Empfang bei Victor Emanuel II. und dem Papst.

Während ihn so von innen die Gegner bedrängen, betreibt er die Gründung einer selbständigen jüdischen Bank in New York*), verhandelt von neuem ernstlich in Konstantinopel, wird vom König von Italien**) und dem Papst***) empfangen und arbeitet endlos. „Ich bin stets im Geschäft. Wenn ich aufwache, um vier oder fünf Uhr, denke ich sofort, wie ich dies oder jenes einrichten könnte. Denken Sic doch, diese furchtbare Verantwortung. Es ermattet mich völlig. Aber ein gutes Pferd stirbt in den Sielen“****). Nach dem Kongreß stellen sich starke Beschwerden ein*****).

*) Unter dem Namen „Jewish Colonial Bank Limited, New York“ Brief an York-Steiner vom 12. Oktober 1903.


**) Herzl hat mit dem König hauptsächlich von Palästina gesprochen. Der König betonte, daß er Abneigung gegen alle Juden hege, die sich ihrer Abstammung schämten. In seinem Lande sei jeder gleichberechtigt und er interessiere sich sehr für diese alte Rasse, die mit so zäher Beharrlichkeit an ihrem Lande hänge. Der Eindruck der weinenden Juden an der Klagemauer sei ihm unvergeßlich geblieben. Der Zionismus habe seine volle Sympathie. Das Land sei schon sehr jüdisch geworden und man habe einen festen Boden geschaffen. Es wurde dann auch über die Möglichkeit verstärkter Einwanderung von Juden nach Tripolitanien gesprochen. Schließlich erklärte Viktor Emanuel, er selbst wolle den Minister des Äußern, Tittoni, auf Herzls Besuch vorbereiten. Das Gespräch dauerte fast eine Stunde, trug einen sehr warmen Charakter, und der König äußerte sich später in bewundernder Weise über Herzl. Aufzeichnungen Herzls und Mitteilungen des Herrn Oberrabbiners Dr. Margulies-Florenz.

***) Nachdem es Herzl gelungen war, die protestantischen Mächte zu gewinnen, suchte er das Wohlwollen des Oberhauptes der katholischen Welt zu erwecken. Am 20. Januar 1904 empfing ihn der Staatssekretär Merry del Val. Herzl hob gegenüber den kirchlichen Bedenken den rein politischen Charakter der Bewegung hervor und erklärte die Bereitwilligkeit zur Exterritorialisierung der Heiligen Stätten. „Wir wollen nur die profane Erde für unser notleidendes Volk.“ Merry del Val gab die Versicherung, daß das Kardinalskollegium die Angelegenheit eingehend prüfen werde und versprach die Vermittelung einer Audienz beim Papst. Der Empfang fand am 25. Januar statt und Herzl versuchte in ähnlicher Weise, wie bei Merry del Val, die kirchlichen Bedenken zu zerstreuen. Mitteilungen Wolffsohns.

****) Gespräch mit dem Verfasser in Wien.

*****) „Ich bin gegenwärtig noch zu unwohl, um mich mit geschäftlichen Angelegenheiten abgeben zu können. Ich bin mit sehr unangenehmen Herzzuständen von Basel zurückgekommen.“ Brief an York-Steiner vom 8. September 1903.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Leben Theodor Herzls