Geschichte der Stadt Schwerin von 1646 bis 1650
1646. Der holländische Resident, welcher einen Sitz in Hamburg hatte, war von dem Projekt benachrichtigt worden, welches zum Zwecke einer Verbindung der Elbe und der Ostsee durch den Schweriner See entworfen war. Er interessierte sich hierfür und sandte am 17. Januar den Ingenieur Johann Friedrich von Berge nach Schwerin, um namentlich den Viechelschen Kanal zu inspizieren. Er fand diese Anlage gut und zweckmäßig, machte aber den Vorschlag, welchen er wegen seiner größeren Kürze für zweckmäßiger hielt, der Herzog solle nicht die Stör mit der Elbe verbinden, sondern einen Kanal nach dem Ostorfer See ziehen, diesen mit der Sude verbinden und letztere in den Schalsee leiten. Es solle dann die erweiterte und kanalisierte Schale bei Boizenburg die Schifffahrt geradewegs in die Elbe leiten und dadurch die große Krümmung über Dömitz vermieden werden. Mit diesem Plane eines Ingenieurs einverstanden, begab sich der Resident nach Holland, um die zur Ausführung desselben nötigen Mittel beizubringen. Leider kam das Projekt nicht zu Stande, da es für die Beteiligten sein Interesse verlor, als Wismar 1648 an Schweden fiel.
Am 25. März d. J. waren der Bürgermeister Eggebrecht und der Syndicus aus Wismar im Geheimen nach Schwerin gekommen und baten den Herzog ihre Stadt den Schweden nicht überlassen zu wollen. Adolf Friedrich versicherte sie, dass er gar nicht hieran denke, doch machte ihm die Verhandlung wegen Abtretung Wismars den größten Schmerz.
Er schrieb im Juli von Doberan aus an die Stände und forderte einen Ausschuss derselben auf, zur Beratung nach Schwerin zu kommen. Am 16. Oktober stellten sich die Stände in geringer Anzahl ein; als sie aber vernahmen, dass die Sitzung auf dem Schloss und nicht auf dem Rathause, wie es doch gebräuchlich sei, stattfinden solle, protestierten sie dagegen und begaben sich nur dann erst auf das Schloss, als ihnen vorgestellt war, dass es sich ja nur um eine außerordentliche Zusammenkunft handle. Sie wollten aber nichts bewilligen, namentlich nichts zu Gesandtschaftskosten nach Osnabrück, behaupteten vielmehr, diese könnten nur in einer allgemeinen Landtagsversammlung beraten werden. Der Herzog entließ sie am 19. Oktober, schrieb aber am 26. d. M. sogleich einen allgemeinen Landtag, und zwar wieder nach Schwerin hin, aus, zu welchem sich denn am 25. November die Stände ziemlich zahlreich einfanden. Doch auch dieser Landtag musste am 19. Dezember entlassen werden, weil keine Einigung zu erreichen war.
Aus diesem Jahre findet sich eine Verordnung des Herzogs an den Magistrat der Stadt, das Siechenhaus wieder herzustellen, welches während der Kriegszeiten „totaliter verwüstet worden.“ Das Siechenhaus nämlich gehörte der Stadt und diente früher zum Aufenthalt für einen alten, arbeitsunfähigen Bürger. Beim Siechenhause lag ein Schlagbaum, der s. g. „Siechenbaum“, welchen der Bewohner des Hauses für Durchreisende zu öffnen hatte, wofür er berechtigt war, diesen einen an einer Stange befestigten Beutel entgegenzuhalten, in den sie nach Gefallen ein Almosen stecken konnten. Wie das Haus aber städtisch, so war der Baum fürstlich, weswegen Adolf Friedrich jetzt einen alten Diener mit dem Öffnen desselben beauftragen wollte. Im J. 1649 war das Haus wieder hergestellt und von des Herzogs altem Diener bewohnt, der zugleich auf Lebenszeit die Erlaubnis erhielt, Bier und Branntwein schänken zu dürfen. Die Gegend, in welcher das Siechenhaus lag, ist interessant für die Geschichte der Stadt, weshalb wir sie hier näher beschreiben wollen. Von Ostorfer See zieht sich ein Wasserlauf, die „Seeke“, in den Fließgraben, über welchen nahe vor dem jetzigen Berliner Tore eine kleine Brücke führt. Zwischen dieser und dem Tore, nahe an der Brücke lag der Siechenbaum, links vom Wege das kleine Siechenhaus, daran ein kleiner Garten und hinter dem Hause die Siechenwiese, (1641 Schlachterwiese genannt), welche an die Jägerwiese stieß. Der Jägerhof lag nämlich damals stadtwärts vor dem jetzigen Tore rechts, wo jetzt das Gehöft Nr. 3 der Gartenstraße ist; neben dem Siechenhause seitwärts lag Lindows Hof Wo jetzt der Jägerhof ist, bog der alte Weg nach Ostorf ab und an diesem lag ehemals (vor 1646) die Oberförsterei. Wo jetzt die Badeanstalt ist, rechts von der Chaussee, war der Garten des Gärtners Stange, dessen Wohnhaus das Eckhaus an der Gartenstraße war, die vielleicht von ihm ihren Namen hat. Zwischen diesem Hause und dem Ostorfer See, nahe an der Seeke, lag ein Karauschen-Teich rechts von der Straße, stadtwärts von der Brücke also, und wo jetzt eine kleine Anlage am Ostorfer See ist, eine Schanze, später der Teltenberg genannt. An der linken Seite der Straße vor der Siechenwiese war der „Steingarten“, welcher i. J. 1580 dem Pulvermüller Hans Bantz gehörte, der hier eine Pulvermühle angelegt. Um 1646 bestand diese Mühle nicht mehr, i. J. 1658 aber baute der Meister Lübbert in demselben Steingarten eine neue Pulvermühle. Weiter hinunter, stadtwärts, wo jetzt das Dahl’sche Gasthaus steht, lag damals ein Gießhof (Stückgießerei), „neben welcher der St. Jürgens-Kirchhof war“, der zu der ehemaligen Kapelle gl. N. gehörte. Das Gießerhaus wurde i. J. 1738, weil es ganz baufällig war, an den Maurermeister Barca zum Abbruch verkauft, welcher an seiner Stelle das neuere Haus erbaute. Der St. Jürgens-Kirchhof hat ganz sicher auf dem Hofe des jetzigen Dahl’schen Gasthauses und des Bäcker Hesse’schen Hauses gelegen. Hier hat man beim Graben von Kellern und Pumpen noch vor kurzer Zeit große Mengen von Menschenknochen und Schädeln, Sarghängen, Schildern, Nägeln und dgl. gefunden und die Beobachtung gemacht, dass die Leichen sehr häufig auf einander gelegen haben, was genau zu dem Umstande passt, dass hier, und zwar noch im 17. Jahrh. während des 30jährigen Krieges, und später die an der Pest und anderen epidemischen Krankheiten Verstorbenen begraben worden sind. Der Begräbnisplatz erstreckt sich von der hinteren Seite der Häuser bis an die Seeke; über diese hinaus, wo jetzt freilich Gärten sind, waren früher Wiesen. Auf dem Hofraum des Marnitz’schen Gasthauses hat man beim Aufgraben des Grundes keine Knochen gefunden; bis hierher erstreckte sich also der Kirchhof nicht. Das Dahl’sche Gasthaus ist in seinem Fachwerk neueren Ursprungs; der gewölbte Keller aber und das Fundament sind alt, und gerade an einer Stelle lag das alte Beguinen-Hospital sowohl, wie später die Stückgießerei. Bei den Bewohnern des Hauses hat sich noch die Erzählung erhalten, dass dasselbe ehemals ein Kloster gewesen sei, und man sah hier in der Brandmauer der Stube rechts von der Haustüre, eine alte eiserne Platte (noch vorhanden, aber übertüncht), auf welcher in der Mitte ein springendes Pferd, zu den Seiten weibliche Personen mit Kränzen in den Händen abgebildet waren. Da nun in früherer Zeit die Kirchhöfe hart neben den Kirchen und Kapellen zu liegen pflegten, so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass die St. Georgs- (St. Jürgen-) Kapelle an der Stelle des Dahl’schen Gasthauses lag. Vielleicht befand sie sich da, wo jetzt die Einfahrt ist, welche noch ein sehr altes Fundament hat; da sie gewiss nur klein war, mag der allerdings beschränkte Raum wohl ausgereicht haben.
Dunkel bleibt nun noch die Lage des „Steingartens, in welchen die Pulvermühle lag.“ Im J. 1658 werden die einzelnen Grundstücke in folgender Weise aufgezählt: Neben dem offenen Wassergang, „die Freiheit“ genannt, lag Justizrat Fromms große Wiese, daneben Hofschlachter Drümmers Garten, der „Steingarten“, hinter welchem eine Wiese, die „Schlachterwiese“ (nach eben diesem Besitzer genannt, welcher in ihr eine Pferde zu weiden pflegte). Nun folgte die Jägerwiese. Den Steingarten hat man also zwischen der Freiheit und dem Tore zu suchen, vielleicht dort, wo jetzt die Hofräume des Lohgerber Martins’schen Hauses und der anstoßenden Häuser sind. Beim Bau des neuen Martins’schen Hauses hat man nämlich ein altes, nicht zu dem früheren Hause gehöriges Fundament entdeckt, welches vielleicht zu der früheren Pulvermühle gehört hat. Hiermit stimmt auch eine Aufzeichnung in den Akten, worin es heißt: „der Steingarten am See, schräg dem Berge gegenüber.“ Die Grundstücke waren damals größer, als jetzt; der Steingarten erstreckte sich vielleicht so weit, wie die ganze linke Häuserreihe der Rostocker Straße jetzt geht.
Das Beguinen-Hospital besaß eine große Wiese hinter dem Hause und den ganzen Wiesenraum, welcher sich vom Hospital an bis zur Jägerwiese erstreckt, oder doch die größere Hälfte desselben nämlich den neben der Jägerwiese gelegenen Teil. Letzterer, welcher später die Schlachterwiese (noch später die Armenwiese) hieß, wurde früher die Siechenwiese, und ehe sie diese Bezeichnung erhielt, aktenmäßig die Beguinenwiese genannt. Die Fischwehre der Beguinen (s. d. J. 1587) lag hinter der Hospitalwiese vor dem Fließgraben.
Da es nun in älteren Nachrichten immer heißt, der „Rosengarten“, auf welchem die Bürger früher ihre öffentlichen Spiele gehalten, habe neben der St. Georgs-Kapelle gelegen, so ist unter ihm entweder der Steingarten zu verstehen oder wir werden ihn stadtwärts von jener etwa an der Stelle der um das jetzige Arbeitshaus herum liegenden Gehöfte zu suchen haben, hinter welchen sich noch jetzt größere Gärten befinden. Weiter nach der Stadt hin kann er nicht gelegen haben; denn wo die jetzigen s. g. Berea’schen Häuser stehen, bis zum Wassergange am Totendamme hinunter war eine große Wiese, die später s. g. Eselswiese. (Die andere Seite der späteren Vorstadt, jetzt Wittenburgerstraße, Marienplatz usw. werden wir weiterhin beschreiben).
Die Verhandlung wegen der Abtretung Wismars kam in Osnabrück aufs Lebhafteste zur Sprache. Abraham Kaiser befand sich dort und erhielt jetzt die Zusicherung, dass der Herzog die Stifter Ratzeburg und Schwerin, auch das Stift Minden haben solle, welches allein jährlich 20.000 Thlr. trüge, wenn er Wismar ab. geben wolle, von welchem er doch bisher nicht mehr als 250 Thlr. jährlich gehabt habe. Adolf Friedrich konnte sich jedoch nicht ent schließen, obwohl Kaiser selbst nach Schwerin reiste und ihm Vorstellungen machte. Er sandte nochmals seinen Sohn Herzog Carl zur Königin Christine und ließ ihm später den Kanzlei-Direktor Dr. Albert Hein folgen. Erst als diese, obwohl in Schweden freundlich aufgenommen, ohne Hoffnung heimkehrten, machte sich Adolf Friedrich mit dem Gedanken vertraut, Wismar verlieren zu müssen. Nun war aber die vorteilhafteste Zeit verloren gegangen, zumal Kaiser wegen fehlender Geldmittel nicht sofort hatte nach Osnabrück zurück, gehen können. Minden, Osnabrück und andere erledigte Stifter, welche zur Entschädigung angeboten waren, hatten, als Kaiser endlich wieder am Orte der Verhandlungen ankam, schon ihre Herren gefunden; Wismar war einfach und bedingungslos den Schweden zugeteilt und nichts blieb mehr übrig, als die Stifter Ratzeburg und Schwerin, mit denen sich Adolf Friedrich begnügen musste. Man erlaubte ihm, die Präbenden eingehen zu lassen und die Güter an seine Kammer zu nehmen, auch erhielt Mecklenburg, namentlich auf Fürsprache des französischen und des schwedischen Gesandten, die erhöhten Elbzölle zu Dömitz und Boizenburg auf ewige Zeiten, ferner zwei Tonnen Goldes, die der Herzog aus den später von eigenen Lande zu erhebenden Reichssteuern allmählich zurückbehalten sollte. Dies war der ganze Ersatz, welcher dem geplagten Lande für seine Einbußen während der Kriegsjahre wurde.
In der Stadt mussten in diesem Jahre die Fischbänke repariert werden, weil sie ganz verfallen waren. Der Herzog wollte gern einen Fischmarkt anlegen, und zwar nahe an einer Stelle, bei welcher sich fließendes Wasser befand, damit „die Fische in solchen aufbewahrt werden könnten, und nicht, wie es bisher eine schlechte Sitte geworden sei, immer tot auf den Markt gebracht würden.“ Er ließ deshalb der Stadt die Anlegung eines Fischmarktes bei der herzoglichen Kornmühle, d. i. die Mühle in der Mühlenstraße, vorschlagen. Der Magistrat und die Bewohner der Altstadt waren nicht abgeneigt, diesem Vorschlag beizustimmen; die Schelfbewohner aber waren damit sehr unzufrieden, weil diese Gegend von der Schelfe so sehr entlegen sei. Man gab deshalb das Projekt auf und begnügte sich mit einer Reparatur der alten Fischbänke, welche dem Rathause schräge gegenüber auf der nordöstlichen Ecke des Marktplatzes standen, dort wo jetzt die Droschken neben dem Neuen Gebäude zu halten pflegen (s. d. J. 1714) Um dies richtig zu verstehen, muss man nicht unberücksichtigt lassen, dass die nördliche Seite des alten Marktes viel weiter vorgerückt war, als sie seit dem Bau des s. g. Neuen Gebäudes (s. d. J. 1781) ist. Diese Seite ging nämlich damals von der jetzigen Ecke der Schmiedestraße schräg bis an die Ecke des jetzigen Neuen Gebäudes, doch nicht in gerader Linie, vielmehr waren nach älterer Bauweise die Häuser bald vor, bald eingerückt. In der Mitte etwa, auf die vorderste südöstliche Tür der Domkirche zu, ging ein Durchgang, welcher über den Kirchhof in die Kirche führte, und neben diesem Durchgange lag der Brotschaaren.
Die Auffahrt zum älteren Schloss war bisher in gerader Richtung von der Burg (Schloss-) Straße aus gelegen gewesen. Adolf Friedrich ließ diese alte Auffahrt schließen, den Wall aufwerfen und die neue Auffahrt einrichten, welche, wie noch erinnerlich ist, in einem ziemlich scharfen Winkel um das davorliegende Wachgebäude auf den Schlosshof führte. Dies geschah deshalb, weil die frühere Auffahrt gerade an einer Ecke des Schlosses gelegen war, an welcher man nun eine Bastion errichten wollte; denn in jener Zeit nahmen die Befestigungswerke natürlich die erste Berücksichtigung in Anspruch. Die Bastion indessen wurde, da es nun wirklich zum Frieden ging, nicht erbaut, der Herzog ließ vielmehr den alten Wall und die Ruinen der alten Gebäude mit einfachen, geradlinigen Mauern abschließen. Über der Auffahrt zum Walle rechts von der Schlosswache stand unter dem herzoglichen Wappen die Inschrift: A. F. H. Z. M. Anno 1647.
Der Schützenzunft wurde auf ihren Wunsch jetzt gestattet, dass sie ein Schießhaus erbauen dürfe. Sie erhielt dazu von der Stadt einen Platz „nächst unter dem Windmühlenberge“, den sie einzäunen und mit einem Hause bebauen sollte. An die Kämmerei hatte sie hiefür jährlich um Ostern „nach abgehaltener Schützenmorgensprache“ (Osternmorgensprache) 1 Gld. Rekognition zu entrichten. (s. d. J. 1709) Um Ostern war die Haupt-, um Michaelis eine zweite Zusammenkunft der Schützen. Bei ersterer wurde, wie erwähnt, die Morgensprache, d. i. die Statuten der Zunft, verlesen; dann verhandelte man allgemeine und besondere Angelegenheiten der Zunft, unter dem Vorsitze des wortführenden Ältermannes. Zu jenen gehörte die Erhebung der Quartalgelder, die Ablegung der Rechnung, die Vorlegung der Restantenzettel, die Anfrage an die Mitglieder, ob sie sich gegen einander zu beschweren hätten und demnächstige Erledigung solcher Sachen, die Bekanntmachung derjenigen, welche sich zum Eintritte gemeldet hatten, ebenso der Ausgetretenen, die Revision der Rechnung des Schützenwirtes usw. Darauf wurde beraten, wann der nächste Königsschuss stattfinden solle, wer die zu verschießenden silbernen Löffel und die „Zinngewinne“, wer die Scheibe und wer die Knöpfe (Sticken) anfertigen solle. Zuletzt nahm man die etwa erforderlichen Neuwahlen vor.
1648. Am 14. Februar herrschte bei nordwestlichem Winde ein schrecklicher Sturm, welcher so großen Schaden anrichtete, dass man allgemein des Glaubens war, es habe ein Erdbeben stattgefunden. (In Holstein fielen 13 Kirchen ein, in Hamburg stürzte der Turm der Katharinenkirche nieder.)
Am 31. Mai wurde die Herzogin Anna Sophia, Herz. Adolf Friedrichs Schwester, welche am 12. Februar in Rehna, wo sie residierte, gestorben war, in der Domkirche beigesetzt.
Am 14. Oktober wurde der Osnabrück’sche Frieden veröffentlicht, welcher dem 30jährigen Kriege ein Ende machte. Die Nachricht kam gerade nach Schwerin, als die Landstände im herzoglichen Schloss ihre Sitzungen hielten. Erfreut über denselben begaben sie sich am 22. Oktober zum feierlichen Dankgebete in den Dom, und der Herzog verordnete ein allgemeines Dankfest auf den 29. d. M. Durch den Frieden kamen nun die Stifter Schwerin und Ratzeburg an den Herzog, welcher in der Folge die durch den Tod ihrer Inhaber erledigten Kanonikate an sich zog, worauf die Stifter als solche erloschen.
Adolf Friedrich wandte seine Sorgfalt jetzt mit ganz besonderer Aufmerksamkeit den inneren Angelegenheiten des Landes zu, namentlich auch den städtischen Verhältnissen. Auch der Magistrat zu Schwerin suchte zu ordnen, was während der Drangsale der letzten Zeiten zerrüttet worden war.
1650 schloss die Altstadt mit den Bürgern auf der Schelfe einen Vergleich, wie es künftig mit den Beiträgen zu öffentlichen Bauten gehalten werden solle. Es handelte sich nämlich um die Reparierung des schlechten Straßenpflasters in der Schmiedestraße, welches die altstädtischen Bürger nicht auf alleinige Kosten herstellen wollten, weil die „Schelfbürger sich desselben auch bedienten.“ Und da jene einmal auf diesen Gedanken gekommen waren, so forderten sie auch, dass die Schelfbürger für frühere Bauten, zu denen sie nicht beigesteuert hatten, nachbezahlen sollten. Man vereinigte sich nun nach längeren Streitigkeiten dahin, dass alle Ansprüche von früherer Zeit auf 30 Gulden verglichen sein sollten, welche die Schelfbürger bis zum Jahre 1651 bezahlen wollten. In Zukunft aber solle es die Altstadt stets den Bürgern der Neustadt, und umgekehrt, vorher mitteilen, wenn gebaut oder repariert werden solle. Zu allen Bauten an Brücken, Toren, dem Walle, allen Befestigungen und Dämmen vor, in und unter den Toren, ferner zu notwendigen öffentlichen Fuhren, wollte die Schelfe künftig ein Vierteil der Kosten beitragen. Ebenso sollte die Altstadt zu notwendigen Reparaturen am Spielzaun den vierten Teil hergeben. Dagegen sollten alle Schelfbewohner, sie mochten Bürger sein oder nicht, freien Kauf und Verkauf auf dem altstädtischen Markte haben; ferner sollten die Bürger auf der Schelfe ihr Vieh unter die gemeine städtische Herde treiben dürfen. Bürger der Altstadt, welche auf der Schelfe Gärten besaßen, sollten für diese jährlich eine billige Abgabe an die Schelfgemeinde erlegen. Und wer in Zukunft noch die Bewohner der Schelfe, wie es bisher häufig geschehen sei, „Schelfbauern“ schimpfe, oder mit ähnlichen, schimpflichen Beinamen nenne, der solle ernstlich wegen solcher Injurien bestraft werden.
Am 12., 13., 20. und 21. Februar d. J. wütete der Sturm so arg, dass der Knopf von der Turmspitze des Domes niedergeworfen wurde. Der Herzog ließ am 19. Juni Vormittags einen neuen Knopf aufsetzen, der bis zum Jahre 1703 saß, wo ihn abermals ein Sturm herabwarf.
An der Domschule wurde in diesem Jahre die Stelle eines Schreib- und Rechnenmeisters wieder errichtet, welche seit dem Jahre 1638 unbesetzt gewesen war.
Am 25. März d. J. waren der Bürgermeister Eggebrecht und der Syndicus aus Wismar im Geheimen nach Schwerin gekommen und baten den Herzog ihre Stadt den Schweden nicht überlassen zu wollen. Adolf Friedrich versicherte sie, dass er gar nicht hieran denke, doch machte ihm die Verhandlung wegen Abtretung Wismars den größten Schmerz.
Er schrieb im Juli von Doberan aus an die Stände und forderte einen Ausschuss derselben auf, zur Beratung nach Schwerin zu kommen. Am 16. Oktober stellten sich die Stände in geringer Anzahl ein; als sie aber vernahmen, dass die Sitzung auf dem Schloss und nicht auf dem Rathause, wie es doch gebräuchlich sei, stattfinden solle, protestierten sie dagegen und begaben sich nur dann erst auf das Schloss, als ihnen vorgestellt war, dass es sich ja nur um eine außerordentliche Zusammenkunft handle. Sie wollten aber nichts bewilligen, namentlich nichts zu Gesandtschaftskosten nach Osnabrück, behaupteten vielmehr, diese könnten nur in einer allgemeinen Landtagsversammlung beraten werden. Der Herzog entließ sie am 19. Oktober, schrieb aber am 26. d. M. sogleich einen allgemeinen Landtag, und zwar wieder nach Schwerin hin, aus, zu welchem sich denn am 25. November die Stände ziemlich zahlreich einfanden. Doch auch dieser Landtag musste am 19. Dezember entlassen werden, weil keine Einigung zu erreichen war.
Aus diesem Jahre findet sich eine Verordnung des Herzogs an den Magistrat der Stadt, das Siechenhaus wieder herzustellen, welches während der Kriegszeiten „totaliter verwüstet worden.“ Das Siechenhaus nämlich gehörte der Stadt und diente früher zum Aufenthalt für einen alten, arbeitsunfähigen Bürger. Beim Siechenhause lag ein Schlagbaum, der s. g. „Siechenbaum“, welchen der Bewohner des Hauses für Durchreisende zu öffnen hatte, wofür er berechtigt war, diesen einen an einer Stange befestigten Beutel entgegenzuhalten, in den sie nach Gefallen ein Almosen stecken konnten. Wie das Haus aber städtisch, so war der Baum fürstlich, weswegen Adolf Friedrich jetzt einen alten Diener mit dem Öffnen desselben beauftragen wollte. Im J. 1649 war das Haus wieder hergestellt und von des Herzogs altem Diener bewohnt, der zugleich auf Lebenszeit die Erlaubnis erhielt, Bier und Branntwein schänken zu dürfen. Die Gegend, in welcher das Siechenhaus lag, ist interessant für die Geschichte der Stadt, weshalb wir sie hier näher beschreiben wollen. Von Ostorfer See zieht sich ein Wasserlauf, die „Seeke“, in den Fließgraben, über welchen nahe vor dem jetzigen Berliner Tore eine kleine Brücke führt. Zwischen dieser und dem Tore, nahe an der Brücke lag der Siechenbaum, links vom Wege das kleine Siechenhaus, daran ein kleiner Garten und hinter dem Hause die Siechenwiese, (1641 Schlachterwiese genannt), welche an die Jägerwiese stieß. Der Jägerhof lag nämlich damals stadtwärts vor dem jetzigen Tore rechts, wo jetzt das Gehöft Nr. 3 der Gartenstraße ist; neben dem Siechenhause seitwärts lag Lindows Hof Wo jetzt der Jägerhof ist, bog der alte Weg nach Ostorf ab und an diesem lag ehemals (vor 1646) die Oberförsterei. Wo jetzt die Badeanstalt ist, rechts von der Chaussee, war der Garten des Gärtners Stange, dessen Wohnhaus das Eckhaus an der Gartenstraße war, die vielleicht von ihm ihren Namen hat. Zwischen diesem Hause und dem Ostorfer See, nahe an der Seeke, lag ein Karauschen-Teich rechts von der Straße, stadtwärts von der Brücke also, und wo jetzt eine kleine Anlage am Ostorfer See ist, eine Schanze, später der Teltenberg genannt. An der linken Seite der Straße vor der Siechenwiese war der „Steingarten“, welcher i. J. 1580 dem Pulvermüller Hans Bantz gehörte, der hier eine Pulvermühle angelegt. Um 1646 bestand diese Mühle nicht mehr, i. J. 1658 aber baute der Meister Lübbert in demselben Steingarten eine neue Pulvermühle. Weiter hinunter, stadtwärts, wo jetzt das Dahl’sche Gasthaus steht, lag damals ein Gießhof (Stückgießerei), „neben welcher der St. Jürgens-Kirchhof war“, der zu der ehemaligen Kapelle gl. N. gehörte. Das Gießerhaus wurde i. J. 1738, weil es ganz baufällig war, an den Maurermeister Barca zum Abbruch verkauft, welcher an seiner Stelle das neuere Haus erbaute. Der St. Jürgens-Kirchhof hat ganz sicher auf dem Hofe des jetzigen Dahl’schen Gasthauses und des Bäcker Hesse’schen Hauses gelegen. Hier hat man beim Graben von Kellern und Pumpen noch vor kurzer Zeit große Mengen von Menschenknochen und Schädeln, Sarghängen, Schildern, Nägeln und dgl. gefunden und die Beobachtung gemacht, dass die Leichen sehr häufig auf einander gelegen haben, was genau zu dem Umstande passt, dass hier, und zwar noch im 17. Jahrh. während des 30jährigen Krieges, und später die an der Pest und anderen epidemischen Krankheiten Verstorbenen begraben worden sind. Der Begräbnisplatz erstreckt sich von der hinteren Seite der Häuser bis an die Seeke; über diese hinaus, wo jetzt freilich Gärten sind, waren früher Wiesen. Auf dem Hofraum des Marnitz’schen Gasthauses hat man beim Aufgraben des Grundes keine Knochen gefunden; bis hierher erstreckte sich also der Kirchhof nicht. Das Dahl’sche Gasthaus ist in seinem Fachwerk neueren Ursprungs; der gewölbte Keller aber und das Fundament sind alt, und gerade an einer Stelle lag das alte Beguinen-Hospital sowohl, wie später die Stückgießerei. Bei den Bewohnern des Hauses hat sich noch die Erzählung erhalten, dass dasselbe ehemals ein Kloster gewesen sei, und man sah hier in der Brandmauer der Stube rechts von der Haustüre, eine alte eiserne Platte (noch vorhanden, aber übertüncht), auf welcher in der Mitte ein springendes Pferd, zu den Seiten weibliche Personen mit Kränzen in den Händen abgebildet waren. Da nun in früherer Zeit die Kirchhöfe hart neben den Kirchen und Kapellen zu liegen pflegten, so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass die St. Georgs- (St. Jürgen-) Kapelle an der Stelle des Dahl’schen Gasthauses lag. Vielleicht befand sie sich da, wo jetzt die Einfahrt ist, welche noch ein sehr altes Fundament hat; da sie gewiss nur klein war, mag der allerdings beschränkte Raum wohl ausgereicht haben.
Dunkel bleibt nun noch die Lage des „Steingartens, in welchen die Pulvermühle lag.“ Im J. 1658 werden die einzelnen Grundstücke in folgender Weise aufgezählt: Neben dem offenen Wassergang, „die Freiheit“ genannt, lag Justizrat Fromms große Wiese, daneben Hofschlachter Drümmers Garten, der „Steingarten“, hinter welchem eine Wiese, die „Schlachterwiese“ (nach eben diesem Besitzer genannt, welcher in ihr eine Pferde zu weiden pflegte). Nun folgte die Jägerwiese. Den Steingarten hat man also zwischen der Freiheit und dem Tore zu suchen, vielleicht dort, wo jetzt die Hofräume des Lohgerber Martins’schen Hauses und der anstoßenden Häuser sind. Beim Bau des neuen Martins’schen Hauses hat man nämlich ein altes, nicht zu dem früheren Hause gehöriges Fundament entdeckt, welches vielleicht zu der früheren Pulvermühle gehört hat. Hiermit stimmt auch eine Aufzeichnung in den Akten, worin es heißt: „der Steingarten am See, schräg dem Berge gegenüber.“ Die Grundstücke waren damals größer, als jetzt; der Steingarten erstreckte sich vielleicht so weit, wie die ganze linke Häuserreihe der Rostocker Straße jetzt geht.
Das Beguinen-Hospital besaß eine große Wiese hinter dem Hause und den ganzen Wiesenraum, welcher sich vom Hospital an bis zur Jägerwiese erstreckt, oder doch die größere Hälfte desselben nämlich den neben der Jägerwiese gelegenen Teil. Letzterer, welcher später die Schlachterwiese (noch später die Armenwiese) hieß, wurde früher die Siechenwiese, und ehe sie diese Bezeichnung erhielt, aktenmäßig die Beguinenwiese genannt. Die Fischwehre der Beguinen (s. d. J. 1587) lag hinter der Hospitalwiese vor dem Fließgraben.
Da es nun in älteren Nachrichten immer heißt, der „Rosengarten“, auf welchem die Bürger früher ihre öffentlichen Spiele gehalten, habe neben der St. Georgs-Kapelle gelegen, so ist unter ihm entweder der Steingarten zu verstehen oder wir werden ihn stadtwärts von jener etwa an der Stelle der um das jetzige Arbeitshaus herum liegenden Gehöfte zu suchen haben, hinter welchen sich noch jetzt größere Gärten befinden. Weiter nach der Stadt hin kann er nicht gelegen haben; denn wo die jetzigen s. g. Berea’schen Häuser stehen, bis zum Wassergange am Totendamme hinunter war eine große Wiese, die später s. g. Eselswiese. (Die andere Seite der späteren Vorstadt, jetzt Wittenburgerstraße, Marienplatz usw. werden wir weiterhin beschreiben).
Die Verhandlung wegen der Abtretung Wismars kam in Osnabrück aufs Lebhafteste zur Sprache. Abraham Kaiser befand sich dort und erhielt jetzt die Zusicherung, dass der Herzog die Stifter Ratzeburg und Schwerin, auch das Stift Minden haben solle, welches allein jährlich 20.000 Thlr. trüge, wenn er Wismar ab. geben wolle, von welchem er doch bisher nicht mehr als 250 Thlr. jährlich gehabt habe. Adolf Friedrich konnte sich jedoch nicht ent schließen, obwohl Kaiser selbst nach Schwerin reiste und ihm Vorstellungen machte. Er sandte nochmals seinen Sohn Herzog Carl zur Königin Christine und ließ ihm später den Kanzlei-Direktor Dr. Albert Hein folgen. Erst als diese, obwohl in Schweden freundlich aufgenommen, ohne Hoffnung heimkehrten, machte sich Adolf Friedrich mit dem Gedanken vertraut, Wismar verlieren zu müssen. Nun war aber die vorteilhafteste Zeit verloren gegangen, zumal Kaiser wegen fehlender Geldmittel nicht sofort hatte nach Osnabrück zurück, gehen können. Minden, Osnabrück und andere erledigte Stifter, welche zur Entschädigung angeboten waren, hatten, als Kaiser endlich wieder am Orte der Verhandlungen ankam, schon ihre Herren gefunden; Wismar war einfach und bedingungslos den Schweden zugeteilt und nichts blieb mehr übrig, als die Stifter Ratzeburg und Schwerin, mit denen sich Adolf Friedrich begnügen musste. Man erlaubte ihm, die Präbenden eingehen zu lassen und die Güter an seine Kammer zu nehmen, auch erhielt Mecklenburg, namentlich auf Fürsprache des französischen und des schwedischen Gesandten, die erhöhten Elbzölle zu Dömitz und Boizenburg auf ewige Zeiten, ferner zwei Tonnen Goldes, die der Herzog aus den später von eigenen Lande zu erhebenden Reichssteuern allmählich zurückbehalten sollte. Dies war der ganze Ersatz, welcher dem geplagten Lande für seine Einbußen während der Kriegsjahre wurde.
In der Stadt mussten in diesem Jahre die Fischbänke repariert werden, weil sie ganz verfallen waren. Der Herzog wollte gern einen Fischmarkt anlegen, und zwar nahe an einer Stelle, bei welcher sich fließendes Wasser befand, damit „die Fische in solchen aufbewahrt werden könnten, und nicht, wie es bisher eine schlechte Sitte geworden sei, immer tot auf den Markt gebracht würden.“ Er ließ deshalb der Stadt die Anlegung eines Fischmarktes bei der herzoglichen Kornmühle, d. i. die Mühle in der Mühlenstraße, vorschlagen. Der Magistrat und die Bewohner der Altstadt waren nicht abgeneigt, diesem Vorschlag beizustimmen; die Schelfbewohner aber waren damit sehr unzufrieden, weil diese Gegend von der Schelfe so sehr entlegen sei. Man gab deshalb das Projekt auf und begnügte sich mit einer Reparatur der alten Fischbänke, welche dem Rathause schräge gegenüber auf der nordöstlichen Ecke des Marktplatzes standen, dort wo jetzt die Droschken neben dem Neuen Gebäude zu halten pflegen (s. d. J. 1714) Um dies richtig zu verstehen, muss man nicht unberücksichtigt lassen, dass die nördliche Seite des alten Marktes viel weiter vorgerückt war, als sie seit dem Bau des s. g. Neuen Gebäudes (s. d. J. 1781) ist. Diese Seite ging nämlich damals von der jetzigen Ecke der Schmiedestraße schräg bis an die Ecke des jetzigen Neuen Gebäudes, doch nicht in gerader Linie, vielmehr waren nach älterer Bauweise die Häuser bald vor, bald eingerückt. In der Mitte etwa, auf die vorderste südöstliche Tür der Domkirche zu, ging ein Durchgang, welcher über den Kirchhof in die Kirche führte, und neben diesem Durchgange lag der Brotschaaren.
Die Auffahrt zum älteren Schloss war bisher in gerader Richtung von der Burg (Schloss-) Straße aus gelegen gewesen. Adolf Friedrich ließ diese alte Auffahrt schließen, den Wall aufwerfen und die neue Auffahrt einrichten, welche, wie noch erinnerlich ist, in einem ziemlich scharfen Winkel um das davorliegende Wachgebäude auf den Schlosshof führte. Dies geschah deshalb, weil die frühere Auffahrt gerade an einer Ecke des Schlosses gelegen war, an welcher man nun eine Bastion errichten wollte; denn in jener Zeit nahmen die Befestigungswerke natürlich die erste Berücksichtigung in Anspruch. Die Bastion indessen wurde, da es nun wirklich zum Frieden ging, nicht erbaut, der Herzog ließ vielmehr den alten Wall und die Ruinen der alten Gebäude mit einfachen, geradlinigen Mauern abschließen. Über der Auffahrt zum Walle rechts von der Schlosswache stand unter dem herzoglichen Wappen die Inschrift: A. F. H. Z. M. Anno 1647.
Der Schützenzunft wurde auf ihren Wunsch jetzt gestattet, dass sie ein Schießhaus erbauen dürfe. Sie erhielt dazu von der Stadt einen Platz „nächst unter dem Windmühlenberge“, den sie einzäunen und mit einem Hause bebauen sollte. An die Kämmerei hatte sie hiefür jährlich um Ostern „nach abgehaltener Schützenmorgensprache“ (Osternmorgensprache) 1 Gld. Rekognition zu entrichten. (s. d. J. 1709) Um Ostern war die Haupt-, um Michaelis eine zweite Zusammenkunft der Schützen. Bei ersterer wurde, wie erwähnt, die Morgensprache, d. i. die Statuten der Zunft, verlesen; dann verhandelte man allgemeine und besondere Angelegenheiten der Zunft, unter dem Vorsitze des wortführenden Ältermannes. Zu jenen gehörte die Erhebung der Quartalgelder, die Ablegung der Rechnung, die Vorlegung der Restantenzettel, die Anfrage an die Mitglieder, ob sie sich gegen einander zu beschweren hätten und demnächstige Erledigung solcher Sachen, die Bekanntmachung derjenigen, welche sich zum Eintritte gemeldet hatten, ebenso der Ausgetretenen, die Revision der Rechnung des Schützenwirtes usw. Darauf wurde beraten, wann der nächste Königsschuss stattfinden solle, wer die zu verschießenden silbernen Löffel und die „Zinngewinne“, wer die Scheibe und wer die Knöpfe (Sticken) anfertigen solle. Zuletzt nahm man die etwa erforderlichen Neuwahlen vor.
1648. Am 14. Februar herrschte bei nordwestlichem Winde ein schrecklicher Sturm, welcher so großen Schaden anrichtete, dass man allgemein des Glaubens war, es habe ein Erdbeben stattgefunden. (In Holstein fielen 13 Kirchen ein, in Hamburg stürzte der Turm der Katharinenkirche nieder.)
Am 31. Mai wurde die Herzogin Anna Sophia, Herz. Adolf Friedrichs Schwester, welche am 12. Februar in Rehna, wo sie residierte, gestorben war, in der Domkirche beigesetzt.
Am 14. Oktober wurde der Osnabrück’sche Frieden veröffentlicht, welcher dem 30jährigen Kriege ein Ende machte. Die Nachricht kam gerade nach Schwerin, als die Landstände im herzoglichen Schloss ihre Sitzungen hielten. Erfreut über denselben begaben sie sich am 22. Oktober zum feierlichen Dankgebete in den Dom, und der Herzog verordnete ein allgemeines Dankfest auf den 29. d. M. Durch den Frieden kamen nun die Stifter Schwerin und Ratzeburg an den Herzog, welcher in der Folge die durch den Tod ihrer Inhaber erledigten Kanonikate an sich zog, worauf die Stifter als solche erloschen.
Adolf Friedrich wandte seine Sorgfalt jetzt mit ganz besonderer Aufmerksamkeit den inneren Angelegenheiten des Landes zu, namentlich auch den städtischen Verhältnissen. Auch der Magistrat zu Schwerin suchte zu ordnen, was während der Drangsale der letzten Zeiten zerrüttet worden war.
1650 schloss die Altstadt mit den Bürgern auf der Schelfe einen Vergleich, wie es künftig mit den Beiträgen zu öffentlichen Bauten gehalten werden solle. Es handelte sich nämlich um die Reparierung des schlechten Straßenpflasters in der Schmiedestraße, welches die altstädtischen Bürger nicht auf alleinige Kosten herstellen wollten, weil die „Schelfbürger sich desselben auch bedienten.“ Und da jene einmal auf diesen Gedanken gekommen waren, so forderten sie auch, dass die Schelfbürger für frühere Bauten, zu denen sie nicht beigesteuert hatten, nachbezahlen sollten. Man vereinigte sich nun nach längeren Streitigkeiten dahin, dass alle Ansprüche von früherer Zeit auf 30 Gulden verglichen sein sollten, welche die Schelfbürger bis zum Jahre 1651 bezahlen wollten. In Zukunft aber solle es die Altstadt stets den Bürgern der Neustadt, und umgekehrt, vorher mitteilen, wenn gebaut oder repariert werden solle. Zu allen Bauten an Brücken, Toren, dem Walle, allen Befestigungen und Dämmen vor, in und unter den Toren, ferner zu notwendigen öffentlichen Fuhren, wollte die Schelfe künftig ein Vierteil der Kosten beitragen. Ebenso sollte die Altstadt zu notwendigen Reparaturen am Spielzaun den vierten Teil hergeben. Dagegen sollten alle Schelfbewohner, sie mochten Bürger sein oder nicht, freien Kauf und Verkauf auf dem altstädtischen Markte haben; ferner sollten die Bürger auf der Schelfe ihr Vieh unter die gemeine städtische Herde treiben dürfen. Bürger der Altstadt, welche auf der Schelfe Gärten besaßen, sollten für diese jährlich eine billige Abgabe an die Schelfgemeinde erlegen. Und wer in Zukunft noch die Bewohner der Schelfe, wie es bisher häufig geschehen sei, „Schelfbauern“ schimpfe, oder mit ähnlichen, schimpflichen Beinamen nenne, der solle ernstlich wegen solcher Injurien bestraft werden.
Am 12., 13., 20. und 21. Februar d. J. wütete der Sturm so arg, dass der Knopf von der Turmspitze des Domes niedergeworfen wurde. Der Herzog ließ am 19. Juni Vormittags einen neuen Knopf aufsetzen, der bis zum Jahre 1703 saß, wo ihn abermals ein Sturm herabwarf.
An der Domschule wurde in diesem Jahre die Stelle eines Schreib- und Rechnenmeisters wieder errichtet, welche seit dem Jahre 1638 unbesetzt gewesen war.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin