Das neue Wahlstatut.

Inzwischen waren neue Angriffe auf Herzl und das Aktionskomitee in scharfer Form erhoben worden. Auf dem zweiten Kongreß hatte der Verfasser als Vorsitzender des Legitimationsausschusses beantragt, die Übertragbarkeit der Mandate zu verbieten. Auch sonst waren Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen konstatiert worden, so daß Abhilfe dringend nötig erschien. Deshalb erließ das Aktionskomitee eine neue Wahlordnung, wozu es formal sicher nicht befugt war. Aber man hatte nicht den dritten Kongreß mit den alten Mängeln behaftet zusammentreten lassen wollen. So gut die Absicht war, erregte die Ausführung bei Herzls Gegnern in der Partei — vor allem bei Bambus — den Verdacht, Herzl wolle die Opposition ausschließen. Man schrieb und protestierte und endlich veröffentlichte Bambus im „Zion“ vom April 1899 einen Artikel *), in dem er Herzl in schroffster Form angriff, ihm Gewalttätigkeit, Rechtsbruch, endlich die Absicht zuschrieb, Bernhard Lazare, Dr. Salz, S. R. Landau und ihn selbst vom Kongreß fernhalten zu wollen. Herzl, dem in seiner strengen Rechtlichkeit solche Absichten weltenfern gelegen hatten — das Wahlstatut wäre auch zur Erreichung solcher Ziele ganz ungeeignet gewesen — hat Bambus diesen Angriff nie vergeben, obwohl er seine große Befähigung und Tatkraft nicht verkannt hat.

*) „Der Staatsstreich des Herrn Dr. Herzl.“


Auch gegen das „Diplomatisieren“ wird bereits Sturm gelaufen*). Vorläufig erfolglos. Als ob nicht alle Völker der Welt eine Diplomatie brauchten! Nur gerade die Juden sollten sie entbehren können.

*) Vgl. z. B. die Äußerungen von Salz im „Jüdischen Volksblatt“ vom 7. April 1899.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Leben Theodor Herzls