Vergleichung und Rolle von Geselle und Meister

Sprechen sich Vergleichung und Rolle bezüglich der Gesellen nur äußerst wenig aus, so sind deren Bestimmungen über die Meister und insonderheit über das Meisterwerden um so ausführlicher. Suchte ein Geselle Aufnahme in das Amt, so lag es ihm zunächst ob, ein obrigkeitliches Zeugniß über sein ehrliches Herkommen, einen Geburtsbrief und ein Zeugniß von dem Amte, in dem er gelernt, darüber, daß er seine Lehrzeit ordnungsmäßig bestanden habe, einen Lehrbrief, beizubringen, sowie weiter nach zuweisen, daß er drei Jahre ohne Unterbrechung bei einem und demselben Meister nämlich des Güstrowschen Amtes, was zwar nicht ausdrücklich gesagt, aber nach der Analogie der Rollen anderer Städte nicht zu bezweifeln ist - gearbeitet habe; würde der Geselle die drei Jahre unterbrochen haben, so sollte er dieselben noch einmal von vorne anfangen. Konnte er diese Nachweisungen befriedigend geben, so hatte er, jedenfalls in einer der durch die Polizei-Ordnungen zugelassenen Morgensprachen oder feierlichen Amtsversammlungen, seine Bewerbung vorzubringen und bei Annahme derselben einen Thaler zu erlegen. Solche Bewerbung konnte aber bei der Geschlossenheit des Amtes nur in dem Falle stattfinden, wenn einer der sechs Meister gestorben war oder wenn einer derselben aus irgendwelchem Grunde das Arbeiten aufgeben wollte. In letzterem Falle schloß der arbeitsmüde Meister mit einem Gesellen, welcher sich zu setzen wünschte und hinreichend Gewähr leistete, eine Art Kaufvertrag ab (wie das z. B. auch in Hamburg geschah, aber auch durch die dortige Rolle von 1599 verboten ist. Aus Güstrow liegt ein Beispiel solcher Transaction vor, indem Nicolaus Weckmann 1601 sein Amt an Gerd Goldberg überließ, wofür dieser dem Amte aber, wie es scheint, Abtrag thun mußte. Für Fremde konnte eine Bewerbung um einen leer gewordenen Platz nur dann thunlich sein, wenn nicht Söhne von Meistern sich um denselben bewarben oder Gesellen, die eines Meisters Tochter ehelichen wollten. Die Rolle von 1590 hat diese Bestimmung als nicht unbillig anerkannt, selbige jedoch insoweit zu ermäßigen gesucht, daß sie anordnete, es sollten Fremde, falls sie sonst den Anforderungen Genüge leisteten, nicht einzig deswegen abgewiesen werden, weil sie sich weigerten, eine Meisterstocher zur Ehe zu nehmen. Die Rolle gestattete auch, daß Meisterswittwen das Handwerk durch taugliche Gesellen ein Jahr lang fortsetzen durften (vielleicht in der Voraussetzung, daß während dieser Zeit ein Geselle sich finden werde, welcher sie wieder ehelichen möchte), eine Licenz, welche die Goldschmiede selbst Ende des 17. Jahrhunderts in Einklang mit der Polizei-Ordnung noch dahin erweitern, daß sie den Wittwen allgemein gestatteten, mit tüchtigen Gesellen die Arbeit fortzusetzen. Waren nun die vorstehend angegebenen Bedingungen erfüllt, so hatte nach der Vergleichung der fremde Bewerber 8 Thlr. zu zahlen und nach Fertigung des Meisterstücks, zu welchem er jetzt zugelassen wurde, binnen Jahresfrist weitere 8 Thlr., Gebühren, welche die Rolle auf die Hälfte herabgesetzt hat. Zugegeben hat diese aber bestimmt, daß ein Meisterssohn oder eine Meisterstochter, bezw. deren Ehemann, nur die Hälfte der Gebühren, zahlen sollte, ebenso wie nach der Vergleichung die Wittwen heirathenden Gesellen, bezüglich welcher die Rolle nichts festsetzt. Das Geld sollte, wie letztere vorschreibt, in die Lade gelegt, also nicht etwa, wozu große Neigung vorhanden gewesen sein mag, im Amte vertheilt werden. Wenn dann noch die Vergleichung vor Anfertigung des Meisterstücks ebensowohl wie nach Fertigstellung desselben eine Collation zu Mittag und Abend von vier guten Gerichten, Butter und Käse ungerechnet, nebst der erforderlichen Menge von Bier und Wein verlangte, so hat die Polizei-Ordnung dergleichen Schmausereien schon überhaupt untersagt, und spricht daher auch die Rolle nicht weiter davon, doch werden die Güstrowschen Goldschmiede, wenigstens so lange sie im Fett saßen, auf ein Mahl schwerlich ganz verzichtet, und nur auf „Kösten“, wie sie 1584 Herman Goldberg und Valentin Krüger „gleich den vorigen Meistern“ noch ausgerichtet haben, nicht weiter gehalten, sich mit einer einzigen Mahlzeit begnügt haben. Gäste, die nicht zum Amte gehörten, sollten übrigens ohne dessen Genehmhaltung, wie die Vergleichung will, nicht an dem im Hause eines Meisters zu veranstaltenden Feste theilnehmen.

Nunmehr ging es an die Anfertigung des Meisterstücks oder der Meisterstücke, welche in einer vom Amte bestimmten Werkstatt, deren Inhaber jedenfalls dafür zu entschädigen war, binnen zwei Monaten zu geschehen hatte, während welcher der das Amt begehrende Geselle, der Jungmeister, weder Jungen noch Gesellen halten durfte, widrigenfalls seine Arbeit nichts gelten sollte. Es begriff aber die Aufgabe: 1. ein Trinkgefäß mit einem gedoppelten Bauche, hohem Mundstücke und einem Deckel, also ein Pokal, der hiernach mehr dem Willkomm des Wismarschen Krämer-Amtes, als demjenigen im Siegel der Güstrowschen Goldschmiede geähnelt hätte; 2. einen goldenen Ring mit einem Steine darin und 3. ein Petschaft mit einem vollständigen Wappen, und kein Bewerber um das Amt war von der Herstellung dieser Arbeiten befreit. Als aber der allgemeine Wohlstand in Abnahme gerieth, als nach Pokalen keine Frage mehr war, gestattete das Amt den Jungmeistern auch andere Gegenstände als Meisterstück zu arbeiten und zwar solche, von denen letztere hoffen konnten, daß sich Abnehmer dazu finden möchten, wie das auch an anderen Orten geschehen ist. Eine Bestimmung, wie es gehalten werden sollte, wenn das Meisterstück nicht genügte, fehlt in der Vergleichung sowohl wie in der Rolle und wie überhaupt ist den meisten alten Rollen, doch scheint es, als ob schon im 16. Jahrhundert mindere Fehler durch eine Zahlung an das Amt wett gemacht werden konnten, da, anscheinend 1576, Gerd Oemeke wegen Mängel an seinem Meisterstück 10 Thaler zu zahlen verurtheilt worden ist. 9)


Wenig erfreulich ist es, daß die Güstrowschen Goldschmiede für nöthig befunden haben, in ihre Vergleichung das Verbot aufzunehmen, daß kein Meister des anderen Arbeit schlecht machen dürfe, und die hohe Strafe von einer Mark löthig auf die Uebertretung desselben zu setzen. Allerdings finden sich schon früh in den Rollen der Wendischen Städte, soweit solche vorliegen, Verbote den Genossen Kunden abzulocken, aber doch nur bei den mehr oder minder handeltreibenden Kumpanien und Aemtern, wie den Wandschneidern, Krämern, Haken, Radlern, und nur die Sattler in Lübeck haben 1502 und die Buchbinder in Hamburg in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein gleiches Verbot für nöthig erachtet, aber ganz erheblich geringere Strafen auf das Uebertreten desselben gesetzt. Da aber schon in der Rolle der Kölnischen Maler und Glaser von 1449 ein Heruntersetzen der Arbeit eines Amtsgenossen mit Strafe bedroht wird. So mag jenes Verbot auch nur den im Römischen Reiche läufigen Gewohnheiten entnommen oder deshalb für nöthig befunden worden sein, weil vor der Aufrichtung der Vergleichung, der amtsmäßigen Constituirung der Goldschmiede, unlauterer Wettbewerb, Concurrenzmacherei im Schwange gewesen ist, und die Goldschmiede einsahen, daß ohne Fernhalten jenes übeln Gebahrens ihr Amt nicht in Ehren und Würden bestehen könne. Das Privileg von 1590, die Rolle, hat das Verbot allerdings beibehalten, die Buße für Uebertretung desselben aber auf die Hälfte heruntergesetzt; vielleicht ein Zeichen der Geringschätzung, mit welcher man in jener Zeit von oben handwerkliche Ehre anzusehen begann.




9) Während beim Eintragen der neuen Meister in das Amtsbuch bis 1735 jedesmal die Zahlung der Gebühren wie das Genügen des Meisterstücks ausdrücklich erwähnt wird, ist letzteres nach jenem Jahre nicht weiter der Fall.