Geschichte der Stadt Schwerin von 1750 bis 1755

1750 ließ der Herzog an der Befestigungsmauer des Schlosses gegen Süden nach der Gartenseite hin ein neues Münzgebäude einrichten.

Den Predigern in Schwerin wurde befohlen, dass sie die Predigten etwas später abhalten sollen, als bisher Gebrauch gewesen. Es sollte nämlich von jetzt an der Frühgottesdienst zwischen 6 und 7 Uhr, die Vormittagspredigt im Dom von 9–10, in der Schelfkirche von 10–11 Uhr, die Nachmittagspredigt zwischen 3 und 4 Uhr stattfinden. Die Wochenpredigten sollten in dem Halbjahre von Ostern bis Michaelis von 7–8 und in dem Halbjahre von Michaelis bis Ostern von 8–9 Uhr Morgens gehalten werden. Im Dome fand damals in der gedachten Frühstunde Dienstags eine Betstunde, Mittwochs eine Predigt, Donnerstags wieder eine Betstunde und Freitags eine Katechisation statt. In der Schelfkirche war am Montage Katechisation, am Dienstage Betstunde, am Donnerstage Predigt und am Freitage wieder eine Katechisation. Die Betstunden wurden schlecht besucht, bald fast gar nicht mehr, weshalb der Herzog Friedrich sie i. J. 1781 einstellen ließ.


Es war eine alte Sitte, dass die Leichen aus der Stadt von den privilegierten Leichengesellschaften zu Grabe getragen wurden, diejenigen nämlich aus den Mitgliedern dieser Gesellschaften umsonst, Nichtmitglieder für Geld. In neuester Zeit hatten sich aber viele Personen zum Leichentragen für Geld werben lassen, welchen es nicht besonders gestattet war, vorzüglich Gesellen der Stadt, welche das erhaltene Geld nach der Leichenfeier in den Gasthäusern zu verjubeln pflegten. Um dieser Unsitte zu steuern, stellte der Magistrat das frühere Verhältnis wieder her, und es waren darnach folgende Gesellschaften zum Leichentragen berechtigt:

1. Die beiden Schützengesellschaften, welche auch Leichen für Geld tragen.

2. Die gemeinschaftliche Leichengesellschaft des Schuster- und Schneider-Amtes. Diese beiden Ämter haben jedes für sich Leichenaffen und tragen außer ihren Amtsgenossen auch fremde Leichen für Geld. Alle Amtsschneider müssen Mitglieder ihrer Leichenkasse ein und zahlt jeder Meister für sich und seine Frau 2 Gld., Eintrittsgeld und monatlich 4 ßl. Den Schultern steht es frei, ob sie sich in ihre Leichenkasse einkaufen wollen oder nicht; für den Amtsmeister und seine Frau beträgt das Eintrittsgeld 2 Gld., für andere Meister (fremde) 4 Gld. und der Beitrag wöchentlich 1 ßl. Die Sterbegelder in beiden Kassen betragen 12 Gld. für eine große Leiche, 6 Gld. für ein Kind über und 3 Gld. für ein solches unter 6 Wochen.

3. Die Totenbeliebung trägt nur ihre Mitglieder, vermietet aber ihre Leichenlaken für Geld an Fremde. In diese Gesellschaft steht jedem Bürger der Beitritt frei. Das Eintrittsgeld beträgt 5 Gld. und für jedes Kind über eins noch 1 Gld., dazu 12 ßl. Eschgeld an den Altermann, und der monatliche Beitrag 4 ßl., für Witwen 2 ßl.. Die Sterbegelder betragen für große Leichen 10 Gld., für Kinder 5 Gld., wenn sie über, und 2 1/2 Gld., wenn sie unter 6 Wochen alt sind.

4. Auch das Weberamt hat eine Leichenkasse, in welche sich jeder Amtsmeister einschreiben lassen muss gegen ein Eintrittsgeld von 8 Gld. und einen jährlichen Beitrag von 32 ßl. zu Ostern. Sterbegelder, und zwar zu 12 Gld., werden nur für große Leichen bezahlt, für Kinder nichts. Die Weber tragen aber keine Leichen, weder ihre Amtsgenossen, noch Fremde.

Der Herzog berief in diesem Jahre wieder den Schauspiel-Direktor Schönemann nach Schwerin, und ließ hier demnächst (1751) auf dem Schloss im Tanzsaale des langen Hauses ein Theater einrichten, worauf er die Schönemanni’sche Gesellschaft als Hofkomödianten mit einem anständigen Gehalte in seinen Dienst nahm. Obwohl diese Gesellschaft jährlich einige Monate während des Sommers in Hamburg Vorstellungen gab, auch den Herzog oft nach Güstrow und Rostock begleitete, so spielte sie doch jeden Winter in Schwerin bis zum Tode Christian Ludwigs (1756), worauf Schönemann seinen Wohnsitz in Hamburg nahm. Diese Gesellschaft war die vorzüglichste, welche Deutschland bisher gehabt hatte, und tat sehr viel für die Kunstbildung der Schweriner. (s. d. J. 1723)

Der Nicolaikirche schenkte der Herzog in diesem Jahre die kleine Glocke, welche das Mecklenburgische Wappen zeigt, mit der Umschrift: v. G. G. Christian Ludewick Regierender Hertzog zu Mecklenburg. Darüber steht: Soli Deo Gloria, und auf der Rückseite: O. G. Meier in Rostock. Anno 1751.

1752 wurde das Haus mit der Schlossuhr restauriert, mit Kupfer gedeckt und erhielt eine neue Uhr. Der Herzog ließ überhaupt mehrere Gebäude auf dem Schloss restaurieren, da sich fast alle in einem Zustande befanden, der ihren Einsturz besorgen ließ.

1753. Der berühmte Schauspieler Eckhof, welcher zur Schönemanni’schen Gesellschaft gehörte, stiftete in Schwerin eine Akademie, welche in ihren alle 14 Tage stattfindenden Sitzungen mit der Schauspielkunst sich wissenschaftlich beschäftigen sollte. Am 15. Mai wurde sie unter Schönemanns Präsidium eröffnet, gedieh anfänglich vortrefflich, löste sich jedoch schon im folgenden Jahre auf, da unter den Mitgliedern die vielfachten Streitigkeiten entstanden waren.

Am 9. August erteilte Christian Ludwig dem Töpfer Johann Adam Appelstädt die Erlaubnis zur Anlage einer „unfeinen Porzellanfabrik“ in Schwerin. Er gab ihm auf 20 Jahre das Privilegium, die nötige Erde, besonders die weiße, deren er zum Betriebe bedürfe, auf herzoglichen Grund und Boden unentgeldlich, auf Privatgrund nach Vereinbarung mit den Besitzern graben zu dürfen, jedoch sollte er von dieser Erde keine verschleppen. Auch wurde ihm gestattet, „unbeweibte oder unangesessene Arbeiter“ zu halten, die nach ihrem Belieben in der Stadt oder in der Vorstadt wohnen konnten, sowie er auch für diese Arbeiter und Solche, welche ein Fabrikat zu holen nach Schwerin kämen, das nötige Bier selbst sollte brauen dürfen. Anfangs scheint Appelstädts Fabrik gute Geschäfte gemacht zu haben, i. J. 1754 zeigt er dem Herzoge an, dass er auf einem unbestellten Felde hinter dem Jägerhofe (rechts vor dem Hamburger Tore) nahe am Ostorfer See auf der s. g. Seekenhöre mit vieler Mühe ein Lager weißer Erde entdeckt habe, welche zur Porzellanfabrikation geeignet sei, und bittet um Erlaubnis diese Erde graben zu dürfen, was ihm auch gestattet wurde. Später scheint Appelstädts Fabrikat den Neid anderer hiesiger Töpfer erregt zu haben, welche ihm häufig von seiner Erde wegnahmen und viele Streitigkeiten veranlassten. Leider enthalten die Akten nichts über den Verlauf der Fabrik; lange scheint sie nicht bestanden zu haben, da wahrscheinlich später die nötige Erde fehlte, von der sich an der angegebenen Stelle keine Spur mehr finden lässt.

Am 18. August erließ der Herzog eine Verordnung, worin er bei harter Strafe befahl, dass die Bürger die ordentlichen städtischen Bedienten, als die Gerichts-, Stadt- und Stöckenknechte, die Profosse, Bettelvögte, Schließer, Pförtner u. a. nicht ferner für ehrlos und anrüchig halten sollten.

Am 27. August wurde das schon vom Herz. Friedrich Wilhelm 1708 erlassene Verbot des Häuserbaus vor der Stadt wiederholt. Um diese Zeit entwickelte sich die Vorstadt Schwerins, das Bauen nahm hier seit einiger Zeit so sehr überhand, dass die Bürger der Stadt an ihrer Nahrung bedeutend litten. Unter Anderem hatte der Ackerbürger Ausborn nahe vor dem Tore, aber außerhalb des selben, eine große bretterne Hütte erbauen lassen, in welcher er Holz zum Verkaufe aufbewahren wollte. Die Feuergefährlichkeit dieses Baues so nahe vor der Stadt alarmierte die Bürgerschaft und gab die erste Veranlassung zu der gedachten Verordnung. Ausborn musste sein schon fertiges Gebäude niederreißen und alles Holz entfernen lassen.

1754 wurde durch ein herzogliches Patent vom 14. August die Schelfkirche von der Domkirche abgesondert und erhielt zwei eigene Prediger. Zur Dotierung der Kirche schenkte der Herzog ein Kapital von 2.000 Gld., welches zinsbar belegt werden sollte. Die Garde, die jedesmalige Garnison der Stadt, alle Ober-, Unteroffiziere und Gemeine wurden der Schelfkirche zugewiesen, deren Prediger das Beichtgeld und zusammen 260 Gld., Garnisons-Prediger-Gehalt haben sollten. Außerdem wurden jedem von ihnen 200 Gld. Fixum aus dem Kirchenärar und 18 Faden Brennholz zugesichert. Da noch keine eigenen Predigerhäuser vorhanden, sollte einstweilen jeder 60 Gld. zur Miete haben, doch sollten Diensthäuser bald erworben werden. Bestimmt wurde noch, dass die Stuhlmiete der im Dome gebräuchlichen gleich sein sollte, für einen Stand „in Glastühlen“ 1 Gld., in ordinären Stühlen 172 Gld. jährlich. Auch wurde gestattet dass an besonderen Stellen in der Kirche Leichen beerdigt werden dürften. Dies kostete für ein gemauertes Begräbnis 30 Gld., für ein Sandbegräbnis 20 Gld. für jede Person und für jedesmalige Öffnung eines der ersteren 10 Gld., eines der letzteren 10 Mk. Ferner sollte an allen Sonn- und Festtagen mit 2 Klingelbeuteln von 2 angesessenen Juratenbürgern, welche von den herzoglichen Beamten und dem Provisor der Kirche gewählt wurden, gesammelt werden.

1755 wurde durch den Magistrat die Erhebung eines Dammgeldes am Spieltor verordnet. Derselbe ließ auf die Bitten vieler Bürger in der Alt- und Neustadt die sehr baufällige Frohnerei, welche jetzt gerade 100 Jahre gestanden hatte (s. d. J. 1655) renovieren und sie, „weil sie mitten zwischen anderen Häusern der Stadt lag, zur mehreren Zierde der Umgebungen und der ganzen Stadt“ mit gelbgrauer Farbe anstreichen. Aber schon im folgenden Jahre war die Frohnerei wieder so baufällig, dass die herzogliche Kammer den Magistrat aufforderte, sie abzubrechen und zu verlegen. Sie bot ihm hierzu einen Platz in „einer der engen Gassen hinten auf dem Schelffelde, wo der kleine Schießplatz (der neustädtische) sich befindet“, an und versprach, an der jetzigen Stelle der Frohnerei einen Fischmarkt anlegen zu lassen. Dieser Vorschlag kam aber nicht zur Ausführung, teils weil der Magistrat kein Geld zum Bau hatte, teils weil die Kammer in der Nähe des Frohnereiplatzes nicht das erforderliche frische Wasser finden konnte, um Fischbehältnisse nahe am Fischmarkte anzulegen, wie es ihr Wunsch war. Sie ließ deshalb das Project fallen.

Am 17. Mai wurde eine herzogliche Verordnung erlassen, welche den Bürgern das Überlaufen aus einer Schützenzunft in die andere verbot.

Durch einen Konvokationstag zu Rostock, welcher vom Oktober 1754 bis zum 18. April 1755 gedauert hatte, waren die langjährigen Streitigkeiten zwischen Fürsten und Ständen, welche Carl Leopold den Thron gekostet hatten und durch Christian Ludwig, aber in viel nachgiebigerer Weise, fortgeführt waren, im landesgrundgesetzlichen Erbvergleich glücklich beendigt. Es fand aus dieser Veranlassung im ganzen Lande ein kirchliches Friedens- und Dankfest statt, welches in Schwerin am 25. September abgehalten wurde.

In diesem Jahre wurden die Ställe des Bischofshofes zum Marstall für den Prinzen Ludwig eingerichtet. Hiervon erhielt der Hof den Namen „des Prinzenhofes“, welchen er bis auf die Neuzeit behalten hat, obgleich niemals Prinzen auf ihm gewohnt haben. Auf der nördlichen Seite des Hofes wurde eine Reitbahn angelegt und das Hauptgebäude selbst wurde zugleich zum Sitze des Regierungs-Kollegiums bestimmt, welches dort bis zum Jahre 1835 blieb. Vom 23. September bis Mitte April 1756 spielte die italienische Operngesellschaft des Nicolo Peretti in Schwerin.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin