Geschichte der Stadt Schwerin von 1541 bis 1550

1541 begann die erste größere Kirchenvisitation durch den Superintendenten Johann Riebling zu Parchim und den Prediger Kükenbieter zu Schwerin. Erster Sekretär derselben war Simon Leupold, ein Freund Luthers und Melanchthons, geb. 1517 zu Prettin an der Elbe in Sachsen, welcher 1531 zu Wittenberg studiert hatte und seit 1539 als Sekretär in Herzog Heinrichs V. Diensten stand.

Da die Zahl der Schüler dem kleinen Lokale nicht mehr entsprach, so wurde die Stadtschule in diesem Jahre aus der Salzstraße ins Rathaus „über dem Schwibbogen“ verlegt. Doch blieb sie hier nur ein Jahr und kam dann auf den Domkirchhof in „die runde Kapelle“, welche auf der Südseite des Domes stand.


Herzog Albrechts VII. ältester Sohn Johann Albrecht bezog im Herbste dieses Jahres mit einem Vetter Johann Georg von Brandenburg die neue Universität zu Frankfurt a. O., an welcher beide Fürsten zu Rektoren ernannt wurden. Seit Ostern 1539 hatte sich Johann Albrecht zu Berlin am kurfürstlichen Hofe aufgehalten und war hier unterrichtet und in der lutherischen Lehre unterwiesen, deren eifrigster Anhänger der Kurfürst selbst war. In Berlin hatte er denn auch die Wissenschaften und Künste kennen und schätzen gelernt und seinen Geist mit Plänen gefüllt, welche er später in Mecklenburg zur Ausführung zu bringen suchte. Auf der Universität zu Frankfurt blieb er bis zum Ende d. J. 1543.

Johann Albrechts jüngerer Bruder Ulrich lebte dagegen seit 1540 am Hofe zu München, besuchte 1541–1544 in Gesellschaft des Herz. Albrecht, der ein Sohn des Herz. Wilhelm IV. von Baiern war, die Universität Ingolstadt, kehrte alsdann nach München zurück und blieb dort bis zum Jahre 1552.

1542 war vom Kaiser eine Türkensteuer ausgeschrieben worden, wie früher schon und später noch mehrmals geschah, teils weil die selbe eine große Einnahme gab, teils weil die Türkenfurcht damals noch allgemein herrschte. Bei der Vereinnahmung dieser Steuer ging es so zu, dass Jeder von seinem Vermögen, welches er selbst eidlich schätzen nutzte, den bestimmten Zehnten gab, versiegelt, wenn er wünschte, dass Andere die Größe eines Vermögens nicht erfahren möchten. Dies Geld wurde in den Legekasten gelegt, deren jede Stadt einen besaß, und bei welchem ein Adeliger, ein Bürgermeister, 2 Ratsmänner und der Stadtsekretär als Einnehmer fungierten. In den 5 Städten Rostock, Wismar, Schwerin, Güstrow und Neubrandenburg waren die Hauptkasten, welche das eingezahlte Geld aus den kleineren empfingen und an denen von den Fürsten und den Ständen bestellte Einnehmer standen.

1543 tat der Bischof von Schwerin Herzog Magnus – einen Schritt, durch welchen er sich gänzlich vom Papsttum lossagte. Er verheiratete sich mit Elisabeth, König Friedrichs I. von Dänemark zweiter Tochter, geb. am 14. Oktober 1524. Die Hochzeit fand in Kiel statt; sie war um einige Zeit über den festgesetzten Tag hinaus gerückt worden, weil Mecklenburger von Adel, welche den Herzog begleiten wollten, im Holsteinischen Gläubiger hatten und deshalb erst ein freies Geleit für sie hatte erwirkt werden müssen. Elisabeths Mitgift bestand in 15.000 Goldgulden, zu ihrem Leibgedinge wurden Stadt und Amt Grabow ausgesetzt. Hederich sagt, dass die Heimfahrt der Vermählten nach Schwerin in gar bösem Wetter geschehen sei.

1544 tritt uns zuerst ein herzoglicher Leibarzt in Schwerin entgegen. Er hieß Dr. Jacob Koltsch, gebürtig aus der Stadt Baden, war Leibarzt Herzog Heinrichs V. und Aufseher eines blödsinnigen Sohnes Herzogs Philipp, welcher i. J. 1537 auf dem Turnier zu Wismar eine Kopfwunde erhalten und in Folge derselben geistesschwach geworden war. Jenes Turnier war das letzte, welches in Mecklenburg abgehalten wurde. Dr. Pellimontanus aus Lüneburg, welcher schon i. J. 1535 als herzoglicher Leibarzt genannt wird, bekleidete dies Amt nur beiläufig, da er zu Rostock wohnte, wo er zugleich Professor der Medizin war.

1545. Bis in den August hinein war dies Jahr außerordentlich nass und darauf trat eine so ungewöhnliche, drei Monate währende Dürre ein, dass Misswachs und große Teuerung entstanden und namentlich i. J. 1546 das Korn einen für jene Zeit unverhältnismäßig hohen Preis erhielt. Zu Schwerin musste man für den Scheffel Weizen und Roggen 1 Gulden, für Gerste 24 ßl., für Hafer 12 ßl., für Wicken 18 ßl. bezahlen, und die Leute waren froh, wenn sie überhaupt Korn bekommen konnten. War dasselbe verschiedener Art, so mischte man es durcheinander und vermahl es so. Andere Lebensmittel dagegen waren reichlich vorhanden, Fische (Heringe), Butter usw. billig. Die Ernte des Jahres 1546 machte auch bald der Teuerung ein Ende, da sie so überaus reich war, dass zu Schwerin der Scheffel Weizen auf 7 ßl., Roggen und Gerste auf 4 ßl. und Hafer auf 2 ßl. fiel.

In dieser teuren Zeit predigten die lutherischen Geistlichen eifrig die Buße und erwarben viele neue Anhänger. Joachim Kükenbieter war in seine Vaterstadt Hamburg zurückgekehrt, von wo er i. J. 1547 wieder nach Schwerin kam; hier finden wir seit 1545 einen neuen Geistlichen Johannes Masenius, über welchen jedoch nähere Nachrichten fehlen.

1546 zogen Herzog Albrecht VII. und sein ältester Sohn Johann Albrecht auf den vom Kaiser Carl V. gehaltenen Reichstag nach Regensburg. Hier sah Johann Albrecht die große Gefahr, welche den Protestanten vom Kaiser drohte und empfand sie, wie sein späteres Auftreten zeigt, gewiss tief, obgleich er im Herbste d. J. auf Befehl seines Vaters genötigt war, mit seinem Bruder Georg gegen die schmalkaldischen Bundesgenossen zu Felde zu ziehen. Nicht lange aber erwies er sich als Gegner derselben, da schon 1547 am 7. Januar sein Vater Albrecht VII. starb und dadurch der Sohn freie Hand erhielt. Albrecht VII., zu einer Zeit der schönste Fürst Deutschlands, weshalb er unter dem Beinamen „der Schöne“ in der Geschichte aufgeführt wird, wurde zu Doberan begraben „im hohen Altare“, d. h. in einem von der Rückwand des Hochaltars aus in das Oktogon hinter demselben gemauerten Gewölbe, zu welchem eine kleine in der Rückwand des Altars befindliche Tür führen soll. Im Dome zu Schwerin ließ ihm sein Sohn Johann Albrecht an dem, dem Altar zunächst stehenden südöstlichen Pfeiler des Schiffs eine Denktafel errichten. Von Albrecht VII. ist zu erwähnen, dass er den Versuch zu einer Wasserverbindung zwischen der Elbe und Ostsee mittelst der Stör und dem Schweriner See machen und einen Kanal von Viecheln (die Viechelsche Fahrt) nach Wismar beginnen ließ. Schon die Herzoge Albrecht V. und Magnus II. hatten den Plan hierzu gehabt; beendigt wurde die Arbeit aber auch durch Albrecht VII. nicht, da andere weit aussehende Pläne dieselbe bald in den Hintergrund drängten. – Johann Albrecht I. residierte einstweilen zu Güstrow und einer seiner ersten Handlungen war, dass er den begeistert lutherischen Hofprediger Gerhard Oemecke (Oemichius) aus Schwerin, wo er seit dem Anfange d. J. lebte, zu sich rief, um den dortigen Dom zu reformieren.

Mit Johann Albrecht I. nun beginnt eine Zeit, in welcher viele bedeutende Männer sich in Schwerin um ihn sammelten, und wo von hier ein reiches Leben über Mecklenburg ausging. Wir müssen diese schon von jetzt an notwendig näher berücksichtigen. Als nämlich bald nach Luthers Tode († 18. Februar 1546) durch die unglückliche Schlacht bei Mühlberg am 24. April 1547 der Schmalkaldische Fürstenbund vernichtet und auch die Stadt Wittenberg in die Hände Kaiser Carls V. gefallen war, flüchteten von hier viele von Luthers Geiste und Lehre beseelte Männer. Nach Mecklenburg kam Johann von Lucka (Johann Richter aus Luckau in der Lausitz), seit 1543 Professor der Rechtsgelehrsamkeit an der Universität Wittenberg, und fand zuerst in Grubenhagen bei Dietrich Maltzan, dem berühmten Reichsfreiherrn von Wartenberg (in Schlesien) und Penzlin (in Mecklenburg), oberstem Feldhauptmann Kaiser Carls V. in Schlesien und der Lausitz, gastliche Aufnahme. Maltzan empfahl ihn dem Herzoge; am 15. Sept. hatte Johann Albrecht I. eine Unterredung mit ihm in Schwerin, wo er in „der Engelischen Haus“ logierte. Am 5. Oktober berief ihn der Herzog unter dem Titel eines Hofrats zu seinem Kanzler und schenkte ihm einen Domhof in Schwerin zur Wohnung.

1548 berief der Herzog den Werner Hahn auf Basedow (geb. 1515), einen hochgebildeten und kräftigen Mann, welcher am braunschweigischen Hofe Rittmeister gewesen war, zu einem Kriegsbefehlshaber und Hofmarschall und vertraute ihm die wichtigsten Angelegenheiten.

Auch Andreas Mylius (Müller) aus Meißen, ein Schüler und Freund Melanchthons, trat um diese Zeit in herzoglichen Dienst. Johann Albrecht I. hatte ihn im Herbste 1547 zu Altstrelitz kennen gelernt, als er mit mehreren anderen Leipziger Studenten auf einer Fußreise durch Mecklenburg begriffen war. Als der Herzog darauf den Reichstag zu Augsburg (1547–48) besuchte, war er auch in Wittenberg, wohin Mylius zurückgekehrt war, und brachte ihn selbst mit nach Schwerin. Johann Albrecht I. war damals 22, A. Mylius aber 20 Jahre alt; das gleiche Alter und der gleich umfassende und wissenschaftliche Geist beider knüpften ein enges Freundschaftsbündnis. Mylius ward ohne Zweifel bald die einflussreichste Persönlichkeit am Hofe seines Fürsten; von Anfang an leitete er die Studien, welche Johann Albrecht I. trieb und bis an seinen Tod fortsetzte. 1549 wurde er Lehrer eines Bruders, des damals 12 Jahre alten Herzogs Christoph.

In diesem Jahre reiste des Königs Christians III. von Dänemark Tochter Anna durch Schwerin, um dem Herzoge, späterem Kurfürsten August von Sachsen zugeführt zu werden. Sie hatte ein großes Volk bei sich, welches in Schwerin stattlich bewirtet wurde. Auf dem Markte waren Küchen aufgeschlagen, in denen die Kost in Braupfannen gekocht wurde, worauf dann Jeder, welcher Lust dazu hatte, seinen Teil am Essen und Trinken sich holen durfte.

Ein ehemals wichtiges Gebäude in Schwerin wird in diesem Jahre zum ersten Male erwähnt. Es ist dies das östliche Eckhaus an der jetzigen Schlossstraße neben dem neuen Regierungsgebäude und der Pumpe, unter dem Namen des „alten Kommandantenhauses“ bekannt. Dies Haus nebst Hof und Brauhaus kaufte 1548 der Goldschmied Christof Schneider vom Herzog Heinrich V. für 860 Gulden.

1549 starben die Prediger Tilemann Bole und Johannes Masenius, und wurde Ernst Rothmann oder Rottmann, ein Braunschweiger, als Hofprediger nach Schwerin berufen. Auch dieser hatte von 1533–1534 zu Wittenberg studiert und war ein eifriger Lutheraner. Da die Pest in diesem Jahre wieder das ganze Land heimsuchte, verordnete Herzog Heinrich V., dass an allen Orten die Litanei gesungen und täglich um 12 Uhr Mittags die Betglocke gestoßen werden solle.

1550 am 28. Januar starb zu Bützow der Bischof Herzog Magnus kinderlos und wurde zu Doberan in der alten Begräbniskapelle beigesetzt, deren Fußboden nebst dem Altare zu diesem Zwecke um 4 1/2 Fuß erhöht wurde. Magnus war ein hochgebildeter und trefflicher Fürst, der in stillem Wirken die Reformation eifrig unterstützte. Johann Albrecht I. ließ ihm im Dome zu Schwerin an dem zweiten südöstlichen Pfeiler neben dem Altar eine Denktafel setzen.

Das Bistum mit seinen Einkünften war ein so wichtiges Gut, dass es wohl zur Versorgung eines Prinzen geeignet war. Deshalb, nicht zur Fortdauer des Papismus in Mecklenburg, wurde es jetzt dem zweiten Sohne Albrechts VII., dem Herzog Ulrich, übertragen. Herzog Johann Albrecht I. war in dieser Zeit sehr tätig und gewann bald durch eine Tatkraft unter den protestantischen Fürsten Deutschlands eine sehr hervorragende Stellung. Schon im Februar d. J. schloss er mit dem Herzog Albrecht von Preußen und dem Markgrafen Johann von Brandenburg zu Königsberg ein Bündnis, welches den gegenseitigen Schutz der protestantischen Lehre in ihren Ländern bezweckte. Auch Herzog Heinrich V. wurde durch Dietrich Malzan diesem Bündnisse gewonnen, und in Mecklenburg selbst wurde auf einem zu Sternberg abgehaltenen Landtage die lutherische Lehre feierlich für das ganze Land angenommen. Im Dezember d. J. begann Johann Albrecht I. um den Beitritt des Kurfürsten Moritz von Sachsen zum Bündnisse zu werben, welcher bisher eine der bedeutendsten Stützen des Kaisers Carls V. gewesen war.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin