Geschichte der Stadt Schwerin von 1640 bis 1645

1640 wurde ein verhältnismäßig ruhiges Jahr. Am 26. Mai wurde die Schweriner Totenzunft (s. d. J. 1638) mit dem Königsschusse begnadigt. Die Bürger wünschten sehr, dass das Schießen nach einem Vogel stattfinden möge, der Herzog aber hielt dies für gemeingefährlich und gestattete nur das Schießen nach einer Scheibe, welches denn auch eingeführt und bis auf die Neuzeit gehalten wurde. Die jetzt errichtete Schützenzunft war diejenige, welche bei der später erfolgten Bildung der neuen Schützenzunft die „alte Zunft“ genannt wurde.

Einzelne feindliche Streifpartien, deren Zwecke nur die Plünderung war, beunruhigten das Land noch häufig. Eine solche Streifpartie der mit den Kaiserlichen verbündeten Brandenburger, 400 Mann stark, drang am 9. Juni bis Schwerin vor und raubte auf den umliegenden fürstlichen Gütern das Vieh. Der Herzog war gerade nach Gadebusch gereist; sein Kommandant sammelte aber schnell die wenigen Truppen, welche in der Stadt lagen und setzte den Räubern nach. Es entstand zwischen Ostorf und Consrade ein kleines Scharmützel, worin von beiden Seiten einige Leute fielen. Die Schweriner, an Zahl bedeutend geringer, mussten sich zurück ziehen, doch gelang es ihnen, einen Teil des geraubten Viehes wieder zu erbeuten. Die Brandenburger zogen sich um die Südspitze des Sees herum, plünderten die Dörfer, u. A. Consrade aus und gingen dann wieder in die parchimsche Gegend zurück, wo sie damals ihr Standquartier hatten.


Am 19. Juni wurde auf dem Rathause zu Schwerin ein Konvokationstag gehalten, welchen freilich nur wenige Mitglieder der Stände besuchen konnten. Es handelte sich darum, die Mittel aufzubringen, damit der vom Kaiser Ferdinand III. nach Regensburg ausgeschriebene Reichstag auch mecklenburgischer Seite beschickt werden könne. Hier sollte der allgemeine Frieden beraten werden und war es deshalb für Mecklenburg wichtig, dass die übrigen deutschen Fürsten keine gewaltsame Maßregeln gegen die Schweden beschlossen, weil vorherzusehen war, dass diese sich in den Ostseestaaten festsetzen und den Krieg dann in diese leiten würden. Man beschloss nun ständischer Seits zwar, dass der Reichstag beschickt werden müsse und hierzu 6.000 Thlr. erforderlich sein würden, es fand sich diese Summe aber nirgends mehr, selbst die Seestädte hatten kein Geld, so dass man sich genötigt sah, das Geld gegen Verpfändung des Amtes Mecklenburg von dem Lübecker Handelsherrn Otto Röder zu leihen. Schwerin wurde auf diesem Landtage durch seine Bürgermeister Ulrich Fabricius und Stephan Reyser vertreten. Zum Reichstage wurden der Landrat Curt von Behr und der herzogliche Rat Johann Cotmann gesandt, die aber bald in große Not kamen, weil das Geld von Otto Röder erst spät einging und sie mit nur 800 Thaler fortgereist waren, welche die Städte Rostock und Wismar als ihren Anteil an den bewilligten 6.000 Thlr. aufgebracht hatten.

Schon im Mai d. J. hatte die Stadt Bremen dem Herzoge 10 Last Roggen geschenkt, welche zu Schiffe in Lübeck angelangt waren. Au 29. Dezember erhielt er ein ähnliches Geschenk von dem Herzoge Jacob von Kurland, bestehend in 10 Last Gerste, 10 Last eingesalzenen Fleisches, 2 Fässern Meth und 2 Last Hafer.

