An Martin Buber, Wien *). 1901

Alt-Aussee, am 8. Sept. 1901.

Hochverehrter Freund!


Die Banknachricht ist richtig. Es ist dies aber einer der vielen Fälle, in welchen es für uns besser ist, die Öffentlichkeit nicht durch das offizielle Organ zuerst zu unterrichten. Wenigstens ist das die Ansicht der anderen Herren vom Wiener A. C. Ich wollte vor ungefähr acht Tagen ein Zirkular an die A. C. Mitglieder versenden des Inhalts, daß wahrscheinlich noch im September die Aktionsfähigkeit der Bank perfekt sein wird, aber dieses von mir bereits adjustierte Zirkular wurde von meinen Wiener Kollegen inhibiert, weil sie der Ansicht waren, daß wir nicht einmal den A. C. Mitgliedern eine solche Mitteilung machen dürfen, bevor sie die Kraft einer fertigen Tatsache hat. Nun ist mit einiger Bestimmtheit zu erwarten, daß die Boardsitzung vom 8.Oktober die Aktionsfähigkeit aussprechen wird.

Es gehört aber zu den eigentümlichen Schwierigkeiten, mit denen ich zu kämpfen habe, daß die Berufenen und Beamteten, welche die Entscheidung schließlich zu fällen haben, immer verstimmt sind, wenn so etwas früher in der „Welt“ gestanden ist. Ich erzähle Ihnen das rückhaltslos, damit Sie nicht glauben, daß ein Mangel an Vertrauen vorliegt und ich nicht wisse, welcher Informationen der Chef des Parteiblattes bedarf. Da nun aber schon die Nachricht in der „Hazefirah“ steht, so glaube ich, wird niemand mehr etwas dagegen einzuwenden haben, wenn Sie etwa folgendes in der nächsten Nr. schreiben: „Wie wir erfahren, wird die Boardsitzung vom 8.Oktober voraussichtlich die Aktionsfähigkeit der Bank aussprechen.“ Auch darüber wollen Sie sich noch mit Dr. Kokesch und Dr. Kahn telefonisch ins Einvernehmen setzen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie auch bitten, die Herren zu befragen, welches Honorar sie Lilien für die Kongreßkarte zugestehen möchten. Dem von diesen Herren bestimmten Honorarsatze schließe ich mich im vorhinein an, und ich bitte Sie dann, das Einladungsschreiben an Lilien einem unserer Herren Sekretäre zu diktieren, worauf ich es hier unterschreiben werde.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr ganz ergebener

Herzl.


*) Buber war damals Redakteur der „Welt“



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Leben Theodor Herzls