Bereits im dreizehnten Jahrhundert läßt sich in meklenburgischen Städten das Handwerk der Grapengießer nachweisen.

Bereits im dreizehnten Jahrhundert läßt sich in meklenburgischen Städten das Handwerk der Grapengießer nachweisen. Das Verzeichniß der Einkünfte der Wismarschen Kämmerei aus den Jahren 1274 - 1300 führt Kupferschmiede und Grapengießer (ollifices) auf, die von ihrer Verkaufsstätte jährlich 8 Schillinge zu entrichten hatten. In Rostock wird im Jahre 1299 an Johann den Grapengießer (fusor ollarum) ein Erbe neben der Badstube zu St. Peter verkauft und in Malchow wird im Jahre 1287 Tumarus, ein Grapengießer (fusor ollarum) als Zeuge bei einem Verkaufsgeschäft nahmhaft gemacht. Gewerbetreibende, welche Zinn verarbeiten, stoßen in derselben Zeit nicht auf. Doch da gelegentlich - so z. B. im Jahre 1372 bei Aufzählung des Kriegsschadens, welchen Rostocker Raubfehder dem Kloster Doberan zugefügt haben - auch zinnerne Töpfe (olla stanni) erwähnt werden, so wird es an Verfertigern derselben in Meklenburg kaum gefehlt haben.

Ob diese Grapengießer in der angegebenen Periode ein eigenes Amt bildeten, kann nicht mit Gewißheit behauptet werden. Jedoch ist es wahrscheinlich, wenn man erwägt, daß sie schon um 1285 so zahlreich waren, daß in Rostock eine Straße nach ihnen benannt wurde (grapenghetere strate) und sie im Jahre 1325 nach dem Rostocker Kämmereiregister von jeder Verkaufsstätte, die sie innehatten - oder sind besondere Grapenhändler gemeint - regelmäßig ein Jahreszins von acht Schillingen gefordert wurde.


Vom einem Amte der Kannen- und Grapengießer erfahren wir gelegentlich einer Vereinbarung der Seestädte Hamburg, Lübeck, Rostock, Stralsund, Wismar, Greifswald und Stettin in den Jahren 1354 und 1361, welche die Metallmischung, aus welcher die Erzeugnisse genannter Handwerker hergestellt werden sollten, genau festzusetzen unternimmt. Die ältesten uns erhaltenen Rollen stammen aus Hamburg vom Jahre 1375 (für Kannen- und Grapengießer zugleich) und aus Wismar vom Jahre 1387 (gleichfalls für beide in einem Amte vereinigten Gewerbe). Kannengießer werden im 14. Jahrhundert namhaft gemacht in Frankfurt a. M., Köln, Breslau und Nürnberg. Dagegen scheint das Handwerk der Grapengießer eine Eigenthümlichkeit norddeutscher Städte zu sein.

Die Leistungen der letzteren bestanden in der Anfertigung von Kesseln, flachen Tiegeln und Grapen auf Füßen und mit Handgriffen versehen. Es scheint, daß solche Geräthe in keinem norddeutschen Haushalte fehlen durften. Man findet sie in den Küchen von Privatpersonen und den Klöstern. So ist 1284 in das Rostocker Stadtbuch ein Vertrag eingezeichnet, nach welchem die Stadt 2 „ollas“ im Gewichte von 3 1/2 Schiffpfund übernahm. Das Doberaner Kloster besaß im Jahre 1312 „unam magnam ollam“ im Werthe von 24 Mark und „sex ollas mimutas“, zusammen im Werthe von 2 Mark und in dem Vermächtniß einer gewissen Wobbe in Rostock an die Franziskaner daselbst sind „ollae majores et minores“ namhaft gemacht. Dietrich, der Pfarrer zu St. Peter in Rostock hinterläßt im Jahre 1345 seinem Nachfolger u. a. „1 ollam et unum caldarium auricalceum“. Alle Fabrikate der Grapengießer wurden aus Kupfer unter einem Zusatz von Zinn, oder aus Eisen, hergestellt.

Die Kannengießer machten Flaschen, Schüsseln, Salzfässer, Waschbecken, Standen, Teller, Löffel u. dergl. m., theils aus reinem Zinn, theils aus einer Mischung von Zinn und Blei. Mit ihnen verwandt sind die Apengeter oder, wie sie nachher genannt werden, Rothgießer, die in Lübeck sich in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in Rostock und anderen norddeutschen Städten als besonderes Amt erst im 16. Jahrhundert nachweisen lassen Ihr Arbeitsmaterial scheint die Composition von Zink und Kupfer gewesen zu sein, die später als Rothguß oder Tombak bekannt geworden ist. Wie Wehrmann annimmt verarbeiteten sie rothes sprödes Metall im Gegensatz zu den Gelbgießern, die gelbes geschmeidiges Metall benutzten. Doch mögen sie sich nicht auf eine bestimmte Composition beschränkt, sondern auch Glockenmetall, Münzmetall, das später sogen. englische Metall (Messing und Zink) u. a. m. verarbeitet haben. Da nicht einmal Gelbgießer neben ihnen erwähnt werden, so mögen sie selbst Messing benutzt haben. Messingschläger, d. h. Handwerker, die mit dem Hammer aus Messing Gegenstände herstellten, treten dagegen schon sehr früh in Lübeck, bereits im Jahre 1330, auf und zwar in der nicht geringen Anzahl von 14. Nach der Rolle von 1400 bildeten sie in Lübeck ein besonderes Amt.

Während des 14. und 15. Jahrhunderts scheint die Arbeit der Apengeter vorzugsweise in der Herstellung kleinerer Gegenstände bestanden zu haben, die sie sowohl in feinerer als auch in gröberer Ausführung boten, wie Fingerhüte, Leuchter, Hähne, Weihrauchfässer, Schalen u. m. Indeß durften sie wenigstens in Lübeck auch Waschbecken (hantvate) gießen und sich mit der Flickarbeit kleinerer Grapen befassen. Nach einer Erklärung des Stralsunder Rathes vom Jahre 1438 stand ihnen ausdrücklich das Recht zu, Grapen zu flicken und Füße und Griffe aufs Neue anzugießen, eine Arbeit, die ihnen nicht zur Unehre gereichen sollte (gr . . . pene sch . . . ghen, br . . . kene v . . . te, . . . rde unde sch . . . rde olden grapen wedder angheten). In älterer Zeit mag man sich unter den Apengetern auch mitunter Stückgießer und Glockengießer vorzustellen haben, die ja nirgends so zahreich waren, daß sie ein eigenes Amt bildeten. Auch mögen die ansehnlichen Kirchenleuchter, die man noch jetzt in älteren Kirchen antrifft, aus der Werkstätte der Apengeter hervorgegangen sein. Wie denn in einer Lübecker Verordnung vom Jahre 1483 ihnen ausdrücklich zugestanden wird, messingene, eiserne, kupferne und blecherne Leuchter (handleuchten) anzufertigen, was anzudeuten scheint, daß sie die Leuchterfabrikation überhaupt gern pflegten. Jedenfalls berührten sich ihre Leistungen eng mit denen der Grapengießer, so daß in Lübeck der Rath sich im Jahre 1439 veranlaßt sah, jedem der beiden Gewerbe die Arbeitsgrenzen genau vorzuschreiben. In Hamburg schieden die Apengeter erst im Jahre 1577 aus dem Amte der Kannen- und Grapengießer aus, die vereinigt zurückblieben.

Wie diese verschiedenen Metall verarbeitenden Handwerker sich nebeneinander entwickelt haben und allmählich zur Errichtung selbständiger Aemter geschritten sind, entzieht sich gegenwärtig noch genauerer Feststellung. Am Ende des 16. Jahrhunderts erscheinen in Norddeutschland überall die Apengeter auf der einen, die Grapen- und Kannengießer auf der anderen Seite in getrennten Aemtern. In der Verbindung der letzteren sind dann die Grapengießer allmählich ausgestorben - etwa durch die Kupferschmiede ersetzt - und später ist nur von Kannengießern die Rede, die seit dem Ende des 17. oder Anfang des 18. Jahrhunderts ihren Namen in „Zinngießer“ umwandelten. In Süddeutschland ist die Organisation vielfach anders gewesen. In Nürnberg z. B. stehen im Jahre 1363 Kanelgießer in einer Zunft, Messingschmiede, Gürtler, Zinngießer und Spengler in einer anderen zusammen, während in Frankfurt a. M. alle Feuerhandwerker zur Schmiedezunft gehören. Die Arbeit der Apengeter - dieses Wort ist selbstverständlich niederdeutsch - fiel in Nürnberg den Rothschmieden, die der norddeutschen Gelbgießer und Messingschläger den Beckenschlägern, Messingschabern und Messingbrennern zu. An Stelle der Grapengeter giebt es Kupfer- und Pfannenschmiede.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Amt der Zinngießer in Rostock