Zahlungsmoral

Außer den aufgeführten Arbeiten an Schmuck und Geräth fielen Matz Unger aber auch manche kleinere Aufgaben verschiedener Art zu, welche Gegenstände persönlichen Gebrauchs betrafen. So beschlug er dem D. Martin Bolfras ein Buch mit 7 1/2 Loth Silber, Hans Hahn ein solches mit 9 D Loth und für Herzog Ulrich ein Schreibbüchlein oder Notizbuch mit 1 3/4 Loth. Für letzteren fertigte er auch eine silberne vergoldete Büchse zu einem Seier oder Uhrwerke an, die auf 9 Thlr. 8 ß kam, vergoldete 1580 den großen Seier, den der Herzog im Wagen mit sich führte, 39) sammt Weiser für 10 Thlr. 28 ß und 1582 ebendenselben oder auch einen neuen für 20 Thlr. 6 ß. Ein silbernes Schreibzeug, an dem das Wappen Herzog Ulrichs vergoldet angebracht war, fast 5 Mark wiegend, erhielt dieser 1579 für 50 Thlr. 12 ß und 1580 zwei kleine silberne Laden zu 6 1/2 und 7 D Thlr. Spagirischen Unterhaltungen desselben Herzogs diente eine silberne „Dystileren-Kruke“ mit einem Helme, die 4 M. 11 1/2 Loth wog und auf 47 Thlr. 18 ß kam, ebenso wie eine silberne Spitze, die Matz auf ein Gläschen machen mußte. Der Herzogin arbeitete er ein Kammfutter (Kammbehälter) auf, stach ihr Wappen auf einen Kelch und vergoldete diesen und fertigte einen für Hans v. Bülow von der Marnitz im Gewichte von 39 Loth an. Nehmen wir noch dazu, daß er für Herzog Ulrich eine messingene Büchse gravirt - er erhielt dafür 2 Thlr. - und dessen Wappen auf „ein Koffer gestochen hat“ - dafür 3 Thlr. -, so ergiebt sich, daß Matz Unger in diesen Dingen fast ausschließlich von fürstlicher Seite beschäftigt worden ist. Einen verwandten Gegenstand aber, nämlich Zahnstocher, und zwar goldene, hat er ausschließlich Privaten geliefert, und zwar von erstaunlichem Werthe, denn dieselben wurden nicht etwa in einer Tasche, sondern offenbar und zur Schau getragen, 42) so daß sie auch mit Edelsteinen hin und wieder ausgestattet wurden. Der Preis bewegte sich von 10 Thlr. aufwärts bis zu 18 Thlr.

Endlich gaben auch Jagd und der fürstliche Marstall Matz Unger zu thun. Jene anlangend, so hatte er Köcher, Pulverflaschen, Jägerschwerter zu beschlagen oder deren Beschlag zu bessern, doch waren dies Arbeiten von geringem Belange. Etwas mehr wurde auf die Jägerhörner verwendet, und erhielt z. B. der öfter genannte Hans v. Bülow ein solches, dessen Beschlag sammt „Hitzbendeken“ (?) auf 14 Thlr. 6 ß kam. Was den Marstall betrifft, so ersieht man aus unserm Buche, daß, anscheinend 1579, Matz Ungers Gesellen das Hinterzeug von zwölf Pferden - dasselbe war also mit Silber beschlagen - ausgeputzt haben, und er 1580 auf dasselbe 52 Stifte und drei große und vier kleine Angesichte, d. h. Masken oder Engels- oder Löwenköpfe, wahrscheinlich in Ergänzung geheftet hat; letztere wogen insgesammt 1 Pfd. 7 1/2 Loth. Viel bedeutender war der Werth der Maulkörbe, die Herzog Ulrich erhielt oder ausbessern ließ; ein solcher kam auf 38 Thlr.


Aus dem Vorstehenden ist wenigstens das ersichtlich, daß Matz Unger Gelegenheit hatte, Goldschmiedearbeiten jeglicher Art auszuführen, und daß er eine umfängliche, mehr oder minder prunkliebende Kundschaft hatte. In dieser steht allerdings Herzog Ulrich weit voran, von Privaten aber ragten unter seinen Kunden sehr hervor Caspar v. Flotow zum Stur, Hans v. Bülow, Vater und Sohn, zur Marnitz, der Marschall Joachim v. d. Lühe und Claus v. Oldenburg zu Wattmannshagen. Alle seine Kunden aufzuzählen, würde einen unverhältnißmäßig großen Platz in Anspruch nehmen, doch mögen unter denselben zwei merkwürdige erwähnt werden, nämlich ein Pastor Michel, der 116 Loth Silber angab, aus denen fünf Dolche nebst Gürteln hergestellt werden solchen, und Christianus der Thor oder Hofjunker, dem Matz Unger einen Gürtel machte.

Arbeiten Matz Ungers sind bisher nicht bekannt geworden; es könnte sich nur um kirchliche Gefäße handeln, denn die Schmuckgegeunstände, Tafelgeräth u. s. w. sind theils aus Noth der Zeit, theils, weil sie für altmodisch befunden wurden, längst eingeschmolzen. Jedenfalls wird man annehmen können, daß er nicht bloß im Allgemeinen ein tüchtiger Meister war, sondern auch durch seine Geschicklichkeit hervorragte, wofür ein Beweis darin vorliegt, daß der Professor David Chyträus mit Matz Unger Rücksprache nahm, als es sich darum handelte, ob der Stammbaum Herzog Ulrichs in Holzschnitt oder in Kupferstich ausgeführt werden solle.

Mit prompter Zahlung in barem Gelde bei Ablieferung von Arbeit war es zu Matz Ungers Zeit übel bestellt, und bald mußte er entweder das Ganze oder mehr oder minder bedeutende Reste eben anschreiben, bald sich mit Lieferungen von Naturalien an Korn, Vieh oder Holz begnügen, mit denen Forderungen von den Schuldnern beglichen wurden. Immerhin muß seine Kundschaft als eine gute angesehen werden, da sie ihm offenbar zu Wohlstand verholfen hat, zu dem vielleicht die Heirath mit des Platenschlägers Wittwe den Grund legte. Er besaß ein Haus, so groß und wohleingerichtet, daß sowohl Jasper v. Flotow sammt seiner Frau und Dienerschaft wie auch dessen Leute mit Pferden bei ihm einkehren und nächtigen konnten, und hatte eine Scheune, also wohl auch Grundbesitz auf dem Stadtfelde. Ueberdem hatte er auch Kapitalien ausstehen, wie sich gelegentlich aus dem Schuldbuche ergiebt, flach dem Wedige v. Maltzan 550 fl, Heinrich v. d. Osten anscheinend 150 fl, Claus v. Oldenburg 400 fl, vielleicht auch der herzogliche Secretair Melchior Dankwart zinsbar von ihm entlehnt hatten. Matz Unger verfügte aber auch über größere Summen, wie unvollständige Acten im Wismarschen Rathsarchive ergeben, da aus denselben hervorgeht, daß er 1576 den Wismarschen Schiffer Heinrich Tapperogge, welcher sich für seinen Bruder Melchior verbürgt hatte, auf 836 Thlr. verklagte und in Schuldhaft bringen wollte, der jener jedoch durch Flucht sich entzog, wegen deren Begünstigung Matz den Rath zu Wismar anschuldigte und verklagte; da der genannte Schiffer 1580 sicher nicht mehr am Leben war, ist es leicht möglich, daß jene Summe verloren worden ist.

Matz Ungers Frau wird 1588 oder 1589 gestorben sein, da er im Frühling des letzteren Jahres sich wieder verheirathet hat. 45) Ein alter Mann, erfreute er sich nicht lange des neuen Ehebündnisses und wird wenige Jahre nach dessen Vollzuge sein Leben geendet haben. Das letzte ihn als lebend voraussetzende Datum ist der 21. Mai 1593, wo Herzog Ulrich ein Schreiben an Herzog Christophers Wittwe wegen einer von jenem 1587 bei Matz Unger contrahirten Schuld ausfertigte.

Von nachgelassenen Kindern ist nichts bekannt. Die Wittwe entschloß sich im Herbste 1594, wieder zu heirathen und bestellte bei Meister Herman Goldberg, welcher vielleicht als Geselle bei dem Verstorbenen gearbeitet hatte, ihm jedenfalls besonders. nahe stand, einen bräutlichen Schmuck: Lanne, Messer und Gürtel, sowie Trauring und Handtrauring, alles von ansehnlichem Werthe.





39) Als Verfertiger dieser Uhr nennt Glöckler Jahrb. 9, S. 177 N. Peter Jachenow und vermuthet, derselbe habe in Güstrow gewohnt. Es wird dieser aber im Wismarschen Zeugebuche, 1569 und 1586 genannt und zwar so, daß er als Eingesessener erscheint; höchstens könnte man aus der zweiten Eintragung schließen, er habe vordem zu Bützow gewohnt.
42) Der Stralsunder Bürgermeister D. Gentzkow hatte ein „Gehengeken“, an dem sich ein Zahnkratzer, Zahnstocher, Zungenschaber und Ohrlöffel befand (Strals. Chron. III, S. 389), und der Wismarsche Bürgermeister D. Bötticher verfügte 1654 in seinem Testament über seinen „Zahnstocher sammt Kettchen“.
45) Den 19. Aprilis von Casper Flotowen empfangen 3 Kelber:, vnd dre Schwine. Das ich seiner lieben Hausfrauwen einen staetlichen Spiegell vorehret habe, deshalben hat er mich dies Obenbeschrieben zu meiner Hochtzeit geschenckt. fol. 76 v.