Geschichte der Stadt Schwerin von 1620 bis 1625

1620. Am 11. Mai war der König Gustav Adolf von Schweden auf seiner Durchreise nach Berlin, wo er sich mit des Churfürsten Johann Siegismund Tochter Maria Eleonore vermählen wollte, inkognito in Schwerin, besuchte den Herzog im Schloss und blieb die ganze Nacht hindurch im vertraulichen Gespräche bei ihm. Auf seiner Rückreise von Berlin verweilte er vom 24. bis 27. Juni wieder bei dem Herzoge in Wismar und fuhr von Poel aus nach Stockholm hinüber. Der 30jährige Krieg war i. J. 1618 ausgebrochen, hatte aber bis jetzt das nördliche Deutschland noch nicht berührt. Nun sammelte jedoch der König Jakob I. von England ein Hilfskorps, 2.500 Mann stark, welches er seinem Schwiegersohne, dem von den protestantischen Ständen Böhmens zu ihrem Könige erwählten Kurfürsten Friedrich von der Pfalz, zur Hilfe senden wollte. Diese Truppen sollten ihren Weg durch Mecklenburg nehmen. Adolf Friedrich I. aber, welcher der Meinung war, dass er durch strenge Neutralität ein Land vor den Wirren des Krieges würde bewahren können, auch als eifriger Lutheraner die Hülfsvölker eines reformierten Herrschers nicht unterstützen wollte, verlegte ihnen bei Dömitz, wo sie die Elbe überschreiten wollten, durch bewaffnetes Aufgebot der Städte Schwerin, Grabow, Parchim, Neustadt, Crivitz und eines Teils seiner Ritterschaft, den Weg durch Mecklenburg, worauf sie sich ins Lüneburgische wandten und dann durch die Mark weiter zogen.

Am 20. September Abends 8 Uhr langte Gustav Adolfs Braut Maria Eleonora in Schwerin an, reiste von hier am 22. d. M. unter Begleitung der ganzen herzoglichen Familie nach Wismar, und begab sich am 23. über Poel nach Stockholm.


Bei dieser Gelegenheit war auch der Erzbischof von Bremen in Wismar und suchte Adolf Friedrich zu einem Bündnis mit ihm und dem Herzoge Friedrich von Holstein zu bestimmen, worauf sich dieser jedoch nicht einlassen mochte.

Der Winter trat in diesen Jahre sehr früh ein, schon im Oktober herrschte strenge Kälte, die bis Ende Februar 1621 anhielt. Das sog. alte Kommandantenhaus wurde in diesem Jahre vom Herzoge Adolf Friedrich erworben und zur Wohnung des Stadtkommandanten bestimmt, woher es seinen Namen erhalten hat.

1621. Vielleicht war es eine Folge der kalten Witterung dieses Winters, dass sich in diesem Jahre Bären in Mecklenburg zeigten. Da Adolf Friedrich I. ausdrücklich in einem Tagebuche verzeichnet hat, sein Bruder Johann Albrecht II. habe am 14. Januar einen Bären gehetzt, so lässt sich schließen, dass dies ein seltenes Ereignis war.

Die mecklenburgischen Herzoge, der Erzbischof Johann Friedrich von Bremen und Herzog Friedrich von Holstein vereinigten sich 2/18. Juni zur Wahrung ihrer Rechte gegen alle Beeinträchtigungen derselben von Seiten des Königs Christian von Dänemark.

Am 20. Oktober erließ Adolf Friedrich eine renovierte Münzordnung, am 22. d. M. verordneten beide Herzoge, dass am Mittwoch jeder Woche von 8 bis 9 Uhr Vormittags in den Kirchen des Landes Betstunden abgehalten werden sollten.

