Geschichte der Stadt Schwerin von 1570 bis 1575

1570 ließ das Domkapitel einen neuen Predigtstuhl (Kanzel) mit schönen Figuren und auserlesenen Sprüchen aus der heiligen Schrift geziert, im Dome erbauen. Der Bauherr hieß Burchard Schmidt, der Baumeister Johann Baptista Parr. Die Domherren waren: Heinrich v. d. Lühe, Propst, Joachim Bobersnow, Dechant, - Balthasar Schöneich, Senior, Arnd von Weige (von der Wendese), Otto Wackerbart, Georg Hübner, Bernd von Dannenberg, Canonici, deren Wappen auf einer Seite des Pfeilers neben dem Wappen des Stifts angebracht wurden. Die Inschrift lautete: Docendi propagandique salutiferi verbi ergo Canoniei hujus Ecclesiae hoc suggestum suis sumptibus posuerunt. Anno 1570. (Zur Lehre und Ausbreitung des heilbringenden Wortes haben die Domherrn dieser Kirche auf ihre Kosten diese Kanzel errichten lassen)

Laut eines Zeugenprotokolls besaß die Stadt Schwerin im Dorfe Lankow ein Erbe, aus 3 vollen Hufen*) bestehend, nebst 3 Katen, zu welchen 21 Morgen Acker gehörten. Das Erbe, welches in diesem Jahre wüst war, lag zwischen dem See und der alten Landstraße, der dazu gehörige Acker zwischen Lankow und Warnitz. Der Katenacker lag auf der anderen Seite des Dorfes links an der Gadebuscher Landstraße.


*) In etwas späterer Zeit rechnete man hier die Stadthufe auf Kleiboden zu 21, auf Mittelacker zu 30, auf Sandfeld zu 60 Morgen Acker, den Morgen zu 300 OR. (60 R. lang und 5 R. breit), die Ruthe zu 16 Schuh oder 8 Ellen. Auf den Morgen sollten am Einsaat kommen 4 Scheffel Roggen oder Weizen, 4 Scheffel Gerste, 3 Scheffel Erbsen, 5 Scheffel Hafer („mit dem Roggenscheffel gemessen und gestrichen“), sonst 7 Scheffel Hafer.

Am herzoglichen Hofe hatte der ränkevolle Ritter Friedrich Spedt schon seit längerer Zeit eine sehr zweideutige Rolle gespielt und die wackersten Räte des Herzogs des Verrates beschuldigt. Dadurch waren manche Misshelligkeiten entstanden, die außer Spedt auch Johann Albrechts Geheimschreiber Molinus veranlasst hatte. Da nun der Kanzler Husan und Andreas Mylius, welcher damals die Aufsicht über den Unterricht der Prinzen führte (Lehrer war Johann Cajelius), hauptsächlich von Spedt beleidigt waren, so ordneten sie eine scharfe Untersuchung an, welche mit ihrer Rechtfertigung und der Bestrafung des Molinus endigte, während Spedt sich derselben durch die Flucht entzog. Johann Albrecht selbst war im April d. J. zum Kaiser nach Prag und darauf wegen der Schlichtung einer Streitigkeiten mit Rostock zum Reichstage nach Speier gereist, von wo er am 28. Dezember wieder in Schwerin anlangte.

1571 wurde der Superintendent Peristerus nach Wismar versetzt und erhielt zum Nachfolger Mento Gongrevius. Auch die Hof predigerstelle wurde nach Christof Hoffmanns Tode neu besetzt mit dem Mag. Martin Burggraf († 1572.)

Es wurden in diesem Jahre die Superintendenturen des Landes errichtet, nämlich zu Wismar für das Herz. Mecklenburg, zu Güstrow und Parchim für das Fürst. Wenden, zu Rostock für das Land Rostock, zu Neubrandenburg für das Land Stargard und zu Schwerin für die Grafschaft Schwerin. Letztere umfasste das Bistum und die Städte und Ämter Schwerin, Hagenow, Walsmühlen, Wittenburg, Zarrentin, Boizenburg und Crivitz, beschränkte sich später aber auf das Bistum allein mit den Städten und Ämtern Schwerin, Bützow und Warin.

1572 starben der Rektor und Rat Mathias Marcus Dabercusius, welchen Herzog Johann Albrecht auf eigene Kosten feierlich in der Domkirche bestatten ließ und nebst seiner Familie und dem ganzen Hofgesinde zu Grabe geleitete, und der Bürgermeister Peter Sander. Rektor der Schule wurde nach Dabercusius’ Tode, jedoch erst i. J. 1574, nachdem er die Stelle 2 Jahre lang verwaltet hatte, Bernhard Hederich. Dabercusius hatte in der Burgstraße gewohnt, wahrscheinlich im zweiten Hause neben dem Kommandantenhause; sein Haus wurde 1574 an den herzoglichen Hofmeister Heinrich Pelican verkauft.

In diesem Jahre begann unter Leitung des Baumeisters Christof Parr der Bau des fürstlichen Stuhles in der Domkirche, der Kanzel gegenüber (das sog. adelige Chor). Derselbe wurde i. J. 1574 vollendet. Die Kanzel lag damals 2 Pfeiler weiter nach Westen hin als jetzt, an dem Pfeiler, welcher jetzt noch die beim Jahre 1570 erwähnte Inschrift trägt.

Auch auf die Verschönerung der Burgfreiheit war der Herzog bedacht, indem er auf derselben einen Garten anlegen ließ. An der südwestlichen Seite dieses Platzes lag damals der „lange Stall“, ein uraltes, massives Gebäude, welches als Reithaus benutzt wurde. Neben ihm stadtwärts, am Burgtore, stand die fürstliche Hausvogtei, vor welcher an der Burgtorbrücke die Kriminalstrafen vollzogen wurden. Hinter der Reitbahn und der Hausvogtei lag eine Schmiede, die Bahnschmiede. Westlich war der Platz durch die städtischen Mauern und einen Graben abgeschlossen, nördlich stand der Ritterhof die Splittsburg oder Ravensburg, vor welcher sich um 1570 der Baumeister des Schlosses, Franz Parr, ein Haus gebaut hatte.

Johann Albrechts I. glänzende Regierung und Hofhaltung hatte bedeutende Summen gekostet und eine fürstliche Schuldenlast verursacht, welche dem Herzoge viele Leiden verschaffte. Er wünschte nämlich die Stände zu bestimmen, dass sie die Schulden als Landesschulden übernehmen möchten, und daraus entstanden ihm, da die Stände sich nicht dazu entschließen wollten, langjährige Verdrießlichkeiten. Diese hatten eine Gesundheit in hohem Grade angegriffen, so dass er, als er um diese Zeit in eine schwere Krankheit verfiel, sein Testament auf setzte. Zwar genas der Herzog wieder, doch blieb er bis zu einem Tode häufigen Erkrankungen ausgesetzt.

Zum Lehrer eines jüngeren Sohnes Sigismund August berief Johann Albrecht jetzt den gelehrten und bewährten Jugendlehrer Heinrich Siberus aus Zwickau, welcher früher Lehrer der Söhne des Grafen Johann Georg I. von Mansfeld-Eisleben und darauf Lehrer der bei den Söhne des Herzogs Johann Wilhelm von Sachsen-Weimar gewesen war. Den älteren Schwerinschen Prinzen Johann unterrichtete Caselius. Hofmeister beider Söhne war seit 1. August 1570 Heinrich Pelican, ein märkischer Edelmann, bieder und brav, welcher dem Herzoge schon seit 1555 gedient hatte.

1573 wurde Mag. Matthäus Bömus (Böhm) Hofprediger zu Schwerin, wo er bis 1576 blieb und dann als Superintendent nach Parchim versetzt wurde.

Herzog Ulrichs Stiftsschule war nahe daran, „dass sie ganz zerrinne und keine Knaben behalte.“ Der Konrektor Valentin Rudolph sollte verabschiedet werden, der Rektor Joachim Bungerus hatte gekündigt, der Kantor war gänzlich untüchtig. In dieser Not machte das Domkapitel dem Herzoge den Vorschlag, er möge diese Schule mit Johann Albrechts Fürstenschule vereinigen, zumal „zwei Schulen für die Stadt Schwerin zu viel wären; es müsse hier nur eine Schule bestehen.“ Herzog Ulrich hatte aber zu dieser Vereinigung keine Lust, weil er seinem Bruder keine Gelegenheit bieten wollte, sich in die Angelegenheiten des Stiftes zu mischen (s. d. J. 1576).

1574 hatten sich Johann Albrechts körperliche Leiden so gesteigert, dass er den Rat der Ärzte Caspar Nävius aus Leipzig und Christof Leuschner aus Meissen erbat. Diese waren beide persönlich nach Schwerin gekommen, vermochten aber nicht seine Krankheit zu mildern und ihm Hoffnung auf Genesung zu machen.

1575 wurde der Rathausturm vollendet (s. d. J. 1567) Am 11. April trat der Kanzler Heinrich Husan wegen körperlicher Schwäche aus dem herzoglichen Dienste und wurde Syndikus der Stadt Lüneburg; er starb hier i. J. 1587.

In der ersten Klasse der Schule ließ der Herzog eine besondere Abteilung für seine Söhne einrichten, damit sie an den öffentlichen Vorträgen Teil nehmen könnten. Es geschah dies zum Beweise seiner Zufriedenheit mit den Leistungen der Schule, in welcher er kurz vorher selbst eine Prüfung der Schüler abgehalten hatte, welche bis an den dritten Tag gewährt. Es sollte der letzte Besuch sein, welchen der Herzog dieser einer mit besonderer Vorliebe gepflegten Schöpfung machte.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin