Hofordnung und Hofleben in Schwerin

Unter den letzten Herzogen hatte sich um das Jahr 1500 schon eine ziemlich bestimmte Hofordnung gebildet, welche freilich noch ganz auf patriarchischer Grundlage beruhte. Der Herzog war seinem Hofpersonal gegenüber der Hausvater, letzteres die Dienerschaft, welche, soweit es überhaupt möglich war, im Schloss mit lebte und wohnte. Gespeist wurde aber die sämtliche Dienerschaft auf dem Schloss selbst, eine Sitte, welche sich sehr lange erhielt; ebenso wurde das Hofgesinde vom Herzoge gekleidet. Im Jahre 1504 wurde verordnet, dass auf der Tafel des Herzogs Balthasar zu Mittag 9, zu Abend 7 Schüsseln aufgetragen, auf der Räte, Jungfräulein und Junker Tischen aber 6 und 5 Schüsseln gegeben werden sollten. Das Mittagsmahl wurde damals während der Fastenzeit um 10, außer derselben um 9 Uhr Morgens, das Abendessen um 4 Uhr Nachmittags eingenommen. Zweimal jährlich wurde das gesamte Hofgesinde neu gekleidet; bei den Bestallungen der höchsten Hofbeamten wird in dieser Zeit immer die Bekleidung mit zur Einnahme gerechnet. Man kann leicht ermessen, welche Umstände es machen musste, wenn täglich hundert und mehr Personen am Hofe gespeist wurden, zumal die Lieferungen, welche die Fürsten aus ihren Domänen erhielten, sehr häufig in natura eingingen, überhaupt auch ein Marktverkehr nur in geringem Maße bestand.

Die Herzoge Balthasar und Heinrich V. ordneten i. J. 1504 auch ihren Marstall. Jeder Herzog besaß 6 Hengste, 9 Einrosse (Einspänner), 4 Wagenpferde und 24 Junkerpferde und daneben folgendes Personal: 5 Jungen, 2 Stallknechte, 1 Stallbuben, 1 Schmied, 1 berittenen Torknecht, 1 reitenden Koch mit Schenken und Boten, 1 Stallknecht für die Einrosse und 1 Harnischknecht. Der Hofstaat bestand aus 1. Kaplan und 1 Barbier zu Wagen, 1 Hofküchenmeister*) mit 3 Pferden, 1 Ritterkoch mit 1 Pferde und laufendem Knechte, 1 Kanzler mit 4 Pferden, 2 Sekretären, jeder mit 1 Pferde, 1 Hofmarschall mit 5 Pferden, 6 Trompetern, 1 Pauker, 1 Pfeifer, 1 Trommelschläger, jeder mit 1 Pferde, 1 Waidmann und 1 Falkner, zusammen mit 3 Pferden, 2 Eseln und 10 Jagdkleppern, 1 Hofschneider mit 2 Gesellen und 1 Jungen. Jede Fürstin erhielt 6 Wagenpferde, 1 Hofmeister aus der Zahl der Hofjunker mit 3 Pferden, 2 Adelige mit je 1 Pferde, 1 berittenen Türknecht, 1 Schneider mit 1 Gesellen und 1 Jungen, ferner 1 Hofmeisterin, 9 Jungfräulein und 2 Kammerjungfrauen.


*) Dieser war eine wichtige Person; bei Reisen wurde er vorausgesandt, um die Quartiere zu bereiten, Einkäufe zu machen usw.

Die Verwaltung der Hofhaltung und des Hofstaates hatte der Hofmarschall als höchster Hofbeamte; die fürstlichen Einnahmen erhob und berechnete gegen jährliche Rechnungsablage der Landrentmeister; der höchste Staatsbeamte war der Kanzler, welcher die fürstlichen Siegel führte. Das Amt der Kanzler, zu welchen früher meistens Geistliche gewählt wurden, da diese im Schreiben allein erfahren genug waren, hatte sich den Namen nach erst im 14. Jahrh. gebildet; früher gab es nur Schreiber, Notare oder Protonotare. 1339–1351 war Barthold Rode (v. Roden, früher Mönch zu Doberan) Kanzler der erste, welcher diesen Titel erhielt, 1353–1359 Bertram Bere (v. Behr), 1361 Magister Johann v. Cröpelin; alle diese werden noch bald Kanzler, bald Schreiber oder Notare genannt. – Über die Besoldungen der Hofbeamten fehlen aus dieser Zeit bestimmtere Nachrichten; dass sie jedoch verhältnismäßig nur gering waren, ergibt sich aus den Besoldungen, welche wir aus etwas späterer Zeit kennen. Der Kanzler Husan erhielt (1567) als die höchste Besoldung eines Rates 300 Rthlr, freie Wohnung, auf Reisen freien Unterhalt und Hofkleider für sich und seinen Schreiber; dazu an Naturallieferungen: 2 Ochsen, 4 Schweine, 8 Hammel, 8 Ohm Rheinwein, 5 Drömt Roggen, 5 Drömt Gerste und 20 Klafter Holz*) 1558 erhielt der Rat und Kanzler v. Lucka an barem Gelde nur 200 Gulden, Andreas Mylius als ältester Rat 1569 ebenso 250 Rthlr; an Naturalhebungen erhielten sie ähnlich, wie Husan, doch in geringerer Menge. Die Einnahmen der Fürsten waren aber auch nur klein, da von dem Domanium, welches an und für sich auch zur katholischen Zeit schon beträchtlich war, in Folge von Kriegen, Verpfändungen u. dgl. ein großer Teil nichts einbrachte und der Rest schlecht bewirtschaftet wurde. Die Einkünfte aus den Regalien, den Zöllen, Steuern (Beden), Abgaben usw. war gleichfalls nicht bedeutend und dadurch noch geschmälert, dass die Herzoge manche Teile derselben als Gnadengeschenke weggegeben hatten und viele Exemtionen (der Geistlichen und mancher anderer Privatpersonen) stattfanden.

*) Den Wert dieser Naturalien kann man aus folgenden Preisen jener Zeit berechnen: Roggen 10–12 ßl., Gerste 8–10 ßl., Hafer 5–6 ßl., Buchweizen 8–10 ßl. der Scheffel; das Huhn 1 ßl., die Gans 4 ßl., ein Hammel 1 Gulden, ein Ochse 7–8 Gulden, ein Klafter Holz 2 Gulden.

Wie die Bürger sich auf öffentlichen Plätzen im Freien belustigten, so auch der Hof. Die gewöhnlichen Belustigungen waren Tänze und Maskenaufzüge, Jagd und andere Übungen mit den Waffen, früher die Turniere, statt welcher wir seit 1537 als Spielübung das Ringelstechen genannt finden. Feuerwerke brannte man bei festlichen Gelegenheiten auch schon ab; ebenso kannte man das Kartenspiel als gewöhnlichen Zeitvertreib. Wenn aber herzogliche Familienereignisse gefeiert wurden, so ging es oft sehr hoch her und namentlich wurde, nach der Sitte jener Zeit, „im Fressen und Saufen“ Bedeutendes geleistet. Denn das verderbliche Beispiel der Geistlichkeit hatte nicht nur auf das Leben und die Sitten der Bürgerschaft nachteilig gewirkt, sondern auch das Leben der Hofbeamten tief verderbt, so dass uns hierüber manche Klagen aufbewahrt sind. Erst die Reformation brachte auch hierin mit milderen Sitten und höherer geistigen Bildung eine Änderung hervor.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin