Die ersten deutschen Handelsstraßen

Die erste bemerkbarere Ausbildung des Handels und der Gewerbstätigkeit ging in Deutschland Hand in Hand mit der Entwickelung, seines Städtewesens, vorzugsweise dort, wo sich aus der Römerzeit Ortsanlagen mit verhältnismäßig dichter Bevölkerung erhalten hatten, wie beispielsweise an der Donau und am Rhein. So lange noch die Hauptstadt des oströmischen Reichs, Konstantinopel, der vorzüglichste Stapelplatz aller Erzeugnisse der Länder des Orients sowie Indiens war, befanden sich die Donaustädte in der günstigsten Lage. Auch verstanden sie es zeitig, wie die Wichtigkeit von Regensburg, Passau und Wien schon zu Zeiten Karls des Großen dartut, die Vorteile ihrer Lage auszunutzen. Durch ihre Hände ging ein guter Teil des Hauptverkehrs zwischen Deutschland und dem Morgenlande, ja Regensburger Kaufleute besuchten eine geraume Zeit hindurch Kiew, damals Hauptplatz des russischen Handels, wohin eine Straße über Trentschin, der Waag entlang, durch Galizien führte.

Die ersten deutschen Handelsstraßen, von welchen uns Kunde wird, laufen von Regensburg einerseits nach Norden über Nürnberg und Erfurt, andererseits über Nürnberg noch den Main- und Rheingegenden. Aus dem Orient wurden vornehmlich Seide, seidene und halbseidene Stoffe, Shawls, Purpurmäntel, Luxusgegenstände aus Goldstoffen, Öle, Rosinen, Gewürze, wie Pfeffer, Ingwer, Nelken, Muskatnüsse, Zimt, Safran usw., bezogen, während die Donau-Handelsplätze Leinwand, Wollengewebe, Metallarbeiten, Schnitzereien usw. zur Ausfuhr brachten. Als es jedoch Italien gelang, den Gesamtverkehr Europas mit den Küstenländern des Mittelländischen Meeres immer mehr zu beherrschen, hatten die oberdeutschen Städte im XII. und XIII. Jahrhundert die Gunst einer kürzeren Verbindung mit Italien benutzt, um Ein- und Ausfuhr von Mittel- und Norddeutschland in ihre Hände zu bringen. Auf der großen Handelsstraße durch Tirol über den Brenner hin bewegte sich der Hauptverkehr Deutschlands mit dem Süden, so dass die Bedeutung der Donaustädte Regensburg, Passau und Wien in demselben Verhältnisse abnahm, als die Wichtigkeit von Nürnberg, Augsburg und Ulm immer mehr sich geltend machte. Seit Eintrit dieser Wendung mussten die Kaufleute von der Donau mit ihren Waren die italienischen Märkte aufsuchen und von dort die morgenländischen Erzeugnisse mit nach Hause nehmen.


Der Handel mit Italien stützte sich in Schwaben, Franken usw. vornehmlich auf die bald zu höchster Blüte gelangende Leinweberei in den schwäbischen Städten Augsburg, Kempten, Memmingen, Kaufbeuren, Ulm.