Beschlüsse der Kannengießer-Aemter der wendischen Städte gegen die Gesellen. 1662, April 27.

In Gottes Nahmen Amen. Wissent sey hirmit allen den diese Schrifft vorkömpt insonderheit den Aeltisten und Meistern des Kannengiesser - Ambts. Unsere Liebe Ambtsbrüder und Ambtsverwandten, so itziger Zeit leben und könfftig zukommende, daz nachdehm vornemlich zu diesen itzigen bösen zeiten unter eins Ambts gesellen viel unlust wie auch viel Muthwillen täglich erwachset, damit nun diesen allen vorzukommen, also daz erstlich Gott gefürchtet, die Obrigkeit geehret, wie auch unser Löbliches Ambt in Ehren müge gehalten werden, damit wir in unser Vocation und Beruff uns mögen mit Gott und Ehren ernehren. Diesem nach sollen nachbeschriebene Meister folgende Puncte und Articulen bey angehengter Poene, wie hernach folget, und einhellig beliebet, zu halten verbunden sein, jedoch aber einer jeden Stadt Obrigkeit, Gerichtsgewalt und Herrlichkeit ohnverfenglich.

(1) Zum Ersten werden wir aus Gottes Wohrt vermahnet Gottes Reich und seine Gerechtigkeit erstlich zu suchen. Also sollen alle Meister ein gottsäliges Leben und Wandel führen und in allen Tugenden und guthen Exempeln ihren Gesellen und gesinde fürgehen, und darzu reitzen und anmahnen, wie solches einen Christlichen Haussvater wohl anstehet und zu thunde gebühret.


(2) Zum Andern welcher Gesell unsers Ambts Arbeit vollenkommen weis zu verrichten, soll sechs Schilling Lüb. Machelohn haben, darjegen die Bereder fünff Schilling, wofern er die verdienen kann.

(3) Zum Dritten soll kein Meister mehr als drei Gesellen halten und zwey Jungen, welche nach alten Gebrauch drey Jahr lernen sollen, komt aber ein Gesell wandern und wird von einem Meister angenommen, so soll der Meister einen andern Gesellen nach verlauff viertzehn Tagen wieder wandern lassen, wan auch einer von erwehnte zwey Jungens zwey Jahr hat gelernet, mach der Meister einen Jungen in den dritten Jahr zu lehren annehmen.

(4) Zum Vierten soll ein jeder Gesell des Montages Morgens zu fünff uhr auf der Werckstelle sein und arbeiten biss Neüne; und also die andern Tage nach alter Gewohnheit, aber des Donnerstages und Sonnabends zu Sechs Feyrabend haben, und wofern sie Montag machen, soll solches Ihnen abgerechnet werden. Wan dan vorfallen möchte, daz ein Meister einen Gesellen hierüber und sonsten andre Gebrechen halber vorklagen würde, so sollen die Aeltesten und die beyden Schaffers solches vertragen und straffen, auch von der Gesellen Straffe den Gesellen den dritten Pfennig zukommen lassen.

(5) Ferner so ein Gesell von Einem Meister wandern würde ohn beweiss, soll er nicht gefodert werden, und soll solches beweiss mit des Ambts Pittschafft versiegelt werden.

(6) Ferner soll sich kein Gesell unterstehen in Kriegesleufften sich zu begeben, es geschehe dan zu behuff und Nothturfft der sechs Wendischen Städten oder sonsten der andern Ehrbaren Hänsestädte. Darzu ist es Ihnen erlaubet und frey gegeben. Würde sich aber ein Gesell unsers Ambtes bey frembde Heren und Fürsten in erwehnte Händel gebrauchen lassen, der soll seine Straffe nicht wissen, sondern nach erkantnus des Ambts in Straffe genommen werden.

(7) Ferner so soll ein Meister des andern seinen Gesellen nach alter gewohnheit und einhalt der Rollen nicht abspändig machen.

(8) Würde sich ein Gesell unterstehen Einen Meister unsers Ambts einen Jungen abspändig zu machen, imgleichen auch einen Gesellen aufzufodern, soll auf erkäntnus des Ambts Ernstlich gestraffet werden.

(9) Ferner sollen die Gesellen von keinen Gesellen mehr vor daz Tohr begleitet werden, als nur von einen, dehme soll es frey stehen; würde Jemand darwieder thun, soll vom Ambte gestraffet werden mit 1 mr. Lüb.

(10) Es soll auch kein Gesell macht haben, wan ein Gesell wandern komt von seines Meisters Werckstede aufzustehen, und mit demselbigen nach dem Kruge zu lauffen; imgleichen soll kein Gesell dem andern, von seines Meisters Werckstelle und Arbeit auffodern bey Ernstlicher Straffe.

(11) Ferner sollen die Gesellen vor 10 Uhr in des Meisters Hausse sein und da einer nach Elff Uhr kommen würde, demselbigen soll die Tühre mcht eröffnet werden, bey Poene ernstlicher Straffe.

(12) Ferner soll sich kein Gesell unternehmen oder verdriessen in des Meisters Hausse, es sey, wan es wolle, vornemlich, wan er des Abends einkomt, einige Schlägerey, Gezanck, Unlust und Ungebühr anzurichten oder zu erregen, auss welchem Schade und unglück leichtlich erwachsen kan; der daz thut, soll von den Meistern nach gestalt der Sachen gestraffet werden mit 3 Mr. Lüb.

(13) Ferner sollen die Gesellen bei Leicht anheben zu arbeiten, vier Wochen vor Michaeli biss auf mitfasten und soll Ihnen kein Biehr über die Mahlzeit gegeben werden.

(14) Ferner wan unser Gesellen würden betroffen werden, daz sie sich ausserhalb oder in dem Kruge würden haartogen, schlagen und bluthwunden, die sollen von unsern Ambte kein beweiss erlangen, sie haben dan vorhin in der Stadt, da solches geschehen, vor die Hern abgewettet, und sich mit Ihnen vergleichet.

(15) Ferner, wan sich begeben möchte daz Haader oder Zwist zwischen Meister und Gesellen vorfiele, soll solches darselbst in der Stadt vor dem Ampt vortragen werden oder vor die Herrn der Wette (wofern ein Ambt solches nicht beylegen kan) solches kommen und erkennen lassen; würde aber einer hirgegen handeln und solches vor einer andern Stadt hinterbringen und klagen, der soll als ein verächter der Obrigkeit und des Ambts in straffe genommen werden.

(16) Ferner so ein Gesell befunden würde, der Unzucht in seines Meisters Hausse triebe und also des Meisters Brodt schendete, der soll des Ambts gantz verlüstig sein.

(17) Ferner so Einer unser Handwerck lehren will, sol niemand solches geweegert werden, wofern Er von Ehrlichen Aeltern gebohren ist.

(18) Ferner weillen auch Klage eingekommen und fast die erfahrung bey allen giebet, daz bisshero sich die Gesellen haben gelüsten lassen jede Woche an welchem Tage sie gewolt ausspatziren zu gehen und von der Arbeit zu bleiben, soll solches gäntzlich abgeschaffet und verboten sein bey Poene; so offt sich einer solches unternimbt, soll er in des Ambtes Straffe verfallen sein.

(19) Dieweil auch in erfahrung gebracht wird, daz eintheils Gesellen sich unternommen bey ungestrafften Meistern, die ausserhalb unser beliebung sein, zu arbeiten, so lange sie wollen, den sämbtlichen Ehrbahren Städten zu merklichen Schaden und nachtheil, wer nun solches weiss oder erfähret, und gleichwoll solche Straffbrüchige Gesellen nicht anmeldet, der oder dieselbigen, sie sein Meister oder Gesellen, sollen ohn unterscheid Ernstlich gestraffet werden.

(20) Es sollen auch kein Amtsbruder sich unternehmen Ihre fürgesetzte Aeltisten mit Unhöfflichen Schimpffworten anzufahren; so einer sich solches würde unterwinden, der soll nach gestalt der Sachen vom Ambte gestraffet werden.

(21) Ferner ist beliebet, daz wan sich ein Gesell unternehmen würde bey einen ungestrafften Meister zu arbeiten lenger als 14 Tage, und der Meister sich hernach Straffen liess, so soll doch der Gesell nach gestalt der Zeit, so er bey Ihm gearbeitet hat, eben woll Straff geben oder er soll nicht geehret werden.

(22) Würden sich aber die Gesellen Jeden oder allen vorgeschriebenen Puncten und Articulen zugegen setzen, und darvonreisen, und an einen andern Ohrte sich begeben, und sonsten in einer Landstadt sich niedersetzen, die selbigen sollen als verächter und verfolger unsers Ambts geachtet und gehalten werden, darzu von diesen Kreiss und unsers Ambtsverwandten nebenst dero nachkommen miemahln geehret, noch gefodert werden, Es sey dan daz sie auss Gnaden nach vollkommener Ausssühnung wieder angenommen werden.

(23) Wie auch im gleichen alle nachbeschriebene alhier versamblete Meisters, so in diese beliebung mit bewilliget (weiln es unsern Ambte zum besten geschehen) und gleichwoll diese Ordnung brechen würden, und mit allen Ernst darüber nicht halten, die selbigen sollen von aller Vorwand - und Bruderschaft unsers Ambts abgeschieden sein, und wer dieselbigen Ehret oder fodert, sollen vorberührte gleich geachtet und gehalten werden, so lange biss sie solches Vollenkommen vor die Obrigkeit oder dem Ambt nach gelegenheit der Uebertretung abgesühnet haben.

24) Ueber diese beliebung und bewilligung aller vorbeschriebenen Puncten und Articulen (so Anno 1573 aufgerichtet und biss Anno 62 gehalten und vollenzogen worden) seind gewesen die Ehrsahme und bescheidene Meisters Alterleute des Ambts der Kannengiesser aus die sex Wendischen Städte, wie auch alle diejenigen, so zu unsern Bundsverwanten gehören, wie ein Jeder Nahme und untergesetzte Pittschaften unter Jeder beliebung aussweiset, so Gegeben in Lübeck Anno 1662. Cantate.

Original auf Papier mit dem Siegel des Lübecker Kannengießer-Amtes. Unterschriften und andere Siegel überhaupt nicht vorhanden gewesen.




Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Amt der Zinngießer in Rostock