Der Guss des Denkmals

Die Beschreibung ist der Schrift von Franz Weinitz „Johann Jacobi, der Gießer des Reiterdenkmals des Großen Kurfürsten in Berlin, sein Leben und sein Werk“ entnommen. (Verlag Karl Curtius, Berlin 1914.) Jacobi ist 1661 in Homburg geboren, wo er das Schmiedehandwerk erlernte. Als Geschütz- und Bildgießer war er in Paris bei den Brüdern Keller aus Zürich in der Lehre. Beim Guss des Denkmals Ludwigs XV. von Girardon wird Jacobi mitgewirkt haben. Dann wurde er nach Berlin berufen, ah „Artillerie- und Hofgießer“ mit einem Jahresgehalt von 1.000 Talern. Außer Kunstwerken hat Jacobi vor allem Kanonen und Glocken gegossen. 1726 ist er in Berlin gestorben.

Mit großer Sorgfalt hatte Schlüter das Modell verfertigt. Für die Erscheinung des Großen Kurfürsten standen dem Künstler zahlreiche gute Vorbilder zur Verfügung. Um aber für das Pferd ein solches zu gewinnen, geschah nach dem Berichte in Beckmanns Berliner Chronik folgendes: Der Maler Merk wurde beauftragt, von dem Reitpferde des Markgrafen Philipp Wilhelm von Brandenburg-Schwedt eine gute Kopie herzustellen. Es war das ein Pferd, das nach dem Urteile der Pferdekenner alle Schönheiten an sich hatte, die von einem fürstlichen, munteren Reitpferde gefordert werden, und für das „vollkommenste Gewächs“ in seiner Art gehalten wurde. Das edle Tier ward, bevor es der Maler vorgeführt bekam, warm geritten, damit die Adern desto deutlicher hervortreten möchten. Nach dem großen Gipsmodelle Schlüters — das übrigens, nach dem Gewährsmanne des Chronisten, mit Blattgold belegt, bis zur Aufstellung des eigentlichen Denkmals unter einem Schutzdache auf der Langen Brücke zu stehen kam — wurde dann die Form hergestellt. Dies geschah, in Kürze beschrieben, auf folgende Weise: Über dem Gipsmodell des Bildhauers wurde eine Hilfsform hergestellt. Aus der Hilfsform wurde dann der Gusskern, der aus feuerfestem Stoffe bestehen musste, „ausgedrückt“: er zeigte somit das Bild des Modells. Nach Abnahme der Hilfsform von der Kernmasse, die durch ein Eisengerüst versteift werden musste, schabte man von dieser Masse gleichmäßig ringsherum etwa 5 mm ab. Die Hilfsform wurde dann wieder angesetzt und in den Zwischenraum geschmolzenes Wachs eingegossen. Nachdem dieses erkaltet, ward die Hilfsform wieder abgenommen. Die Oberfläche der auf dem Kerne haftenden Wachsschicht, die getreu das Gipsmodell wiedergab, konnte und musste nun der Bildhauer noch sorgfältig überarbeiten. War dies geschehen, so wurden fingerlange Eisenstäbchen bis zur Hälfte durch das Wachs in den Gusskern hineingesteckt, Wachsstangen (die späteren Eingussröhren und Luftpfeifen) angefügt und dann zur Herstellung der eigentlichen Gussform, aus welcher der Bronzeguss gewonnen werden soll, geschritten.


Die Wachsschicht (mit dem Gusskern dahinter), die Metallstäbchen, die Wachsstangen und die Luftpfeifen wurden mit fein geschlemmtem Lehme und Ziegelmehl in dünnen Schichten überzogen. Dann verstärkte man die ersten Schichten mit gröberem Lehme bis zu der gehörigen Dicke und verlieh dem Ganzen Festigkeit durch Anlegung eiserner Bänder und Verankerungen. Durch Erhitzen der Gussform kam dann das Wachs zum Ausschmelzen und Verdunsten. Die vorhin erwähnten Wachsstangen bildeten nach dem Verschwinden des Wachses Röhren, in die das flüssige Bronzemetall eingegossen wurde. Durch das steigende Metall wurden die heiße Luft und die Gase nach oben gedrückt; sie entwichen durch die Luftpfeifen.

Nach dem Erkalten des Metalls wurde die Form zerschlagen und der Bronzeguss freigelegt. Der Gusskern wurde aus dem Innern herausgeholt. Man hatte damit jetzt den hohlen Bronzeguss, der genau der Wachsschicht nach ihrer äußeren Erscheinung und Stärke glich. Die Stäbchen, die dazu gedient hatten, den von der Wachsschicht befreiten Kern von der Gussform in gleichen Abständen zu halten, wurden ebenso wie die mit Metall ausgefüllten Eingussröhren und Luftpfeifen, abgesägt und die Ansatzstellen geglättet.

Hatte man alle zu einem Bildwerke gehörige, bei der Modellvorrichtung abgetrennten Teile in Bronze gegossen, so wurden die Teile durch Verschrauben zusammenmontiert und die Trennungsfugen durch inniges Zusammentreiben der etwas hervorstehenden Metallränder geschlossen. Dann begann unter der Aufsicht des Bildhauers, der das Modell geschaffen, die feine Ziselierung der Oberfläche des Gusses, die oft noch geraume Zeit in Anspruch nahm.

Von jeher galt und heute noch gilt der Guss großer Bildwerke als ein Vorgang besonderer Art, dem manchmal auch unliebsame Überraschungen nicht fehlen. Der ganze Akt hat etwas Aufregendes. Die Erwartung steigert sich von Minute zu Minute. Die geblendeten Augen folgen mit Spannung der glühenden Masse. Dampf und Rauch steigen empor zum Dache. Ist der Guss gelungen, was der Fachmann aus bestimmten Anzeichen zu erkennen vermag, so tritt die Beruhigung ein, und frohe Stimmung greift Platz. Gerne wohnte damals die vornehme Welt solchem Schauspiele bei. So auch am Nachmittage des 22. Oktober 1700 in dem vergrößerten und mit einem neuen Gießofen versehenen Gießhause auf dem Werder. Die Vornehmsten unter den Zuschauern waren die Markgrafen, die Stiefbrüder des Kurfürsten, und gleichsam in seinem Hause empfing hier der Markgraf Philipp Wilhelm als Generalfeldzeugmeister die Gäste. Am 6. November, so meldet die Chronik weiter, war das Denkmal aus der Form gearbeitet, der lehmerne Kern aus dem Reiter und dem Pferde durch ein im Kreuze des Pferdes hergerichtetes viereckiges Loch herausgebracht und alles inwendig und auswendig reingemacht, so dass man die Röhren, durch die der Fluss sich verteilt, und andere Veranstaltungen sehen und die Beschaffenheit des Gusses beurteilen konnte. Der Kurfürst versäumte nicht, mit seinem Hofstaate jetzt im Gießhause zu erscheinen und sich von dem Gelingen des Werkes zu überzeugen. Nachdem die Eingussröhren usw. abgehauen waren, ging man daran, das Bildnis ins Feinere zu bearbeiten. Jacobi, der allen Grund hatte, mit dem Verlaufe der Dinge zufrieden zu sein, gab, als das Denkmal ausgearbeitet und sauber gereinigt dastand, seinen Leuten von der Gießerei ein Festmahl, dessen Höhepunkt eine „gewisse Lustbarkeit“ darstellte. Sechs seiner Leute krochen durch das im Kreuze des Pferdes befindliche offene Loch, durch das, wie gesagt, die Kernmasse herausgeschafft worden war, in den Bauch des Pferdes und verteilten sich im Innern. Sie hatten sich Wein und Gläser mitgenommen, dazu kleine, eigens zu diesem Zwecke verfertigte Kanonenröhrchen. Den Wein tranken sie unter Vivatrufen aus und feuerten dazu, was ihnen gestattet worden war, aus den Miniaturkanonen, den „Kammerchen“, lustig hinaus ins Freie. Den Gehilfen Jacobis hatte der Kurfürst übrigens eine Erkenntlichkeit von 100 Talern auszahlen lassen.

Hochgeehrt wurde der Meister des Gusses: neben den 1.000 Talern, die ihm als Recompense im Patente zugesichert waren, erhielt er eine große goldene Kette, an der das Rundbild Friedrichs III. hing, ein Schmuckstück, dessen Wert auf 1.200 Taler abgeschätzt war. Johann Jacobis Bildnis aber stach einige Jahre später nach einem Gemälde des Malers Wenzel der sehr geschätzte Kupferstecher Johann Georg Wolfgang. Mit dem Staatsgewande angetan, den Degen zur Seite stützt sich Jacobi vornehm-lässig auf das Rohr der Prunkkanone Asia. Mit der Rechten weist er hinüber zu seinem größten Werke, dem im Hofe des Gießhauses hoch emporragenden Reiterbilde Friedrich Wilhelms (Abb. 16).
016. J. G. Wolfgang, Bildnis des Gießers Johann Jacobi. Kupferstich nach dem Gemälde von Wenzel.

016. J. G. Wolfgang, Bildnis des Gießers Johann Jacobi. Kupferstich nach dem Gemälde von Wenzel.

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