Vorarbeiten für die Bank.

Zugleich begann er große Hoffnungen auf die Person des Deutschen Kaisers zu setzen, der sich zur Fahrt nach Palästina rüstete und dessen Fürsprache beim Sultan er erhoffte. Wie aber sollten die Mittel zur Durchführung seiner großen Pläne aufgebracht werden? Die Erfahrung hatte Herzl gelehrt, daß auf die jüdische Hochbank in jüdischen Dingen nicht zu rechnen war. Jüdische Angelegenheiten betrachtete man ja in diesen Kreisen nie vom Standpunkte des Geschäfts, sondern nur von dem der Wohltätigkeit. Und Herzl sollte bald erfahren, daß die Großbanken selbst dann ihre Meinung nicht änderten, wenn Souveräne hierauf bezügliche Wünsche äußerten. Man mußte deshalb mit einer Subskription ins Volk gehen, die Masse aufrufen. Die Aktion wurde durch einen Artikel in der „Welt“ aus Herzls Feder eingeleitet*). Gemäß seinen schon im „Judenstaat“ verkündeten Ideen stellte er als Grundprinzip auf, daß kein politischer Leiter der Bewegung sich an ihren geschäftlichen Unternehmungen beteiligen dürfe: „Die Inkompatibilität des Politischen mit dem Geschäftlichen ist Ehrensache“. Als Kapital der Bank wurden zwei Millionen Pfund gefordert; ihre Zwecke sollten sein: Bankkredite und andere Hilfe für auswanderungslustige Juden, Agrarkredite für die Kolonisten in Palästina, Bildung landwirtschaftlicher und gewerblicher Berufsgenossenschaften. Die Bank soll der „unpersönliche Bankier“ der Bewegung sein und Anleihen für den Staat vermitteln, mit dem ein Abkommen zu treffen ist (d. h. die Türkei). Herzl beschließt, am 6. Januar 1898 nach Berlin zu einer vertraulichen Konferenz mit Finanziers zu fahren, die der Professor Ludwig Stein vorbereitet hat**). Er läßt in London dafür arbeiten und sucht Anknüpfung in Paris. Dabei hofft er immer noch ein wenig auf das Geld der Familie Hirsch — nun, da der Baron H. tot ist, denkt er auf Bodenheimers Anregung an seine Witwe***).

*) Vom 19. November 1897.
**) Brief an Cohen vom 29. Dezember 1897.
***) Brief an Dr. Bodenheimer vom 2. Oktober 1897.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Leben Theodor Herzls