Angriffe wegen der Reise zu Plehwe.

Schwerer empfand er die politischen Angriffe, die sich angesichts der Reise zu Plehwe vervielfachten. Schon früher hatte man über die Ergebnislosigkeit seiner Arbeit gespöttelt, aber das waren meist Außenstehende, eben gerade diejenigen Juden gewesen, die ihm das Geld zur Durchführung seiner schweren Arbeit verweigerten. Und doch kann der beste Reiter im Rennen nicht siegen, wenn man ihm ein lahmes Pferd zur Verfügung stellt.

Nun aber wuchs der Widerstand im eigenen Lager schnell an. Die Reise zu Plehwe, den man der Organisierung der Massakers von Kischinew beschuldigte, wurde zu einem schweren Vorwurf gegen den Mann, der sein Bestes daran setzte, die Lage seiner Brüder zu bessern. Die Behauptung, man dürfe mit einem solchen Manne nicht verhandeln, war sehr unklug. Völker im Unglück dürfen im Punkte der Ehre nicht derartige Überempfindlichkeiten zeigen. Andere, weniger wehrlose Nationen haben sich tiefer beugen müssen. Und überdies vergaß man ganz, daß Herzl nicht nach Rußland ging, um mit dem Menschen, sondern mit dem Minister Plehwe zu reden. Mit dem Bestimmer der Geschicke von Millionen schwer gedrückter Juden und dem Leiter der Politik eines mächtigen Landes, dessen Einfluß bisher die große Volkshilfe in Erez Israel unmöglich gemacht oder doch behindert hatte. Gerade nach Kischinew war ein solcher Besuch doppelt notwendig.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Leben Theodor Herzls