Die Schlacht bei Fehrbellin
Unter den künstlerischen Taten des Großen Kurfürsten ist der Sieg über die Schweden bei Fehrbellin die entscheidende und volkstümlichste, allen Deutschen vertraut durch Kleists Schauspiel „Der Prinz von Homburg“. Die nachfolgende historische Darstellung ist dem berühmten Essai von Bernhard Erdmannsdörffer über den Großen Kurfürsten entnommen, einem Glanzstück neuerer deutscher Geschichtsschreibung,
In den letzten Tagen des Mai 1675 trat die Armee von Schweinfurt aus den Zug nach Norden an. In raschen Märschen ward der Thüringer Wald überschritten; das falsche Gerücht, dass die Schweden sich anschickten, Magdeburg zu belagern, spornte zur höchsten Eile; am 21. Juni wurde Magdeburg erreicht und hier die Gewissheit gewonnen, dass die schwedische Armee noch in ihren alten Stellungen sich befand, völlig ohne Ahnung des herannahenden Wetters. Mit forcierten Märschen ging es weiter, bei strömendem Regen, auf schlimmen Wegen; am 25., früh bei Morgengrauen, wurde Rathenow erreicht und der Angriff sofort beschlossen. Durch eine glückliche Kriegslist bemächtigte sich der Feldmarschall Derfflinger der wohlbewachten Havelbrücke; dann allgemeines Vordringen in die Stadt von allen Seiten; die schwedische Besatzung war völlig überrascht, wehrte sich noch anderthalb Stunden in hartnäckigem Straßenkampf; sie wurde teils niedergemacht, teils gefangen; dann war der wichtige Posten in der Hand des Kurfürsten.
Hiermit waren der rechte und der linke Flügel der schwedischen Armee, in Havelberg und in Brandenburg, auseinandergerissen. Ohne Verbindung miteinander und ohne Kenntnis von der Stärke des Kurfürsten, mussten sie beide danach streben, so schnell als möglich den Rückzug gegen den Rhin hin zu gewinnen, um über einen der dortigen Pässe zu kommen und hinter dieser Linie sich wieder zu vereinigen. Aber eben dies gedachte ihnen der Kurfürst zu vereiteln. Sein Kriegsplan ging dahin, den Feind solange als möglich in dem Winkel zwischen Havel und Rhin festzuhalten, die Pässe nach Norden hin ihm zu verlegen und dann mit dem inzwischen herangekommenen Gros der Armee ihn in der geschlossenen Falle zu erdrücken. Schleunigst wurden unter landeskundigen Führern auf geheimen und schwierigen Wegen einzelne Abteilungen vorausgesandt, um die Rhinpässe zu zerstören oder zu besetzen; die Brücke in Fehrbellin wurde verbrannt, die Pässe von Cremmen und Oranienburg okkupiert; aber man hatte fast nur Reiterei zur Verfügung, da die Masse des Fußvolks noch ziemlich weit auf dem Marsche von Magdeburg her zurück war, und so konnte die Linie nicht vollständig geschlossen werden. Vor allem aber galt es, dem Feinde an den Fersen zu bleiben. Wrangel hatte auf die Kunde von dem Falle Rathenows sich von Brandenburg her, wo er mit seiner Hauptmacht stand, sofort gegen den Rhin hin auf Fehrbellin in Bewegung gesetzt. Am 26. Juni trat der Kurfürst die Verfolgung an. Aber die Schweden hatten zu großen Vorsprung, als dass er sie noch hätte abschneiden können; bei Nauen hatten die brandenburgischen Reiter ein siegreiches Gefecht mit der schwedischen Nachhut; aber den leicht zu verteidigenden, wohlbesetzten Pass von Nauen gewannen die Schweden glücklich und damit eine kostbare Zeit für die Fortsetzung ihres Rückzugs. Sobald ihn die Schweden geräumt hatten, noch in der Nacht des 27. Juni, stürmte ihnen die brandenburgische Avantgarde, 1.500 Reiter unter dem Landgrafen Friedrich von Hessen-Homburg, nach. Um sechs Uhr morgens holte er die schwedische Nachhut bei dem Dorfe Linum ein, eine halbe Meile vor Fehrbellin. Er konnte der Versuchung zum Angriff, wenn er auch nur über ungenügende Kräfte gebot, nicht widerstehen; als auf seine Meldung, dass er die Schweden erreicht habe, der Kurfürst, der noch weiter zurück war, ihm die Weisung schickte, sich vorläufig nicht zu engagieren, war er schon in vollem Gefecht und bat dringend um Verstärkung. Jetzt erst gab der Kurfürst definitiv den Gedanken auf, dem Feinde noch zuvorzukommen und ihm den Weg über den Rhin zu verlegen; er entschloss sich, direkt auf ihn loszugehen und so die Entscheidung herbeizuführen.
Gegen 8 Uhr morgens am 28. Juni waren die Heere in ihrer ganzen Stärke aneinander. Den 7.000 Mann Fußvolk, 4.000 Reitern und 38 Geschützen, über die Wrangel verfügte, hatte der Kurfürst nur 5.000 Reiter und 600 Dragoner nebst 13 Geschützen entgegenzustellen; das wenige brandenburgische Fußvolk, welches in der Nähe war, traf erst nach Beendigung des Kampfes ein. Zwischen den Dörfern Linum und Hakenberg wurde das Gefecht eröffnet. Bald sah sich Wrangel, durch die höher postierte brandenburgische Artillerie bedroht, genötigt, sich weiter gegen Hakenberg in eine neue Stellung zurückzuziehen. Aber auch hier gelingt es Derfllinger, unter dem Schutze des Morgennebels, seine Geschütze auf einer Höhe in der Flanke der schwedischen Aufstellung zu platzieren, von wo aus sie den Frontangriff der Reiterei aufs wirksamste unterstützten. Dieser Hügel, auf dem jetzt seit der Erinnerungsfeier im Jahre 1875 sich ein stattliches Denkmal erhebt, war der Schlüssel der ganzen Position; hier ist der Entscheidungskampf gekämpft worden. Sobald die brandenburgischen Geschütze zu spielen begannen, erkannte Wrangel den Fehler, den er mit der Vernachlässigung dieses Postens begangen. Mit weit überlegenen Kräften stürzt er sich auf die feindlichen Batterien; eins der schwedischen Veteranenregimenter nach dem andern wird zum Sturm vorgeführt. Der Stoß war gewaltig; ein Teil der zum Schluss aufgestellten brandenburgischen Reiter ward erschüttert und wandte sich zum Rückzug; der Oberst von Mörner, der sich mit seinem Regiment den Stürmenden entgegenwarf, wurde beim ersten Angriff erschossen; sein tapferer Oberstleutnant Henniges trat an die Spitze des Regiments, auch er sank schwerverwundet aus dem Sattel; die Entscheidung schwankte. Eben jetzt aber war der Kurfürst mit neuen Streitkräften an der bedrohten Stelle angelangt; er führte persönlich die Seinigen ins Gefecht, sein Stallmeister Proben fiel dicht neben ihm; im stürmischen Vordringen wurde er selbst von schwedischen Reitern umringt, bis ihn neun brave brandenburgische Dragoner wieder heraushieben; es war ein wildes, fast noch zwei Stunden währendes Schlachtgetümmel, dicht aneinander, wild durcheinander. Die schwedischen Regimenter bewährten ihren alten Ruf aufs glänzendste; sie kämpften um den Rückzug, aber mit unerschütterlicher Bravour und dem Rest ihres Heeres haben sie denselben noch glücklich erstritten. Nach zwei Stunden war alles vollbracht und die jetzt durch Nebel und Regen durchbrechende Morgensonne ließ die Resultate übersehen: der rechte Flügel der Schweden war zugrunde gerichtet; alles übrige war in vollem Rückzuge gegen Fehrbellin hin; die Kraft des Feindes war völlig gebrochen, und der Kurfürst verzichtete bei seinem Mangel an Fußvolk, bei der gründlichen Erschöpfung seiner Truppen — elf Tage lang hatten zuletzt die brandenburgischen Reiter nicht abgesattelt — auf ernstliche weitere Verfolgung; erst in den nächsten Tagen wurde sie bis nach Wittstock und an die mecklenburgische Grenze hin fortgesetzt.
So wurde diese merkwürdige Reiterschlacht von Fehrbellin gewonnen. Seit vierzig Jahren, seit der Schlacht von Nördlingen waren die Schweden in keiner großen Feldschlacht besiegt worden; jetzt war der Zauber der Unbesiegbarkeit gebrochen durch eine deutsche Kriegstat, die wie aus Sturm und Feuer gewirkt war, und weithin sang und sagte man nun von dem „Großen Kurfürsten“ und seiner Schlacht bei Fehrbellin, die bald mit einem reichen Schmuck volkstümlicher Sagen umwoben war.
In den letzten Tagen des Mai 1675 trat die Armee von Schweinfurt aus den Zug nach Norden an. In raschen Märschen ward der Thüringer Wald überschritten; das falsche Gerücht, dass die Schweden sich anschickten, Magdeburg zu belagern, spornte zur höchsten Eile; am 21. Juni wurde Magdeburg erreicht und hier die Gewissheit gewonnen, dass die schwedische Armee noch in ihren alten Stellungen sich befand, völlig ohne Ahnung des herannahenden Wetters. Mit forcierten Märschen ging es weiter, bei strömendem Regen, auf schlimmen Wegen; am 25., früh bei Morgengrauen, wurde Rathenow erreicht und der Angriff sofort beschlossen. Durch eine glückliche Kriegslist bemächtigte sich der Feldmarschall Derfflinger der wohlbewachten Havelbrücke; dann allgemeines Vordringen in die Stadt von allen Seiten; die schwedische Besatzung war völlig überrascht, wehrte sich noch anderthalb Stunden in hartnäckigem Straßenkampf; sie wurde teils niedergemacht, teils gefangen; dann war der wichtige Posten in der Hand des Kurfürsten.
Hiermit waren der rechte und der linke Flügel der schwedischen Armee, in Havelberg und in Brandenburg, auseinandergerissen. Ohne Verbindung miteinander und ohne Kenntnis von der Stärke des Kurfürsten, mussten sie beide danach streben, so schnell als möglich den Rückzug gegen den Rhin hin zu gewinnen, um über einen der dortigen Pässe zu kommen und hinter dieser Linie sich wieder zu vereinigen. Aber eben dies gedachte ihnen der Kurfürst zu vereiteln. Sein Kriegsplan ging dahin, den Feind solange als möglich in dem Winkel zwischen Havel und Rhin festzuhalten, die Pässe nach Norden hin ihm zu verlegen und dann mit dem inzwischen herangekommenen Gros der Armee ihn in der geschlossenen Falle zu erdrücken. Schleunigst wurden unter landeskundigen Führern auf geheimen und schwierigen Wegen einzelne Abteilungen vorausgesandt, um die Rhinpässe zu zerstören oder zu besetzen; die Brücke in Fehrbellin wurde verbrannt, die Pässe von Cremmen und Oranienburg okkupiert; aber man hatte fast nur Reiterei zur Verfügung, da die Masse des Fußvolks noch ziemlich weit auf dem Marsche von Magdeburg her zurück war, und so konnte die Linie nicht vollständig geschlossen werden. Vor allem aber galt es, dem Feinde an den Fersen zu bleiben. Wrangel hatte auf die Kunde von dem Falle Rathenows sich von Brandenburg her, wo er mit seiner Hauptmacht stand, sofort gegen den Rhin hin auf Fehrbellin in Bewegung gesetzt. Am 26. Juni trat der Kurfürst die Verfolgung an. Aber die Schweden hatten zu großen Vorsprung, als dass er sie noch hätte abschneiden können; bei Nauen hatten die brandenburgischen Reiter ein siegreiches Gefecht mit der schwedischen Nachhut; aber den leicht zu verteidigenden, wohlbesetzten Pass von Nauen gewannen die Schweden glücklich und damit eine kostbare Zeit für die Fortsetzung ihres Rückzugs. Sobald ihn die Schweden geräumt hatten, noch in der Nacht des 27. Juni, stürmte ihnen die brandenburgische Avantgarde, 1.500 Reiter unter dem Landgrafen Friedrich von Hessen-Homburg, nach. Um sechs Uhr morgens holte er die schwedische Nachhut bei dem Dorfe Linum ein, eine halbe Meile vor Fehrbellin. Er konnte der Versuchung zum Angriff, wenn er auch nur über ungenügende Kräfte gebot, nicht widerstehen; als auf seine Meldung, dass er die Schweden erreicht habe, der Kurfürst, der noch weiter zurück war, ihm die Weisung schickte, sich vorläufig nicht zu engagieren, war er schon in vollem Gefecht und bat dringend um Verstärkung. Jetzt erst gab der Kurfürst definitiv den Gedanken auf, dem Feinde noch zuvorzukommen und ihm den Weg über den Rhin zu verlegen; er entschloss sich, direkt auf ihn loszugehen und so die Entscheidung herbeizuführen.
Gegen 8 Uhr morgens am 28. Juni waren die Heere in ihrer ganzen Stärke aneinander. Den 7.000 Mann Fußvolk, 4.000 Reitern und 38 Geschützen, über die Wrangel verfügte, hatte der Kurfürst nur 5.000 Reiter und 600 Dragoner nebst 13 Geschützen entgegenzustellen; das wenige brandenburgische Fußvolk, welches in der Nähe war, traf erst nach Beendigung des Kampfes ein. Zwischen den Dörfern Linum und Hakenberg wurde das Gefecht eröffnet. Bald sah sich Wrangel, durch die höher postierte brandenburgische Artillerie bedroht, genötigt, sich weiter gegen Hakenberg in eine neue Stellung zurückzuziehen. Aber auch hier gelingt es Derfllinger, unter dem Schutze des Morgennebels, seine Geschütze auf einer Höhe in der Flanke der schwedischen Aufstellung zu platzieren, von wo aus sie den Frontangriff der Reiterei aufs wirksamste unterstützten. Dieser Hügel, auf dem jetzt seit der Erinnerungsfeier im Jahre 1875 sich ein stattliches Denkmal erhebt, war der Schlüssel der ganzen Position; hier ist der Entscheidungskampf gekämpft worden. Sobald die brandenburgischen Geschütze zu spielen begannen, erkannte Wrangel den Fehler, den er mit der Vernachlässigung dieses Postens begangen. Mit weit überlegenen Kräften stürzt er sich auf die feindlichen Batterien; eins der schwedischen Veteranenregimenter nach dem andern wird zum Sturm vorgeführt. Der Stoß war gewaltig; ein Teil der zum Schluss aufgestellten brandenburgischen Reiter ward erschüttert und wandte sich zum Rückzug; der Oberst von Mörner, der sich mit seinem Regiment den Stürmenden entgegenwarf, wurde beim ersten Angriff erschossen; sein tapferer Oberstleutnant Henniges trat an die Spitze des Regiments, auch er sank schwerverwundet aus dem Sattel; die Entscheidung schwankte. Eben jetzt aber war der Kurfürst mit neuen Streitkräften an der bedrohten Stelle angelangt; er führte persönlich die Seinigen ins Gefecht, sein Stallmeister Proben fiel dicht neben ihm; im stürmischen Vordringen wurde er selbst von schwedischen Reitern umringt, bis ihn neun brave brandenburgische Dragoner wieder heraushieben; es war ein wildes, fast noch zwei Stunden währendes Schlachtgetümmel, dicht aneinander, wild durcheinander. Die schwedischen Regimenter bewährten ihren alten Ruf aufs glänzendste; sie kämpften um den Rückzug, aber mit unerschütterlicher Bravour und dem Rest ihres Heeres haben sie denselben noch glücklich erstritten. Nach zwei Stunden war alles vollbracht und die jetzt durch Nebel und Regen durchbrechende Morgensonne ließ die Resultate übersehen: der rechte Flügel der Schweden war zugrunde gerichtet; alles übrige war in vollem Rückzuge gegen Fehrbellin hin; die Kraft des Feindes war völlig gebrochen, und der Kurfürst verzichtete bei seinem Mangel an Fußvolk, bei der gründlichen Erschöpfung seiner Truppen — elf Tage lang hatten zuletzt die brandenburgischen Reiter nicht abgesattelt — auf ernstliche weitere Verfolgung; erst in den nächsten Tagen wurde sie bis nach Wittstock und an die mecklenburgische Grenze hin fortgesetzt.
So wurde diese merkwürdige Reiterschlacht von Fehrbellin gewonnen. Seit vierzig Jahren, seit der Schlacht von Nördlingen waren die Schweden in keiner großen Feldschlacht besiegt worden; jetzt war der Zauber der Unbesiegbarkeit gebrochen durch eine deutsche Kriegstat, die wie aus Sturm und Feuer gewirkt war, und weithin sang und sagte man nun von dem „Großen Kurfürsten“ und seiner Schlacht bei Fehrbellin, die bald mit einem reichen Schmuck volkstümlicher Sagen umwoben war.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Denkmal des Großen Kurfürsten in Berlin von Andreas Schlüter
001. Andreas Schlüter, Das Denkmal des Großen Kurfürsten. Alte Aufstellung
017. Adolph Menzel, Holzschnitt zu Kuglers Geschichte Friedrichs d. Gr.
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