Kirchlichen Umwälzung im 16. Jahrhundert

Da es in Güstrow 1516 an Aemtern nur die der Bäcker, Gerber, Knochenhauer, Pelzer, Schmiede, Schneider, Schuhmacher und Wollenweber gab, so scheinen die Goldschmiede daselbst vor der Schließung corporativ nicht organisirt gewesen zu sein, keine Rolle besessen zu haben, und es wurde wohl in Folge dessen am 26. April 1562 von den gesetzten sechs Meistern eine „Vergleichung“ aufgerichtet nach der Weise, wie es überall im Römischen Reiche gehalten würde. Durch diese Vergleichung wurden vor Allem die inneren Verhältnisse des Amtes geordnet, doch berührte dieselbe in ihrem letzten Artikel auch das öffentliche Interesse, insofern solcher festsetzte, wie viel jeder Meister für seine Arbeit nehmen sollte. Kaum beschlossen, wurde der Artikel aber auch schon wieder hinfällig, da die in demselben Jahre herausgegebene landesherrliche Polizei-Ordnung die Goldschmiede auf eine von der Polizei-Ordnung von 1572 (unter Abänderung eines Ansatzes und Hinzufügung eines neuen) beibehaltene Taxe verpflichtete, deren Bestimmungen mit jenen der Vergleichung sich in keiner Weise deckten. Aus irgendwelchem, nicht vorliegendem Anlasse haben dann die Güstrowschen Goldschmiede 1590 ihre „schriftliche Verfassung oder Rolle“ -- eben die „Vergleichung“, vielleicht ohne den Schlußartikel - bei Hofe eingereicht und um deren Confirmation gebeten, welche Herzog Ulrich ihnen auch unter dem 4. März gedachten Jahres zu Theil werden ließ, jedoch nicht ohne Veränderungen und Zusätze, auch Streichungen mehr oder minder bedeutender Art. Nachdem dann Herzog Hans Albrecht in Güstrow zur Regierung gekommen war, hielt das Amt auch bei diesem um Bestätigung an, die, gleichen Lautes wie diejenige Herzog Ulrichs, am 24. November 1612 erfolgte, vermehrt durch einen Artikel, welcher die Goldschmiede gegen Beeinträchtigungen ihres Gewerbes Seitens der Schotten, Leinwandkrämer und anderer Hausirer schützen sollte. Weitere Rollen oder Privilegien der Goldschmiede liegen nicht vor und sind auch kaum erlassen, da letztere bei dem Elende der nächsten hundert und mehr Jahre schwerlich Muth, aber auch keinen Anlaß gehabt haben werden, solche zu suchen, wie auch die wenigen, unten zu erwähnenden Willküren, welche das Amt in dieser Zeit gemacht hat, von geringster Bedeutung sind. - Erst durch die Rolle wurden die Goldschmiede zu Güstrow ein vollgültiges Amt, und das erkannten sie auch recht wohl und legten sich damals, um ihre Stellung kund zu thun, ein Siegel zu, welches noch heute vorhanden und in Gebrauch ist. 5)

Die für das Amt gültige Ordnung setzte sich aus folgenden Bestimmungen fortan zusammen.


Vor Allem wurden die Meister verpflichtet, keinen Jungen auf eine kürzere Lehrzeit als eine vierjährige anzunehmen. Das ist auch allezeit strenge innegehalten worden und sind von 1580 bis 1700 ein Viertel der eingeschriebenen Jungen auf vier Jahre, die Hälfte auf fünf, ein knappes Viertel auf sechs Jahre, vier auf sieben und fünf auf acht Jahre angenommen; in diesen letzten Fällen wird der Meister die Jungen „in Kleidern und Leinen“ gehalten und durch die unbelohnte Arbeit des erfahreneren Burschen sich zu entschädigen gesucht haben. In der Zeit von 1701 bis 1800 lernten zwei Jungen acht Jahre, acht Jungen sieben Jahre und die übrigen 21 sechs Jahre, so daß also in dieser Periode die Lehrzeit eine längere gewesen ist, ohne daß doch die Burschen mehr gelernt hätten als vordem. Die Annahme von solchen sollte nach einer noch im 16. Jahrhundert gemachte Willkür stets in Gegenwart zweier Amtsbrüder geschehen, und mußten dabei Bürgen gestellt werden, Bürgen vermuthlich für ehrliches Herkommen des Jungen und für Schadloshaltung von Meister und Amt, falls diese während der Lehrzeit des Burschen durch ihn Schädigung erfahren sollten. An die Lade, die Kasse des Amtes, hatte der Junge 2 fl. zu entrichten und sollte, wie eine gleichfalls im 16. Jahrhundert gemachte Willkür bestimmte, 4 fl., mehr oder weniger, zahlen, wenn das Einschreibegeld nicht mindestens während der Lehrzeit berichtigt war und der Junge nach Ablauf seiner Zeit einen Lehrbrief forderte. Später, im 17. Jahrhundert und folgend, wurde für das 1654 zuerst erwähnte Ausschreiben bei Beendigung der Lehrzeit eine Gebühr von 4 fl. 12 ß, beziehentlich 2 Thlr. 12 ß N C gefordert und für den Lehrbrief selbst 4 fl. oder - die Ansätze sind nicht überall gleichmäßig - 4 fl. 12 ß bezahlt.

Wie die weitaus größte Zahl der Amtsrollen enthält diejenige der Güstrowschen Goldschmiede so wenig wie deren „Vergleichung“ eingehendere Bestimmungen ist Betreff der Gesellen, und beide setzen nur fest, daß kein Meister sich unterfangen solle, einen Gesellen, welcher schon bei einem anderen Meister des Amtes in Arbeit gestanden, ohne des letzteren Einwilligung zuzusetzen bei Strafe von einer Mark löthig, d. i. 17 Mk. Münz, welche, wie die Rolle vorschreibt, dem Amte zu Gute hinterlegt werden sollten, doch geht aus einer tragischen Geschichte, welche sich 1576 zutrug und von einem Aeltermanne, wie es Scheint im Amtsbuche aufbewahrt worden ist, wenigstens das hervor, daß kein Geselle auf eigene Faust arbeiten oder Handel treiben durfte, und daß Meister und Gesellen treu zusammenstanden, wo es die Ehre, wenn nicht des Amtes insbesondere, so doch ihres Gewerkes galt.




5) Der Aeltermann Hans Goldberg wollte 1639, statt Gebühr für das Einschreiben seines Sohnes zu zahlen für das Amt ein neues Siegel schneiden, doch scheint es bei dem Vorsatz geblieben zu sein.