Heirat — Palais Bourbon.

In diese Zeit fallen auch seine ersten Theaterstücke: u. a. „Seine Hoheit“ (das Geld), ein abendfüllendes Schauspiel, und die Lustspiele „Der Flüchtling“ und „Prinzen aus Genieland“. Ihnen schlossen sich an: „Die Wilddiebe“, „I love you“ und „Unser Kätchen“, sämtlich Lustspiele, dann die Schauspiele: „Gretel“, „Das neue Ghetto“ und „Solon in Lydien“. Sie sind im Burgtheater in Wien, dem Königlichen Schauspielhaus in Berlin und auf vielen anderen deutschen Bühnen zum Teil mit großem Erfolge gegeben worden; aber keines von ihnen hat sich dauernd die Bühne erobert. Manchem der Stücke fehlt das Dramatische, in den Personen entbehrt man zuweilen die seelische Vertiefung in die Natur anderer. Sie reden dann, was der Autor denkt — stets feingeistig, oft mit klugen, philosophischen Sentenzen, aber nicht das, was sie selbst sagen müßten. Das eigentliche Feld seiner Erfolge ist das Feuilleton geblieben.

Herzl hatte sich im Jahre 1889 mit Julie Naschauer verheiratet, die ihm drei Kinder schenkte. Während einer Reise in Spanien 1891 bot sich ihm die Korrespondentenstelle der Neuen Freien Presse in Paris, und Herzl nahm sie mit Begeisterung an. Er hat später verächtlich von dem Milieu der Unehrlichkeiten und Oberflächlichkeiten, der Korruption gesprochen. Aber das war nach Panama und der Dreifußaffäre, die für sein ganzes Leben von so entscheidender Bedeutung werden sollte.


In Paris sind die Feuilletons entstanden, welche im „Palais Bourbon“ vereinigt sind, einem Buch, das er selbst für seine beste Sammlung erklärt hat*).

Es enthält meisterhafte Skizzen aus dem politischen Leben Frankreichs, Schilderungen von Personen, Parlamentsverhandlungen, psychologische Studien der Wählermassen. Alles scharf impressionistisch, oft von dramatischer Anschaulichkeit und stets voll feinen Verständnisses für das Milieu. Das „Palais Bourbon“ ist ein Kunstwerk ersten Ranges, das noch lange, wenn man Herzls Stücke nicht mehr spielen sollte, dem Leser ständigen Genuss bereiten, dem Kulturhistoriker eine Fundgrube für das Verständnis der dritten Republik bieten wird.

*) Brief an den Verfasser vom 8. X. 02, s. S. 120.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Leben Theodor Herzls