Geschichte der Stadt Schwerin von 1796 bis 1805

1796 vereinigte sich die altstädtische Schützenzunft mit der Totenbeliebung und erhielt bei dieser Gelegenheit vom Herzog eine neue Fahne geschenkt. Sie zählte nun im Ganzen 140 Mann.

Am 23. Januar d. J. wurde nun auch das seit 1786 beabsichtigte Werk- und Arbeitshaus auf der Neustadt eröffnet und fundiert. Es waren zu diesem Zwecke 19.003 Gld. 32 ßl. durch freiwillige Sammlungen aufgekommen, nämlich 11.040 Gld. 4 ßl. von der herzoglichen Dienerschaft und der Geistlichkeit, 5.733 Gld. 14 ßl. von der Ritterschaft und 2.240 Gld. 14 ßl. von den Städten. Etwas hatte man durch Ersparnisse aus den Zinsen der ältesten Gaben selbst gesammelt und 9.000 Gild. gab der Herzog zu der Stiftung her, so dass dieselbe mit einem Fonds von 28.049 Gild. 24 ßl. eröffnet werden konnte.


In der Altstadt lebten damals 47, in der Neustadt 4 Judenfamilien, in jener und der Vorstadt zusammen 52 Amts- und 29 privilegierte, in der Neustadt 17 Amtsschuster.

1797 September 1. wurde das Witwen-Institut für die herzogliche Dienerschaft gestiftet (s. d. J. 1833). Am 1. November wurde es unter einem landesherrlich ernannten Witwen-Direktorium eröffnet.

1798 wurde die Sukzentor-Stelle an der Domschule aufgehoben und dafür ein Subrektor angestellt. In dem strengen Winter d. J. war die Kälte bis auf – 20°C gestiegen.

1799. Am 23. Oktober vermählte sich der Erbprinz Friedrich Ludwig mit Helene Paulowna, Tochter des Kaisers Paul I. von Russland, (geb. 23. Dezember 1784, † 24. September 1803) Der Erbprinz hatte seine Wohnung in Schwerin in dem jetzigen Palais der Großherzogin-Mutter Alexandrine. Da seine Gemahlin der griechischen Kirche angehörte, so wurde der vorderste nach der Schlossstraße hin gelegene Saal des alten Hausvogtei-Gebäudes (eine Beschreibung desselben siehe unter d. J. 1824) an Stelle der jetzigen Regierung zur Abhaltung des Gottesdienstes nach griechischem Ritus eingerichtet.

1800 wollte der Magistrat ein neues Rathaus bauen, da das alte wegen seiner unzweckmäßigen Einrichtung zu mancherlei Klagen Veranlassung gab. Hauptsächlich beschwerten sich die Bürger darüber, dass in jenen die nötigen Wartezimmer fehlten, so dass sie in der Kälte stehen mussten, wenn sie dort zu tun hatten und nicht gleich vorgelassen werden konnten. Auch gab es in dem Gebäude wieder keine heizbare und separierte Gefängnisse. Der Magistrat richtete deshalb an den Herzog die Bitte um Beihilfe zu einem neuen Rathausbaue; da dieselbe aber abgeschlagen wurde, so musste auch das Projekt zur Seite gelegt werden.

Dies und das folgende Jahr zeichnete sich durch hohe Preise der Lebensmittel aus; die Butter war vorzugsweise teuer geworden, weil einige europäische Staaten gänzlichen Misswachs gehabt hatten, und in Folge dessen eine sehr bedeutende Ausfuhr aus Mecklenburg stattfand. Es war das Jahr der Rostocker Butterrevolution; das Pfund derselben war damals auf den Preis von 18 ßl. gestiegen.

1802 wurde der neustädtische Kirchhof nach der nördlichen Seite hin vergrößert. Im November d. J. fand eine Arbeitseinstellung der Zimmergesellen statt, welche eine Erhöhung ihres Lohnes beanspruchten. Am 10. d. Mts. wurde verordnet, dass sie im Sommerhalbjahre von Mariä Verkündigung bis Gallen 16 ßl., im Winterhalbjahre 14 ßl. Tagelohn ohne den Meistergroschen haben sollten.

1803 begann die altstädtische Schützenzunft den Bau eines neuen Schießhauses. Dies Unternehmen brachte aber im Verein mit der bald folgenden französischen Kalamität die Zunft so sehr in Schulden, dass sie i. J. 1807 das Schützenhaus verkaufen und sich auflösen musste. Die städtischen Schützenvereinigten sich indessen bald wieder zu einer allgemeinen Schützenzunft, wie sie bis jetzt noch besteht. Die Beilegung der Konkursangelegenheit dauerte übrigens lange Zeit; i. J. 1819 verkaufte auch die mit der Schützenzunft in Verbindung stehende Totenbeliebung in Folge des Konkurses ihr Laken und ihre Lade. Ihr ganzes Vermögen betrug damals nur 135 Gld. 28 ßl.

Am 20. September wurde vom Herzoge befohlen, dass die Straßen und Plätze in Schwerin, Rostock und Wismar an den Eckhäusern mit ihren Namen bezeichnet werden sollten.

1804 wurde eine Geradelegung des Mühlentors projektiert in der Weise, dass die Straße, welche hier schräg abbog, gerade durch die Eselswiese zur Rostocker (damals „großen“) Straße geführt werden sollte. Der Plan unterblieb wegen der großen Kosten, die mit seiner Ausführung verknüpft waren.

Durch eine herzogliche Verordnung wurde am 24. März das von Bergholz’sche Vermächtnis für hilfsbedürftige Frauenzimmer autorisiert. Dies war i. J. 1773 durch die Geheimeräthin von Bergholz gegründet mit einem Kapital von 2.500 Gld. N 2/3, deren Zinsen zu gleichen Teilen unter adlige und bürgerliche Frauen verheilt werden sollten.

Am 12. Oktober wurde eine neue Waisenversorgung, Herzog Friedrichs Waisenhaus, mit einem Fonds von 17.000 Gld. N 2/3 gestiftet. Dies Geld war der Überrest aus dem zum Bau eines Werk- und Arbeitshauses verwandten Subskriptions-Geldern vermehrt durch ein Vermächtnis des Oberamtmanns Calow zu Grevesmühlen. Die Anstalt wurde Ostern 1805 eröffnet.

1805 war eine so große Teuerung, dass sämtliche Städte des Landes ein Verbot der Kornausfuhr beantragten. Obgleich nämlich die Ernte gut gewesen veranlasste doch der französische Krieg und der Misswachs d. J. in Frankreich, dass die Ausfuhr unverhältnismäßig stark war. Verboten wurde diese zwar nicht, jedoch verordnet, dass die Besitzer der ritterschaftlichen Güter von jeder Hufe zwölf Scheffel Roggen und sechs Scheffel Gerste, die Pächter der Domänen von je 100 Gld. Pacht die Hälfte und die Ackerbau treibenden Bürger der Städte im Verhältnisse ihres Besitzes bereit halten sollten, damit die Bedürftigen dies Korn, sowie die von der Landesregierung den Landwirten zugewiesen würden, zu dem Marktpreise kaufen könnten.

Im Oktober d. J. fanden Durchmärsche russischer, schwedischer und preußischer Truppen nach Hannover hin statt, welche die Teuerung noch vermehrten. Da nun die Kartoffelernte sehr mittelmäßig ausgefallen war, so wurde die Ausfuhr dieser Frucht verboten, auch den Kornhändlern Schwerins der Aufkauf solchen Getreides, welches in kleinen Mengen auf den Markt gebracht würde, vor den Toren und in der Vorstadt untersagt.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin