Die „Menorah“.

Daneben laufen andere politische Aktionen, Arbeiten für die Einhebung der vom Kongreß beschlossenen Schekelabgabe, organisatorische Maßnahmen aller Art, für die Gewinnung einflußreicher Männer, der Presse, — kurz, Herzl ist Seele und Mittelpunkt einer fieberhaften Tätigkeit. Dabei findet er noch Zeit zu politisch-schriftstellerischer Arbeit für die zionistische und allgemeine Presse*), und muß eine umfangreiche Berufstätigkeit ausüben. Und endlich entsteht, inmitten von Lärm und Hast, während einer Feierstunde vor dem Makkabäerfeste jenes wundersam feine, nachdenklich-innige Bekenntnis eines Mannes, den das Leid um sein Volk verzehrt hatte, bis „nach und nach seine Seele eine einzige blutende Wunde war''. Bis es ihn zu einem großen Dichter verklärt hatte. Jenes Bekenntnis der Liebe zum Judentum, zur Schönheit seiner Feste, zum Glauben an die große Zukunft der Nation, das für immer erhalten bleiben wird: die „Menorah“.

*) Für erstere meist unter dem Pseudonym Benjamin Seff.


Am 10. Januar, dann noch einmal am 8. Februar 1898 sprach Herzl in Berlin*). Von diesen Tagen an, so kann man wohl sagen, beginnt das starke Eindringen der zionistischen Idee in die jüdischen Kreise Deutschlands. Herzls Worte waren überall Gegenstand des Tagesgesprächs. Und noch ein zweiter, für den Beginn des Zionismus großer Erfolg im Westen war der Bewegung unmittelbar darauf beschieden: der Anschluß der bisher zögernden englischen Chowewe Zion, der sich in Clerkenwell Town Hall vollzog. Besonders bemerkenswert war die Rede des aktiven englischen Obersten Goldsmith, der sich mit großer Entschiedenheit für den Staatsgedanken Herzls einsetzte. Die angenommene Resolution Dr. Hirsch — de Haas lautete: „Die Konferenz ist der Ansicht, daß die nationale Idee einen integrierenden Bestandteil der zionistischen Bewegung bildet, und daß es die Pflicht aller Juden sei, sich zum Zwecke einer gesetzlichen Wiederansiedlung des jüdischen Volkes in Palästina zu vereinigen.“

*) Vgl. „Welt“ Nr. 5 und Nr. 7 von 1898. Die erstere Rede ist in Theodor Herzls „Zionistischen Schriften“ nicht abgedruckt. Sie schließt mit den Worten: „Ich glaub, Ihnen sagen zu können, daß wir dem Judentum etwas gebracht haben; der Jugend eine Hoffnung, dem Alter einen Traum, allen Menschen etwas Schönes.“ Diese Worte charakterisieren vorzüglich die ganze Ästhetik dieser Epoche, die von Herzl auf die Bewegung überging.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Leben Theodor Herzls