Das Petermännchen von Stade

Autor: Ueberlieferung
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Dem Fremden, der durch Stades Straßen geht, fallen oft Männer in einer alten Amtstracht auf: sie tragen auf dem Kopf einen schwarzen Dreispitz, über den Schultern einen weiß eingefaßten schwarzen Umhang, sie gehen in kurzen schwarzen Kniehosen und schwarzen Schuhen mit silbernen Schnallen. Es sind die Brauerknechte; sie haben das Recht, die Toten zu Grabe zu tragen. Ihr Gildehaus „Knechthausen“ – erbaut 1603 – liegt in der Bungenstraße. Dort feiern sie Fastnacht und die Aufnahme der neuen „Knechte“; da tagen sie auf der Diele, dem „Rosenort“, der einst mit roten Ziegeln gepflastert war; sie trinken seit alters Eierbier aus Zinnkrügen; der Äldermann liest – auf der Tonne stehend – die alten Satzungen vor, und an der Wand wird das Holzbildnis der heiligen Gertrud verhüllt, sie mag oder soll das tolle Treiben nicht sehen. In der Woche der Fastnacht aber wird das „Petermännchen“, auch Peter Männken genannt, eine holzgeschnitzte Figur, mit einem Fichtenkranz geschmückt zur Giebelluke hinausgehängt.

Wie entstand der alte Brauch? Die Sage berichtet: Um das Jahr 1600 herrschte in der Stadt Stade ungewohnt reges Leben. Die englischen Tuchhändler hatten ihren Stapel auf dem Kontinent nach Stade verlegt, dazu waren die Wallonen gekommen; die Preise für Wohnräume, für Häuser stiegen und stiegen.

Da trugen die Ratten die Pest in die Stadt. Selbst Bürgermeister und Ratsherren wurden dahingerafft; es gab wohl keine Familie, die nicht der schwarze Tod heimsuchte. Niemand wagte mehr, die Toten in die Pestkuhle zu schaffen – aus Furcht angesteckt zu werden. Da bat die Jungfer Gertrud, eines Braumeisters Tochter, ihren Liebsten, den Brauerknecht Peter Männken, doch zu helfen, und der Vater versprach dem Gesellen die Hand seiner Tochter. Peter hatte Mut und überredete andere Brauerknechte, mit anzupacken. Die Toten wurden begraben. Die Seuche wich. Peter Männken erhielt seine Gertrud zur Frau und die Brauerknechte für immer das Recht, die Toten der Stadt zu Grabe zu tragen.