, hier sumpfig, dort tonig ist. Als die Engländer im Jahr 1625 die Insel besetzten, war sie bewaldet, übrigens unfruchtbar und enthielt weder Nahrungspflanzen noch vierfüßige Tiere; jetzt bringt sie alle westindischen Produkte, namentlich Zucker, in Menge hervor. Bemerkenswert ist noch die starke Bienenzucht, welche hier getrieben wird, und unter den mineralischen Produkten der Insel ist das an vielen Stellen quellende Erdpech zu bemerken. Außer zwei Flüssen hat die Insel viele gute Quellen; der Regen ist seltener als den Bewohnern lieb ist, was der Abwesenheit von Bäumen zugeschrieben wird, die nach und nach fast überall niedergehauen und mit Zuckerrohr vertauscht worden sind. Das Klima ist zwar warm, doch für ein in der heißen Zone liegendes Land gemäßigt und für Die, welche sich daran gewöhnt haben, ja bei vorsichtiger und regelmäßiger Lebensweise selbst für neuangekommene Europäer gesund. Wegen des Mangels an Waldungen und Hügeln bietet die flache Insel von der See oder den benachbarten Inseln aus gesehen eben keinen sehr anziehenden Anblick dar. Der östliche Teil, welcher Schottland heißt, liegt höher als der westliche, der terrassenförmig aus dem Meere emporsteigt.

Die bedeutendste Stadt der Insel, Bridgetown, an der südwestlichen Küste, zählt etwa 20.000 Einwohner, sie hat einen großen Hafen, reinliche Straßen und bequeme, wohnliche Häuser, die freilich auf Eleganz und architektonische Schönheit keinen Anspruch machen können, wiewohl sich die Regierungs- und andere öffentliche Gebäude rühmlich auszeichnen. Die meisten Häuser haben nur ein Erdgeschoss, sind aus Holz gebaut und durch steinerne oder gemauerte Pfeiler gestützt und mit bedeckten Balkons versehen; die Mehrzahl enthält Kaufläden oder Warenlager, in deren jedem, wie in den meisten westindischen Städten, die verschiedensten Artikel zugleich feil geboten werden. Von der Bai gesehen, scheint die Stadt von außerordentlicher Größe zu sein, da sie sich längs der Küste mehr als zwei englische Meilen (etwa eine Stunde) ausdehnt; aber vom Ufer abwärts stehen die Häuser kaum eine halbe englische Meile (eine Viertelstunde) tief. Immerhin muss sie für eine beträchtlich große Stadt gelten, und die zwischen den Häusern hier und da emporragenden Palmen- oder Kokosnussbäume tragen dazu bei, ihr aus der Ferne ein sehr interessantes Ansehen zu geben.


Außer Bridgetown enthält die Insel noch drei Städte von einiger Wichtigkeit: Speightstown, Hole oder Jamestown und Austins; die erstgenannte, im Norden der Insel, enthält die stärkste Bevölkerung, an 5.000 Seelen, die indes fast ganz aus Schwarzen oder Farbigen besteht. Noch ist die Herrnhuter-Kolonie Saron zu erwähnen.