1621. Schon seit dem Anfange dieses Jahrh. hatte die Schweriner Bürgerschaft sich beschwert, dass die Domschule sich in einem ganz unzureichenden Zustande befinde. Sie wurde deshalb mit anderen Schulen in diesem Jahre visitiert und stellte sich denn allerdings heraus, dass Johann Albrechts Lieblingsschöpfung durch ihre Vereinigung mit der Stiftsschule zu einem bloßen Wrack ihres einst blühenden Zustandes geworden sei. Doch wird die Bürgerschaft von den Visitatoren damit getröstet, dass es überall nicht besser sei, dass es jetzt nur noch sehr wenige gute Lehrer gäbe und dass zu befürchten sei, wenn man jetzt den Rektor entlasse, würde man einen andern bekommen, der noch schlimmer wäre. Die Zeitläufte hätten diese allgemeine Verschlimmerung der Schulen veranlasst; es war die geistliche Scholastik, der die lutherischen Lehrer überall anheim gefallen waren. In kurzer Zeit trat dazu die Not des 30jährigen Krieges, durch welchen die geistlichen Hebungen, auf die die Domschule und ihre Lehrer angewiesen waren, unterbrochen wurden, so dass auch die Schule bald gänzlich darnieder lag (s. d. J. 1635).

Das Visitations-Protokoll ist übrigens nicht uninteressant und gibt manche Aufschlüsse über die damalige Art des Visitierens sowohl wie über die Stellung der Lehrer an der Domschule. Am Sonntage nach der Predigt verkündigte der Superintendent öffentlich von der Kanzel, dass morgen, am Montage, eine Visitation der Kirche und Schule abgehalten werden solle und forderte die Bewohner der Stadt auf den Werke nach ihrer Neigung beizuwohnen. Am Montage hielt derselbe zunächst wieder eine Rede, in welcher er den Zweck der Visitation darlegte, trat dann auf den Chor vor den Altar und ermahnte, die Anwesenden, über das Beste der Kirche und Schule zu wachen. Darauf wurden die Prediger vernommen, ob am Dome in der reinen augsburgischen Lehre gepredigt werde, ob sich in der Gemeinde Leute befänden, welche so öffentlich lasterhaft lebten, dass ihr Lebenswandel gerügt werden müsse, ob bei Verrichtung der Sakramente. Alles gebührlich hergegangen sei? Der Superintendent war selbst Prediger am Dom, weshalb ein College Andreas Sentius über die Fragen die Antwort erstatten musste, auch konnte aus der Gemeinde Jeder mit etwaigen Beschuldigungen, vermochte er dieselben zu beweisen, auftreten. Darauf wurde das Verhalten und der Glaube der Lehrer und Schuldiener geprüft. Manche Missstände kamen an den Tag, besonders gegen den Rektor, Justus Molitor, der sich jedoch energisch verantwortete, und den Cantor Nicolaus Leidholz. Letzterer hatte seine Schule sehr vernachlässigt, er hatte dem Schelfvogt Jacob Jung helfen müssen, Briefe zu schreiben und seine Gäste lustig zu machen, und deshalb oft die Schulstunden versäumt. Er wurde streng ermahnt und versprach Besserung. Der Rektor hatte damals 160 Gulden Einnahme, freie Wohnung und Feuerung, der Konrektor Conrad Reichentrog 80 Gulden, freie Wohnung und Feuerung und eine geringe Einkunft aus Leichengeldern; der Cantor erhielt 60 Gulden, zur Miete 10 Gulden und Leichengelder, der Schreiblehrer- und Organist Georg Oldenburg hatte als Lehrer 10 Gulden, als Organist 40 Gulden Gehalt, erhielt 15 Gulden zur Miete und verdiente noch 20 Gulden nebenbei. Dies sehr geringe Gehalt machte die Stellung der Lehrer namentlich sehr unangenehm; das Geld war damals schon sehr im Werte gesunken, wie Herzog Ulrich den Ständen gegenüber wiederholt geklagt hatte.

1622. Am 7. März verlobte sich Herzog Adolf Friedrich mit Anna Maria, Tochter des Grafen Cuno (Enno ?) von Ostfriesland. Am 4. September fand die Vermählung zu Bremervörde statt, am 8. Oktober der Einzug in Schwerin.

Der Prediger Mag. Friedrich Wetter zu Schwerin hatte die herzoglichen Hofbeamten oft von der Kanzel herab „gar übel traktiert“, weil sie, wie allerdings begründet war, am fürstlichen Hofe ein nichts weniger als mäßiges Leben führten. In seinem Eifer begegnete es ihm aber auch, dass er zuweilen auf ungegründete Berichte hin sie öffentlich tadelte. Dies geschah auch mit dem fürstlichen Burgvogte Hans Schwellengrebel, der sich deshalb beschwerend an den Herzog wandte. Dieser ließ den Prediger am 23. August zu sich rufen, untersagte ihn seinen Unfug unter Strafandrohung der Amtsentsetzung und ernannte am 23. August den Hans Schwellengrebel zum Haushofmeister. Der Mag. Wetter ließ sich übrigens nicht schrecken und wurde bald darauf von seinem Amte suspendiert bis zum Jahre 1624, wo er an Stelle des überraschend nach 18jähriger Amtsführung verstorbenen Mag. Johann Neocorus vom Bischofe Ulrich zum Superintendenten in Schwerin ernannt wurde († als solcher 10. März 1646).

In demselben Jahre wurde ein Mensch, Namens Haus Lias, wegen Diebstahls angeklagt und eingesteckt. Da derselbe aber durch aus nicht gütlich gestehen wollte, wurde die Folter angewandt, auf welcher er denn bekannte, dass er nicht allein Raub und Mord begangen, sondern auch in einigen der Stadt Schwerin benachbarten Dörfern Feuer angelegt und dieselben eingeäschert habe. Auf dies Geständnis hin wurde er zum Scheiterhaufen verurteilt und am 29. Januar 1623 öffentlich verbrannt.

Adolf Friedrich hatte den Kanal, welcher den Schweriner See mit der Ostsee bei Wismar verbinden sollte, die sog. Viechels’che Fahrt, wieder in Angriff genommen. Er interessierte sich persönlich sehr für dies Werk; im Herbste d. J. waren bei Viecheln die Schleusen vollendet.

1623. Nachdem der Kurfürst Friedrich von der Pfalz in Prag den kaiserlichen Heeren erlegen, flüchteten viele protestantische Böhmen ins nördliche Deutschland. Ein früherer Prediger zu Prag, Mag. Kaspar Wagener, kam auf seiner Flucht nach Schwerin, predigte am 11. März d. J. vor dem Herzoge und wurde, da er diesem sehr gefiel, zum Hofprediger ernannt. Die siegreichen kaiserlichen Heere unter Tilly hatten sich zur Verfolgung der protestantischen Parteigänger (Ernst von Mansfeld, Christian von Braunschweig) ins nördliche Deutschland gewandt und näherten sich den Grenzen des niedersächsischen Kreises. Die Fürsten desselben schlossen deshalb im Februar d. J. einen Defensionsbund und bewaffneten sich zum Schutze ihrer Staaten. Adolf Friedrich I. warb einen Trupp Reiter unter dem Rittmeister Christof Stralendorf, welche die Grenze bei Dömitz besetzen sollten; 140 Arquebusiere hatte der Rittmeister Johann Oldenhövet in seinem Auftrage geworben, und eine gleiche Werbung unternahm der Rittmeister Otto Vietinghof auf des Herzogs Begehr. Die Oltenhövetische Compagnie stand in Schwerin, Vietingshofs Reiter wurden nach Neustadt gelegt. Im Dezember d. J. ließ der Herzog durch den Kapitän Lübbecke Fußsoldaten werben. Die Notwendigkeit, sein Land gegen den Grafen von Mansfeld zu schützen, welcher dasselbe besetzen wollte, zwang ihn zu dieser Rüstung, obwohl der Kaiser schon unterm 18. Oktober alle weiteren Rüstungen untersagt hatte. Am 1. Dezember wurde dem Herzoge ein Sohn geboren und am 18. Januar 1624 auf den Namen Christian getauft.

1624. Am 27. März starb zu Bützow der Bischof Ulrich II., dessen Leiche in der bischöflichen Kapelle daselbst beigesetzt, i. J. 1642 aber in das königl. dänische Begräbnis zu Röskilde gebracht wurde. Sein Nachfolger war Prinz Ulrich III., Sohn des Königs Christian von Dänemark, welchem, da er erst 14 Jahre alt war, eine Bistumsverwaltung beigeordnet wurde. Statthalter desselben wurde Volrad von Plessen, dessen Adjunkt Joachim Wopersnow und Kanzler Dr. Heinrich Stallmeister.

Bei dieser Gelegenheit vereinbarte sich Herzog Adolf Friedrich I. unter der Hand mit dem Domkapitel dahin, dass hinfort nur Herzoge von Mecklenburg zu Bischöfen von Schwerin erwählt werden sollten, und zwar wurde zum demnächstigen Bischofe der eben geborene Herzog Christian bestimmt (s. d. J. 1634).

In diesem Jahre wurde Mag. Joachim Walter Hofprediger, später war derselbe Superintendent.

Am 22. Dezember hetzte Adolf Friedrich bei Schwerin, wie er in seinem Tagebuche verzeichnet hat, Bären, Wolf und Dachse.

Der König Jacob I. von England suchte die norddeutschen Fürsten zu einem Bündnis gegen den Kaiser zu bewegen, und sandte zu diesem Zwecke einen Gesandten Robert Anstruter nach Schwerin, der jedoch von Adolf Friedrich keine bestimmte Zusage erhielt. Indes war der König Christian von Dänemark, als Herzog von Holstein, zum Obersten des niedersächsischen Kreises ernannt und schloss mit den außerdeutschen Staaten ein Bündnis gegen den Kaiser. Gewiss gegen den Willen der norddeutschen Fürsten, wenigstens war noch i. J.

1625 Adolf Friedrich einem Bündnisse mit Frankreich durch aus abgeneigt, obwohl Ludwigs XIII. Gesandter de la Picardière ihn im September d. J. dazu zu bereden suchte. Mit diesem Auftreten des dänischen Königs begann nun aber auch für die norddeutschen Fürsten die Zeit des Krieges, welcher ihre Länder verheeren sollte und den mecklenburgischen Herzogen auf längere Zeit den Thron kostete. Die kaiserlichen Generale Tilly und Wallenstein standen schon im Lüneburgischen.

Der Herzog rüstete sich, so gut er vermochte; die Ritterschaft und die Städte des Landes wurden aufgeboten, auch Kriegsbedarf angekauft. Adolf Friedrich war sehr tätig, um den Widerstand zu ordnen; er hielt sich, da am 1. Oktober die Pest wieder in Schwerin ausgebrochen war, in dem Jagdschloss Kraak auf. Am 15. November verordnete er, dass in allen Städten, Flecken und Klöstern täglich um halb vier Uhr Nachmittags eine Betstunde sollte gehalten werden, in der Hoffnung, dass Gott das Land vor der drohenden Kriegsgefahr bewahren werde. Diese brach indessen bald herein. Die städtischen Herden, die Schaf-, Kuh- und Schweineherde, scheinen jede ihren bestimmten Hütungsplatz gehabt zu haben: die Schafherde auf dem Felde nach Lankow hin, die Kuhherde am faulen See herum bis in das Haselholz. In diesem Jahre ereignete es sich nun, dass der Stadtkuhhirte und der Stadtschweinehirte auf der Gemeindeweide am faulen See mit ihren Herden zusammentrafen. Über diesen Eingriff in seine Weide erbost, suchte der Kuhhirte den Schweinehirten mit Gewalt zu vertreiben, und da dieser nicht weichen wollte, entstand ein Kampf, in welchem ihn der Kuhhirte totschlug. Zum Gedächtnisse an dies Ereignis wurde an dem Orte des Mordes ein Kreuz errichtet, dort, wo jetzt die neuen Anlagen sind, an der Nordwestseite des Faulen Sees. Es wurde nun die Verordnung erlassen, dass jeder Hirte nur an bestimmten Tagen der Woche dies Weidegebiet abtreiben solle, wobei er an Faulen See zu beginnen, dann nach dem Haselholze hinunter zu treiben und gegen Mittag die Herde nach der dazu bestimmten und eingerichteten Stelle am Faulen See zurückzuführen habe.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin