Geschichte der Stadt Schwerin von 1756 bis 1763

1756. Das Hauptereignis d. J. war der am 30. Mai er folgende Tod des Herzogs Christian Ludwig. Ein wohlwollender, friedliebender, aber keineswegs schwacher Fürst war er für das Beste seines Landes und Volkes eifrig besorgt. Unter seiner Regierung entwickelte sich Schwerin in ruhiger und friedlicher Weise; er schützte alles Kunst- und Bürgerleben, verschönerte die Stadt und führte die Entwürfe seines Bruders Friedrich Wilhelm, hinsichtlich der Bebauung der Schelfe, um Vieles weiter. Letzterer hatte erst die der Kirche zunächst liegenden Straßen anlegen lassen können, als der frühe Tod ihn abrief; Christian Ludwig gründete die Apothekerstraße, welche ihren Namen daher hat, dass sie durch den Garten des Apothekers Gesenius gelegt wurde, nebst ihren Querstraßen, die Bergstraße (auf dem ehemaligen großen Weinberge) oder den Stephansberg, so genannt nach dem Erbauer des ersten dortigen Hauses, dem herzoglichen Koch Stephans, und die Werder-Allee oder Werderstraße. Er fand seine Ruhestätte in der Schelfkirche. Sein Nachfolger und ältester Sohn Friedrich war ein stiller, beschaulicher Charakter, allen Lärmen und geräuschvollen Festlichkeiten feind, aber für das Wohl Schwerins nicht minder besorgt, wie sein Vater, obwohl er seine Residenz von Schwerin nach dem Jagdschlosse Klenow, welches er zum Andenken an seinen Erbauer Christian Ludwig „Ludwigslust“ nannte, verlegte.

Eine seiner ersten Regierungshandlungen war, dass er noch für das laufende Jahr und für immer die Abhaltung des Schützenfestes in den Städten des Fürstentums Schwerin verbot, weil dasselbe zu mannigfachen Ausschweifungen Veranlassung gab. Die vorhandenen und noch eingehenden Gelder der Schützenzünfte (der alten Zunft gehörte u. A. ein Morgen Acker auf dem Thurower Felde, welcher verpachtet war) in Schwerin bestimmte er fürs Waisenhaus. Die Bürgerschaft war mit dieser Verordnung durchaus nicht einverstanden; sie petitionierte mehrmals an den Herzog und als das nicht helfen wollte, wurde die Schützenzunft klagbar (1757) jedoch ohne Erfolg. Erst im Jahre 1775 erlaubte der Herzog ihr wieder die Abhaltung des Königschusses, da das Petitionieren gar nicht aufhörte, jedoch „nur für dies Jahr.“ Am 18. Januar erfolgte alsdann ein Reskript, welches auch für die Zukunft den Königschuss wieder gestattete, seine Abhaltung wurde aber an mancherlei Beschränkungen geknüpft.


Wegen des Torschillings waren Streitigkeiten entstanden, weil die Torschreiber solchen auch von herzoglichen Deputatfuhren erhoben und sich überhaupt manche Unregelmäßigkeiten erlaubt hatten. Beispielsweise war es Sitte geworden, dass von durchpassierenden Holzwagen ein oder zwei Holzstücke am Tore für den Torschreiber abgeworfen wurden, ein Wagen mit Stroh musste ein Bund desselben abwerfen u. dgl. m. Die Kammer sollte deshalb den Torschilling ganz ablösen und die Stadt jährlich eine bestimmte Summe aus der Renterei zu Reparationszwecken erhalten.

Zugleich wurden die Brücken vor dem Mühlentore repariert. Hier lagen hinter einander 3 Brücken, von denen die beiden ersten über den Fließgraben, welcher sich dort teilte, die dritte über die Seeke führte. Die Brücken waren zum Aufziehen eingerichtet; die mittlere, größte wurde neu gebaut aus Holz und mit herzoglicher Erlaubnis ohne Zugbrücke. Vor der großen Brücke lag Kaufmann Meyers Haus, hinter ihr feldwärts Bäcker Liss’ Haus, auf welches die Wache folgte. Dann kam die kleine Brücke und vor dieser lag die Zollbude. Als nun die neue Brücke erbaut war, fasste der Kaufmann (Gewürzhändler) Meyer den Plan, unter ihr an den Pfeilern einen Keller anzulegen. Der Magistrat erlaubte ihm dies auf sein Ansuchen gegen eine jährliche Miete von 6 Gld. an die Kämmerei, worauf Meyer unter den „5 ersten Fächern“ der Brücke eine Warenniederlage mit Luftlöchern („um der Brücke nicht zu schaden“) einrichten ließ. 1761 erwarb der Steueraufseher Besky das Meyer’sche Haus und ging in den Kontrakt wegen des Brückenkellers ein, ebenso der Kaufmann Bernien von 1768–70, welcher jährlich 7 Gld. Miete zahlte, aber den Keller schon ziemlich verfallen fand. Im J. 1770 klagte er viel darüber, dass seine Waren ihm dort verderben müssten und bat den Magistrat um Ausbesserung des Kellers. Dieser aber wollte nicht, worauf er gänzlich verfiel und auch die Pachtzahlung aufhörte.

Dies Jahr war sehr nass, so dass die Ernte überall verdarb und große Hungersnot das ganze Land heimsuchte.

1757 wurde ein „neuer Weg durch den Schlossgarten“, die Allee, angelegt, die Passage dieses Herrenweges jedoch „ohne Ausnahme männiglich verboten.“

1758 wurde den Magistrat eine bessere Herstellung des Gefängnisses auf dem Rathause anbefohlen, welches ein unheizbares dumpfes Gemach sei, worin man zur Winterzeit keine Gefangene aufbewahren könne. Der Magistrat wollte nicht gern an eine Verbesserung desselben und führte allerlei Gründe gegen eine solche an, u. A. dass das Lokal der Bürgergehorsam sei, aber nicht von der Stadt gebraucht werde, da sich die Schweriner Bürgerschaft seit vielen Jahren so betragen habe, dass aus ihr keine Gefangenen darin gewesen seien. Die herzoglichen Beamten und die Schelfe benutzten das Lokal sehr häufig, weshalb der Magistrat einen Zuschuss zu den Baukosten verlangen zu können glaubte. Auf wiederholten Befehl ließ er indessen das Gefängnis brauchbar herstellen, namentlich mit einem Ofen und einer Pritsche versehen; Betten musste jeder Gefangene selbst halten, wenn er sie gebrauchen wollte, die Kost besorgte der Wärter.

1759. Gleichzeitig mit dem Regierungsantritt des Herzogs Friedrich war der siebenjährige Krieg ausgebrochen. Da nun schon seit Jahren der König von Preußen zur Vervollständigung einer Armee die gewalttätigsten Menschenräubereien in Mecklenburg ausgeübt hatte, von denen Christian Ludwig schon i. J. 1754 klagte, dass dem Lande viele Tausend wehrhafter Männer geraubt seien; da diese noch immer fortgesetzt und Mecklenburg wie Feindes Land von den Preußen behandelt wurde, so schloss Herzog Friedrich beim Ausbruche des Krieges ein Schutzbündnis mit Schweden und Frankreich. Dies tat er nicht, um Teil am Kriege zu nehmen, er verhielt sich vielmehr ganz passiv, doch wurde das Land jetzt um so mehr von den preußischen Truppen mitgenommen, vorzugsweise der südliche Teil. Im J. 1759 war auch Schwerin von den Preußen besetzt und wurde gebrandschatzt; in einem alten Stadtbuche heißt es, dass man die Bürgersprache in diesem Jahre nicht habe vom Rathause verlesen können, weil dies von Preußen besetzt gewesen sei, die erst nach Lätare die Stadt zu verlassen begannen.

Im selben Jahre wurde in der Fischerstraße (Münzstraße) das Sturm’sche Haus von Herzoge angekauft und in demselben ein Walzwerk für die Schlossmünze eingerichtet. Bald nachher wurde die Münze selbst in dies Haus verlegt; i. J. 1778 war sie hier schon vollständig eingerichtet, und erhielt nun von ihr die Münzstraße ihren Namen.

1763 erteilte der Herzog den Hofintendanten Ehlers und dessen Interessenten die Erlaubnis zur Anlage einer Salpetersiederei in Schwerin und gestattete ihm, dass er in den Domänen und Städten „die salpeterhaltige Erde aus Gewölben, Kellern, Ställen usw. auf seine Kosten herausnehmen“ lassen dürfe, jedoch ohne den Besitzern zu schaden. Von Seiten des Magistrats wurde ihm für Zippendorf eine gleiche Erlaubnis erteilt. Das Privilegium war auf 30 Jahre gegeben und zur Anlage der Fabrik „der vormalige Jägerhof hinter dem Schlossgarten“ angewiesen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin