Zustimmungserklärung.

Andererseits war ersichtlich, daß der Kongreß warme und einflußreiche Freunde unter Juden wie Christen besaß. Von letzteren soll der greise Reverend Professor Hechler nicht vergessen werden, dem Herzl damals und auch in der Folgezeit oft wichtige und erfolgreiche Förderung seiner politischen Arbeit zu danken hatte. Der ehrwürdige R. Samuel Mohilewer setzte sich mit seiner großen Autorität für die zionistischen Ziele ein, ebenso der sephardische Chacham Gaster in London und Zadok Kahn, der grand rabbin de France. Die zionistischen Ortsgruppen schossen förmlich aus dem Boden, und ein jüdisches Zeitungsorgan nach dem anderen stellte sich der Bewegung zur Verfügung. Die begeisterten Zustimmungserklärungen an Herzl schwollen zu Bergen an. Fast über Nacht war er eine der umstrittensten, aber auch gefeiertsten Persönlichkeiten geworden.

Herzl hatte in all diesen Monaten fast Übermenschliches geleistet. Er hatte organisiert und agitiert, Freunde geworben und Feinde in Wort und Schrift bekämpft. Es ist wohl keine Übertreibung, wenn er in seinen Briefen jetzt und in den nächsten Monaten wiederholt: „Ich bin atemlos vor Arbeit*), ich bin erdrückt von Arbeit, und muß mich auf die Mitarbeiter verlassen können“**). Aber diese Mitarbeiter fand er, und zwar in großer Zahl. Und dann hielt ihn die Begeisterung des Volkes, der einfachen Leute mit geradem Sinn und natürlichem Verständnis, aufrecht. So schreibt er an Gustav G. Cohen: „Zu meinen Genugtuungen gehören einzelne der Briefe, die ich bekomme. So unlängst der Brief eines 72 jährigen Mannes, Namens Baruch aus Basel. Ein Brief voll hoher und reifer Gedanken, blühend von reichem Wissen, milder Lebensklugheit. Er schreibt mir, daß er ein Handelsmann sei, und die Wissenschaft sein Leben lang nur insgeheim als „die hohe, himmlische Göttin“ verehrt habe. Er schreibt u. a. über den Geist des römischen Rechts Worte, die mich, den Juristen, geradezu betroffen machten.


Solche Leute haben wir, solche Unbekannte“***).

*) Briefe an M. J. Bodenheimer vom 2. Oktober 1897, Nordau vom 20. Juli 1897.

**) Brief an Dr. Ehrenpreis vom 24. Juli 1897.

***) Brief an -G. G. Cohen vom 7. Dezember 1896.


Dem Kongreß in Basel ging eine Vorkonferenz voraus, deren Sitzungen Herzl leitete, über alle Punkte herrschte Einmütigkeit, außer über die Formulierung des Programmes. Es wurde deshalb eine Programmkommission, bestehend aus sieben Mitgliedern, eingesetzt. Dies waren: Nordau, Mintz, Schapira, Rosenberg, Bodenheimer, Birnbaum, S. R. Landau. Von ihr stammt das Baseler Programm mit der von Herzl vorgeschlagenen Modifikation, daß an Stelle der nach langer Beratung von der Kommission gewählten Worte „Schaffung einer rechtlich gesicherten Heimstätte“, die Worte „öffentlich rechtlich“ usw. gesetzt worden sind.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Leben Theodor Herzls