Das Gesicht der Heimat
Mit 158 Bildern, vier Kunstblättern und einer farbigen Karte von Schleswig-Holstein
Autor: Möller, Theodor (1873-1953) Lehrer, Fotograph, Schriftsteller und Heimatforscher, Erscheinungsjahr: 1912
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Themenbereiche
Mittelalter Reisen Sagen und Märchen Seebäder, Kurbäder und Heilbäder Architektur & Baukunst Politik, Gesellschaft, Wirtschaft Kunst & Kultur Landwirtschaft, Natur und Umwelt
Enthaltene Themen: Heimat, Heimatland, Vaterland, Ostsee, Nordsee, Friesland, Holstein, Schleswig, Halligen, Marsch, Wald, Inseln, Halbinsel, Bauern, Fischer, Sagen und Märchen,
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die drei Landstriche
- Die bucklige Welt
- Das stille Land
- Im Schutz der goldenen Ringe
Krahira! (Ein Geleitwort)
In seinem Märchen „Hinzelmeier“ schildert uns Theodor Storm einen Menschen, der in die Fremde zieht, den Stein der Weisen zu suchen. Es ist der Sohn der ewig jungen und schönen Hinzelmeiers Eheleute. Seine Mutter war eine Rosenjungfrau gewesen, und auch seiner wartete im Rosengarten ein schönes Mädchen, um ihm mit dem Glück ihrer Liebe ewige Jugend und Schönheit zu bringen.
Nachdem der junge Hinzelmeier bei einem berühmten Meister der Geheimkunst seine Lehrzeit beendet hat, zieht er in die Welt, den Kopf voller krauser, seltsamer, unruhiger Gedanken. Dem Stein der Weisen gilt sein ganzes Sinnen – der schönen Rosenjungfrau, die zu erwerben die Mutter vor allem ihm zur Pflicht gemacht hat, gilt nur ein flüchtiges Gedanken. Und für die Schönheit der Welt hat er kein Auge. So zieht er weiter, aber der Zufall bringt ihn an die Pforte des Glücks. Er hört den Gesang kristallener Mädchenstimmen, hört ihr lockendes „Ranke, ranke, Rosenschein“, und eine neue Welt von Licht und Schönheit entfaltet sich vor seinen Augen. Schon will er die Schwelle des Gartens überschreiten, da krächzt es über ihm „Krahira, krahira!“ und schwupp lässt der Rabe, sein treuer Begleiter, die grüne Brille, die er auf dem Schnabel trägt, dem Hinzelmeier auf die Nase fallen. Das frohe Farbenspiel ist mit einem Schlag ausgelöscht; der Rosengarten entweicht in nebelhafte Fernen, und Hinzelmeier muss weiter suchen nach dem Stein der Weisen und nach dem Glück. Aber er findet weder das eine, noch das andere. Jedes Mal, wenn der Rosengarten sich ihm öffnen will, ist auch Krahira mit der grünen Brille zur Stelle, bis Hinzelmeier endlich ausgepilgert hat und als wegmüder Gesell am Wege stirbt, ohne von dem Glück und der Schönheit der Welt mehr als einen flüchtigen Blick erhascht zu haben. –
Herr Hinzelmeier ist keine vereinzelte Erscheinung. Er ist Typus, ist der Vertreter einer Gattung, die sehr, sehr zahlreiche Mitglieder hat. Und die Gattung heißt Mensch. Wohl alle ohne Ausnahme jagen dem Stein der Weisen nach; für den einen bedeutet er dies, für den anderen das. Und in der nervösen Hatz und Jagd nach Wissen und Können, nach Erwerb, Ehre und Genuss oder was sonst dem Einzelnen als Lebensziel erscheinen mag, werden nur die wenigsten der Schönheit der Welt recht inne. Die grüne Brille – oder ist es eine graue gar? – trübt ihnen das Auge zu sehr. Krahira!
Nur wenigen ist es gegeben, sich dieses „Sehapparates“ dann und wann mit einem kräftigen Ruck zu entledigen. So setzen sie ihn wohl einmal ab, wenn sie für eine Weile die Sorgen und Lasten des Alltags hinter sich werfen, um weitentlegene Gaue und fremde Länder zu durchstreifen. Wieder daheim, ist auch schon Krahira auf der Wacht, um ihnen bei erster Gelegenheit die Brille auf die Nase zu werfen. Die Schönheit der Erde, die dem Heimgekehrten noch aus den Augen leuchtet, ist bald erloschen. – Krahira!
In seinem Märchen „Hinzelmeier“ schildert uns Theodor Storm einen Menschen, der in die Fremde zieht, den Stein der Weisen zu suchen. Es ist der Sohn der ewig jungen und schönen Hinzelmeiers Eheleute. Seine Mutter war eine Rosenjungfrau gewesen, und auch seiner wartete im Rosengarten ein schönes Mädchen, um ihm mit dem Glück ihrer Liebe ewige Jugend und Schönheit zu bringen.
Nachdem der junge Hinzelmeier bei einem berühmten Meister der Geheimkunst seine Lehrzeit beendet hat, zieht er in die Welt, den Kopf voller krauser, seltsamer, unruhiger Gedanken. Dem Stein der Weisen gilt sein ganzes Sinnen – der schönen Rosenjungfrau, die zu erwerben die Mutter vor allem ihm zur Pflicht gemacht hat, gilt nur ein flüchtiges Gedanken. Und für die Schönheit der Welt hat er kein Auge. So zieht er weiter, aber der Zufall bringt ihn an die Pforte des Glücks. Er hört den Gesang kristallener Mädchenstimmen, hört ihr lockendes „Ranke, ranke, Rosenschein“, und eine neue Welt von Licht und Schönheit entfaltet sich vor seinen Augen. Schon will er die Schwelle des Gartens überschreiten, da krächzt es über ihm „Krahira, krahira!“ und schwupp lässt der Rabe, sein treuer Begleiter, die grüne Brille, die er auf dem Schnabel trägt, dem Hinzelmeier auf die Nase fallen. Das frohe Farbenspiel ist mit einem Schlag ausgelöscht; der Rosengarten entweicht in nebelhafte Fernen, und Hinzelmeier muss weiter suchen nach dem Stein der Weisen und nach dem Glück. Aber er findet weder das eine, noch das andere. Jedes Mal, wenn der Rosengarten sich ihm öffnen will, ist auch Krahira mit der grünen Brille zur Stelle, bis Hinzelmeier endlich ausgepilgert hat und als wegmüder Gesell am Wege stirbt, ohne von dem Glück und der Schönheit der Welt mehr als einen flüchtigen Blick erhascht zu haben. –
Herr Hinzelmeier ist keine vereinzelte Erscheinung. Er ist Typus, ist der Vertreter einer Gattung, die sehr, sehr zahlreiche Mitglieder hat. Und die Gattung heißt Mensch. Wohl alle ohne Ausnahme jagen dem Stein der Weisen nach; für den einen bedeutet er dies, für den anderen das. Und in der nervösen Hatz und Jagd nach Wissen und Können, nach Erwerb, Ehre und Genuss oder was sonst dem Einzelnen als Lebensziel erscheinen mag, werden nur die wenigsten der Schönheit der Welt recht inne. Die grüne Brille – oder ist es eine graue gar? – trübt ihnen das Auge zu sehr. Krahira!
Nur wenigen ist es gegeben, sich dieses „Sehapparates“ dann und wann mit einem kräftigen Ruck zu entledigen. So setzen sie ihn wohl einmal ab, wenn sie für eine Weile die Sorgen und Lasten des Alltags hinter sich werfen, um weitentlegene Gaue und fremde Länder zu durchstreifen. Wieder daheim, ist auch schon Krahira auf der Wacht, um ihnen bei erster Gelegenheit die Brille auf die Nase zu werfen. Die Schönheit der Erde, die dem Heimgekehrten noch aus den Augen leuchtet, ist bald erloschen. – Krahira!