Einleitung

Unter Mecklenburgs zahlreichen Seen ist kaum einer, der seiner hohen bewaldeten Ufer wegen in romantischer Schönheit mit der Tollense den Vergleich aushalten könnte. Sie erstreckt sich von Süden nach Norden, nur wenig von der graden Richtung ablenkend, gegen anderthalb Meilen in die Länge, während ihre Breite durchschnittlich eine Viertelmeile beträgt. Betrachtet man aber die nur durch eine schmale Wiese von der Tollense getrennte und mit ihr durch einen Bach verbundene Liepz als ein Anhängsel derselben, *) so glaubt man, von Norden her beide überblickend, ein herrliches Wasserbecken von fast zwei Meilen Länge vor sich zu haben. Beide Längsseiten des Sees sind größtenteils von Höhenzügen gebildet, die an einigen Stellen von dem grünen, Binsen-umkränzten Spiegel des Sees unmittelbar schroff ansteigen, an anderen terrassenförmig 100 bis 150 Fuß hoch sich erheben, mit den schönsten Buchen und Eichen, zum Teil auch mit Tannen bestanden. Am Nordende des Sees beginnen die Hügelketten weiter und weiter zurückzutreten; es öffnet sich ein weites Tal, dessen Sohle mit dem Spiegel des Sees fast gleich liegt; Wiesen und Brüche **) umgeben den nördlichen Rand. Doch etwa eine Viertelmeile von demselben entfernt schieben sich die ziemlich steil ansteigenden Höhen des Werders wie ein Keil in das Tal hinein und scheiden es in zwei Täler, welche den Werder umfassen, und deren eines, vom Tollense-Bach durchschlängelt, in einer Breite von fast einer halben Meile nordwärts nach Treptow herabgeht, während das andere, eine Viertelmeile breit, von der Datze und dem Landgraben durchflossen, nordostwärts nach Friedland sich herumzieht.

*) Sub nomine autem stagni supradicti, Tholense videlicet, etiam eam partem stagni, quac Liptz vulgariter dicitur, volumus contineri. (Urkunde des Markgrafen Otto vom 29. Juni 1279).
**) Von diesen letzteren ist jedoch ein großer Teil in Folge der Separation von 1865 verschwunden.


Die ungewöhnliche Schönheit des Sees und seiner Umgebungen blieb nicht unbeachtet, als im zwölften und dreizehnten Jahrhundert die Deutschen sich hier ansiedelten. Schon im Jahre 1170 wurde Broda am Nordwestende des Sees zu einem Prämonstratenser-Kloster bestimmt; 1248 wurde unweit seines Nordrandes Neubrandenburg gegründet; in den siebziger oder achtziger Jahren darauf die starke Burg zu Prilwitz an seinem Südende erbaut, und noch vor Ablauf des Jahrhunderts (1298) an seiner Ostseite Nemerow zu einer Johanniter-Komturei erhoben.

Der Name Tollense ist aus das slawische Dolenz (Niederung, Tal) zurückzuführen, und so sagt es uns schon der Name, in welchem Volke wir seine früheren Anwohner zu suchen haben, nämlich in den Slawen oder Wenden; über dieses, wahrscheinlich in den Zeiten der Völkerwanderung hier angesiedelte Volk hinaus schweigt alle geschichtliche Kunde. Von den südlich von der Peene wohnenden Wenden-Stämmen der Tollenser und Redarier saßen jene mehr um den Fluss Tollense (denn Treptow und Demmin heißen noch in späteren Zeiten „Städte im Lande Tollense"), die Redarier aber östlich vom See in dem später sog. Lande zu Stargard. Besonders seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts ist vielfach behauptet worden, dass die durch ihren Tempel weit und breit unter den Wendenvölkern berühmte Stadt Rethra am Südende des Sees bei Prilwitz gelegen habe, eine Annahme, die wir später Gelegenheit haben werden einer näheren Prüfung zu unterziehen.

Tollenser und Redarier bildeten mit den nordwärts von der Peene sitzenden Circipanern und Kessinern einen Stammes-Verband, welcher den Gemeinnamen der Leutizier führte, die bei den Deutschen unter allen Wendenstämmen als die tapfersten Feinde und für die hartnäckigsten Widersacher des Christentums galten. Zu derselben Zeit (1160 und in den folgenden Jahren), wie die nördlich von Elde und Peene wohnenden Wendenstämme durch den berühmten Sachsen-Herzog Heinrich den Löwen unterjocht wurden, halte der nicht minder berühmte Brandenburger Markgraf Albrecht der Bär die Redarier und Tollenser bezwungen und unter die Botmäßigkeit der Pommernfürsten gestellt, die bereits in der ersten Hälfte des Jahrhunderts freiwillig zum Christentum sich bekannt hatten. Fürst Kasimar zu Demmin, der sich Fürst der Pommern und Leutizier nannte, machte mit Zustimmung seines Bruders Boguslav und in Gegenwart des hochbetagten Markgrafen am Tage der Einweihung des Havelberger Domes (16. August 1170) dem dasigen Prämonstratenser - Kapitel ein Geschenk mit einer Anzahl von Landgütern, um an der Nordwestecke der Tollense zu Broda ein Prämonstratenser - Kloster anzulegen. Der noch vorhandene, aber wahrscheinlich gefälschte Stiftungsbrief macht uns zuerst mit einer Menge von Dorfschaften bekannt, die im Umkreise unsers Sees gelegen mit ihren slawischen Namen großen Teils heutiges Tages noch vorhanden sind, zum Teil aber auch dieselben mit deutschen Namen vertauscht haben.

Zunächst war freilich an Erbauung eines Klosters zu Broda nicht zu denken. Die von beständigen Kriegsstürmen bewegten Zeiten und der Zustand des durch die deutschen Eroberer entvölkerten Landes waren nicht darnach angetan. Zu dem wurde jetzt das Slawenland der Zankapfel zwischen den Deutschen und den Dänen, ja aus eine Zeitlang durch Kaiser Friedrich II. (1215) förmlich an die letzteren abgetreten, bis der kühne Griff des Grafen Heinrich von Schwerin, der den Dänenkönig Waldemar (1223) überfiel und gefangen nahm, so wie der Sieg der Deutschen über die Dänen bei Bornhövd (1227) das Slawenland an das deutsche Reich zurückbrachte. Zu Demmin saß damals als Herzog über die Leutizier der Knabe Wartislav III, der seiner nahen Verwandtschaft mit dem Dänenkönige wegen, gleich dem Rügianer - Fürsten, es mit den Dänen hielt, während sein Vetter, Herzog Barnim zu Stettin, bereits kluger Weise unter die Lehnshoheit der Brandenburger Markgrafen zurückgekehrt war. Da sah sich auch im Jahre 1236 Wartislav genötigt, den Schutz der Markgrafen zu suchen, musste aber für denselben das Land Stargard an die Markgrafen wieder abtreten.
Heinrich der Löwe - aus Simrock:

Heinrich der Löwe - aus Simrock: "Die deutschen Volksbücher" 1845

Kreuzritter

Kreuzritter

Kriegsmann mit Beute beladen

Kriegsmann mit Beute beladen

Sittenbild aus der Hansezeit

Sittenbild aus der Hansezeit

Lanzenstechen

Lanzenstechen

Mittelalterliche Burganlage

Mittelalterliche Burganlage

Beim Lanzenstechen an der Hüfte getroffen

Beim Lanzenstechen an der Hüfte getroffen

Rittermahl

Rittermahl

Angriff auf eine Burg

Angriff auf eine Burg

Huldigung

Huldigung

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