An Willy Bambus in Berlin. 1897

24. IV. 97.

Sehr geehrter Herr!


Mit Befremden lese ich die Berichtigung, die Sie den jüdischen Blättern schicken wollen. Das wäre ja ein förmliches Dementi meiner mit Ihrem Wissen verschickten Anzeige. Ich muß Sie also dringend bitten, diese Bemerkungen zu revociren, entweder indem Sie den Blättern, die Ihr Eingesendet noch nicht brachten, schreiben resp. wo es die Zeit erfordert, telegraphiren, daß man Ihre Berichtigung nicht bringen möge; oder indem Sie (dort wo Ihre „Bemerkungen“ schon aufgenommen sind) eine zweite Bemerkung publicircn, worin Sie sich dagegen verwahren, meine Voranzeige dementirt zu haben.

Wenn Sie das nicht thun, müßte ich es thun, und ich thäte es — glauben Sie mir — mit herzlichem Bedauern, denn es wäre das Ende unserer gemeinschaftlichen Arbeit. Ich habe die großen Ressourcen Ihrer Intelligenz zu sehr schätzen gelernt, als daß mir diese Trennung nicht schwerfiele.

Durch Ihre Erklärung würden keineswegs die Böswilligen zum Verstummen gebracht werden, es würde nur der Kongreß compromittirt werden.

Der Congreß findet unter allen Umständen statt. Alle Intriguen, die von einer gewissen mir wohlbekannten Seite gegen den Congreß versucht werden, sollen nichts nutzen.

Was Sie anbelangt, kenne ich Ihre feste Gesinnung und Überzeugungstreue gut genug, um erwarten zu dürfen, daß Sie sich von einigen Anfechtungen nicht werden erschüttern lassen.

Nachdem ich von Ihnen die gewünschte Revocation Ihrer, offenbar in der besten Absicht dem Congresse zu nutzen, verschickten Bemerkungen erhalten habe, will ich mit dem größten Vergnügen nach Prag kommen, um mit Ihnen u. Dr. Hildesheimer zu conferiren.

Ich proponire hiefür Donnerstag den 29.April. An einem anderen Tage wär's mir kaum möglich. Am 29. April Nachmittags kann ich in Prag sein.

Mit herzlichem Zionsgruß

Ihr ergebener

Th. Herzl



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Leben Theodor Herzls