1641. Im Anfange dieses Jahres ließ Adolf Friedrich bei anhaltendem Frostwetter den Neumühlenschen See abfischen und leitete die Anstalten dazu persönlich. Der Reichtum dieses Sees an Fischen war damals so groß, dass gleich mit dem ersten Zuge 1.383 stattliche Brachsen aufgezogen wurden.

Der Herzog hatte eine Verordnung erlassen, nach welcher die Stände des Landes an den allgemeinen Kriegskosten ihren Teil aufbringen sollten. In den Städten sollte diese Verordnung an die Rathäuser geschlagen werden. Der Magistrat zu Schwerin wollte sie aber nicht veröffentlichen und entschuldigte sich mit der notorischen Armut der Bürger. Nachdem der Herzog jedoch gedroht hatte, bei fernerer Weigerung die Gelder durch militärische Exekution einziehen zu lassen, ließ er die Verordnung unter Protestation ans Rathaus schlagen. Schwerlich wird diese Veröffentlichung große Früchte getragen haben; man muss aber auch bedenken, wie den Herzoge zu Mute gewesen sein mag, denn schon am 24. August erhielt er wieder ein Schreiben vom Erzherzog Leopold Wilhelm, der ihn aufforderte, Proviant in Schwerin zu sammeln und ein Magazin anzulegen, da die kaiserliche Armee sich bald dort einfinden werde.

Dieser Brief kam gerade in Schwerin an, als die von Adolf Friedrich einberufenen Stände sich daselbst befanden (August – 3. September). Der Herzog wollte den Rat der Stände und ihre Beihilfe, „wie dies liebe Fürstentum, welches bisher allen hereindringenden und durchziehenden, auch teils dem herren- und dienstlosen Gesindlein gleichsam zur Ausbeute eine Weile her offen gewesen, für die Zukunft sicher gestellt werden könne.“ Die Stände rieten zu Gesandtschaften an den Kaiser und die Königin Christine von Schweden, weigerten sich aber entschieden, dazu mehr als die im vorigen Jahre schon bewilligten 6.000 Thlr. herzugeben, weshalb der Landtag unfruchtbar verlief. Indessen schaffte Adolf Friedrich noch Rat. Nachdem er seine Söhne Christian und Carl, jener 17, dieser 15 Jahre alt, unter dem 3. Oktober vom Kaiser hatte für mündig erklären lassen, verpfändete er das Amt Sternberg an den Major Balthasar von Zülow auf Stieten. Den älteren Prinzen sandte er alsdann mit dem Hofmeister Adolf Friedrich Abraham Kaiser, herzoglichen Archivar, zu einer Ausbildung nach Utrecht, von wo er sich im Juli f. J. weiter nach dem Haag und darauf nach Paris begab, den jüngeren beschloss er zur Königin Christine nach Schweden zu senden, wozu er jedoch erst im folgenden Jahre gelangte.

Wir finden aus diesem Jahre ein Verzeichnis der Güter, welche das St. Jürgen- (St. Georg-), das ehemalige Beguinen-Hospital um diese Zeit besaß. An barem Gelde hatte es 1.150 Mk. ausstehen, dazu 500 Mk. an Barschaft, an Acker 21 1/2Morgen, von denen es 2 Morgen im Pfandbesitz hatte, einen Garten hinter dem Hospital und zwei andere Gärten feldwärts davon, von welchen der eine vermietet wurde, eine Fischwehre im Burgsee, welche 32 Schill. jährliche Pacht trug, eine Wiese hinter dem Hause, welche zur Bleichstätte benutzt wurde und „noch eine Wiese, die Schlachterwiese genannt.“ Außerdem besaß das Hospital noch eine Scheune, feldwärts vom Hause, welche früher ein Krug gewesen war und den Namen „Pippings-Krug“ geführt hatte.

1642 am 1. Februar rückten 4 Regimenter Kroaten unter dem kaiserlichen Oberst Hartmann Goldacker in Schwerin ein, hielten hier jedoch gute Ordnung. Sie zogen auch schon am 3. Februar wieder ab und begaben sich nach Wittenburg. Adolf Friedrich benutzte diese Zeit, um das Schloss Schwerin noch mehr zu befestigen, die Arbeiten wurden aber nicht von Bedeutung und beschränkten sich auf Wiederherstellung einiger verfallener oder beschädigter Basteien. Am 18. September gab der Herzog seinem Sohne Carl das Geleit bis Travemünde, von wo er nach Schweden übersetzte. Er wurde hier von der Königin Christine sehr freundlich und unter vielen Ehrenbezeugungen aufgenommen, erwarb sich auch durch eine Liebenswürdigkeit an dem fremden Hofe viele Freunde, vermochte jedoch an dem allgemeinen Gange der Ereignisse wenig oder nichts zu ändern, wozu auch wohl der Wille der Königin selbst nicht aus gereicht hätte. In seinem Tagebuch bemerkt Adolf Friedrich, dass am 4. März d. J. Berend von Blücher zu Schwerin mit dem Schwerte gerichtet worden sei, weil er vor 15 Jahren einen Bauern getötet habe, und dass am 12. November der Obristlieutenant Adam Schicker als Rat und Kommandant in seine Dienste getreten sei, worüber die schwedischen Heerführer sehr unwillig wurden.

1643 ereignete sich wenig Wichtiges. Im August hatten die Schweden, von Wismar ausrückend, die Festung Dömitz nach mehr tägiger Belagerung und Beschießung von den Kaiserlichen erobert. Jene legten in die wichtigeren Plätze Mecklenburgs Besatzungen und sammelten sich dann in und bei Schwerin, um von hier aus nach Holstein zu ziehen, wo die Winterquartiere nehmen wollten. Am 9. Dezember rückten die Schweden unter dem Feldmarschall Lennart Torstenson in die benachbarten Dörfer ein, der Feldherr selbst nahm sein Quartier in Ostorf. Schwerin wurde erst am 14. Dezember besetzt, als der Generalmajor Wrangel mit dem Gros der Armee und der Artillerie anlangte. Es wurde hier aber nur ein Rasttag gehalten; am 15. setzte sich die ganze Armee in Bewegung und zog in der Richtung nach Gadebusch ab.

1644. Leider lag Mecklenburg stets zwischen zwei Feuern; kaum waren die Schweden abgegangen, so näherten sich schon wieder die Kaiserlichen. Schon im Juli d. J. zogen sie in das Land ein, nahmen ihr Hauptquartier in Grabow und verbreiteten sich von dort bis nach Schwerin hin. Als der Herzog am 7. Juli mit dem Obersten Görz, unter Begleitung weniger Diener, einen Ritt nach Neumühle machte, geriet er unter eine Compagnie Reiter, welche den Obersten sowohl, wie die herzoglichen Diener entwaffneten und rein ausplünderten, sie aber weiter nicht belästigten. Die Kriegführung war überhaupt seit dem Jahre 1640 in diesem Teile Mecklenburgs eine ruhigere geworden; Gräuel, wie in der ersten Zeit der Wut täglich vorfielen, waren selten geworden. Ohne Zweifel war dies durch die Persönlichkeit des Herzog mit veranlasst, welcher das Glück hatte, mit den feindlichen Heerführern immer einen freundschaftlichen Verkehr schließen zu können. Freilich musste er manche Gewalttat stillschweigend hinnehmen. So fing ihm der schwedische Kommandant Erichson, welcher in Wismar stand, den Obristlieutenant Adam Schicker ab, als dieser dem Herzog desertiert, aber wieder ergriffen war und durch dessen eigene Leute von Rostock, wo Adolf Friedrich sich damals aufhielt, nach Schwerin transportiert werden sollte. Wir erfahren nicht, was Erichson mit ihm begonnen habe.

Am 1. Juli d. J. hat der Blitz gerade über den herzoglichen Zimmern in das Schloss zu Schwerin geschlagen, jedoch nicht gezündet und nur einige Beschädigungen am Dache verursacht.

Am 30. Dezember ließ der Herzog feinem Hofprediger, dem Superintendenten Mag. Joachim Walter und den beiden Domgeistlichen Heinrich Bilderbeck und Michael Gutzmer, welche ihre Predigten bis her über die Gebühr verlängert hatten, den Befehl zukommen, sie sollten sich nach der Verordnung richten, dass die Predigt nicht länger als eine Stunde währen solle. Da die Geistlichen sich damit entschuldigten, dass die Organisten und Kantoren hiervon die Veranlassung seien, so wurde dem Superintendenten befohlen, er solle diese vor sich fordern und ihnen einschärfen lassen, sich mit dem Orgelspiele und dem Gesange so einzurichten, dass der Prediger zur Vormittags- oder Hauptpredigt präziese um 8 Uhr die Kanzel besteigen könne. Man hielt um diese Zeit die Mittags- oder die Hauptmahlzeit schon zwischen 10 und 11 Uhr Morgens, wodurch sich jene Verordnung und die frühe Stunde in ihr erklären.

Inzwischen hatten, nachdem der Krieg jetzt 26 Jahre gedauert, die Friedensverhandlungen zu Münster und später zu Osnabrück, aus welchen der s. g. Westfälische Friede hervorging, begonnen. Da es höchst nötig erschien, dass auch Mecklenburg auf diesen vertreten würde, so berief Adolf Friedrich die Stände nach Schwerin, um mit ihnen über die Absendung von Gesandten zu beraten. Am 6. September hatten die Stände zu diesem Zwecke 12.000 Gulden bewilligt, welche sie jedoch nur dann bezahlen wollten, wenn ihren Beschwerden gegen den Herzog (dieser hatte einseitig eine Kontribution ausgeschrieben und von den Renitierenden durch militärische Exekution eintreiben lassen) und seine Landesverwaltung und Gesetzgebung zuvor abgeholfen sein würde. Hierüber konnte man sich aber noch nicht einigen, weshalb die ganze Verhandlung nutzlos verlief.

Der Herzog berief deshalb zum 30. November nochmals die Stände des Herzogtums Schwerin in seine Hauptstadt (die Güstrow’schen Stände tagten diesmal in Güstrow). Aber auch dieser Tag verlief ohne Resultat.

1645 am 17. Januar gingen die Stände aus einander, ohne die Kosten einer Gesandtschaft zum Friedenskongress bewilligt zu haben. Adolf Friedrich hatte zwar seinen Archivar Abraham Kaiser schon auf eigene Kosten dahin gesandt, aber er war außer Stande, ihn dauernd dort zu erhalten, so dass Kaiser zu wiederholten Malen heimzukehren genötigt war. Es gereichte dieser Umstand dem ganzen Lande zum größten Schaden (s. d. J. 1647), da Mecklenburg auf die Friedensbeschlüsse ohne erhebliche Einwirkung blieb und deshalb auch ein Bestes nicht zu wahren vermochte. Auf den Friedensverhandlungen nämlich machte Schweden von Anfang an Anspruch auf den Besitz der Stadt Wismar, welche es immer noch besetzt hielt. Adolf Friedrich erklärte zwar wiederholt, er wolle eher sterben, ehe er den Schweden das beste Kleinod seines Landes überlasse; Abraham Kaiser aber sah die ganze Angelegenheit gleich aus einem anderen Gesichtspunkte an und riet dem Herzoge wiederholt, auf andere Weise eine Entschädigung zu suchen, wozu das Stift Ratzeburg in Vorschlag gebracht war. Die Schweden andererseits erweiterten ihre Forderung bald auch auf den Besitz der Insel Poel mit dem Schloss, welches sich damals auf ihr befand, des Walfisches und des Amtes Neukloster.

Am 29. März erließ Adolf Friedrich eine Verordnung an die Kanzlei, die solle ferner in klaren Schuldsachen, welche auf Hand und Siegel beruhten, keine Appellation gestatten.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin