Das Buch berühmter Kaufleute oder Der Kaufmann zu allen Zeiten. Band 2

Autor: Otto, Franz (?) Herausgeber und Autor, Erscheinungsjahr: 1869
Themenbereiche
Enthaltene Themen: hervorragende Kaufleute, Lebensbilder, Biographien, Unternehmer, Erfinder, Industrielle, Technische Revolution, Globalisierung, Soziale Verantwortung, Proletariat, Kapitalismus, Produktionsverhältnisse, Förderer, Unterstützer
Galerie hervorragender Kaufleute und Förderer des Handels sowie Erfinder und Meister auf dem Gebiet der Industrie, Technik und Gewerbtätigkeit.

Vorbilder, Charakter- & Zeitgemälde, vornehmlich Schilderungen interessanter Lebensgänge hervorragender Kaufleute, Industrieller, sowie Förderer des Handels.

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Inhaltsverzeichnis
  1. Der Kaufmann im Altertum und Mittelalter
    1. Der Kaufmann im Altertum. Von Professor Dr. Hermann Göll. Mit 12 Text-Illustrationen und einem Tonbilde
      1. Ägypter
Als wir in der ersten Sammlung den Leser auf das Hauptgebiet des Handelsverkehrs während des Mittelalters führten, beabsichtigten wir, ihn rascher zu den vorzüglichsten Entwicklungsphasen der späteren Verkehrsbewegungen gelangen zu lassen. Aus diesem Grunde musste der „Kaufmann im Altertum“ einstweilen unberücksichtigt bleiben. In der vorliegenden Sammlung dagegen haben wir dieses Thema an die Spitze unserer Betrachtungen gestellt und das Bild der Haupthandelsrichtung, von Südeuropa aus nach dem Morgenlande längs der Küsten des Mittelmeeres, dadurch vervollständigt, dass wir dem Leser in dem Florentiner Balducci Pegolotti und dem Franzosen Jacques Coeur mehrere der vornehmsten Förderer des Handels vorführen und in dem Lebensgange des Letztgenannten zugleich ein Bild des jähesten Schicksalswechsels während jener Periode voll Gewalttätigkeit und Rechtsunsicherheit entrollen.

Darauf richten wir unsere Blicke nach dem Weltverkehr im Osten von Europa, indem wir den Ursprung des alten russischen Handelshauses der Strogonow aufsuchen, damit die Geschichte der Eroberung von Sibirien in Verbindung bringen und hieran wiederum den Pelz- und Teehandel des riesigen Reiches der Zaren reihen. Auch hinsichtlich der Gewinnung von Eisen und Gold empfahl es sich, im Osten die Anknüpfung an die Bergwerksindustrie des Ural zu suchen, gleichbedeutend mit dem Hervortreten der Demidows, eines der vornehmsten unter den heutigen russischen Fürstengeschlechtern. — Wie wir für die Verarbeitung der Wolle in den Niederlanden und Deutschland, sowie für die Zeug-Industrie überhaupt, in dem Geraer Kaufherrn Nikolaus de Smit einen würdigen Repräsentanten fanden, so ließ sich die Geschichte des Tabakshandels vereinigen mit der Person und Wirksamkeit von Paul Petrowitsch Poschowsky, ein Kaufherr Russlands wie er sein soll, in demselben Grade achtenswert, als ein späterer Berufsgenosse, Gottlob Nathusius, der Gründer der Etablissements von Althaldensleben, für das Vorbild eines deutschen Geschäftsmannes gelten kann.

Die Schilderung der Zustände in dem aufstrebenden, während der Regierung des großen Friedrich rasch bis zum Großstaat emporsteigenden norddeutschen Königreiche wird der geneigte Leser nicht vermissen in dem Lebensbild des trefflichen Johann Ernst Gotzkowsky, eines jener unermüdlichen Menschenfreunde, wie die Annalen der Humanität und die Geschichte des Handels nur wenige von gleicher Edelsinnigkeit aufzuweisen vermögen. Die weitere Entwicklung Preußens in Bezug auf innere und äußere Verhältnisse, vornehmlich der Auf- und Niedergang von Handel und Wandel im „nordischen Venedig“, konnte passend an das Auftreten des würdigen J. J. Kabrun in Danzig angeknüpft werden, dessen Vaterstadt zu einem Städtebilde recht ausgiebige Unterlagen bot. — Die Verbindung unseres Weltteils mit dem fernen Indien vermittelst Handel und Wandel ließ sich abhandeln in dem vorhergegangenen Lebensbilde des von Englands Königin geadelten Dschamsitdschi Dschischibhoy, einem Abkömmling der Parsi, jenes Volkes von Kaufleuten, das im Westen und Süden Asiens kaum eine weniger bedeutende Rolle spielt, als bei uns die Anhänger der Satzungen Mosis.

Auch diesmal bildet den Mittelpunkt dieser Sammlung die für den Gesamthandel so überaus wichtige Faden-Industrie. Zuerst ist es die Seide, deren Verarbeitung uns beschäftigt, indem wir unsern Lesern in dem Erfinder des Jacquard-Webstuhls einen ebenso verehrungswürdigen Menschen, als hervorragenden Bahnbrecher auf einem besonderen Gebiete des Manufakturwesens vorführen. An dasselbe Thema ließen sich deutsche Namen knüpfen: wie Heinrich Rapp aus Schwaben, der freilich nach kurzem Wirken schon wieder aus der kaum betretenen Arena scheidet, sowie Friedrich von Diergardt, der Begründer der fortblühenden und zu hoher Bedeutung gelangten Etablissements in Viersen und M.-Gladbach. — Wie sich die Baumwollen-Verarbeitung nach dem Süden von Italien verbreitete und bald schon nach dem Bekanntwerden des mechanischen Webstuhles weiterhin in der Schweiz sich fort und fort entfaltete: dies berichten wir in einem folgenden Abschnitte, wozu die Namen von Schweizer Industriellen, gleich J. J. Egg, Gründer der Fabriken zu Piedimonte in Neapel, Heinrich Kunz, „der Spinnerkönig“, Josabe Raschle und Tobias An der Egg, die Miturheber der Industrietätigkeit im Toggenburg, passende Veranlassung boten. — Die in der ersten Sammlung bereits begonnene Geschichte eines besonderen Zweiges der Gewebemanufaktur, des Kattundrucks, vervollständigen wir durch Schilderung des Lebens und der Tätigkeit eines der ausgezeichnetsten Industriellen unter dem ersten französischen Kaiserreich, des wackern Christoph Philipp Oberkampf aus Weißenburg, des Begründers der vormals hochberühmten Etablissements von Jouy, während die Schilderung der Wirksamkeit von Johann Liebieg in Reichenberg zusammentrifft mit der Entwicklung von Handel und Verkehr im Ostreiche der Habsburger, innerhalb der letzten Jahrzehnte.

Doch nicht nur auf naheliegende Gebiete allein richten wir unsere Umschau, wir wünschen vielmehr, dass sich der Gesichtskreis unserer Leser stetig erweitere. Wodurch ließe sich dies besser bewerkstelligen, als indem wir ihnen Gelegenheit bieten, zu erkennen, zu welch tausendfach höherem Wert das Material sich steigern lässt, durch die Geschicklichkeit der Menschenhand, sowie auf dem Wege der Arbeitsteilung. Dies nachzuweisen fanden wir Anknüpfungen indem wir unsere Leser mit Daniel Johann Richard von Bresell dem Gründer der Schweizer Uhrenindustrie, sowie mit dem verdienstvollen französischen Uhrenverbesserer Abraham Louis Breguet bekannt machten. Und wiederum ist es die Verarbeitung der Metalle, jedoch in großem Stile welche uns nach den Werkstätten eines der bedeutendsten unter den sächsischen Etablissements geleitet, wo wir unsern Lesern einen der vordersten unter den „Männern eigener Kraft“ vorführen, Richard Hartmann nämlich den großen Maschinenbauer in Chemnitz. An die Verarbeitung von Stahl und Eisen, sowie der Erze überhaupt, welche so große Bedeutung erlangt haben ließen sich passend anreihen die Industriellen des Krieges: Nikolaus von Dreyse, Erfinder des Zündnadelgewehres, und Alfred Krupp, der Fürst des Stahls, Gründer der Essener Arbeiterstadt, einer der glänzendsten Vertreter der Fabrikation Deutschlands. Beide sind als bahnbrechende Industrieherolde zu hoher Bedeutung gelangt, und ihnen wird das deutsche Fabrikwesen noch lange zu großem Danke verpflichtet bleiben.

(weiter im Kapitel: Was wir wollen)