Dammbruch (1913)

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 2. 1913
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Dammbruch 1913, Dammwache, Stromamt, Faschinen, Sandsäcke, Fluten, Wassermassen, Böschung, Dammkrone, Gewitter, Starkregen
Über eine Woche lang war schon der Regen im Gebirge niedergegangen, immer höher und höher war der Fluss in der Ebene an den Dämmen, die die Wiesen und Felder vor der Überschwemmung schützen, emporgestiegen, und mit immer tollerer Geschwindigkeit schossen die grau-gelben Fluten dahin. Sorgenvoll hatten die Bewohner der hinter dem Damm gelegenen Dörfer aus den rasenden Wogentanz im Flussbett geschaut. Da traf vollends vom Stromamt die telegraphische Meldung ein: „Achtung. Wolkenbruch im Gebirge. Vermutliches Steigen: 40 Zentimeter.“

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Noch bedrohlicher wurde die Gefahr, als sich schwere Gewitter im Tieflande selbst entluden. Tag und Nacht wurden Dammwachen ausgestellt und widerstand-schwache Stellen mit Faschinen und Sandsäcken geschützt. Und nun nahte die gemeldete Stromschwelle mit ihren kochenden, brausenden, tosenden Fluten. Wird der Damm den ungeheuren Druck, der gegen ihn anwuchtet, aushalten? Oder wird er unter dem empörten Anprall der Wasserlast bersten? Gurgelnd und glucksend schlagen die Wellen gegen die Böschung, reißen die Grasnarbe ab und fressen sich fletschend in den Damm hinein. Nur noch zehn Zentimeter fehlen, und über die Dammkrone wälzt sich die jagende Wassermasse! Da geht ein Zittern und Beben durch den Dammkörper, den Wachen ist es fast, als sollte er unter ihren Füßen weggeschoben werden, ein Knirschen, Kreischen und Krachen durchschneidet die Luft — der Damm ist gebrochen, und zischend, wirbelnd, sich überstürzend saust durch die Bresche der verwüstende Schwall über Wiesengründe und Ackerbreiten.

Dammbruch

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