Die Charkower Konferenz.

Kurz darauf wird die Öffentlichkeit mit der Nachricht überrascht, daß sich eine größere Zahl von russischen Vertrauensmännern in Charkow vereinigt haben, um Herzl ein Ultimatum zu stellen*). Dieses enthielt eine große Anzahl von Forderungen inner- und außerpolitischer Art. U.a.: bzgl. Ostafrikas müsse Herzl versprechen, daß er keine anderen territorialen Pläne als Palästina und Syrien vorschlagen und das Projekt von der Tagesordnung des Kongresses absetzen werde, daß er das große AC. vor der Expedition zusammenbringe und diese nicht vor einer Änderung des Bankstatuts absende, die der Bank jede Arbeit ausserhalb Palästinas unmöglich mache, daß er auch die Arbeit in Palästina im Rahmen des Beschlusses des zweiten Kongresses in die Zahl der nächsten praktischen Arbeiten aufnehme. Diese Erklärungen müsse Dr. Herzl schriftlich abgeben in Form eines Briefes oder Protokolls. Für den Fall der Ablehnung des Ultimatums werden in Charkow Kampfmittel beraten, und zwar: Einstellung der Schekelsendungen nach Wien, Kundgebungen in der Presse, Agitationsreisen nach Europa und Amerika, Einberufung eines oppositionellen Kongresses vor dem siebenten Kongreß. Eine Deputation, bestehend aus Rosenbaum, Temkin und Belkowsky, soll Herzl die Forderungen überbringen und nach ihrer Rückkehr weiteres beschlössen werden.

*) Temkin, Bernstein-Kohan, G. J. Bruck, G. A. Belkowsky, J. A. Goldberg, S. J. Rosenbaum, M. M. Ussischkin, M. Scheinkin, Jacobsohn, Sapir, Tschlenow, Zlatopolski.


Bei Bekanntwerden des Attentats und der Charkower Beschlüsse geht eine ungeheure Protestbewegung durch den Zionismus. Weiß man doch, daß dieses Pronunciamento und die angedrohten Kampfmittel die Bewegung in ihrer Grundexistenz bedrohen. Unzählige Vertrauenskundgebungen von Jasagern wie Neinsagern gehen Herzl zu. In Rußland bildet sich ein Schutzkomitee gegen die Charkower. Dagegen greift ihn Gaster in England heftig an.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Leben Theodor Herzls