Rasch gewachsen ist die Anteilnahme Deutschlands am Weltverkehr, groß geworden sind seine Seeinteressen ...

Rasch gewachsen ist die Anteilnahme Deutschlands am Weltverkehr, groß geworden sind seine Seeinteressen; aber gleichwohl herrschen namentlich im Binnenlande noch nicht allenthalben volles Verständnis für das Seewesen und die nötige Kenntnis von der See. In welcher Weise beide zu heben und zu beleben seien, haben maßgebende Kreise Berlins gegen Schluß des vorigen Jahrhunderts wiederholt erörtert. Bereits die erste Marine-Modellausstellung gab im Winter 1897/98 Veranlassung, den Gedanken an eine ständige Ausstellung solcher Art, an eine Art Marine-Museum, in Erwägung zu ziehen, und 1898 erörterten Reichs-Marine-Amt und preußisches Kultusministerium gemeinsam die Errichtung eines ozeanographischen Instituts an einer preußichen Universität, für welches durch die Herren E. v. Drygalski und E. von Halle Pläne ausgearbeitet worden sind. Aber ins Rollen gebracht wurde die Frage erst, als Se. Majestät der Kaiser und König zu Beginn des Jahres 1899 sein förderndes Interesse der Sache zuwandte. Reichs-Marine-Amt und preußisches Kultusministerium arbeiteten wiederum Hand in Hand, und alsbald nahmen die Pläne zu einem Institut für Meereskunde an der Universität Berlin und einem damit verbundenen Museum für Meereskunde namentlich durch die Tätigkeit E. von Halles greifbare Gestalt an. Zu ihrer Verwirklichung wurde Ferdinand Freiherr v. Richthofen gewonnen, welcher bereits an den Erörterungen über Errichtung eines ozeanographischen Instituts teilgenommen hatte. Er hat das Museum in eigenartiger Weise verkörpert, indem er trotz vorgerückter Jahre sich mit jugendlichem Eifer dafür einsetzte.

Der Gesichtspunkt, welcher bei Begründung des Instituts und Museums für Meereskunde maßgebend war, ist in erster Linie ein nationaler. Es heißt, den Blick unseres Volkes auf das Meer lenken und es vertraut machen mit dem Seewesen. Es gilt daher ebenso auf weiteste Kreise der Bevölkerung einzuwirken, wie auf die Studierenden, aus deren Zahl die Lehrer und Beamten hervorgehen; es fallen der neuen Schöpfung daher ebenso volksbildnerische wie erzieherische Aufgaben zu. Aber solche Aufgaben können auf die Dauer nur dann mit Erfolg betrieben werden, wenn dies auf streng wissenschaftlicher Grundlage in belebender Wechselwirkung mit der Forschung geschieht. Dies wird dadurch erzielt, daß das Institut für Meereskunde der Berliner Universität angegliedert worden ist und hier im Anschlüsse an das geographische Institut sowohl das selbständige Studium fördert wie auch der Forschung die Wege weist. Die volksbildnerischen und volkstümlichen Aufgaben fallen vornehmlich dem Museum für Meereskunde zu; aber wie das Institut sich in öffentlichen Vorträgen auch an weitere Kreise wendet, so richtet sich das Museum in einzelnen seiner Abteilungen auch an den Fachmann, an den Ozeanographen und Seemann. Es enthält eine bereits ziemlich reiche Sammlung von Instrumenten zur Meeresforschung und von nautischen Instrumenten.


Ein derartiges Museum für Meereskunde hat nur dann volle Existenzberechtigung, wenn es gelingt, die Summe des verschiedenartigen Materials, das es zu bergen hat, einem einheitlichen Gesichtspunkte unterzuordnen. Es kann sich nicht darum handeln, einseitig volkswirtschaftliche oder nautische Interessen zu fördern; das Museum muß höheren Zielen dienen, es soll die Kenntnis vom gesamten Weltmeere in seinen Größenverhältnissen und seiner Wasserfüllung, als Lebensraum und als Wirtschaftsfläche vermitteln. Durch Verwirklichung dieses Gedankens schuf Freiherr v. Richthofen einen neuen Typus von Museen. Er gesellte zu den bestehenden systematischen Sammlungen naturhistorischer oder kulturhistorischer Gegenstände, zu den technischen Museen von Werkzeugen und Maschinen, zu den historischen Museen, welche verschiedene Objekte in ihrem geschichtlichen Zusammenhange zeigen, ein Museum, das vor Augen führt, welche Summe von Erscheinungen Beziehungen zu einem bestimmten Teile der Erdoberfläche haben. Ein solches Museum ist seinem inneren Wesen nach geographischer Art. Diese tiefere Fassung der Aufgabe entspricht dem Wesen unseres deutschen Volkes, welches die Dinge in ihrem inneren Zusammenhang zu erkennen trachtet; sie entspricht vor allem auch unseren Seeinteressen, welche unseren Blick weniger auf eine ruhmreiche Seegeschichte als auf Handelsbeziehungen zum gesamten Erdenrund lenken.

Daß das Museum für Meereskunde bei der geschilderten Konzeption eine nationale Aufgabe erfüllt, liegt nicht bloß darin begründet, daß es notwendigerweise die deutschen Seeinteressen, insbesondere die deutsche Kriegsflotte zur Anschauung bringt, sondern vor allem in der volkstümlichen Art seiner Schaustellung und in der Art seiner Zugänglichkeit. Es bietet Ausschnitte aus dem wirklichen Leben; es zeigt die Lebensgemeinschaften der Tiere des Meeres, es führt vor Augen, wie Fischfang getrieben wird, es bietet einen Einblick in das Leben und Treiben in einem Teile des Hamburger Hafens; es zeigt eine Panzerschiffsdivision in den verschiedenen Arten der Seebereitschaft. Ausführliche Etiketten erläutern den einzelnen Gegenstand und ermöglichen dem Besucher, sich ohne Führer darüber zu unterrichten. Endlich steht das Museum an drei Tagen in der Woche dem allgemeinen Besuche unentgeltlich offen, und an einem vierten Tage ist es Schulen und Körperschaften zugänglich; es ist gestattet, darin zu zeichnen und zu photographieren, und nicht wenige Maschinen selbst in Bewegung zu setzen. Ein außerordentlich zahlreicher Zuspruch läßt denn auch bereits erkennen, daß weiteste Kreise die erzieherische Bedeutung des Museums vollauf würdigen. Es hat das Museum seit dem Tage seiner Eröffnung für das Publikum (1. April 1906) bis zum 1. März 1907 schon 100.000 Besucher gezählt.

Wie in den ersten Stadien der Entwicklung des Instituts und Museums für Meereskunde die Behörden des Deutschen Reiches und Preußens Hand in Hand gingen und in harmonischem Zusammenwirken den Plan förderten, so haben sie sich auch bei dessen Ausführung die Hände gereicht. Als Teil eines der Lehrinstitute der Berliner Universität gehört es dem preußischen Staate, aber es schließt als wichtigen Bestandteil die Marinesammlung des Reiches ein. Untergebracht ist es im Gebäude des ehemaligen ersten chemischen Laboratoriums der Berliner Universität, Georgenstraße 34 bis 36 (vgl. gegenüberstehenden Plan). Ist das Gebäude auch nicht für Museumszwecke errichtet und entschieden viel zu klein, so hat es doch zwischen Universität und Bahnhof Friedrichstraße eine außerordentlich günstige Lage inmitten der Reichshauptstadt. Die rasche Schaffung seines Grundstockes wurde ferner wesentlich dadurch gefördert, daß ihm von Behörden des Reiches und Preußens zahlreiche Objekte aus bereits bestehenden Sammlungen überwiesen wurden. Mit den Behörden aber wetteiferten Private, namentlich haben einige größere Reedereien und Werften vieles geschenkt oder leihweise zur Aufstellung gebracht. Vor allem aber hat Seine Majestät der Kaiser und König mit tatkräftigem Interesse das Werden der neuen Sammlung verfolgt, die Überweisung der Sammlungen der Marine befohlen und eine ihm von der Aachener und Münchener Feuer-Versicherungsgesellschaft zur Verfügung gestellte Summe von einer Viertel Million Mark dem Museum zur Ausgestaltung seiner Maschinen-Modellsammlung überwiesen. Dem Zusammenwirken dieser verschiedenen Faktoren dankt das Museum seine Größe.

Wie wenige Vorbilder es für ein derartiges Museum gibt, hat die Studienreise gelehrt, welche Freiherr v. Richthofen im Jahre 1900 in Begleitung der am Museum damals tätigen Fachleute ausgeführt hat, um die auf Seewesen und Meereskunde bezüglichen Museen Englands und Frankreichs zu besichtigen und aus ihrem Studium Anhaltspunkte für die Ausgestaltung des Museums für Meereskunde in Berlin zu gewinnen. In einer ausgezeichneten Denkschrift führt Richthofen darüber aus, daß die besuchten 15 verschiedenen Sammlungen entweder der Kriegsmarine und ihren Taten oder der Handelsschiffahrt und Entdeckungsgeschichte, oder der Technik des Schiffbaues, oder dem Hafenwesen, oder endlich der Navigation gelten, daß aber in denselben in der Regel die Rolle sehr gering ist, welche die Kenntnis des Meeres selbst und den Mitteln zu dessen Erforschung angewiesen ist. Weiter heißt es dann: ,,Umfassender ist der Gedanke, der den Sammlungen des Institutes für Meereskunde in Berlin zugrunde liegt; denn sie sollen neben der Seeschifffahrt auch alles, was die Kenntnis des Meeres an sich und seine Ausnutzung durch den Menschen betrifft, zur Darstellung bringen. Ist auch die volkstümliche Anregung des Interesses für das Meer und für die deutsche Seegeltung ein Ziel, dem in erster Linie durch zweckmäßige Aufstellung umfassender und schöner Schausammlungen in der Art der in Paris und London besichtigten MarineMuseen Rechnung getragen werden muß, so ist es doch die vornehmste Aufgabe des hier damit zu verbindenden Universitätsinstituts, das selbständige Studium zu fördern, der Forschung die Wege zu weisen und grundlegende Kenntnis zu verbreiten.“

Indem dann Freiherr v. Richthofen punktweise durchspricht, welche Anregungen im einzelnen durch den Besuch jener Museen gewonnen worden sind, kommt er schließlich zu folgendem Ergebnis:

„Es ist nach vorstehendem klar, das bei dem Museum für Meereskunde das Motto „Deutschland zur See“ für die äußerlich am meisten zur Geltung kommende Abteilung, nämlich das Flottenmuseum, ein ebenso leitender Gesichtspunkt sein muß, wie es bei den großen Marinesammlungen in London und Paris bezüglich der Weckung des Interesses für die maritimen Aufgaben Englands und Frankreichs der Fall ist. Der Sinn für die nationale Bedeutung der Kriegs- und Handelsflotte soll durch die Vorführung der stolzen Bauten, welche die deutsche Flagge führen, angeregt und gefördert werden. Dies bedingt, daß die Entwicklung beider Flotten aus kleinen Anfängen, der einen während einer kurzen Spanne Zeit, der anderen während einer längeren Periode, aber mit steigender Geschwindigkeit seit 1870, zum Bewußtsein gebracht und die Einsicht geweckt werde, wie der rasch fortschreitende Aufschwung der Handelsflotte nur unter dem Schutz, den eine in gleicher Weise fortschreitende Kriegsflotte gewährt, gedeihlich und sicher geschehen kann. Der Binnenbewohner soll die Häfen seines Landes als die Ausgangspforten nach dem Weltmeer betrachten und ihre Einrichtungen kennen lernen; er soll auch eine Wertschätzung des Schutzes erhalten, den man ihnen gegen Angriffe gibt. Das gepanzerte Linienschiff ist ebenso wie das mächtige Personentransportschiff neuesten Baues, in seinem Werdeprozeß wie in seiner Vollendung, in seinem inneren Gefüge und Getriebe, in seinen großartig organisierten Einrichtungen und allen Teilen seiner Ausrüstung vorzuführen. Der Binnenbewohner soll mit dem Seewesen und dem Seeleben vertraut werden, und er soll durch Bekanntschaft mit den einzelnen Schiffstypen und durch Übersichten ihrer numerischen Vertretung bei verschiedenen Kriegs- und Handelsflotten ein deutliches Bild von den maritimen Machtverhältnissen der einzelnen Staaten erhalten.

Hand in Hand mit dieser auf die Darstellung der Werkzeuge der Seemacht und des Weltverkehrs in der Gegenwart gerichteten Aufgabe der Schausammlungen geht eine allgemeinere, welche die Vorführung der Geschichte der Beherrschung des Meeres durch den Menschen mittels der allmählichen Vervollkommnung des Schiffbaues, der Verbesserung der nautischen Instrumente, der Anwendung kräftiger Betriebsmittel, der fortschreitenden Erschließung des Erdballs und der wissenschaftlichen Entdeckung der zweckmäßigsten Schiffahrtsstraßen erstrebt. Nicht minder ist der wirtschaftlichen Ausnutzung der Meeresprodukte mittels des Fischereibetriebes in lehrreicher Weise Rechnung zu tragen und hierbei auch das historische und ethnographische Moment zu berücksichtigen.

Es soll ferner die Bedeutung des Meeres selbst für den Menschen, sein Wesen als die alle Küsten verbindende Fläche, auf der Schiffe sich frei bewegen, klar zur Erkenntnis kommen. Und dies leitet über zur naturgeschichtlichen Seite des Meeres. Es müssen die Anschauungsmittel geboten werden, um die Natur der Küsten als der wichtigsten Scheidelinien auf der Erde, die Formen der Ozeanbecken, den Charakter ihres Bodens, die Eigenschaften und wechselnden Zustände des Ozeanwassers und die Bewegungserscheinungen auf der Oberfläche wie in den Tiefen darzustellen.“

Das ist das Programm Richthofens. In weniger als sechs Jahren ist es durchgeführt worden. Am 5. März 1906 wurde das Museum durch Seine Majestät den Kaiser und Konig eröffnet, aber der schöpferische Geist, der es verwirklicht, fehlte bei der Feier. Fünf Monate früher, am 6. Oktober 1905, ist jäh und unvermittelt Ferdinand v. Richthofen aus dem Leben gerufen. Sein leibliches Auge hat die Arbeit nicht vollendet gesehen, die die letzten Jahre seines Lebens füllte, aber wenn wir den Plan, den er im Jahre 1900 gezeichnet, mit dem vergleichen, was nun vor uns steht, dürfen wir aussprechen: er hat damals schon mit geistigem Auge das Museum so erschaut, wie es seither entstanden ist.

Treten wir ein, so sehen wir, wie zunächst das Motto: „Deutschland zur See“ der leitende Gesichtspunkt ist. Das Erdgeschoß des Museums wird eingenommen von der Reichs Marine Sammlung, welche als integrierender Teil des Museums für Meereskunde entgegentritt. Sie ist von Herrn Kapitän z. S. Wittmer ebenso umsichtig zusammengebracht wie anschaulich aufgestellt worden. Ein historischer Saal zeigt uns — vgl. gegenüberstehende Abbildung — vom Wikingerboot an alte und ältere Schiffstypen, wie sie an deutschen Küsten in Gebrauch waren; Bilder, Modelle und einzelne Überreste erinnern uns an die Kämpfe, in denen die hanseatische, kurbrandenburgische, preußische, norddeutsche und endlich die deutsche Flotte verwickelt gewesen. Dann gelangen wir in den großen Lichthof . (Vgl. Abbildung S. 9.) In Modellen in streng beibehaltenem Maßstabe von 1 : 50 führt er uns die deutschen Kriegsschiffe der neuesten Zeit vor Augen, einzeln oder in Gruppen, und daneben haben Modelle der neuesten Schnelldampfer unserer Handelsflotte Platz gefunden, ein Bild von Krieg und Frieden, über welchem die Standarten, Flaggen und Kommandozeichen der Kaiserlichen Marine sowie die Kontorflaggen der großen Schiffahrtsgesellschaften hängen. Der daneben befindliche offene Hof des Museums zeigt uns dann Schiffsteile, Rahen und Stangen, Panzerplatten, Schiffsschrauben, Bugverzierungen, sowie als Beweis dafür, daß vor fünfzig Jahren bereits moderne Ideen im Binnenlande gefaßt wurden, das Unterseeboot Wilhelm Bauers. Der Keller auf der anderen Seite des Lichthofes birgt die naturgetreue Nachbildung der Innenräume der alten Schulfregatte ,,Niobe“, die Kommandantenkajüte und Schiffskammer eines Torpedobootes sowie die Kabine eines Passagierdampfers. Einige Stufen führen uns aus dem Lichthofe in den Waffensaal, welcher durch Kanonen, Torpedos und Schiffsminen sein charakteristisches Gepräge erhält. Gleiches gilt von den Nebenräumen, in denen wir ein Stück Batterie einer alten Holzfregatte, Signalapparate und Uniformen antreffen.

An die Reichs-Marine-Sammlung schließt sich die historisch-volkswirtschaftliche. Sie ist in zwei Stockwerken des Hauses untergebracht. Ein etwas abseits gelegenes Zimmer enthält Modelle von Hilfsmaschinen eines modernen Dampfers, einen Teil der Kaiserlichen Spende. Eine Galerie zur Seite des Lichthofes zeigt uns den Bau des Schiffes und die Schiffsmaschine. Da sehen wir die Helling, auf der das Schiff gebaut wird, da blicken wir in das dichte Spantengefüge des alten hölzernen Schiffes und in den gewaltigen Aufbau des modernen Schnelldampfers; ein großes Modell einer alten Fregatte führt uns die Takelung des Segelfahrzeuges vor Augen; daneben laufen elektrisch getriebene Modelle von Schiffsmaschinen verschiedener Konstruktion, stehen Modelle von Kesseln. Im 1. Stocke des Hauses treffen wir dann, von Herrn Dr. Dinse aufgestellt, die Typen deutscher Segelschiffe, den einmastigen Kutter, den zweimastigen Schoner und die Schonerbrigg, das dreimastige Vollschiff und die Bark mit ihrer charakteristischen Takelung und ihren Segeln. Die Flaggen der hauptsächlichsten deutschen Reedereien zieren den Raum, der uns auch mit den mannigfaltigen Veranstaltungen zur Rettung von Schiffbrüchigen an unseren Küsten bekannt macht.

Nun treten wir ein in die Abteilung Hafen- und Küstenwesen, die von Herrn Stahlberg bearbeitet ist. Ein großes Modell versetzt uns hier in die Mitte des Hamburger Hafens; ringsum stehen Modelle von Kranen, von Spezialschiffen; das Modell eines Leuchtturmes läßt ein elektrisches Licht erblinken; ein Modell zeigt uns die Anordnung und Art der Befeuerung der Swine-Mündung und ein anderes die Kenntlichmachung der Pillauer Fahrstraße im Frischen Haff durch Tonnen und Baken.

Eine Galerie birgt den wissenschaftlichen Stolz des Museums, sein Instrumentarium, das gleichfalls unter der Oberleitung von Herrn Stahlberg steht. Da sehen wir nicht bloß die nautischen Listrumente, welche zur Ortsbestimmung des Schiffes dienen, den alten Jakobstab und neuere Sextanten aller Art, da ist nicht nur eine reiche Sammlung von Schiffskompassen, Loggen und verschiedenen Handloten, da sind auch die Instrumente moderner Tiefseeforschung, das schwer bewichtete Tiefseelot und die Lotmaschine, die den Meeresgrund ergründen und Proben von ihm fördern, Wasserschöpfer, die uns Wasser aus der Tiefe bringen, Thermometer, welche uns die Temperatur in den Tiefen anzeigen, Strömungsmesser und endlich die mannigfaltigsten Apparate zur Gasbestimmung im Meerwasser und zu dessen Analyse. Ein Nachbarraum enthält die von der Meeresforschung gebrauchten Netze, Planktonnetze zum Fange der kleinen im Wasser schwimmenden Meeresbewohner, die Dretsche mit ihrem schweren eisernen Rahmen, um die Bodenbewohner zu erlangen. f

Das Zimmer, in das wir nun treten, enthält den Kern der ozeanologischen Sammlung, es gewährt uns Einblicke in die Größe der Meeresräume, den Salzgehalt des Meeres, veranschaulicht uns dessen Wellenbewegung und bietet uns Proben von dessen Grund. Modelle und Modellkarten zeigen uns Küstenformen und leiten uns über zum Inhalte des Nachbarzimmers, das Hafenmodelle birgt und den Hafenbau illustriert. Auch diese Abteilungen hat Herr Stahlberg bearbeitet.

Nunmehr gelangen wir zur biologischen und Fischereisammlung. Vor uns steht die große S. 19 abgebildete Gruppe, das Korallenriff von El Tor an der Sinaihalbinsel darstellend; Alkoholarien ringsum bergen die zahllosen Tiere dieses Riffes. Eine andere Gruppe zeigt uns die südpolare Tierwelt, sie ist heimgebracht vom Saume Antarktikas durch Erich v. Drygalski. In einem Eck befinden sich Schränke und Alkoholarien mit den Schwämmen des Mittelmeeres. Die Lebewelt der heimischen Meere tritt uns in einer Nachbildung des Lummenfelsens entgegen, des einzigen Vogelfelsens unserer Gestade; eine große Vitrine zeigt uns die Nutzfische der Nordsee in lebensgroßen, ausgestopften Exemplaren und eine Reihe von Alkoholarien Lebensgenossenschaften vom Boden der Nordsee aus verschiedenen Tiefen. (Vgl. Abbildung S. 27.) Diese Abteilung ist das Werk von Herrn Prof. Plate, welcher unterstützt war von Herrn Dr. Wenke.

Was das Meer an Nutzund Schmucksachen sowie an Nahrungsmitteln bietet, hat Herr Dr. Brühl in einem langen Gange vereinigt: Fischbein und Schildkrot, Muscheln und Perlen, selbst der Bernstein unserer Küsten; auch Delikatessen, wie Kaviar und der in Ostasien geschätzte Trepang, fehlen nicht. Vor allem aber tritt uns die große Bedeutung des Walfanges und Fischfanges entgegen; ihm sind Ölbilder in den Wandnischen und Glasbilder an den Fenstern gewidmet. In seinen Betrieb, und zwar an deutschen Küsten, führt uns das gleichfalls von Herrn Dr. Brühl zusammengestellte letzte Zimmer. Wir sehen die Fischerboote oben auf dem Meere und unten die Netze oder Angelleinen. (Vgl. das Bild S. 31.) Wir überblicken die Entwicklungsgeschichte des heimischen Fischerbootes, des Kutters sowie einzelner Teile, des Ankerspills und Steuers; wir sehen den Fischer selbst, blicken in die Kajüte eines Kutters und in das Innere von Fischerhäusern.

Damit ist unser Rundgang vollendet. Vergleichen wir das Gesehene mit dem Programm, das Richthofen in der erwähnten und fast gleichlautend in einer zweiten Denkschrift über die Begründung und Ausgestaltung des Instituts und Museums für Meereskunde zu Berlin 1901 niedergelegt hat, so sehen wir dieses fast Punkt für Punkt selbst bis auf Einzelheiten hinaus verwirklicht. Manche Abteilungen sind allerdings reicher ausgestaltet, als ursprünglich geplant, wie z. B. die Gruppe Fischerei, während andere Gruppen, wie z. B. Schiffbau und Ozeanologie, nicht zur damals geplanten Höhe gebracht sind. Letzteres hängt in einem Falle mit der Schwierigkeit der Beschaffung einschlägiger Schaugegenstände zusammen, im anderen mit einer eigenen Entsagung, welche Richthofen gerade demgegenüber geübt hat, was ihm am nächsten lag. Nur eine der 17 Gruppen, die er 1901 vorgesehen, nämlich der Segelsport, erscheint bisher gänzlich ausgefallen. Diese leicht ausfüllbare Lücke wird man angesichts des großen Reichtums des in anderen Gruppen zusammengebrachten Materiales umsoweniger gewahr, als das Museum keineswegs irgendwie leer ist. Es birgt heute schon in Rücksicht auf seinen Raum eher zu viel als zu wenig und bedarf jetzt schon dringend der Unterbringung in einem größeren Bau als in dem ihm nur provisorisch zugewiesenen ehemaligen chemischen Laboratorium der Universität, soll es sich gedeihlich weiter entwickeln können, soll es systematisch ausgestaltet werden. Bleiben also auch für die Zukunft noch große Wünsche, so muß doch heute schon das Museum als ein neuer Anziehungspunkt der Reichshauptstadt bezeichnet werden; es ist wie keine ähnliche Sammlung geeignet, die Bedeutung des Meeres zu veranschaulichen.

Wir empfinden dies eindringlich und klar, wenn wir uns in das kleine Zimmer begeben, das den Kern der ozeanologischen Sammlung birgt. Herr Stahlberg, der diese Gruppe wie so manch andere des Museums gestaltete, veranschaulicht uns hier durch Modelle die Größe des Ozeans. Ein Marmorwürfel (siehe unser Vollbild auf S. 23) von einem Kubikmeter Rauminhalt stellt den Erdkörper dar, der viel kleinere weiße Würfel auf ihm das Volumen des Weltmeeres. Wie klein daneben jener dritte Würfel, der den Rauminhalt der Erhebungen repräsentiert, welche über dem Meeresboden im mittleren Niveau der Erdkruste als Kontinentalblock aufsteigen, und welche die Masse darstellen, die bewegt werden muß, soll die Erdoberfläche gänzlich eingeebnet werden, und wieviel kleiner der vierte Würfel, der das Festlandvolumen oberhalb des Meeresspiegels darstellt. Anders die gelben Würfel; sie zeigen uns die Gewichte des ozeanischen Wassers, des Kontinentalblocks und der Festländer: nun erscheint der Wasserwürfel etwa so groß als der des Kontinentalblocks.

Binnen kurzem wird ein weiteres Modell die Tiefen des Weltmeeres veranschaulichen. Wir werden einen modernen Riesendampfer über der flachen Nordsee sehen, deren Tiefe nur ein Fünftel seiner Länge ist, und werden ihm auf dem offenen Ozean halbwegs Nordamerikas wieder begegnen, wo die Meerestiefe 25 mal so groß als seine Länge ist. Endlich werden wir ihn über der größten Meerestiefe erblicken, die seine Länge 50 mal übertrifft. Angesichts solcher Maße vergegenwärtigen wir uns die Schwierigkeit der Aufgabe, die Tiefen des Weltmeeres zu ergründen, welche zu kennen nicht bloß aus wissenschaftlichem Interesse, sondern auch für die Kabellegung praktisch wichtig ist. Die im Instrumentarium ausgestellten Lotmaschinen erscheinen uns nunmehr in ihrer wissenschaftlichen und praktischen Bedeutung.

Weitere Würfel in der ozeanologischen Abteilung veranschaulichen uns in ähnlicher Weise wie die schon betrachteten den Salzgehalt des Meeres. Dabei dient der große Kubikmeter als ein Maß für das Gewicht des gesamten Weltmeeres und die kleineren daneben stehenden geben dann das Gewicht der darin gelösten Stoffe an. Ein Bild zeigt uns, daß sie beim Verdampfen des Meeres auf dessen Boden eine Schicht bilden würden, noch etwas höher als das Königliche Schloß in Berlin. Mächtige Salzblöcke erinnern uns daran, daß in der Vorzeit auf deutschem Boden ganze Meeresteile unter Hinterlassung ihres Salzes gänzlich ausgetrocknet sind. Wir lernen durch diese Darstellungen verstehen, welche große Bedeutung die Chemie des Meeres besitzt, und würdigen nun die einschlägigen Apparate, die wir im Instrumentarium trafen, die Wasserschöpfer, um Wasser aus den großen Meerestiefen empor zu fördern, die Aräometer, um seinen Salzgehalt zu bestimmen, die Apparate zur Bestimmung seines für das organische Leben so wichtigen Gehaltes an Gasen. Endlich enthält die ozeanologische Sammlung einige Proben des Meeresgrundes; in einem Stereomikroskop sehen wir, wie außerordentlich reichlich sich das organische Material an seiner Zusammensetzung beteiligt. Jüngst ist es dank dem Entgegenkommen der Norddeutschen Seekabelwerke möglich geworden, eine größere Menge des Schlammes vom Meeresboden zu erhalten. Nach der Eorm, in der sie getrocknet ist, backsteinähnlich, sieht die Masse auf Bruchflächen ähnlich wie unsere Schreibkreide aus, und in der Tat, diese ist ihrem Material nahe verwandt: sie besteht gleich ihr aus zahllosen Gehäusen kleinster Tiere. Sehr zahlreiche Gesteine, welche die Erdkruste zusammensetzen, sind alter befestigter und verhärteter Meeresschlamm, zusammengesetzt aus den Gehäusen der Meeresbewohner. So kettet sich Glied an Glied. Der Gasgehalt macht das Meerwasser bewohnbar. Die Gehäuse seiner Tiere fallen zu Boden und bilden Gesteine. Die Meeresforschung gewinnt dadurch große Bedeutung für die Lehre von der Erdkruste, für die Geologie, und wird durch Sammlungen von Bodenproben aus unseren Meerestiefen viel zum Verständnis der Zusammensetzung unseres Bodens beitragen können. Eine wichtige Aufgabe des Museums ist daher die systematische Sammlung von Meeresgrundproben. Es soll eine Sammelstelle namentlich derjenigen werden, welche durch deutsche Expeditionen heimgebracht werden.

Lenkt schon eine mikroskopische Betrachtung des Meeresgrundes den Blick auf die Fülle des organischen Lebens im Ozeane, so tritt uns dessen Reichtum in der biologischen Abteilung des Museums voll entgegen. Räumliche Gründe haben versagt, hier die Tiere, wenigstens unserer Meere, in lebendem Zustande in einem Aquarium zu zeigen. Als Ersatz dafür sehen wir sie in Spiritus, in sogenannten Alkoholarien. Diese ermöglichen uns auch etwas zu sehen, was in keinem europäischen Aquarium möglich wäre, die Lebensfülle des tropischen Meeres. Um sie zu veranschaulichen, hat das Institut für Meereskunde eine eigene Expedition an das Rote Meer entsendet. An der Küste der Sinaihalbinsel bei El Tor hat Herr Plate große Aufsammlungen an einem der nördlichsten Korallenriffe gemacht und das Material für die Wiedergabe jenes Korallenriffes gewonnen, welches eine Zierde der biologischen Abteilung bildet. Die Abbildung auf S. 19 zeigt die Anordnung. Auf der Seeseite sehen wir die einzelnen Korallenstöcke kräftig emporgewachsen, verkümmert hingegen nach dem Lande zu; zwischen den einzelnen Stöcken langstachelige Seeigel und farbenprächtige Seesterne, Seegurken, Muscheln und Schnecken, Krabben imd Fische. Erscheint uns die ganze Gruppe des Riff’s insofern unnatürlich, als es sich nicht im Wasser befinden kann, so zeigen uns die Alkoholarien ringsum die Fülle seiner Bewohner im flüssigen Elemente. Da sind die Korallenstöcke noch mit ihrer fleischähnlichen Substanz umzogen, da sind die manchmal abenteuerlich gestalteten bunten Fische, die Tintenfische. Mehrfach sehen wir (z. B. Abbildung S. 27), wie einzelne Tiere in einer förmlichen Lebensgemeinschaft (Symbiose) sich befinden, wie die Existenz des einen sich in notwendiger Weise an die des anderen knüpft. Wie vielen verschiedenen Arten dabei die Korallen angehören, welche das Riff zusammensetzen, zeigen uns Schränke, gefüllt mit den verschiedenen Arten von Korallen desselben Riffes. So gewinnen wir hier eine Vorstellung über die Fülle des organischen Lebens an einer eng beschränkten Stelle des Meeres.

Wie anders ist die gegenüberliegende Gruppe, welche uns an den äußersten Süden der Erde führt. Da stehen die Pinguine und liegen die Robben, welche die Deutsche Südpolar-Expedition heimbrachte, auf eisigen Gefilden. Die Luft aber ist belebt durch schnelle Flieger. Dies Bild ergreifender Öde offenbart uns einen bestimmten Einfluß des Meeres auf seine Lebewelt, nämlich die Anpassung von ursprünglichen Landbewohnern und Bewohnern der Lüfte an das flüssige Element. Wir sehen Säugetiere, die das Gehen, und Vögel, die das Fliegen verlernt haben, und aus deren Gliedmaßen sich Flossen entwickelten.

Welche Summe wissenschaftlicher Aufgaben stellt doch das Leben des Meeres, wie notwendig ist es, es näher zu erforschen und die Dretsche hinabzulassen in den Meeresgrund und das Fangnetz in die verschiedenen Tiefen! Wie groß ist aber auch der Nutzen, den die Meeresbewohner uns gewähren. Das muß jedem Besucher deutlich entgegentreten, welcher die Abteilung „Meeresprodukte und Fischfang“ unseres Museums durchwandert. Sie ist dank der rührigen Tätigkeit von Flerrn Brühl zu einer bereits recht ansehnlichen geworden. Sie zeigt, was uns das Meer an Schmuck und Genußmitteln, vor allem an Nahrungsmitteln darbietet. Darüber kann ja kein Zweifel sein, daß es der Fischfang gewesen ist, welcher den Menschen zuerst auf das Wasser und aufs Meer lockte. Im Fischfangwurzelt die Schifffahrt und im Fischfang wurzelt unsere seekundige Bevölkerung.

Es ist eine der großartigsten Leistungen des Menschengeschlechts, wie es sich die weiten Flächen des Weltmeeres dienstbar zu machen verstand. Dem Fischer ist der Schiffer gefolgt, welcher sich weiter und weiter hinaus ins Meer, anfänglich bis zum nächsten sichtbaren Lande, dann weiter in die See und schließlich auf den Ozean wagte, welcher der See ihren Länder und Völker trennenden Charakter nahm und sie zu einem Verkehrswege machte. Wie mit zunehmender Größe der Aufgabe das Schiff’ sich entwickelte, vom windgetriebenen Flosse zum geruderten Kahne und zum besegelten Boote, wie aus diesem größere, gedeckte Fahrzeuge entstanden, lange Zeit noch mit Rudern getrieben, bis man sich so weit in der Kunst des Segeins vervollkommnete und mit und gegen den Wind steuern lernte, worauf sich das Schiff mit hohen Masten und anfänglich geblähten, später straffen Segeln besetzte, wie sich endlich durch die Einführung der Dampfmaschinen als Motor und des Eisens als Baumaterial eine vollständige Umwälzung in der Konstruktion der Fahrzeuge und den Methoden der Schiffahrt vollzog, das alles zu veranschaulichen wird die lohnende Aufgabe der schiffbaukundlichen Sammlung des Museums für Meereskunde werden. Heute zeigt dieses nur, bis zu welcher hohen Vollendung der Schiffbau bereits gelangt ist und wie die Form der modernen Fahrzeuge von seinem Zweck bestinnnt ist. Wie schlank gebaut der moderne Schnelldampfer; wie hoch strebt er empor, während sich das schwere Panzerschiff’ schildkrötenförmig zusammenduckt (vergleiche das Schlußbild).

Verlockend und lohnend wird ferner die Aufgabe sein, die natürlichen Hilfsmittel zu veranschaulichen, welche der Schiffahrt zur Verfügung stehen; die Strömungen des Meeres, welche gewiß die ersten Schiffahrtslinien bedingten, wie sie auch heute noch den Kurs so manchen Fahrzeugen primitiver Völker bestimmen, die Winde, welche die Segelschiffahrt zu solch hohem Aufschwünge brachten und anderseits als Stürme der Schifffahrt so verderblich werden, bis dann die Einführung der Dampfmaschinen die Schifffahrt so unabhängig von Strom, Wind und Wetter machte. Welch gewaltige Leistungen diese Maschinen, wie ästhetisch ihr Eindruck dank der Ökonomie ihrer Konstruktion und der Übersichtlichkeit ihrer Anordnung, welch breiter Spielraum dabei für ihr Aussehen; hoch emporgeschossen die prächtige Maschine des Schnelldampfers ,,Deutschland“ mit aufrecht stehenden Zylindern, niedergedrückt und zusammengepreßt unter dem Panzer die Maschine eines alten Panzerschiffes mit liegenden Zylindern.

Die Schifffahrt bezeichnet nicht bloß die Herrschaft des Menschen über die See, sondern auch die über die Küsten. Nicht wenige Stellen der Erde bieten die herrlichen natürlichen Häfen. Modelle werden gestatten, die verschiedenen Formen, bei denen dies geschieht, im einzelnen zu veranschaulichen. Aber nicht immer liegt der natürliche Hafen dort, wo Handel und Verkehr ihn gebrauchen. Beide verlangen nicht selten Ausgangstore an der See, wo die Natur solche versagt hat. Dem Naturhafen steht der künstliche Hafen gegenüber; seine einzelnen Typen systematisch zu zeigen, wird auch eine Aufgabe des Museums werden. Mögen sie aber natürliche oder künstliche sein, alle Häfen benötigen Einrichtungen zum Landen der größer und größer werdenden Fahrzeuge, zum raschen Löschen ihrer reichen Ladung. Wie diesem Verlangen an den deutschen Küsten entsprochen ist, zeigen die verschiedenen Modelle des Museums in der Abteilung Hafenwesen. Sie veranschaulichen zugleich einen Sieg des menschlichen Geistes und der menschlichen Arbeit über die Ungunst natürlicher Verhältnisse. Nicht bloß sind unsere deutschen Nordseeküsten stürmisch, sondern auch schwer zugänglich : riesiger Arbeit hat es bedurft, unsere alten Häfen, die erwachsen sind zu einer Zeit, in der kleine Schiffe das Meer befuhren, auch für die modernen Riesenschiffe, und die deutsche Flotte zählt ja die größten zu den ihrem offen zu erhalten.

Unser Volk ist aber auch gestählt im Kampfe mit der See. Hat es sich doch wie kein zweites seine Küsten selbst geschaffen. Nur wenige Kilometer mißt das Stück unserer festländischen Gestade an der Nordsee, das als natürlich gelten kann, sonst alles, Hunderte von Kilometern künstlich eingedeicht. Das alte Wikingboot im Museum zu Kiel erweist, wie imsere Altvorderen sich frühzeitig schon auf die See gewagt haben, und frühzeitig schon in der Kunst des Schiffbaues Meister waren. Die hanseatische Kogge in der historischen Abteilung verrät uns, daß die Elemente für den Bau des Vollschiffes, das im 18. und 19. Jahrhundert die Meere befuhr, auf deutschem Boden entstand. Freilich hat deutsche Seegeltung nicht ununterbrochen bestanden, und in Zeiten politischen Niederganges hat unser Volk die Herrschaft über seine eigenen Küsten größtenteils verloren gehabt. Aber politisch und wirtschaftlich wieder erstarkend, hat es jetzt eine Seegeltung gewonnen wie nie zuvor.

Die Bedeutung der See hat sich aber auch für unser Volk ungemein gemehrt: Der deutsche Boden vermag nicht mehr seine Bewohner zu ernähren, und weit verstreut sind die Gebiete, von denen unser Volk seine Nahrung sowie die Rohstoffe bezieht, die sein Gewerbefleiß verarbeitet. Unser Handel und unsere Industrie lenken ebenso wie die Versorgung unseres Volkes mit Nahrungsmitteln den Blick auf die See, und die Überzeugungbefestigt sich, daß unsere Seeinteressen geschützt werden müssen. So sehen wir im Museum für Meereskunde neben der ozeanologischen, biologischen und volkswirtschaftlichen Sammlung die Reichs-Marine-Sammlung, und alle wachsen durch mannigfaltige Zwischenglieder zu einem harmonischen Ganzen zusammen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Museum für Meereskunde zu Berlin.
Dr. Friedrich Althoff, Schöpferischer Förderer des Instituts für Meereskunde

Dr. Friedrich Althoff, Schöpferischer Förderer des Instituts für Meereskunde

Lichthof des Museum: vorne der Personendampfer „Moltke“ und der Schnelldampfer „Kronprinz Wilhelm“, hinten Linienschiffsdivision

Lichthof des Museum: vorne der Personendampfer „Moltke“ und der Schnelldampfer „Kronprinz Wilhelm“, hinten Linienschiffsdivision

Historischer Saal der Reichs-Marine-Sammlung. links: Wikingboot und Kogge IX. u. XV. Jahrhundert rechts: Mecklenburgisches Linienschiff XVII. Jahrh.

Historischer Saal der Reichs-Marine-Sammlung. links: Wikingboot und Kogge IX. u. XV. Jahrhundert rechts: Mecklenburgisches Linienschiff XVII. Jahrh.

Museum für Meerekunde Berlin Grundrisse der Stockwerke

Museum für Meerekunde Berlin Grundrisse der Stockwerke

Biologische Sammlung: Korallenriff von El Tor im Golf von Suez.

Biologische Sammlung: Korallenriff von El Tor im Golf von Suez.

Ozeanologische Sammlung: Veranschaulichung der Raum- und Gewichtsverhältnisse von Land und Meer sowie des Salzgehaltes im Ozean.

Ozeanologische Sammlung: Veranschaulichung der Raum- und Gewichtsverhältnisse von Land und Meer sowie des Salzgehaltes im Ozean.

Biologische Sammlung: Alkoholarium mit Symbiose zwischen Quallen und kleineren Fischen (Caranx trachurus) Sandbodenbewohner der Nordsee.

Biologische Sammlung: Alkoholarium mit Symbiose zwischen Quallen und kleineren Fischen (Caranx trachurus) Sandbodenbewohner der Nordsee.

Fischerei Sammlung: Zeesenfischerei bei Rügen nebst Fahrzeug (Quatze) eines Fischaufkäufers.

Fischerei Sammlung: Zeesenfischerei bei Rügen nebst Fahrzeug (Quatze) eines Fischaufkäufers.

Schiffsquerschnitte. links: Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“ rechts: Panzerschiff „Wörth“ der Brandenburgklasse.

Schiffsquerschnitte. links: Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“ rechts: Panzerschiff „Wörth“ der Brandenburgklasse.

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