Geschichte der Stadt Schwerin von 1626 bis 1630

1626. Am 27. August war Christian von Dänemark bei Lutter am Barenberge unweit Goslar von Tilly besiegt worden und warf sich mit einem Teile seiner Truppen ins Mecklenburgische. Die Herzoge kamen hierdurch sehr ins Gedränge. Zwar sagten sie sich von dem Bündnisse des niedersächsischen Kreises los und suchten ihre Neutralität zu bewahren, machten sich aber den Kaiser und seine Generale dadurch zu Feinden, dass sie nichtsdestoweniger die dänischen Truppen heimlich mit Munition versorgten, während sie andererseits dem Einzuge Tillys in Mecklenburg Widerstand zu leisten versuchten.

Am 30. August brannten auf der Schelfe 8 Häuser ab, darunter 2 „adelige Höfe.“ Während dieser Zeit herrschte im ganzen Lande eine große Teuerung und auch die Pest war aufgetreten, die Schrecken des Krieges vermehrend. Alle nahe bei Schwerin gelegenen Dörfer waren gänzlich ausgeplündert, die vier städtischen Bauern zu Lankow konnten ihre Pacht nicht bezahlen, weil ihr Vieh weggetrieben und alles Korn ihnen geraubt war; die Meierei Göhren war von Grund aus verwüstet.


1627. Am 29. Juli überschritt die kaiserliche Armee bei Boizenburg die Elbe; am 2. August begab sich Adolf Friedrich I. mit seiner Familie und dem ganzen Hofstaate nach Wismar und von dort nach Poel. Hier weilte er bis zum 10. Oktober, an welchem Tage der kaiserliche Oberst Arnim die Stadt Wismar mit 1.000 Mann besetzte. Der Herzog kehrte nun nach Schwerin zurück, wo fast täglich Durchzüge kaiserlicher Truppen stattfanden. Am 8. Dezember rückten 2 Compagnien Reiter in Schwerin ein und besetzten die Stadt, mussten aber durch 2 Compagnien Fußvolk unter dem Befehle der Hauptleute Samuel Hoffmann und Lorenz Heyden ab gelöst werden, da die Bürger für die Pferde keinen Unterhalt aufzubringen vermochten. Das Schloss war noch immer im Besitze des Herzogs, welcher im Dezember seine Soldaten bis auf 18 Mann und einen Wachtmeister, der die kommandierte, ablohnte.

Der Einzug der Kaiserlichen vertrieb auch die Domschule bis zum Jahre 1629, da die Lehrer flüchteten und die Schüler sich zerstreuten (s. d. J. 1606).

Der dänische Prinz Bischof Ulrich, welcher wie sein Vorgänger in Bützow residierte, hielt daselbst eine Besatzung dänischer Truppen, auf deren Vertreibung die Kaiserlichen bei ihrem Einmarsche in Mecklenburg gleich Bedacht nahmen. Zum Widerstande zu schwach, musste Ulrich die Stadt verlassen. Er floh nach Dänemark und nahm zur Aufrechthaltung seiner Ansprüche auf das Bistum Schwerin, fast das ganze bischöfliche Archiv mit nach Kopenhagen. Obwohl Ulrich selbst i. J. 1633 in Schlesien, wo er bei den protestantischen Truppen kämpfte, vielleicht auf Wallensteins Betrieb, meuchlerisch ermordet wurde, ist doch das bischöfliche Archiv in Kopenhagen geblieben und durch diesen Umstand die Geschichte des Stifts bis jetzt nur fragmentarisch bekannt geworden.

1628. 1629. Die kaiserlichen Truppen, welche in Schwerin standen, bedrückten die Bürger aufs Äußerste, so dass ein großer Teil der Wohlhabenderen um den Anfang d. J. nach Lübeck und Hamburg flüchtete. Auch das Domkapitel begab sich nach Lübeck und hielt hier am 17. Januar einen Kapitelstag, auf welchem der einstimmige Beschluss gefasst wurde, dass Adolf Friedrichs Sohn Christian zum künftigen Administrator des Stifts postuliert sein solle (s. d. J. 1624). Am 19. Januar erhielt der kaiserliche General Wallenstein, Herzog von Friedland, vom Kaiser Ferdinand das von dessen Truppen besetzte mecklenburgische Land für sich und seine Erben zugewiesen. Die hierüber ausgestellte Urkunde besagt, dass diese Zuweisung geschehen sei, um Wallenstein wegen der großen Forderungen, die er an den Kaiser zu machen hatte, zu befriedigen. Am 26. Januar verkaufte der Kaiser dem Wallenstein förmlich, wie wohl in einem geheimen Verkaufe, das Land nebst dem Bistume Schwerin und allen übrigen geistlichen Stiftern. Mit Bezug hierauf wurde am 1. Februar ein öffentliches Patent an alle mecklenburgischen Untertanen erlassen; der Obrist Altringer und der Rat Walmerode wurden angewiesen, das Land an Wallenstein zu überliefern. Gleichzeitig wurde den Ständen befohlen, diesem als neuem Herzoge zu huldigen. Ein gewaltiger Orkan, welcher am 28. Januar in Schwerin gewütet und auf dem Schloss mehrere Schornsteine niedergeworfen hatte, war das Vorzeichen dieser für die Herzoge traurigen Ereignisse.

