Moll (Deutschland)

Der Kampf um die Scholle, das hat das Referat unseres Genossen Teodorowitsch gezeigt, ist das, was allen Völkern Russlands auch mit uns in Deutschland gemeinsam ist.

In Deutschland sind Agrarreformen meist nach verlorenen Kriegen versprochen worden. Die Stein-Hardenbergsche Reform war ein reiner Betrug, denn sie wurde von dem preußischen Adel zuschanden gemacht. Der Bauer bekam kein Land, sondern wurde vertröstet auf die Zeit nach dem Sieg über Frankreich. Nach diesem Siege wurde der Bauer auf dem Wiener Kongress wieder betrogen. Nur die, welche früher zwei Pferde auf ihrer Wirtschaft hatten, behielten ihre Scholle, hatten aber Hand- und Spanndienst zu tun, und mussten auch noch bezahlen, weil sie frei geworden waren. Durch die Ablösung der Hand- und Spanndienste verloren die Bauern in Preußen allein 421.000 ha Land. Es begann eine große Auswanderung nach Amerika und Kanada. Die auswandernden Bauern verkauften ihr Hab und Gut, so dass nach der Statistik von 1816 bis 1860 annähernd 1 Million Hektar Land an die Gutsbesitzer verloren gegangen sind. Bis 1832 haben sie das Prügelrecht behalten. In der Gesindeordnung, die erst durch die Revolution abgeschafft worden ist, war noch die „väterliche Züchtigung" an Knechten und Mägden statthaft.


Das russische Volk ist durch die Revolution frei geworden, wir aber durch unsere blutlose Revolution sind nicht frei geworden. Der russische Bauer kann jetzt soviel Land bewirtschaften, als er eben bearbeiten kann. Wir haben in Deutschland nichts bekommen. Die Reform nach dem Kriege von 1870, das Siedlungsgesetz, war wieder ein Schwindel, denn es war nur gegen die polnischen Gutsbesitzer gerichtet, und im Weltkriege ist uns wieder ein Drittel des Landes in Kurland zur Ansiedlung 'versprochen worden; Hindenburg hat einen Armeebefehl herausgelassen. Aber sie haben uns wieder mit ihrem Frieden von Brest-Litowsk belogen und betrogen. Man hat Russland den Frieden diktiert und uns betrogen.

Wir sind an die Regierung herangetreten und haben ein Siedlungsgesetz, beantragt. Wir wollen unseren Brüdern in den angrenzenden Ländern kein Land rauben. Deshalb haben wir das Siedlungsgesetz vom 11. August 1919 mit Freuden begrüßt. Es hieß da, dass der Arbeiter vier Morgen Land bekommt, wenn er ein Häuschen hat und zu einer selbständigen Ackernahrung kommen sollte. Der landarme Bauer sollte Land erhalten. Das Gesetz ist von den Großagrariern und anderen Parteien zuschanden gemacht worden.

Wir sehen, dass in Russland der Bauer durch Selbsthilfe zusammen mit dem Arbeiter zum Siege gekommen ist, und wir deutschen Kleinbauern sind nicht Schulter an Schulter mit der Arbeiterschaft gegangen und wir sind leer ausgegangen. Darum müssen wir es genau so machen, wie es die russischen Genossen gemacht haben. Große Siedlungsvereine wie der Landwirtebund, der Reichsbund für Siedlung und Pachtung und viele andere haben engste Fühlung mit den Arbeitern und Kleinbauern. Wir werden hinausgehen und vor allen Dingen zeigen, dass wir nur einzig und allein im Bunde mit der Kommunistischen Partei zu diesem Siege kommen werden.

Darum herzlichen Dank dem Kameraden Teodorowitsch für sein Referat und Ihnen herzlichen Dank für die Zuhörerschaft.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Bündnis der Arbeiter und Bauern