Jurian Jacobs 1630 (?) —1685

Jurian Jacobs, auch Jacobsen und nach holländischer Art Jacobsz — bis ins vergangene Jahrhundert nahm man es bekanntlich mit der Schreibung der Namen noch nicht sehr genau — wurde um 1630 in Hamburg geboren. Möglicherweise gehört er mit einem 1618 verstorbenen Amtsmaler Jacob Jacobs in dieselbe Familie. Wie es sich nicht selten bei großen Begabungen findet, die sich nicht in einer selbständigen Schule entwickeln, sondern außerhalb ihrer Heimat verschiedenen Einflüssen nachgeben, ist Jurian Jacobs' Produktion ungleich. Neben einzelnen Werken hohen Ranges stehen gleichgültigere Leistungen.

Aus seinem Leben wissen wir sehr wenig. Seine Zeit hat uns von Predigern, Gelehrten, Dichtern und Staatsmännern umfangreiche biographische Nachrichten hinterlassen. Der Maler interessierte als Mensch in unserer Kultur noch nicht.


Wir erfahren aus einer schwer zu kontrollierenden Tradition, dass Jacobs in der Schweiz Landschaftsstudien gemacht habe, dass er sich dann in Antwerpen dem Frans Snyders angeschlossen, und dass er sich schließlich in Amsterdam aufgehalten habe. Ungewöhnlich ist dabei für die Zeit und für den Hamburger das Studium der Schweizer Landschaft. Antwerpen und Amsterdam standen für die hamburgischen Künstler des siebzehnten Jahrhunderts an der Stelle, wo ihnen in der zweiten Hälfte des unsern München und Paris stehen.

Auch von Jacobs sind die Bilder selten geworden. Die Kunsthalle besitzt vier Werke seiner Hand, die ihn nach verschiedenen Richtungen charakterisieren, ein Bildnis, das von der Oberschulbehörde als Leihgabe in unsere Sammlung kam, ein Tierstück aus der Gaedechensstiftung und zwei Stilleben.

Tierstücke von ihm besitzen die Sammlung Weber in Hamburg, die Sammlung Heintze auf Schloss Niendorf bei Lübeck, die königlichen Sammlungen in Dresden und in Kopenhagen, letztere beiden sind Tierhatzen großen Formats. Es ist anzunehmen, dass sein unbekannter Name auf der Mehrzahl seiner erhaltenen Arbeiten einem bekannteren gewichen oder dass er ausgelöscht ist.

Die beiden Stilleben unserer Sammlung sind Fleischstücke. Das eine stammt aus älterem hamburgischen Besitz und wurde von Frau Vorwald geb. Ballheimer gestiftet, das zweite tauchte im Kunsthandel auf und gelangte als Geschenk von Fräulein Clara Lachmann in die Sammlung. Fleischstücke dieser Art sind vielleicht einst häufiger gewesen, als sich aus dem erhaltenen Bildervorrat schließen lässt. Auf den großen Küchenbildern des sechzehnten und der ersten Jahrzehnte des siebzehnten Jahrhunderts spielte unter den Vorräten das Fleisch eine große Rolle. Bei den Holländern kommt das ausgeweidete, am Haken hängende Schlachttier, Schwein oder Ochse, nicht selten vor, am bekanntesten ist der ausgeweidete Ochse von Rembrandt in der Galerie des Louvre, das herrliche Bild, das lange an einer dunklen Wand hing und jetzt endlich den gebührenden Ehrenplatz im hellen Lichte erhalten hat. In diesen Werken handelt es sich offenbar nicht nur um die Wiedergabe der malerischen Erscheinung, sondern es spielt auch die im bäurischen und kleinstädtischen Leben deutlich empfundene Stimmung der Schlachtzeit mit hinein. Die Stillleben von Jacobs sind dagegen nur als Erzeugnisse der rein malerischen Freude an der Farbe zu betrachten. Sie enthalten keine Assoziationen häuslicher Stimmungen, und es mögen wohl in den Zeiten, die für ihre Qualitäten kein Gefühl hatten und sich durch den Gegenstand abstoßen ließen, viele derartige Gemälde verkommen oder gar zerstört worden sein. Jacobs muss an diesen Stoffen ein besonderes Wohlgefallen gehabt haben. Auf dem Tierbild in unserer Sammlung ist das Gekröse, um dessen Besitz sich die Hunde beißen, mit besonderer Liebe und Bravour ausgeführt.

Literarisch überliefert sind Bilder von Jurian Jacobs mit biblischen Stoffen. So enthielt der Hamburger Dom von ihm eine Reihe von Füllungen der Lektorbrüstung. Wohin sie gelangt sind, wenn sie überhaupt erhalten blieben, ist mir nicht bekannt geworden.

Das Bildnis in unserer Galerie stellt den Stader Astronomen Johan Hinrich Voigt dar. Der Name des Dargestellten ist rechts oben mit lateinischen Majuskeln aufgetragen, vielleicht in späterer Zeit. Der Künstler hat mit vollem Namen gezeichnet und das Datum 1652 hinzugefügt.

Wie es damals bei den Bildnissen der Gelehrten üblich war, ist der Dargestellte in seiner Lehrtätigkeit aufgefasst. Er steht redend und den Blick auf seine Hörer gerichtet vor dem Katheder. In der Linken hält er ein kleines Astrolabium, die Rechte setzt den Zirkel an. Das ergraute Haar ist halblang, der graue Bart ist an den Wangen rasiert. Über das schwarze Samtgewand fällt ein schlichter weißer Kragen. Ein geöffneter Brief auf dem Katheder trägt die Aufschrift A Mons. Mons. Johan Adolph Tassius Hamburgh. Das Bildnis dürfte also vielleicht als ein Geschenk des Stader Astronomen an seinen Freund in Hamburg aufzufassen sein. Denn Tassius war Professor der Mathematik am Hamburger Gymnasium. Da er seine Bibliothek schon bei Lebzeiten der Stadt gegen eine Leibrente von sechzig Thalern übergeben und in seinem Testamente von 1654 seine Manuskripte der Stadt vermacht hatte, erklärt sich vielleicht, wie ein Porträt des Stader Astronomen in den Besitz des akademischen Gymnasiums in Hamburg gelangt ist. Voigt war bestallter Astronom und Mathematiker des Königs von Schweden für dessen Herzogtümer Bremen und Verden. Er hat mehr als ein halbes Jahrhundert die Kalender für Niedersachsen gemacht. Bei seinem Tode 1691 fand sich, dass er die Kalender bis zum Jahre 1721 schon fertig ausgearbeitet hatte. Auch für Hamburg war sein Kalender privilegiert.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Bildnis in Hamburg. Band 1