Hiermit hörte auch die Rücksicht auf, welche die zu Schwerin liegenden kaiserlichen Truppen bisher noch gegen das Schloss, als die herzogliche Residenz, beobachtet hatten. Am 16. März wurde dasselbe durch Soldaten des Hauptmanns Samuel Hoffmann besetzt. Adolf Friedrich reiste zwar sofort nach Güstrow, wo sich die Wallensteinische Kommission, bestehend aus dem Obristen Heinrich von St. Julian und den Räten Justus Lüders und Heinrich Niemann befand, um gegen den kaiserlichen Gewaltakt Einsprache zu erheben. Doch man nahm auf diese so geringe Rücksicht, dass der Herzog das Vergebliche selbst erkannte, am 1. April nach Schwerin zurückkehrte und am 3. seine Sachen einpacken ließ. Das Archiv musste sein Rat Dr. Oberberg versiegeln, über das Schloss nahm der kaiserliche Gesandte Heinrich Husan, der jüngste Sohn von Johann Albrechts I. berühmtem Rate, ein Inventar auf. Als am 13. April, welches der Ostertag war, der herzogliche Rat Dietrich Barthold Plessen von den Kaiserlichen gefangen nach Dömitz gebracht wurde, verließ auch Adolf Friedrich am 15. seine Hauptstadt, begab sich über Lübz nach Mirow, wo Johann Albrecht II. sich befand, und erhielt hier von dem Obristen von St. Julian, den Wallenstein zu einem Statthalter eingesetzt hatte, den Befehl, dass er bis zum 12. Mai mit seiner Familie nolens volens das Land räumen müsse. Er ging nach Sachsen, wo ihn der Kurfürst freundlich aufnahm.

Im Juli kam Wallenstein selbst nach Mecklenburg und nahm zu Güstrow seine Residenz. Bis zum 20. Juli 1629 blieb er hier und war während dieser Zeit auch häufig in Schwerin, ließ jedoch hier an dem herzoglichen Residenzschloss keinen neuen Bau ausführen, wie früher viel behauptet worden ist. Im Juli d. J. war Adolf Friedrich mit weniger Begleitung über Parchim, nahe an Schwerin und Rehna vorbei nach Lübeck geritten, wo er sich nun aufhielt und die Könige von Dänemark und Schweden (Gustav Adolf) durch wiederholte Gesandtschaften zum kräftigen Einschreiten für sich zu gewinnen suchte. Auch Johann Albrecht II. kam bald darauf nach Lübeck und von hier aus setzten sich beide Herzoge mit den mecklenburgischen Ständen in Verbindung.

1630. Am 29. Januar mussten diese dem Bevollmächtigten Wallensteins den Huldigungseid für den neuen Herzog in Güstrow ableisten. Sie wurden, da sie sich dessen aufs Beharrlichste geweigert hatten, fast mit Gewalt hierzu gezwungen. In Schwerin ereignete sich indessen während des Maimonats das Wunder, dass ein zehnjähriger Knabe, eines Schneiders Sohn, von Entzückung ergriffen wurde und die Leute zur Buße und Besserung ermahnte, indem er auf den offenen Straßen umherlief und geistliche Lieder mit angenehmer Stimme sang. Dazu hielt er Reden in mancherlei Sprachen, auch in der griechischen und hebräischen (!), und verkündete dem staunenden Volke, dass Wallensteins Regiment zu Ende sei, dass die Herzoge bald in ihre Länder zurückkehren würden und Gott schon einen Rächer erwählt habe, der die übermütigen Feinde trafen würde.

Und so geschah es auch bald. König Gustav Adolf von Schweden war mit einem auserlesenen Heere in Pommern gelandet und hatte dort die wichtigsten Plätze besetzt. Im September okkupierte er den Pass zwischen Ribnitz und Damgarten und vertrieb die Kaiserlichen aus den benachbarten Städten, von denen aus seine Generale allmählich weiter vorrücken mussten.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin