Die Voranzeige des ersten Zionisten-Kongress. 1897

Zionisten-Kongress

Vorläufige Anzeige.


Am 25., 26. und 27. August findet in München ein Weltcongreß der Zionisten statt.

Zweck dieses Congresses ist, eine Annäherung und Verständigung zwischen allen Zionisten herbeizuführen und dem gemeinsamen Bestreben einen einheitlichen Zug zu verleihen.

Der Congreß wird die Wünsche unserer an den verschiedenen Orten bedrängten Brüder entgegennehmen und die Mittel zur Abhilfe berathen.

Wer am Congreß theilzunehmen gedenkt, hat sich bis spätestens 15. August anzumelden. Die Anmeldestellen in den einzelnen Ländern (Landescomités) werden demnächst bekanntgegeben. Vorläufig können Anmeldungen an das Centralbureau des Congresses (Verein „Zion“, Wien II. Rembrandtstraße 11) gerichtet werden. Die Angemeldeten werden die Eintrittskarten rechtzeitig zugestellt erhalten. Für Unterkunft der Congreßtheilnehmer in München wird auf Wunsch Vorsorge getroffen werden.

Die officielle Einladung zum Congresse wird, von sämmtlichen Einberufern unterfertigt, an Vereine und Körperschaften verschickt werden, sobald die Tagesordnung endgültig feststeht.

Den Congreß wird der Alterspräsident eröffnen. Hierauf erfolgt die Constituierung. Die Verhandlungen sollen nach den Grundsätzen einer vernünftigen und würdigen Redefreiheit geleitet werden.

Für jeden Punkt der Tagesordnung wird ein Referent aufgestellt, an den schon jetzt direct oder durch Vermittlung des Vereins „Zion“ in Wien, Mittheilungen gerichtet werden können.




Die bisher bestimmten Referate sind:

a) die Lage der Juden in den einzelnen Ländern (ein Specialreferat für jedes Land), ökonomische, sociale und politische Zustände. Referent Herr Dr. Max Nordau, in Paris, (34 Avenue de Villiers)

b) die Colonisation, ihre bisherigen Ergebnisse und ferneren Aussichten. Agrarische, industrielle, commercielle, technische Fragen. Referent Herr Willy Bambus, in Berlin, (W. Bülowstraße 89)

c) die Aufgaben der jüdischen Wohltätigkeit in Palästina. Referent Herr Dr. Hirsch Hildesheimer in Berlin,

d) Finanzfragen. Referent Herr Dr. Max Bodenheimer in Köln a. Rh. (Hohenzollernring 18)

c) die Judenfrage und der nächste diplomatische Congreß der Großmächte. Referent Dr. Theodor Herzl in Wien (IX. Berggasse 6)

f) eine Beschickung der Pariser Weltausstellung 1900 mit jüdischen Colonialproducten.

Die weiteren Punkte der Tagesordnung sind später zu publiciren.

Die officiellen Delegirten der eingeladenen Vereine und Körperschaften werden zur Congreßzeit in München eine besondere Berathung abhalten und deren Ergebnis dem Congresse mittheilen.

Viele praktische Fragen, welche den Congreß beschäftigen werden, enthalten ein Element von Actualität und können deshalb nicht Monate vorher formulirt werden.

Findet es der Congreß für nöthig, so wird er ein Executivcomité zur Führung der jüdischen Angelegenheiten bis zu seinem nächsten Zusammentritt einsetzen.

So erhalten die gemeinsamen Bedürfnisse ein Organ. Es wird ein Zufluchtsort für die Wünsche und Beschwerden unserer Brüder geschaffen. Die Judensache muß dem Belieben vereinzelter Personen — wie gutwillig diese auch seien — entrückt sein. Es muß ein Forum entstehen, vor dem Jeder für das, was er in der Judensache thut und läßt, zur Rechenschaft gezogen werden kann. Dem wird sich kein redlicher Mann widersetzen.

Wir sind der Theilnahme aller Menschen gewiß, die unseren Gedanken richtig verstanden haben. Es handelt sich darum, eine dauernde, gesicherte Heimat für diejenigen Juden zu schaffen, welche sich an ihren jetzigen Wohnorten nicht assimiliren können oder wollen.

Der Congreß zu München wird zeigen, was der Zionismus ist und will. Daß er etwas ist und daß er etwas will.

Dr. Theodor Herzl
Wien, IX. Berggasse 6
im Namen der vorbereitenden Commission.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Leben Theodor Herzls