Geschichte der Stadt Schwerin von 1555 bis 1558

1555 am 24. Februar feierte Johann Albrecht I. seine Vermählung mit Anna Sophie, (geb. 1527), Tochter des Herzogs Albrecht von Preußen. Eine große Menge von Gästen fand sich zu derselben ein, und da Schwerin für diese damals noch viel zu klein war, so fand die Festlichkeit in Wismar statt. Großer Glanz wurde dabei entfaltet; A. Mylius hielt vor vielen Fürsten und Herrn die lateinische Festrede.

Zum Hofprediger an der Kapelle auf dem Schloss wurde Johannes Glaser (Hyalinus) berufen, welcher früher Prediger an der St. Johanniskirche in Torn gewesen war. Am Schloss zu Schwerin hofwärts wurde in diesem Jahre der Windelstein (das Portal) an. das lange Haus gebaut, welcher vor dem Tanzsaale ein kleines Zimmer enthielt, in den Herzog Johann Albrecht I. seine Feuergewehre aufbewahrte. Solche Windelsteine wurden überhaupt jetzt häufig gebaut, um die Treppen aus den Sälen, vor welchen sich keine Flur befand, zu entfernen. David Chyträus, der größte Theologe Mecklenburgs, welcher im J. 1551 als Professor der Theologie nach Rostock berufen war, hatte in diesem Jahre „eine Lobrede von der Stadt Swerin, darin die jungen Herzogen von Mecklenburg ihre Hoffhaltung haben“, verfasst und von dem Studenten der Theologie Simon Pauli, einem geborenen Schweriner, dem Sohne des Bürgermeisters Johannes Pauli, öffentlich halten lassen. Hederich hat diese, nach der Sitte damaliger Zeit sehr bombastische lateinische Lobrede in deutscher Übersetzung aufbewahrt; wir entnehmen aus ihr nur dasjenige, was uns von Interesse zu sein scheint.


              [siehe dazu Kapitel 24]

1556 starb der Hofprediger Johannes Glaser und erhielt den Mag. Christof Lange oder Langner zum Nachfolger, welcher früher in Königsberg Prediger gewesen war. Nachdem die Klöster seit dem Jahre 1552 aufgehoben, waren die Besitzungen derselben größtenteils an die Landesherrschaft zurück. gefallen. Als nun aber Johann Albrecht I. und Ulrich das Land unter sich geteilt hatten, entstand wegen der früheren geistlichen Besitzungen manche Zwistigkeit unter ihnen, welche durch den Schiedsspruch zu Neu-Ruppin am 1. August d. J. beigelegt wurden, der auch die Landesteilung selbst bestätigte. Johann Albrecht nahm von nun an eine beständige Residenz im Schloss zu Schwerin; bisher hatten die Fürsten noch immer häufig ihre Aufenthaltsorte verändert. Seine erste Sorge war nun auf die genügende Befestigung des Schlosses gerichtet. Mit solcher wurde 1557 begonnen; es wurden am Wasser Blockhäuser errichtet und Basteien angelegt, auch die Brücke mit zwei Zugbrücken versehen, während zugleich das Franziskanerklöster in der Stadt abgebrochen wurde. Die Brücke vor der Burg muss in sehr schlechtem Zustande gewesen sein; denn i. J. 1555 fiel der Herzog, als er darüber gehen wollte, so arg, dass er längere Zeit hinkend blieb.

Der Prorektor der Fürstenschule, Hieronymus Rivius, legte in diesem Jahre sein Amt nieder, und wurde an seine Stelle der Mag. Bernhard Hederich berufen, i. J. 1533 zu Freiberg in Meißen geboren und Verfasser der ältesten Chronik von Schwerin.

Der Prediger Christof Langner war ein eifriger Lutheraner und hatte schon früher in Königsberg viele Streitigkeiten mit den Anhängern des dem Calvinismus sich zuneigenden Dr. Andreas Osiander gehabt. Wegen dieser Streitigkeiten hatte er, da der Herzog von Preußen dem Osiander geneigt war, Königsberg verlassen müssen. Auch zu Schwerin erregte er bald allerlei Hader, namentlich gegen den Dr. der Rechte Justus Jonas, welcher sich bemüht hatte, der Calvinischen Lehre vom Abendmahle und der Rechtfertigung Ein gang zu verschaffen. Es war eine Zeit, wo auch in Norddeutschland verderbliche Spaltungen zwischen den Protestanten, die Sektiererei und Sakramentiererei, begannen. In Schwerin verliefen diese Zwistigkeiten jedoch verhältnismäßig ruhig, da der Herzog das reine Luthertum schützte, andererseits aber auch gegen die Sektierer nicht übermäßig strenge auftrat. Justus Jonas war ein Hofrat und Gesandter, als welcher er noch länger in herzoglichen Diensten blieb, ließ sich aber später wegen der Grumbachschen Händel vielfache zweideutige Handlungen zu Schulden kommen und wurde deshalb 1567 zu Kopenhagen hingerichtet.

Übrigens strebten beide Herzöge ununterbrochen nach der Befestigung der Reformation in ihren Ländern, ließen wiederholt die Kirchen visitieren, veröffentlichten in diesem Jahre eine plattdeutsche Kirchenordnung (ältere waren schon 1552 und 1554 publiziert), und Johann Albrecht I. ließ durch A. Mylius eine lateinische Übersetzung der Bibel anfertigen, wofür dieser einen Ehrensold von 2.000 Thlrn. erhielt. Um diese Zeit wurden in den höheren Schulen jährlich zweimal „Komödien gespielt“; nach einem Ausgabe-Register gab Johann Albrecht I. am 25. Februar 1557 an die Schüler der Schule zu Schwerin für diesen Zweck 10 Thlr. Man beabsichtigte hiermit, die Schüler in der lateinischen und griechischen Sprache zu üben, und ließ Komödien aus dem Plautus und Terenz oder Dialoge des Lucian aufführen.

1558 war ein hartes Jahr für die Stadt Schwerin, da ein bedeutender Teil derselben wieder durch einen großen Brand eingeäschert wurde. Man erzählt dies Ereignis folgendermaßen: Der Domprediger Joachim Kükenbieter hatte eine Tochter, welche am Hofe erzogen und später an einen Kaufmann Hans Schulz, der am Markt im dritten Hause von der großen Apotheke wohnte, verheiratet war. Der fürstliche Hofmarschall hatte sie bei Hofe kennen gelernt und besuchte sie nach ihrer Verheiratung so häufig, dass daraus nachteilige Gerede entstanden und man sie bald öffentlich des Ehebruchs beschuldigte, eine Beschuldigung, die auch, wie Hederich hinzufügt, unleugbar war. Als Kükenbieter dies Gerücht erfuhr, ward er sehr zornig, glaubte es zwar nicht, vergaß sich aber so weit, dass er – es war am 21. August d. J. – die Sache auf der Kanzel zur Sprache brachte und sich hoch und teuer verschwor, wenn seine Tochter des Ehebruchs schuldig sei, so sollten der Donner und Blitz in ihr Haus schlagen. Gegen Abend nun zog ein Gewitter über die Stadt und zündete der Blitz wirklich in Hans Schulzes Hause, woraus, da gerade sehr starker Wind herrschte, ein großes Feuer entstand, welches die Häuser um den Markt samt dem Rathause, die Straße nach der Schelfe hin, die Gassen hinter dem Rathause nach der Neustadt (den Mooren) hin, im Ganzen 44 Wohnhäuser innerhalb 4 Stunden in Asche legte. Auch der Fürsten Zehnten-Scheune, welche in der Nähe des Domes lag, brannte mit nieder. Sie wurde hier nicht wieder aufgebaut, vielmehr ließ nun der Herzog an der Stelle der früheren Kirche des Franziskanerklosters ein „Kornhaus“ aufführen, welches zum größten Teile die Lieferungen auf nahm, die in natura, namentlich von den fürstlichen Domänen eingingen. Am Ende des 17. Jahrh. wurde dies Gebäude als fürstliches „Wagen- und Kornhaus“ neu aufgebaut.

Herzog Johann Albrecht I, welcher sich damals nicht in Schwerin befand, hatte schon früher seinen Beamten befohlen, dass sie mit Schulzes Frau nach dem Rechte verfahren und sie, falls sie schuldig befunden werde, in einem Sacke dem Schwerinschen See anbefehlen sollten. Dies hatten die Beamten aber, wahrscheinlich aus Rücksicht gegen den verdienstvollen Prediger Kükenbieter, unterlassen. Als nun der Brand stattgefunden, welchen Jedermann in Anbetracht der ihm voraufgegangenen Ereignisse als ein Gottesgericht erkannte, so schrieb der Herzog eigenhändig an seine Beamten: „Straffet die Obrigkeit nicht, so straffet Gott. Darumb meine Arme zehend Scheune auch mit hat herhalten müssen.“

Kükenbieter wurde in Folge dieses Ereignisses seiner Stelle entsetzt, doch verfuhr Johann Albrecht I. sehr milde mit ihm und gab ihm die gerade erledigte Predigerstelle zu Neubrandenburg wieder, wo er im folgenden Jahre Superintendent wurde und noch bis 1566 lebte. Die Tochter aber flüchtete eiligst aus Schwerin, trieb sich einige Jahre flüchtig in der Mark herum und starb in großer Armut und Verachtung zu Lychen.

An der Stelle des abgebrochenen Franziskanerklosters ließ der Herzog, wie erwähnt, ein Kornhaus erbauen. Auch wurde die alte Auffahrt zum Schloss erbaut, in gerader Richtung zur Burgstraße hin. Nach dem Burgsee hin wurde ein steinernes äußeres Pforthaus zum Eingange errichtet, dann folgte ein großes Tor von gehauenen Steinen, in welchem Flügeltore, stark mit Eisen beschlagen, hingen, vom Steinmetz Christof Parr, wahrscheinlich einem gebürtigen Rheinländer, erbaut. Über dem Tore befand sich ein Turm, viereckig und vier Stockwerke hoch, in Holz gemauert, in dessen Dache eine Schlaguhr hing. Als dann folgte wieder ein mit starken Nägeln beschlagenes Tor mit Gitterflügeln, welches durch eine Kette gesperrt wurde; darüber das mecklenburgische und preußische Wappen. Die Bauwerke und die Befestigungen des Schlosses leitete jetzt der italienische Baumeister Francesco a Bornau, welchen der Herzog mit italienischen Gesellen aus Trient berufen hatte. Unter ihm arbeitete der Maurermeister Hans Rogatsis oder Rogatz zu Schwerin. Im Platze stand am Turme das Pforthaus oder die kleine Hofstube, zwei Gemächer hoch, in jedem mit einer Stube und einer Kammer für das Gesinde.

An der Domkirche folgte dem Prediger Kükenbieter ein geborener Schweriner, Simon Pauli, welcher zu Wittenberg, wo er studierte, ordiniert wurde. Auch einen neuen Hofprediger berief der Herzog in der Person des Johannes Halbbrod, eines Schlesiers, welcher früher Prediger in Danzig gewesen war. Simon Pauli verließ Schwerin schon i. J. 1560 und folgte einem Rufe an die Jacobikirche in Rostock, wo er später Professor der Theologie wurde; er war ein gelehrter und beredter Mann, dessen Predigten sich vielen Beifalls erfreuten.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin