Erste Fortsetzung

Werfen wir nunmehr einen Blick auf stehende, d. h. bezahlte Feuerwehren. Derartige Einrichtungen, welche bedeutende Geldkosten verursachen, besitzen nur große Städte, wie Berlin, Paris, London, Petersburg, Moskau und viele andere. Eine treffliche Organisation hat die Berliner Feuerwehr, welche, von dem ehemaligen Polizeipräsidenten von Hinckeldey gegründet, heute noch unter dem verdienstvollen Branddirektor Herrn Scabell steht. Das ganze Corps hat einen Etat von circa 600 Mann. In verschiedenen Teilen der Stadt befinden sich achtzehn mit den erforderlichen Mannschaften und Geräten besetzte Feuerwachen, welche mit dem Polizeipräsidium in telegraphischer Verbindung stehen, so dass im Nu und ohne die Bevölkerung zu alarmieren bei einem ausbrechenden Schadenfeuer die erforderlichen Kräfte an den bedrohten Punkt dirigiert werden können. Eine bis in fast alle Teile der Stadt verbreitete Wasserleitung unterstützt die Operationen der Mannschaften, deren Genauigkeit in Ausführung ihrer verschiedenen Verrichtungen ganz besonders hervorzuheben ist. Die freiwilligen Feuerwehren können sich dieses Institut in jeder Beziehung zum Muster nehmen und mancherlei Einrichtungen auf ihre eigenen Verhältnisse übertragen. Vorzugsweise gilt dies von der Disziplin, der Ruhe und Besonnenheit, dem Bewusstsein, welche dort herrschen.

Das Pariser Pompierkorps,*) das älteste aller stehenden Feuerwachen, denn es wurde schon im Jahre 1716 von Dumourrier Duperrier gegründet, zählt dermalen 800 Mann. Das Corps steht seit 1850 unter dem Kommando und der Verwaltung des Kiegsministeriums, während es hinsichtlich des Feuerlöschdienstes den Befehlen des Polizeipräfekten nachzukommen hat.


In ähnlicher Weise sind die Pompiers durch ganz Frankreich, in den Städten wie auf dem Lande, eingeführt. In den kleineren Ortschaften haben die Pompiers nur die Oberleitung (zu jeder Spritze gehören drei Mann) über die aus der Bevölkerung zum Feuerwehrdienst herangezogenen Mannschaften und genießen dafür verschiedene Vergünstigungen, wie z. B. Befreiung vom Nationalgardendienst etc.

*) Näheres in „Die deutsche Feuerwehr" von Carl Weiser, Chef der Feuerwehr in Mainz und „Handbuch der Pariser Feuerwehr" von Richard Schunk.

Die Londoner Feuerbrigade, wie sie genannt wird, zählt circa 150 Mann und ist ein von den Versicherungsgesellschaften besoldetes Privatinstitut. Die Mannschaft bezieht ebenfalls Wachen, die in verschiedenen Gegenden der Stadt verteilt und, so viel uns bekannt, untereinander telegraphisch verbunden sind. Die Feuerwehrmänner haben bei einem signalisierten Schadenfeuer nur die Oberleitung über das freiwillig zur Hilfeleistung herbeieilende oder nach Umständen auch dazu gepresste Publikum, welches selbst für geleistete Dienste von dem kommandierenden Feuerwehrmanne auf Verlangen mit 1 Schilling pro Mann und Stunde entschädigt wird; in der zweiten Stunde wird dieser Betrag indessen auf 6 Pence reduziert - eine Einrichtung, die uns nichts weniger als praktisch vorkommen will. Seit Kurzem sind auch in London die Dampfspritzen eingeführt, deren Wirkung bei hinreichendem Wasser eine ganz außerordentliche ist. Die Anschaffung dieser in neuester Zeit verbesserten Maschinen ist ziemlich kostspielig. Dasselbe gilt von deren Unterhaltung, so dass sie sich aus diesen Gründen nur für große Städte eignen. In Gemeinschaft mit der Feuerbrigade wirkt noch die im Jahre 1843 durch Privatmittel gegründete „Königl. Gesellschaft zur Rettung von Menschenleben in Feuersgefahr", die sich vielfach nützlich gemacht hat. Diese Gesellschaft hat jetzt ein Netz von 84 Stationen über London ausgespannt, bei deren jeder die ganze Nacht hindurch ein Chef verweilt, der eintretendenfalls binnen wenigen Minuten mit Mannschaften und Rettungsapparaten in jedem beliebigen Teile seines Distrikts zur Hilfe steht. Wahrend des verflossenen Jahres waren die Mannschaften der Gesellschaft bei 673 nächtlichen Bränden in Tätigkeit und diese Zahl wird nicht um ein Dutzend hinter der gesamten Zahl nächtlicher Feuer in der Hauptstadt zurückbleiben; und unter Leitung der Chefs wurden 74 Menschen gerettet, welche ohne diese Hilfe dem gewissen Verbrennungstode anheimgegeben waren.

Als vortrefflich werden die stehenden Feuerwehren in Moskau und Petersburg geschildert, die schon seit vielen Jahren in Wirksamkeit sind. Dass trotzdem in neuester Zeit in beiden Städten große Feuersbrünste stattgefunden haben, welche der angestrengtesten Löschversuche zu spotten schienen, hat seine hier nicht zu erörternden andern Gründe, so dass diese Vorkommnisse keineswegs einen Maßstab für die mindere Tüchtigkeit jener Corps abgeben können. Neben der jetzt eingeführten elektro-magnetisch-telegraphischen Verbindung der verschiedenen Feuerwachen beider Städte sind auch noch die früher allein den Dienst versehenden optischen Telegraphen in Gebrauch, deren eine unsere Abbildung zeigt. Über diese, wie über die ganzen Einrichtungen lassen wir unsere Gewährsleute sprechen.

Jede Tschaft (Stadtteil) besitzt ein hohes Gebäude mit steinernen Grundmauern, auf welchem ein weit über alle Häuser emporragender hölzerner Turm, der einer holländischen Windmühle gleicht, aufgeführt ist. An dem höchst möglichen Punkte dieses Turmes läuft rund herum eine Galerie, auf welcher fortwährend zwei der wachhabenden Bajarniks (Spritzenleute) ihre Runde machen. So aus dieser Vogelperspektive spähen sie nach etwa verdächtig aufsteigendem Rauch und zu den ihnen stets sichtbaren nächsten Feuertürmen hinüber. Auf der Spitze des Turmes erhebt sich eine lange eiserne Stange mit zwei Armen, zu welchen, gleich dem Takelwerk eines Schisses, Stricke führen, woran die nötigen Feuersignale aufgezogen werden. Diese Feuerzeichen bestehen bei Tage ans großen, geflochtenen, schwarzen Kugeln und schwarzen Querstäben, des Nachts jedoch aus verschiedenfarbigen Ballons und bilden so eine Art von Telegraphensprache, indem sie, je nach ihrer Zusammenstellung, den Stadtteil der Feuersbrunst angeben (s. unsere Abbildung), welcher dann von sämtlichen Türmen signalisiert wird.

Die Lösch-, Rettungs- und sonstigen Apparate gleichen denen anderer Länder, Einen herrlichen Anblick bietet eine zur Brandstätte eilende Bajarne (Feuerspritze). Vorauf galoppiert der Führer des Zuges, bei Tage eine blutrote Fahne, Nachts eine Stocklaterne in der Hand, und ihm nach rasselt der lange Zug der stets sehr sauber gehaltenen, grüngestrichenen Gefährte, auf jedem die nötige Mannschaft in kurzen grauen Waffenröcken und Beinkleidern von gleicher Farbe, welche in hohen Juchtenstiefeln verschwinden. Den Kopf bedeckt ein schützender Messinghelm. Die Pferde dieser Züge sind bei jeder Tschaft stets von ganz gleicher Farbe und von so guter Rasse, als stammten sie direkt aus Arabiens Wüsten. Sie sind bei den schweren Fuhren zu drei, bei den Wasserfässern zu zwei nebeneinander geschirrt. Das mittlere Pferd läuft zwischen einer Schere mit dem hier stets gebräuchlichen hohen Bügel über dem Kummet, in sehr gestrecktem Trab, und die Seitenpferde galoppieren mit tief, aber graziös nach außen gesenktem Kopfe frei daneben, durch Separatleinen regiert. Das Geschirr, aus zahlreichen feinen, aber starken Riemen bestehend, gleicht fast einem Schmuck und trägt nicht wenig zum Ausputz der herrlichen Tiere bei.

In Petersburg besitzt die Feuerwehr außer den gewöhnlichen noch zwei in England gefertigte Dampfspritzen, die während des Transportes zur Brandstätte geheizt werden und so in der Regel fix und fertig zur Stelle kommen. Diese Maschinen haben sich außerordentlich gut bewährt; denn ganz abgesehen von der Kraft des in die Höhe und Weite geworfenen Wasserstrahls, speisen sie noch, falls es notwendig, die gewöhnlichen Spritzen mit Wasser, welches die zahlreichen Kanäle und Wasserleitungen in hinreichender Fülle liefern.

Schließlich wollen wir noch erwähnen, dass die Feuerspritze schon von dem Griechen Klesibios und dessen Schüler Heron, dem Erfinder des Heronsballes, 150 Jahre vor Christo erfunden wurde. Diese Maschinen, Stoßspritzen, denen der Windkessel fehlte, kamen indessen nicht in Aufnahme. Erst viel späteren Zeiten war es vorbehalten, die Erfindung wieder aufzunehmen und durch Verbesserungen für ihre Zwecke tüchtig zu machen.

In Deutschland datiert die erste Nachricht über Feuerspritzen aus Augsburg und aus dem Jahre 1518, wo eine solche, angefertigt vom Goldschmied Anton Platner, in Gebrauch war.

Nach und nach wurden diese Maschinen namentlich in deutschen und holländischen Städten immer häufiger. Das bewegliche Wenderohr (Schwanenhals) ward im Jahre 1655 von A. Hantsch in Nürnberg und Schläuche sowohl als Wasserzubringer 1672 von den Gebrüdern Jan van der Heide erfunden. Endlich erfand im Jahr 1720 der Mechaniker Jakob Leupold aus Planitz bei Zwickau den Windkessel, jenen Hauptbestandteil der Feuerspritze, durch den allein ein ununterbrochener Wasserstrahl erzielt wird. Das Prinzip in der Bauart der Feuerspritzen war nunmehr entschieden, und es kann seitdem lediglich von Verbesserungen dieses Prinzips, nicht aber von neuen Empfindungen die Rede sein. Die Erbauung der Dampffeuerspritzen stammt aus Nordamerika, wo der Mechaniker Ericson, ein Schwede, 1840 in New York die erste verfertigte.

Die Feuerwehrfrage ist gewissermaßen auch eine brennende geworden, mit der sich Publikum wie Behörden weit eingehender und vorsorglicher beschäftigen sollten, als es leider bisher geschehen. Sollten diese schlichten Zeilen einigermaßen dazu beitragen, so ist ihr Zweck erreicht.
Feuerwehr in London

Feuerwehr in London

Feuerwehr in San Francisco

Feuerwehr in San Francisco

Japan, Tokio, Feuerwehrmusterung

Japan, Tokio, Feuerwehrmusterung

New York, Feuerwehr

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