Geschichte der Stadt Schwerin von 1578 bis 1589

1578 am 30. April starb der Bürgermeister Johann Pauli, ein tüchtiger und gebildeter Mann, dessen Sohn Simon Pauli, früher Prediger zu Schwerin, später Professor zu Rostock, schon mehrfach erwähnt wurde. Sein Nachfolger hieß Georg Fueß oder Fuse.

1580 am 12. März kam der Churfürst August von Sachsen mit seiner Gemahlin Anna, seinem Sohne Christian und einem großen Gefolge (er hatte mehr als 500 Pferde bei sich) in Schwerin an. Er wollte von hier am nächsten Tage über Lübeck zu Lande durch Holstein nach Dänemark ziehen; unbekannte Gründe jedoch hinderten ihn an der Ausführung dieser Reise. Er blieb 3 Tage zu Schwerin, wo er von der jungen Herrschaft, Herzog Johann VII, der also damals anwesend gewesen sein muss, gastfrei empfangen und nebst einem Gefolge fürstlich bewirtet wurde, und ging als dann über Dömitz durch die Mark nach Dresden zurück.


Seit dem Juni d. J. suchte eine bisher unbekannte Krankheit das ganze Europa heim, welche der gemeine Mann den „spanischen Pipp“, die Ärzte lues endemica hießen. Sie begann mit Kopfschmerz und Katarrhalfieber, worauf sich der Appetit verlor und starker Husten mit Brustschmerzen folgte. Die Krankheit forderte überall viele Opfer; im Oktober herrschte sie zu Schwerin, wo zwar gleichfalls viele Menschen an ihr erkrankten, die meisten derselben aber wieder genasen. Unter den Gestorbenen nennt Hederich den Doktor der Medizin und Apotheker Michael Derger († 15. Oktober) und der Hofmeister der herzoglichen Witwe Anna Sophia, Hans Rexin († 16. Oktober.)

1582 zog Herzog Ulrich mit einer Gemahlin und den beiden jungen Herzogen von Mecklenburg-Schwerin zum Reichstage nach Augsburg. Am 10. Mai reisten sie mit einem ansehnlichen Gefolge (der ganze Zug zählte 200 Pferde, darunter 150 Wagen- und 70 Leibpferde) durch Schwerin, am 13. Juni langten sie in Augsburg an, wo die Fürsten ihre Wohnung in dem stattlichen Hause des Bürgers Melchior Heimhofer nahmen. Am 30. August waren sie wieder in Schwerin, wo zur Ehre der Herzöge und ihrer glücklichen Ankunft in der Kirche die Komödie vom Falle des Adam und der Eva aus dem Gedichte Divi Bernhardi aufgeführt wurde. Solche Aufführungen fanden öfter statt zur Verherrlichung fürstlicher Einzüge in eine größere Stadt; z. B. wurde i. J. 1573, als die Herzoge nach ihrer Versöhnung in Rostock einzogen, die Komödie de divite et Lazaro in Luca (vom reichen Manne und armen Lazarus nach Lucas), und i. J. 1576 den Könige von Dänemark zu Ehren eine ähnliche aufgeführt, das letztere Mal auf dem Hopfenmarkte.

1583 erließ das Domkapitel eine Stuhlordnung für die Kirche, da es nicht selten vorgekommen war, dass die Besitzer ihre Kirchenstühle verkauft, manche Andere neue Stühle gebaut hatten, wo sie gerade Platz gefunden hatten, und dadurch die Kirche besonders um die Kanzel und den Altar her fast völlig zugebaut war.

Während des ganzen Sommers hatte die Pest in Mecklenburg geherrscht und war im Juni auch in Schwerin aufgetreten, jedoch ohne gerade sehr verderblich zu werden. Desto stärker grassierte sie hier im folgenden Jahre

1584, wo sie in allen Straßen zahlreiche Opfer forderte. Die Schulen mussten geschlossen werden, da die fremden Knaben sich in ihre Heimat begeben hatten, und wurden erst im Januar 1585 wie der eröffnet.

Der Rat der Stadt beabsichtigte in diesem Jahre, auf dem Göhrener Felde eine Stammschäferei anzulegen (s. d. J. 1282). So bald er den Bau derselben begonnen, geriet er aber in Zwistigkeiten, wahrscheinlich mit der Landesherrschaft, welche sein Anrecht an das Feld bezweifeln musste, da dasselbe seit langer Zeit nicht geltend gemacht war, (s. d. J. 1590)

1585. Die Stuhlordnung des Domkapitels vom Jahre 1563 hatte wohl nicht viel geholfen. Der große Chor, welcher fast die Hälfte der Kirche einnahm und so dicht ummauert war, dass man nicht sehen konnte, was auf ihm vorging, wurde deshalb durchbrochen, und zugleich ließ die Administration die Chorgitter und Altäre des katholischen Gottesdienstes entfernen. In die Mitte der Kirche vor den Altar wurden Bänke für die Schüler aufgestellt, damit sie den Gottesdienst fleißig besuchen und die Predigt aufschreiben könnten. Oben auf der durchbrochenen Mauer wurde ein „oberer Chor“ errichtet, eine hölzerne Galerie für den Sängerchor und den Konrektor. Unten, am Fuße desselben, in der Nähe eines kleineren, zur Liturgie gebrauchten Altars saß der Coetus der Schüler mit dem Rektor, und während der Predigt kamen auch die Sänger, um sitzen zu können, nach unten. Die Kanzel lag damals 2 Pfeiler weiter westlich, als jetzt, da wo noch die Inschrift am Pfeiler steht.

Von dem Stifte zu Schwerin gingen die Appellationen in Gerichtssachen bisher an das herzogliche Land- und Hofgericht, bei welchem der Propst des Stiftes Beisitzer war. Der jetzige Dompropst aber, Otto Wackerbart, suchte diese Appellationen zu verhindern, weil das Stift ein Reichsstand sei und selbst die höhere Entscheidung abgeben müsse. Hierüber entstand i. d. J. ein Prozess beim Reichs-Kammergericht, welches freilich Wackerbarts Anmaßung zurückwies, aber trotzdem entstanden den Herzogen noch manche Streitigkeiten aus derselben mit dem Domkapitel, namentlich unter dem Bischof Ulrich II., welcher Wackerbarts Behauptung mehrfach wieder aufstellte und das Stift vom herzoglichen Hause unabhängig zu machen strebte.

Am 28. Mai 1585 starb der Kammersekretär Joachim Plessen, nachdem er in seinem Testamente ein dreijähriges Stipendium für einen armen tüchtigen Studenten errichtet hatte. Auch setzte er die Summe von 200 Thlr. aus, von deren Zinsen sonntäglich und an allen Tagen, wo gepredigt würde, Brot unter arme Leute verheilt werden sollte. Sein Beispiel veranlasste andere mildherzige Einwohner zu einer Geldsammlung, von der in jedem vierten Quartal an 12 arme im heil. Geist-Hospitale befindliche Personen oder sonst an recht arme Leute verteilt werden sollte. Die Empfänger mussten sich sogleich nach erhaltenem Almosen in die Kirche begeben und dort „ein andächtiges Vater Unser für alle gemeine Stände und der ganzen Stadt Not und Anliegen“ beten.

Es starb in diesen Jahre der Superintendent Mag. Franz Stüler (Stulerus), an dessen Stelle der Mag. Johann Neovinus, ein Holsteiner, bisher Prediger in Rostock, berufen wurde.

Am 12. September versammelten sich die Herzoge Ulrich, Johann VII. und Sigismund August, die Herzogin-Witwe Anna Sophia, die sächsischen und brandenburgischen Gesandten und die holsteinischen Räte zu Schwerin. Herzog Ulrich legte hier die Vormundschaft nieder, und Johann VII. übernahm die Regierung, während der jüngere Herzog Sigismund August mit einigen Ämtern apanagiert wurde. Dieser nahm seit dem 20. Mai 1586 seinen Sitz zu Ivenack. Die Verhandlungen, durch welche beide Brüder in Grundlage des väterlichen Testamentes verglichen wurden, fanden seit dem 9. Mai 1586 auf dem Schloss zu Schwerin statt, und hier sah man während derselben am 18. Mai den Rauch des großen Feuers, welches an diesem Tage 282 Wohnhäuser in der Altstadt Parchim in Asche legte. – Zu seinem Kanzler ernannte der junge Herzog den bewährten Andreas Mylius (bis 1587).

1587. Auf ihren Gütern, dem städtischen Felde, den Feldmarken Zippendorf und Göhren, auch auf einem Teil der ostorfer Feldmark, hatte die Stadt bisher die Jagd ausgeübt. Da sich aber in der Nähe dieser Feldmarken, namentlich in Consrade und Krebsförden fürstliche Wildbahnen befanden, welche durch die städtische Jagd beeinträchtigt wurden, so vereinbarte sich die Stadt mit dem Herzoge Johann VII. dahin, dass sie künftig nur die niedere Jagd auf dem städtischen Binnenfelde, ferner dem Thurnower Felde, im Rieper Holze und auf dem Zwange, soweit die Grenze des städtischen Außenfeldes sich erstrecke, ausüben wolle. Dagegen entsagte sie, ohne jedoch ihr Recht damit aufzugeben, zu Gunsten des Herzogs aller Jagd auf der Zippendorfer, Ostorfer und Göhrener Feldmark, sowie auch der hohen Jagd auf der ganzen städtischen Feldmark und in den städtischen Holzungen; ferner der Vogeljagd auf den Seen und Teichen bei Schwerin. Die Jagdgerechtigkeit auf der Zippendorfer und Göhrener Feldmark blieb der Stadt, auch ihre Ausübung fiel später wieder an sie zurück und wurde alsdann durch einen städtischen, in Zippendorf wohnenden Förster betrieben.

Das frühere Beguinen-Hospital St. Georg vor Schwerin hatte eine Fischwehre im Burgsee besessen, welche bei dem Hause geblieben, und als dies zum Armenhause gemacht worden war, diesem beigelegt war. Im J. 1587 pachtete Herzog Johann VII. diese Fischwehre von der Armenkasse für eine jährliche Pacht von 1 Thlr. und ließ sie aufreißen, weil er die Absicht hatte, „den Burgsee zu einem Hägesee zu machen“, auf dem fortan keine Fischerei mehr betrieben werden solle. Die Wehre lag im Burgsee von der Schlachterwiese am Ende des Fließgrabens an hinter den Grundstücken, welche jetzt zum städtischen Armenhause gehören, und hinter den folgenden, welche bis zum Hause des Gastwirts Dahl sich erstrecken; ihrer Ausdehnung nach war sie aber schon früh zweifelhaft (nach einer Zeichnung v. J. 1763, s. d. J.)

1588. Am 17. Februar vermählte sich zu Reinbeck in Holstein Herzog Johann VII. mit Sophia, der Tochter Herzog Adolfs von Holstein; am 25. Februar fand die feierliche Heimführung in Schwerin statt, welcher die Herzoge Ulrich von Mecklenburg und Franz von Sachsen persönlich beiwohnten. Bei dieser Gelegenheit wurde Andreas Mylius, welcher ein Kanzleramt an den Dr. Michael Groß, früher herzoglichen Fiskal zu Rostock, abgegeben hatte, aber des Herzogs vertrauter Rat geblieben war, auch zum Rate des Herzogs von Holstein ernannt.

In demselben Jahre wurde der neue Schweriner Scheffel eingeführt. Früher maß man mit einem kleineren, gehäuften Scheffel, von dieser Zeit ab wurde der Scheffel um soviel vergrößert, dass er bei gestrichenen oder Schlichtmaße ebensoviel enthielt, wie der ältere gehäufte Scheffel.

Auch mit der Apotheke fand eine große Veränderung statt. Bisher war dieselbe im Besitze von Leuten gewesen, welche von der Apothekerkunst keine große Kenntnisse besessen hatten, wie der Umstand bezeugte, dass man bei ihrer Revision eine große Menge verdorbener Medikamente fand. Jetzt wurde dem Jacob Seyfried aus Memmingen, welcher in den größten Apotheken Deutschlands, zuletzt in Bremen, konditioniert hatte, in Schwerin ein Privilegium erteilt. Die Apotheke wurde ganz neu eingerichtet, alle verdorbenen Medikamente ließ man öffentlich auf dem Markte verbrennen. Seyfried war aber nicht bloß Apotheker, sondern auch ein erfahrener Arzt und wurde gleich zum Leibarzt der Herzogin Witwe sowohl, wie des jungen Herzogspaares ernannt. Durch seine Geschicklichkeit hob sich, wie Hederich schreibt, der Gesundheitszustand in Schwerin zusehends, so dass sich eine Praxis auch auf die umliegenden Dörfer und Städte erstreckte und um so wohltätiger wirkte, als früher eigentlich noch gar kein Arzt dauernd in Schwerin gewohnt hatte.

In dem Gebäude der früheren Burgschule, vormaligen Franziskanerkloster, wurde in diesem Jahre die Justiz-Kanzlei eingerichtet und blieb hier bis zum Jahre 1715.

Am 15. Oktober starb der Stadtrichter Peter Hanike nach 15jähriger treuer Amtsführung. Sein Nachfolger hieß Johann Wolder oder Wolter.

Am 15. Dezember wurde dem Herzoge Johann VII. ein ältester Sohn geboren, welcher am 2. Februar 1589 getauft und Adolf Friedrich genannt wurde.

1589. Seit dem Jahre 1553, in welchem das Domkapitel reformiert worden, hatte die Nicolaikirche auf der Schelfe wüst gestanden und war mehr und mehr zerfallen. Die kleine Gemeinde hatte einen eigenen Prediger nicht erhalten können, besuchte vielmehr für gewöhnlich den Gottesdienst in der Domkirche, und nur selten war während der letzten Jahre von einem der Domprediger eine Rede in der Schelfkirche gehalten worden. Auf die Bitten des Domkapitels ließ nun Herzog Ulrich, als Administrator des Stifts, den Subrektor der Domschule Joachim Mankmuß zugleich als Prediger an der Nicolaikirche bestellen. Er sollte an jeden Sonntage und an den Kirchenfesten Nachmittags vor der Vesper hier eine Predigt halten; die Austeilung der Sakramente jedoch blieb den Predigern an der Domkirche. In Folge dieser Einrichtung wurde auch das verfallene Innere der Nicolaikirche restauriert, eine neue Kanzel und neue Kirchenstühle erbaut und die Pfarre mit einer mäßigen Dotierung versehen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin