Stellung der Chowewe Zion.

Sogleich der erste Leitartikel „Der Kongreß“, von Herzl selbst geschrieben, war programmatischer Natur; der in der zweiten Nummer ein Kampfruf Nordaus gegen die Güdemannsche Schrift. Und nun galt es, den Kongreßgedanken nach rechts und links zu verteidigen. Schon im April hatten sich Widerstände aus den Kreisen der Chowewe Zion empfindlich bemerkbar gemacht. Der verdiente und selbstlose Hirsch Hildesheimer zog sich zurück und legte das Referat über „die Aufgaben der jüdischen Wohltätigkeit in Palästina“ nieder. Er hatte geglaubt, sich an einem Chowewe Zion-Kongreß, nicht an einem Zionistenkongreß zu beteiligen, und zog ganz logisch die Konsequenz, als er sah, daß er sich geirrt hatte. Denn für ihn und seine Freunde war der äußere Charakter der Veranstaltung maßgebend. Sie waren Zionisten, wohl auch sogar Nationalisten, fürchteten aber, daß das politische Gepräge, das Herzl der Sache aufdrückte, ihr Schaden bringen und ihr die Sympathien der Kreise entziehen müsse, die bisher kolonisiert hatten. Herzl dagegen sah nach eigenen Worten in der verschiedenen Benennung keinen größeren Unterschied als zwischen „blanc bonnet“ und „bonnet blanc“. Er konnte und wollte keine Konzessionen machen, und sein ebenfalls konsequentes und dabei radikales Vorgehen erschien den Berliner Herren als Gewaltsamkeit*). Willi Bambus schied aus der vorbereitenden Kommission, nahm dann aber doch am Baseler Kongreß teil. Allerdings in der ausgesprochenen Absicht, Herzl energisch zu bekämpfen. Auch der Headquarterstent der Londoner Chowewe Zion erklärte, dem Kongreß fernbleiben zu wollen, weil er in den Mitteln von denen Herzls abwiche**). Mit Recht erwiderte ihm Herzl, daß man ja gerade über die richtigen Mittel in Basel beraten wolle.

*) Brief an Dr. Hildesheimer vom 9. Mai 1897. Herzl hat unter anderm auch selbständig einen Punkt „Regelung der türkischen Finanzen“ in die Tagesordnung eingeschoben, was ihm verdacht wurde. Siehe Anhang S. 1 10 — 1 13.


**) Erklärung in Nr. 20 der Revue „Palestine“.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Leben Theodor Herzls